Bündnis Klinikrettung – Selbstverständnis – Forderungen

Gemeingut Krankenhaus retten

Wir sind eine bundesweite Gruppe von politisch Aktiven, bestehend aus PflegerInnen, ÄrztInnen, PatientInnenvertretungen, KlinikleiterInnen und GewerkschafterInnen. Seit Anfang 2020 arbeiten wir zum Thema Klinikschließungen. Im Herbst 2020 haben wir das bundesweite „Bündnis Klinikrettung“ gegründet. Der Träger des Bündnisses ist Gemeingut in BürgerInnenhand (https://www.gemeingut.org/wordpress/).

Das Selbstverständnis des Bündnisses ist hier zu finden.

Mitglieder des Bündnis Klinikrettung:

  • Gemeingut in BürgerInnenhand (Träger)
  • Initiative Regionale Krankenhausstruktur erhalten
  • Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus
  • Dresdner Bündnis für Pflege
  • Bündnis für Krankenhaus und gute Arbeit Neckartal-Odenwald,
  • Aktion Krankenhaus Groß-Sand bleibt!
  • Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern
  • Pro Krankenhaus Havelberg e.V.
  • Bürgerinitiative „Rettet das Kirner Krankenhaus“
  • Rettet unsere Krankenhäuser Rosmann Breisach e.V.
  • Initiative „Wenckeback-Klinikum muss bleiben!“
  • Aktionsbündnis „Das Geislinger Krankenhaus muss bleiben“
  • Initiativgruppe Kreis Pinneberg des Bündnis Klinikrettung
  • Bundesverband Graue Panther e.V.
  • attac Berlin
  • attac Hamburg
  • Bundesverband Gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe
  • Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB)

Unterstützer des Bündnis Klinikrettung:

  • Dr med. Bernd Hontschik
  • Oberarzt i.R. und Dr. rer.nat. Rainer Hoffmann, Chefarzt i.R.
  • Peter Cremer, arbeitsorientierter Berater, u.A. im Krankenhausbereich

Ausführliche Kontaktinformationen zu allen Bündnismitgliedern und -unterstützern finden sich am Ende des Abschnitts.

Was wollen wir?

Wir wollen erreichen, dass bundesweit keine Krankenhäuser mehr geschlossen werden. Daher leisten wir Aufklärungsarbeit über das Ausmaß der Schließungen sowie deren katastrophalen Konsequenzen und protestieren vor Ort.

Gegenüber den 1970er Jahren haben wir in Deutschland 53 Prozent weniger Kliniken und vielerorts deutlich längere Wege zum Krankenhaus. Dabei hat spätestens die Corona-Krise gezeigt, dass eine flächendeckende und gut ausgestattete Krankenhausinfrastruktur überlebenswichtig ist. Trotzdem treiben der Bund und die Länder die Klinikschließungen weiter voran, gefördert aus einem Strukturfonds, der jährlich bis zu 1 Milliarde Euro zur Verfügung stellt.

Von den Schließungen sind insbesondere ländliche und strukturschwache Regionen betroffen, aber auch in urbanen Zentren werden dringend notwendige Krankenhäuser dicht gemacht. Seit Jahrzehnten bleiben Krankenhaus-Investitionen als Aufgabe der Länder immer weiter hinter dem Bedarf zurück. Das Mitte der 2000er Jahre eingeführte System der Abrechnungspauschalen (Diagnosis Related Groups/DRG, deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen) übt einen Druck zur Gewinnerwirtschaftung beim Krankenhausbetrieb aus. Das bedeutet einen erhöhten Arbeitsdruck für und Einsparungen auf Kosten der Krankenhausbeschäftigten.

Einige Bereiche der gesundheitlichen Grundversorgung werden durch das DRG-Fallpauschalen systematisch benachteiligt. Bei Verlusten droht Krankenhäusern außerdem über kurz oder lang die teilweise oder vollständige Schließung.

