Kinder und Frieden – Suche nach Interessierten

Projekt „Kinder und Frieden“ – Suche nach Interessierten      Martin Lempp, Mitte August 22

„Warum machen die Erwachsenen eigentlich Krieg?“ will der Zweitklässler von mir wissen, als wir irgendwie auf das Thema Ukraine kommen. „Weil sie meinen, sie seien stärker …, weil sie Waffen haben…, weil sie von etwas ablenken müssen…, weil sie vergessen haben, wie Menschen miteinander umgehen sollten…“ Ich merke, die Kinder können mir nur halb folgen und sage: „Am liebsten würde ich die ganzen Kriegsmacher in ein Altenheim stecken und sie dort versorgen. Hauptsache, sie können in der Welt nichts Böses mehr anstellen.“ Eine Drittklässlerin protestiert: „Nein, das ist zu wenig. Ich mache denen mal einen Tagesablauf.“ Jetzt wird unter den Kindern diskutiert. Ich mische mich nur wenig ein.

6:00       Aufstehen

6:30       Gegenseitiges Prügeln in einer Halle

7:30       Frühstück

8:00       durch ein Brennnesselfeld robben

10:00     Steine schleppen im Steinbruch

12:00     Mittagessen: Brennnesselsuppe mit Kletten und ganz viel Chili

12:30     Superheiße Sauna

14:00     Kuhmist schaufeln, ohne Duschen danach

15:00     sich in der Welt entschuldigen

16:00     alle in die Klettenbombe

17:00     Steine zurückschleppen

21:00     Abendessen: Vollkornbrot mit Nutella und Blutwurst

23:00     absolute Nachtruhe

Ein bisher stiller Junge greift ein: „Wir müssen denen einmal am Tag etwas Gutes zu essen geben, sonst werden die noch böser.“ Alle anderen stimmen zu.

Dieses Gespräch habe ich vor ein paar Tagen so, fast wörtlich, real miterlebt.

Kinder und Frieden. Das Thema treibt mich um. Ob wir das wollen oder nicht, Kinder machen sich ihre Gedanken zu dem, was um sie rum passiert. Und sie sind mit all ihren Gefühlen involviert. Sie spüren sensibel, wie wir Erwachsenen uns verhalten. Wie immer wollen sie von uns lernen, was wir in einer solchen Situation machen. Sie spüren unsere Unsicherheit, unsere Ängste, unsere Doppelzüngigkeit. Sie suchen nach Aktivitäten, wie sie den Krieg „verarbeiten“ können. Sie malen, machen Rollenspiele, manche suchen den Kontakt zu uns Erwachsenen und sind froh über Anregungen.

Wir sind angefragt und sind doch oft selbst hilflos. Wie sollen wir Kinder zur gewaltfreien Konfliktlösung erziehen, wenn wir für manche Situationen selbst nicht daran glauben? Sollen wir den Kindern erklären, wenn etwas ganz Schlimmes passiert, dann dürft ihr dem anderen Kind mit dem Prügel auf den Kopf schlagen? Welcher Streit ist für Kinder nicht ganz schlimm? Woher wissen die Kinder, dass Menschen noch böser werden, wenn man sie schlecht behandelt? Wie schaffen es Kinder immer wieder, mit den anderen unbefangen weiterzuspielen, wenn der Streit vorbei ist? Was können wir Erwachsenen von den Kindern lernen?

Da ein gutes Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen immer auf eine nachhaltige Beziehung aufbaut ist der folgende Vorschlag als ein Beispiel einer Reihe möglicher Aktivitäten gedacht. Erst der Prozess, den wir und die Kinder im Laufe der Zeit miteinander erleben werden, kann uns weiterbringen. Eine einmalige Aktion würde verpuffen. Wo und wie das Projekt stattfinden kann, muss in vorbereitenden Gesprächen zwischen Interessierten entwickelt werden.

„Wie wäre es, wenn wir alle zusammen ein riesiges Regenbogenbild malen würden auf dem z.B. steht: „Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem andern zu!“ Dazu bunte Blumen, Kinder aus aller Welt, gesunde Bäume, Opas und Omas, ein Korb mit leckerem Obst …  und dieses Bild würde an einer Hausfassade hängen und darunter Bänke, Blumenkübel, ein Sandkasten, eine Theaterbühne und ein großer Kübel, in dem Kriegsspielzeug entsorgt werden kann. Ketten aus Friedenskranichen werden gebastelt und an „wichtige“ Erwachsene überreicht. Andere trommeln für den Frieden oder veranstalten einen Schweigekreis. Fachleute sind anwesend, die auftauchende Gespräche, auch Konfliktgespräche führen können, vielleicht bringt jemand eine Wassermelone vorbei oder kann eine Geschichte erzählen.“

Ist das alles nur ein rosiges Bild, eine verlogene Illusion, eine Selbstbeweihräucherung? Ich bin fest davon überzeugt: Nicht nur die Kinder, auch wir brauchen Friedenssehnsucht und Zukunftshoffnung. Das kann die politische Arbeit, zivilgesellschaftliche Aktivitäten, religiöses Engagement, Unterstützung für Geflohene oder Desserteure verstärken und eine Diskussion entwickeln, in welcher Welt wir eigentlich leben wollen.

Wer mit diesen Anregungen etwas anfangen kann ist dazu eingeladen mitzumachen. Ich nehme dazu gerne Kontakte entgegen unter: tinuslempp@web.de Stichwort: Kinder und Frieden.

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Lempp, Bissingen

Projekt Kinder und Frieden _Wer ist an einer Mitarbeit interessiert