Wirtschaftssanktionen: Russland verdient noch immer gut am Rohstoffexport

Von Alexandra Endres  -Juni 2022

Wirtschaftssanktionen: Russland verdient noch immer gut am Rohstoffexport

Das unabhängige Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) aus Finnland kommt in einem aktuellen Bericht zum Ergebnis, dass Russland nach wie vor gut am Rohstoffexport verdient. Darauf weist Alexandra Endreas am 13.6.2022 in einem Artikel in ZEIT online hin. https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2022-06/russland-energieimporte-oel-gas-deutschland

Seit die russische Armee in die Ukraine einmarschiert ist, hat Deutschland seine laufenden Energieimporte aus Russland zwar ein wenig reduziert. Aber trotz aller Mühe, die Abhängigkeit von russischem Gas, Öl und Kohle zu verringern, gehört Deutschland immer noch zu den wichtigsten Kunden. In den ersten 100 Tagen des Krieges zahlten deutsche Importeure 12,1 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe aus Russland. Nur China kaufte mehr. Den größten Teil der deutschen Importe aus Russland macht mit 7,81 Milliarden Euro Gas aus, gefolgt von Öl mit 4,05 Milliarden und Kohle mit 0,28 Milliarden Euro.

Russland macht  weiter gute Geschäfte mit seinen fossilen Exporten. Zwar seien die gehandelten Mengen zuletzt leicht gesunken, schreiben die Fachleute von CREA. Auf dem Weltmarkt wurde russisches Öl zuletzt einem günstigeren Preis angeboten als konkurrierende Produkte. Beides zusammengenommen drückte die Einnahmen.  Doch die weltweit hohen Energiepreise glichen das mehr als aus. Das bedeutet: Trotz des Abschlags war russisches Öl immer noch um 60 Prozent teurer als im Vorjahr. Im Mai des laufenden Jahres nahm Russland Tag für Tag 883 Millionen Euro aus dem Verkauf fossiler Brennstoffe ein. Zum Vergleich: Im Mai 2021 waren es noch 633 Millionen Euro täglich.

Alles in allem schätzen die Fachleute von CREA, dass Russland in den ersten 100 Kriegstagen Einnahmen in Höhe von 93 Milliarden Euro erzielt hat, die Hälfte davon durch den Verkauf von Öl, knapp ein Drittel durch den Gasverkauf. Allein die EU-Mitgliedsländer zahlten in diesem Zeitraum 57 Milliarden Euro für Öl, Kohle und Gas aus Russland. zeigt auch, wie sich der Handel mit russischen Brennstoffen seit Kriegsbeginn geografisch verschoben hat. Denn im April hatte CREA schon einmal berechnet, wer wie viel für russische Brennstoffe zahlt. Damals war Deutschland mit Ausgaben von neun Milliarden Euro noch der größte Abnehmer. Es folgten Italien und China mit je weniger als sieben Milliarden Euro.

Seither hat China seine Importe von Gas, Öl und Kohle aus Russland fast verdoppelt und damit Deutschland überholt. Chinas laufende Importe russischer Brennstoffe seien seit dem Beginn des Krieges mehr oder weniger konstant geblieben, schreiben die Fachleute des CREA. Im Gegensatz dazu hätten Polen, die USA, Litauen, Finnland und Estland ihre Einkäufe in Russland sehr stark zurückgefahren. Andere Länder hingegen nutzten den vergleichsweise niedrigen Preis russischen Öls, um mehr einzukaufen als zuvor. Indien beispielsweise wurde eines der wichtigsten Abnehmerländer. Bevor Russland die Ukraine angriff, lag der indische Anteil an den russischen Rohölexporten bei einem Prozent. Im Mai stieg er auf 18 Prozent.

Indirekt profitieren von den günstigen indischen Einkäufen auch die Staaten, die Sanktionen gegen Russland verhängt oder ihre direkten Brennstoffimporte aus Russland reduziert haben. Denn ein beträchtlicher Anteil des russischen Rohöls wird laut CREA in Indien in der Raffinerie von Jamnagar weiterverarbeitet und dann wieder exportiert – allem Anschein nach auch nach Europa und in die USA. 

Fachleute empfehlen Sanktionen auf den Transport von russischem Öl

„Wir identifizierten Schiffsladungen in die Vereinigten Staaten, nach Frankreich, Italien und ins Vereinigte Königreich“, heißt es in dem aktuellen Bericht. Diese Reexporte seien „ein wichtiges und zu schließendes Schlupfloch“. Zusätzlich empfiehlt der Report, den Transport russischen Öls ebenfalls mit Sanktionen zu belegen. Weil das Öl „zunehmend zu entfernteren Märkten verschifft wird, wird mehr Tankerkapazität als je zuvor benötigt.

Das ist eine zentrale Verwundbarkeit – starke Sanktionen gegen Tanker, die russisches Rohöl transportieren, würden die Möglichkeit stark begrenzen, die russischen Exporte auf diese Art umzuleiten.“  Mehr als zwei Drittel der eingesetzten Schiffe gehören laut CREA Unternehmen aus der EU, den USA oder dem Vereinigten Königreich. Und fast alle sind im Vereinigten Königreich, Norwegen oder Schweden versichert.

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