Krankenhausschließungen verschlechtern die Gesundheitsversorgung vor Ort massiv. Sie haben außerdem negative wirtschaftliche Konsequenzen. Mit der Abwanderung der Beschäftigten gehen den Kommunen wichtige Steuereinnahmen verloren. Die wirtschaftlichen Engpässe, die oft als Grund für Schließungen kommunaler Krankenhäuser herangezogen werden, verschlimmern sich so – ein Teufelskreis. Widersprüchlich ist es dabei, dass Schließungen häufig mit millionenschweren Investitionen in neu zu bauende Zentralkliniken einhergehen. Anstatt diese Gelder in die Verbesserung vorhandener Infrastrukturen zu stecken, werden damit riesige Bauprojekte gefördert, die auch aus ökologischer Perspektive keinen Sinn machen. Das ist nicht nachhaltig.
Zwei aktuelle Forsa-Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Befragten (86 Prozent) Krankenhausschließungen ablehnt und für 93 Prozent die wohnortnahe Krankenhausversorgung wichtig oder sehr wichtig ist.

Die Zeit ist reif für entscheidende Veränderungen. Jetzt benötigen wir den Druck aus der Zivilgesellschaft, dem Kahlschlag Kontra zu bieten. Wir sind überzeugt: In einem breiten Bündnis können wir einen Stopp des weiteren Abbaus von Krankenhäusern erreichen. Die Krankenhausstruktur ist Teil einer Daseinsvorsorge und nicht einer Gewinnwirtschaft.

Unsere Forderungen sind:

  1. Kein Krankenhaus darf mehr schließen. Insolvente und akut von Insolvenz bedrohte Kliniken werden vom Staat aufgefangen, ihr Weiterbetrieb wird öffentlich abgesichert, notwendige Investitionen werden bezahlt.
  2. Die Schließungsförderung über den Krankenhausstrukturfonds wird sofort gestoppt.
  3. Das Krankenhauspersonal wird erheblich aufgestockt, und seine Bezahlung und Arbeitsbedingungen werden verbessert, um Überlastung zu verhindern und Abwanderung zu reduzieren.
  4. Klinisch notwendige Behandlungen entziehen sich jeder Planung. Die gesetzlich vorgeschriebene leistungsbezogene Planung, Verhandlung und Abrechnung von Fallpauschalen (DRG-System) wird durch ein kostendeckendes Abrechnungssystem ersetzt.
  5. Die Krankenhäuser werden in den Zentren und auf dem Land mit ausreichenden Intensivstationen, Isolierstationen, Beatmungseinheiten, Schutzkleidungen sowie diagnostischen Mitteln und Medikamenten ausgestattet – so dass sie vorbereitet sind für Versorgungen bei Pandemien, Epidemien und Katastrophen.
  6. Die Betten- und Personalausstattung der Krankenhäuser wird unter Einbezug von Jahresspitzen, Katastrophen und Pandemien geplant, anstelle der bisherigen Auslegung nach jahresdurchschnittlicher Auslastung.
  7. In den derzeit unterversorgten Regionen Deutschlands wird die Zahl der Betten, Notaufnahmen, Intensiv- und Geburtenstationen etc. durch Förderung der öffentlichen Kliniken auf das notwendige Maß angehoben.

Diese Forderungen richten wir an den Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach und die GesundheitsministerInnen der Länder.

Was verstehen wir unter Bündnismitarbeit?

  • gemeinsame Beratung und Entwicklung der Strategie
  • Teilnahme an den Arbeitstreffen/Bundestreffen
  • gemeinsame Pressemitteilungen / Pressearbeit / Social Media-Arbeit
  • Bereitstellung der Logos und der Kontakte auf einer Kampagnenwebseite

Organisationen und Einzelpersonen sind eingeladen, Teil unseres Bündnisses zu werden. Bei Interesse, schreiben Sie uns an info@gemeingut.org oder rufen Sie und an: 030 37 300 442.

Frankfurter Bündnis für mehr Personal

„Im Frühling 2022 hat sich ein breites gesellschaftliches Bündnis zur Unterstützung der Beschäftigten der Uniklinik gegründet, welches den Arbeitskampf der Arbeitnehmer*innen unterstützen will.

