Der Widerstand in den USA wächst – Wähler*innen der Republikaner konfrontieren in Town Hall Meetings ihre Abgeordneten

Geoff Ginter, a certified medical assistant from Pine Beach and whose wife had cancer, took to the microphone to angrily confront MacArthur at a Willingoboro, N.J. town hall meeting. MacArthur is credited as reviving the Republican health care bill. (Source: C-Span)

BREAKING #news – Republican gets DESTROYED at his OWN town hall

Europe needs an independent foreign policy’: Professor Jeffrey Sachs at European Parliament

In einer Rede vor dem Europäischen Parlament am 21. Februar sagte der renommierte Professor Jeffrey Sachs u.a.: „Nach dem Ende der Sowjetunion 1991 wurde die Ansicht noch übertriebener. Man ging davon aus, dass wir [die USA] das Sagen haben. Wir werden in der ehemaligen Sowjetunion aufräumen. Wir werden alle verbliebenen Verbündeten aus der Sowjetzeit ausschalten. Länder wie der Irak, Syrien und so weiter werden verschwinden. Und diese Außenpolitik erleben wir seit 33 Jahren. Europa hat dafür einen hohen Preis bezahlt, denn es hatte in dieser Zeit keine Außenpolitik.

Keine Stimme, keine Einheit, keine Klarheit, keine europäischen Interessen, nur amerikanische Loyalität.“ Er fügte hinzu, die Europäische Union solle der wichtigste Handelspartner Russlands sein. „Europa und Russland haben komplementäre Volkswirtschaften. Die Voraussetzungen für einen für beide Seiten vorteilhaften Handel sind sehr gut.“ Die Trump-Administration ist im Herzen imperialistisch. Trump glaubt offensichtlich, dass die Großmächte die Welt beherrschen. Die USA werden rücksichtslos und zynisch sein, und ja, auch gegenüber Europa. Bettelt nicht in Washington.“ Das wird nicht helfen. Stattdessen brauchen wir eine echte und unabhängige europäische Außenpolitik.“

Prof. Dr. Johannes Varwick: „Kriegstüchtigkeit“ als neues Paradigma deutscherVerteidigungspolitik

Auszüge aus dem Aufsatz von Prof. Dr. Johannes Varwick vom 3.2.2024: „Kriegstüchtigkeit“ als neues Paradigma der deutschen Verteidigungspolitik?

Bewahrung des Friedens als realpolitische Aufgabe

Fast alle in der deutschen Politik haben verstanden, dass Sicherheitspolitik in Deutschland in der Vergangenheit allzu stiefmütterlich behandelt wurde und Verantwortung in gewisser Weise neu ausbuchstabiert werden muss. Diese Erkenntnis sollte nicht durch Rabulistik und unnötige Kriegsrhetorik konterkariert werden. Deutschland sollte mithin ein realistisches Verständnis von außenpolitischer Verantwortung entwickeln. Das geht weit über die aktuellen Kriege in der Ukraine oder im Nahen Osten hinaus, hat aber doch Berührungspunkte mit ihnen. Sicherheitspolitik in einer Welt voller Komplexität und Dynamik bedarf eines umfassenden und vernetzten Ansatzes, der die relevanten Instrumente und Akteure in ausgeglichener Balance verknüpft. Militärische Mittel sind und bleiben dabei unverzichtbar, reichen jedoch nicht hin und sollten mit großer Bescheidenheit und nur mit einem klaren politischen Zweck eingesetzt werden. Die Bilanz bisheriger Militäreinsätze lehrt Bescheidenheit und Zurückhaltung. Es ist keine gute Idee, im politischen Diskurs um Krieg und Frieden von einem Extrem ins andere zu verfallen und vermeintliche moralische Prinzipienfestigkeit über jede realpolitische Vernunft zu stellen. Richtig bleibt, dass Sicherheitspolitik heute breiter gedacht werden muss und wir uns nicht allein auf militärische Fragen konzentrieren sollten – ohne mit dem Verweis auf das Engagement in einem Bereich den anderen zu vernachlässigen. Gleichzeitig sollten die politisch Verantwortlichen seit Clausewitz verinnerlicht haben, dass vor der Entscheidung zum Einsatz von Militär als ‚Mittel der Politik‘ die Frage zu beantworten ist, welcher politische Zweck mit welchem militärischen Ziel und welchen Mitteln erreicht werden soll.

Bei dieser Zweck- und Zieldefinition sind Chancen und Risiken des eigenen Handelns nüchtern und realistisch zu bewerten. Fehlt eine solche Abwägung, dann besteht das Risiko ungewollter Nebenwirkungen und – wie die Interventionen der vergangenen Jahrzehnte gezeigt haben – einer unerwünschten Eskalation oder bestenfalls eines Stillstandes ohne erkennbare Fortschritte. Während bei Clausewitz ‚Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln‘ war, wird Krieg nun zur Verteidigung unserer Werte mit anderen Mitteln. Das ist ein verhängnisvoller Irrweg. Zu den entscheidenden Richtungsfragen wird auch gehören, wie sich Deutschland in der Frage positioniert, ob Demokratie und Menschenrechte zentraler Maßstab sicherheitspolitischen Handelns sein sollen oder ob auch mit autoritären Staaten wie China und Russland ein stabiler und womöglich pragmatischer Interessenausgleich möglich ist. Pragmatisch zu sein bedeutet nicht, Gefahren zu ignorieren, über Menschenrechtsverletzungen hinwegzusehen oder kurzfristige Wirtschaftsinteressen absolut zu setzen. Es bedarf aber Kompetenz und Empathie, andere Länder nach Maßgabe ihrer eigenen historischen und gesellschaftspolitischen Entwicklung einzuschätzen und zu verstehen, bis wohin die eigenen Absichten greifen. Wertefundamentalismus (Baerbock) und Alarmismus (Pistorius) vernebeln den Blick für eine realistische Sicherheitspolitik, die den Widersprüchen der Weltpolitik Rechnung trägt.

Leitend sollte immer die Bewahrung des Friedens und der eigenen Wertebasis sein. Aber dort, wo eine wertegeleitete Politik sich als nicht durchsetzbar erweist, muss Realpolitik im Sinne einer realistischen Betrachtung der gegebenen Kräftever- ‚Kriegstüchtigkeit’ als neues Paradigma deutscher Verteidigungspolitik? 143 hältnisse und Handlungsmöglichkeiten gemacht werden. In gewisser Weise droht die deutsche Sicherheitspolitik das Kind mit dem Bade auszuschütten. Deutschland sollte zu einer verantwortungsvollen, ausbalancierten, friedensorientierten und zugleich realistischen Sicherheitspolitik zurückfinden. An deren erster Stelle muss eine Politik des Interessenausgleichs, der diplomatischen Tugenden, der Verlässlichkeit und der Rüstungskontrolle stehen. Wer in diesem Sinne von ‚Kriegstüchtigkeit‘ redet, der überzieht. Die deutsche Sicherheitspolitik sollte weder den ‚Kriegsertüchtigern‘ noch den ‚Wertefundamentalisten‘ überlassen werden. Es ist schlichtweg unklug, den Begriff des Friedens nur FundamentalkritikerInnen und PazifistInnen zu überlassen. Es sollte vielmehr darum gehen, Friedensfähigkeit – nichts weniger ist Auftrag in der Präambel des Grundgesetzes – breit getragen mit Verteidigungsfähigkeit und wirksamer Abschreckung zu verbinden.

Auf der Website von Prof. Dr. Johannes Varwick kann der gesamte Aufsatz nachgelesen werden

Stellungnahme „Rationale Sicherheitspolitik statt Alarmismus“ – Prof. Johannes Varwick u.a.

Stellungnahme „Rationale Sicherheitspolitik statt Alarmismus“

Die derzeitige sicherheitspolitische Debatte in Deutschland hat Maß und Mitte verlassen. Eine verteidigungsfähige Bundeswehr und eine Verbesserung der sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit Europas sind unstrittig notwendig. Dazu gehören sinnvolle Investitionen in eine defensive Ausstattung der Streitkräfte, die abschrecken, aber nicht weiter das Sicherheitsdilemma verschärfen, sowie eine möglichst einheitliche europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Doch der derzeit verbreitete Alarmismus in Teilen der Politik und der Medien ist nicht plausibel und basiert auf keiner seriösen Bedrohungsanalyse. Einige sicherheitspolitischen Experten reden sich geradezu in einen Rausch, sekundiert von nicht nachvollziehbaren Geheimdiensteinschätzungen über die aggressiven Pläne Moskaus gegen den Westen. Ohne Zweifel ist Russland eine Bedrohung für die europäische Sicherheit, und aggressive Absichten auch über die Ukraine hinaus sind nicht vollkommen auszuschließen – wenn auch hybride Bedrohungen plausibler sind als klassisch militärische. Ein nüchterner Blick auf die ökonomischen und militärischen Kapazitäten wie auch die (realisierbaren) Intentionen Russlands ergibt jedoch, dass wenig dafürspricht, dass Russland sich mit der Nato militärisch anlegen und deren Territorium angreifen könnte oder nur wollte.

Ein Russland, das große Schwierigkeiten hat, seine Ziele in der Ukraine zu erreichen, ist eine beherrschbare militärische Bedrohung. Zudem ist die Nato heute und auf absehbare Zeit in praktisch allen militärischen Belangen ungleich stärker als Russland. Dies gilt selbst dann, wenn man nur die Ausgaben bzw. die Ausstattung der europäischen Staaten inklusive Großbritannien addiert. In den europäischen Armeen gibt es zugleich deutliche Schwächen u. a. bei Luftabwehr, Drohnen und Munition, die aber behebbar sind – was auch Geld kostet. Ohne eine verlässliche amerikanische Sicherheitsgarantie muss sich Europa sicherheitspolitisch neu aufstellen. Auch sind moderne Gesellschaften anfällig, etwa mit Blick auf Angriffe auf kritische Infrastrukturen oder im Cyberbereich, aber auch den inneren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die derzeitig verbreitete Panikstimmung, begleitet von einer gigantischen Verschuldung für Aufrüstung, löst aber Europas Sicherheitsprobleme nicht.

Wichtiger wäre, den Krieg in der Ukraine mit Hilfe kluger politischer Kompromisse über Verhandlungen zu beenden und danach auf der Basis vorhandener Stärke eine Stabilisierung der europäischen Sicherheitsarchitektur anzustreben, in der nicht nur Aufrüstung und Kriegsvorbereitung, sondern auch die zweite Säule der Sicherheitspolitik – Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen und Diplomatie – wieder eine zentrale Rolle spielen. Die Zeit dafür drängt – Alarmismus und Panik führen in eine gefährliche Sackgasse.

STELLUNGNAHME „RATIONALE SICHERHEITSPOLITIK STATT ALARMISMUS“, 30.03.2025

  • Prof. em. Dr. Michael Brzoska, eh. Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg (IFSH) • 
  • Detlef Dzembritzki, MdB a.D. und Ehrenvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN)
  • Dr. Hans-Georg Ehrhart, eh. Forschungsbereichsleiter am Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg (IFSH) • 
  • Prof. em. Dr. Christian Hacke, Universität Bonn •
  • Prof. em. Dr. Götz Neuneck, eh. Stellv. Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg (IFSH) • 
  • Prof. em. Dr. August Pradetto, Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg • 
  • Prof. Dr. Conrad Schetter, Universität Bonn und Direktor des Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) • 
  • Prof. Dr. Klaus Schlichte, Universität Bremen •
  • Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb •
  • Prof. em. Dr. Dieter Segert, Universität Wien • 
  • Prof. em. Dr. Michael Staack, Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg •
  • Oberst a.D. Ralph Thiele, Publizist • 
  • Prof. Dr. Johannes Varwick, Universität Halle-Wittenberg und Präses des Wissenschaftlichen Forums Internationale Sicherheit (WIFIS) • 
  • Prof. em. Dr. Elmar Wiesendahl, eh. Direktor an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg • 
  • Prof. em. Dr. Herbert Wulf, eh. Direktor des Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC).

    ViSdP: Prof. Dr. Johannes Varwick, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Politikwissenschaft,  Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und europäische Politik, Steintorcampus, D-06099 Halle (Saale).