Kein Inflationsausgleich mit der Gießkanne

Diakonie Deutschland: Kein Inflationsausgleich mit der Gießkanne (10.8.2022)
Zu den am 10.8.2002 von Bundesfinanzminister Christian Lindner vorgestellten Plänen zum Inflationsausgleich erklärt Diakonie-Vorständin Sozialpolitik Maria Loheide:

 

„Mit der geplanten Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags will die Bundesregierung mit der Gießkanne eine allgemeine Entlastung verwirklichen. Was fehlt, ist die gezielte Entlastung von Haushalten mit geringen Einkommen. Wer bereits jetzt jeden Euro in den täglichen Bedarf stecken muss, den bringt die Inflation in existenzielle Not. Dieser Vorschlag sowie die bisher umgesetzten Entlastungspakete wirken bei den Ärmsten am schlechtesten: Wer keine Einkommenssteuer zahlt – wie in Armut lebende Haushalte, prekär Beschäftigte, viele Alleinerziehende oder Menschen im Sozialleistungsbezug – profitiert kaum von steuerlichen Instrumenten.

Diese Menschen brauchen gezielte Zuschüsse, um das Inflationsloch zu schließen. Darum müssen die Sozialleistungssysteme auf den Inflationsprüfstand und die Entlastung sozial zielgenau sein. Die Diakonie schlägt als Notfallinstrument einen Sofortzuschlag von 100 Euro im Monat für ein halbes Jahr vor für Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen vor.“


AWO kritisiert Pläne für Inflationsausgleichsgesetz (11.08.2022)

Dringender geboten als Steuergeschenke an Wohlhabende sind die deutliche Erhöhung der Regelsätze und eine schnelle, realistische Anpassung an das Inflationsgeschehen.

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt lehnt die gestern vorgestellten Steuerpläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner ab. Dazu erklärt AWO-Präsident Michael Groß:

„Bundesfinanzminister Lindner plant eine Änderung des Grundfreibetrags und eine Verschiebung der Eckwerte in der Einkommensteuer. Durch diese Anpassungen werden zwar alle Steuerzahler*innen entlastet, doch werden dadurch auch bedeutende Mehrausgaben für die öffentliche Hand generiert. Man muss es ganz klar sagen: Geld ist das zentrale Instrument, mit dem Politik gestaltend zum Wohle der Allgemeinheit eingreifen kann. Allerdings fällt die Entlastungswirkung bei Hochverdienenden in absoluten Zahlen höher aus als bei Geringverdienenden. Die vorgesehenen Anpassungen entlasten somit wohlhabende Haushalte auf Kosten dieser Allgemeinheit. Bei einkommensschwachen Haushalten machen sich die Änderungen im Geldbeutel dagegen wenig bemerkbar.“

„Das ist nicht mehr nur sozial nicht ausgewogen, sondern ein Skandal“, so Groß weiter, „Entlastungen müssen bei jenen ankommen, die sie wirklich brauchen und einen hohen Anteil ihres Einkommens für Grundbedürfnisse verausgaben: ganz sicher nicht Personen in der oberen Hälfte der Einkommensverteilung, sondern Geringverdienende und Menschen im Sozialleistungsbezug. Auf Twitter hat der Herr Minister betont, dass ein Steuersystem Ausdruck gesellschaftlicher Gerechtigkeitsvorstellungen sei und von allen als fair empfunden werden sollte. Sehr richtig! Und genau deswegen müssen breite Schultern mehr tragen.“

Laut dem Vorschlag von Lindner solle auch das Kindergeld erhöht werden. Es sei der AWO zufolge zwar generell zu begrüßen, dass insbesondere Familien entlastet werden. Die Erhöhungen sind jedoch viel zu gering und gleichen nicht einmal die Inflation aus. Oberste Priorität müsse stattdessen die Einführung der einkommensabhängigen Kindergrundsicherung haben, da hiermit die Ärmsten zielgerichtet unterstützt würden. Neben Menschen im unteren Einkommensbereich brauchen auch Menschen im Sozialleistungsbezug dringend weitere finanzielle Unterstützung. Dringender geboten als Steuergeschenke an die Wohlhabenden auf Kosten der Allgemeinheit seien daher laut Arbeiterwohlfahrt eine deutliche Erhöhung der Regelsätze sowie eine zeitnahe und realistische Anpassung an das Inflationsgeschehen.