Das Bündnis will die Wichtigkeit von guten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Gesundheitssektor hervorheben – denn nur, wenn die Beschälten nicht überlastet sind, können sie auch ihre Patient*innen gut versorgen.

Wir alle sind potenzielle Patient*innen und die Uniklinik nimmt überregional eine große Rolle in der Gesundheitsversorgung, aber auch in der Ausbildung und Forschung ein. Die Uniklinik sollte an einer schnellen Umsetzung eines Tarifvertrages Entlastung interessiert sein und für gute Arbeitsbedingungen sorgen, die die Patient*innen nicht weiter gefährden.

Wir hoffen, dass ein erfolgreicher Arbeitskampf sich auch positiv auf die Entwicklung der Arbeitsbedingungen anderer Kliniken auswirkt und zu mehr Entlastung im gesamten stationären Gesundheitssektor führt.

Dazu brauchen wir nicht nur die starke Gewerkschaft, sondern auch Druck aus der Gesellschaft und Politik. „

Ärzt*innen am Limit – Kostendruck statt Patientenwohl

Krankenhausärzte in Deutschland schlagen Alarm. Viele Mediziner arbeiten am Limit, mit und ohne Corona. Fast jeder zweite denkt darüber nach, zu kündigen oder den Beruf aufzugeben.

Der Grund: In den vergangenen Jahren haben sich Kliniken immer mehr zu Wirtschaftsunternehmen gewandelt. Sehr zum Nachteil des Personals und der Patienten. Immer häufiger heißt es: der Profit zähle, mehr als das Wohl der Patient*innen? Die medizinische Versorgung in Deutschland ist auf einem hohen Niveau. Kliniken und Leistungszentren stellen das jeden Tag unter Beweis, gerade jetzt in der Corona-Krise. Doch es gibt auch enorme Schwächen im Gesundheitssystem, die Mediziner und Pflegepersonal immer häufiger ans Limit treiben.

Schon lange vor der Corona-Pandemie berichten Ärzte und Ärztinnen, dass Profit oft mehr zählt als der Patient. Wie sich dieser Druck auswirkt, das hat die Ärztin Friederike Schlingloff erlebt. Sie hat viele Jahre im Krankenhaus gearbeitet und dann gekündigt. Heute arbeitet sie als Notärztin auf dem Rettungswagen und erzählt: „Dieses wirtschaftliche Denken in den Krankenhäusern, dass Geld erwirtschaftet werden soll mit Krankheiten, mit kranken Menschen das funktioniert eben nicht. (…) Als Notarzt habe ich das Gefühl, das erste Mal als Arzt das zu tun, was für den Patienten das Beste ist und auf nichts anderes achten zu müssen.“ Kostendruck und Personalmangel erlebt das medizinische Personal derzeit in der Corona-Pandemie ganz besonders.

Prof. Peter Rosenberger ist Ärztlicher Direktor an der Uniklinik in Tübingen, er fordert ein Umdenken: „Vielleicht bleibt als Fazit von der Pandemie übrig, dass man in der Gesellschaft mal die Diskussion führt: Wie wichtig ist uns das Gesundheitssystem? Vielleicht ist es eben nicht nur ein Kostenfaktor, sondern vielleicht ist es ja eine ganz starke Säule der Gesellschaft, dass jeder keine Angst haben muss, gleich an einer Krankheit zu versterben.“

Ein Jahr lang hat ZDFzoom Ärzte und Ärztinnen an Kliniken begleitet. Die Dokumentation zeigt Kostendruck und Arbeitsbelastung vor und während der Corona-Pandemie. Hier findet ihr die Doku in voller Länge: https://kurz.zdf.de/5Ys/

Diskussion zwischen Gerhard Baum und Peter Brandt: Wie gefährlich ist der Einfluss von Autokratien | Markus Lanz vom 02. November 2022

Peter Brandt im Gespräch über »Selbstzerstörung oder gemeinsame Sicherheit?« ǀ #fbm22