Marktwirtschaft statt Kapitalismus? Mit dem Leistungsprinzip zu einer sozialen Utopie

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Date(s) - 13/08/2021
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Besteht ein Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus? Für Oliver Richters und Andreas Siemoneit schon. In ihrem Buch „Marktwirtschaft reparieren. Entwurf einer freiheitlichen, gerechten und nachhaltigen Utopie“ (oekom) grenzen sie Marktwirtschaft gegen Kapitalismus mit seinen selbstzerstörerischen Tendenzen ab, und zwar ausgerechnet mit Hilfe der sozialen Norm „Leistungsprinzip“.

Während das Leistungsprinzip für viele eine reine Ideologie oder bestenfalls ein selten erreichtes Ideal darstellt, argumentieren die Autoren, dass es als Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung die Gerechtigkeitsnorm schlechthin ist, lediglich komplementiert vom Sozialprinzip (Bedarf) einerseits und einer politischen Gleichheit andererseits.

Sie halten Wirtschaftsliberalen und Wettbewerbsaposteln den Spiegel vor, indem sie aufzeigen, wo heutzutage der vielbeschworene Leistungswettbewerb vor allem verzerrt wird: durch ressourcenintensive Technologien, durch überhöhte Bodenpreise und durch Marktmacht aufgrund von politischer Einflussnahme und Ausnutzung von Abhängigkeiten. Insbesondere aber kann man mit Hilfe von Leistungsprinzip, Sozialprinzip und der scheinbaren Unaufhaltsamkeit des technischen Fortschritts erklären, warum Politik buchstäblich einem Wachstumszwang unterliegt, der bislang alle ökologischen Anstrengungen konterkariert.

Die Autoren skizzieren die „soziale Utopie der Marktwirtschaft“ als robustes, selbstregulierendes und gerechtes System, in dem die Preise tatsächlich die Leistungen der Menschen widerspiegeln. Das kann man mit wenigen, aber starken und konsistenten politischen Maßnahmen erreichen, hinter denen sich eigentlich eine breite politische Mehrheit versammeln könnte: eine institutionelle Deckelung der Rohstoffverbräuche, eine Bodenwertsteuer und eine Begrenzung großer Vermögen, die per se dem Leistungsprinzip widersprechen. Eine Gesellschaft, die dem Leistungsprinzip Geltung verschafft, wäre nicht nur deutlich weniger ungleich als heute, sondern müsste ökonomische Stabilität, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit nicht mehr gegeneinander ausspielen. Sie könnte den Marktkräften vertrauensvoll weitaus mehr überlassen als heute.

◾ Andreas Siemoneit ist Physiker und Wirtschaftsingenieur, er arbeitet als Softwarearchitekt und Systemberater. Sozialwissenschaftlich befasst er sich mit den anthropologischen Grundlagen von Ökonomie und Politik und promoviert an der Universität Oldenburg zu Wachstumszwängen. Er betreibt den Blog effizienzkritik.de.

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Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Rosa-Luxemburg-Stiftungen in Thüringen und Sachsen. Gefördert aus Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg.