Bezahlbares Wohnen

Wohnungsfrage als soziale Frage

„Wohnen ist eine soziale Frage. Wohnlage, Wohnungsqualität und Mietpreis unterscheiden sich sehr stark. Die soziale Lebenslage eines Menschen lässt sich häufig an seiner Wohnadresse ablesen.

In den letzten Jahren hat sich die soziale Spaltung bei der Wohnraumversorgung vertieft. Immer mehr gilt: Die Reichen wohnen in ihren Vierteln unter sich, den Armen bleiben allenfalls noch schlechte Randlagen. Selbst die Mittelschicht wird zunehmend aus ihren Nachbarschaften verdrängt. Die Gründe sind steigende Mietpreise, eine unzureichende Zahl an Sozialwohnungen sowie eine allgemein wachsende soziale Ungleichheit in Deutschland.

Mancherorts – insbesondere in ostdeutschen Städten – hat die räumliche Trennung von Arm und Reich ein erschreckendes Ausmaß erreicht. Gerade bei armen Kindern ist die soziale Ausgrenzung besonders ausgeprägt. Wenn Menschen aber in benachteiligten Quartieren aufwachsen, dann leiden ihre Lebenschancen. Sie werden mehrfach benachteiligt: durch unzureichende Infrastrukturen, durch eingeschränkte Sozialkontakte und durch Stigmatisierung.

Die Mietpreise steigen. Da die Arbeitseinkommen mit den Mieten nicht mehr Schritt halten konnten, erhöhte sich für viele Haushalte die Mietbelastung. Republikweit müssen heute Mieterinnen und Mieter rund 28 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens für ein Dach über dem Kopf ausgeben. Etwa jeder Fünfte zahlt sogar mehr als 40 Prozent.

Deutschland ist traditionell ein Mieterland. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wohnt zur Miete. In den Ballungsräumen sind es über 85 Prozent. Folglich belasten die steigenden Mieten nicht nur Geringverdiener und Transferempfänger.“ (*Autoren:  Dierk Hirschel, Ralf Krämer und Patrick Schreiner)

*Dierk Hirschel leitet den Bereich Wirtschaftspolitik der Gewerkschaft ver.di.

Ralf Krämer arbeitet im Bereich Wirtschaftspolitik der Gewerkschaft ver.di.

Patrick Schreiner ist Gewerkschafter und Publizist aus Bielefeld/Berlin. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Wirtschaftspolitik, Verteilung, Neoliberalismus und Politische Theorie.)  Der ganze Aufsatz findet sich auf der Homepage von Blickpunkt Wiso.

Tempolimit – Stickstoffdioxide (Grenzwerte)


 Aktuell erleben wir eine neue Qualität politischen Handelns von Regierungsparteien: Wieder einmal eine sprachlose SPD in Umweltthemen, gipfelnd im ZDF-Interview der Umweltministerin Schulze und die systematische Kampagne der Unions-Parteien gegen die Deutsche Umwelthilfe als neue politische Realität. Und letzte Woche die Posse mit den rund 100 Lungenfachärzten. Zur Definition von EXPERTEN höre man den letzten Teil der Leute-Sendung vom 28.1.19 – prompt gefolgt vom Aufruf des CSU-Verkehrsministers Scheuer, dieser Forderung nach seriöser Diskussion der Grenzwerte zu folgen.

Zur Fakten- und Gemenge-Lage (!) aus NO², Feinstaub, Ammoniak und ihrer ganzheitlichen Auswirkungen auf Umweltverschmutzung und Krankheitsbilder sei die Lektüre der FAQ empfohlen: FAQ Stickstoffdioxid Grenzwerte .

Die CDu möchte die Deutsche Umwelthilfe ausschalten. Deshalb ist ist es dringend notwendig, die Petition von Sven Giegold an die CDU und ihre Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zu unterschreiben. Unter der Überschrift „Stopp den Angriff auf die Zivilgesellschaft …“ appelliert die Petition: „ Stoppen Sie Ihre Kampagne gegen die Deutsche Umwelthilfe! Es ist nicht die Aufgabe von Parteien, über die Gemeinnützigkeit von Vereinen zu urteilen!“

Solche Angriffe auf die Zivilgesellschaft kennt man in der EU bisher nur aus Ungarn oder Polen: Die CDU geht jetzt massiv gegen die Deutsche Umwelthilfe vor. Der CDU-Parteitag hat im Dezember beschlossen, dass sie eine Streichung der öffentlichen Mittel für die Umwelthilfe erreichen will. Außerdem will die CDU dem Verein die Gemeinnützigkeit und ihr Klagerecht aberkennen. Klar ist: Die CDU will eine NGO, die sich mutig mit der Autolobby anlegt, mundtot machen.

Die CDU geht eindeutig zu weit: In Deutschland entscheiden aus guten Gründen die Finanzämter über die Gemeinnützigkeit von Vereinen. Nicht die Parteien! Auch gegen Attac wurde eine ähnliche Strategie gefahren. Man muss nicht alle Methoden der Umwelthilfe unterstützen, aber wir müssen uns gegen diese Versuche, die kritische Zivilgesellschaft kaltzustellen, wehren!

Die Deutsche Umwelthilfe setzt das Recht auf saubere Luft dort durch, wo die Politik versagt. Seit 13 Jahren hat die Umwelthilfe zahlreiche einzelne Gerichtsverfahren zur Luftreinhaltung gewonnen! Das Ziel der CDU ist durchsichtig: Für die Autolobby will sie eine kritische NGO handlungsunfähig machen. Das dürfen wir nicht hinnehmen! Gerade kritische Organisationen werden als Gegengewicht zu finanzstarken Wirtschaftslobbys dringend gebraucht.“


Am Ende weist Giegold darauf hin: Wie viele Organisationen der Zivilgesellschaft das betrifft, zeigt das Bündnis „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“. Dieses Bündnis fordert, dass es einen sicheren rechtlichen Rahmen für das politische Engagement der Zivilgesellschaft braucht: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/die-allianz/


Interessant auch: Presseclub vom 27.1.19 mit dem Thema „Tempolimit, Luftgrenze, Fahrverbote – Wann endet das Chaos in der Verkehrspolitik?“

„Wir haben es satt!“ – Demo und Kundgebung am 19.1.2019 in Tübingen

Franziska Wolpert, eine der Organisator/innen begrüßt die ca. 2.500 Teilnehmer/innen mit den Worten:

Herzlich willkommen! Ich freue mich, dass ihr alle gekommen seid.
Ich stehe hier als Tochter eines Landwirts: Ja und welches Ansehen genießt ein Landwirt hier in der Gesellschaft? Es ist doch einer der wichtigsten Berufe überhaupt! Er ernährt uns! Was bekommt ein Milchbauer für einen Liter Milch? Der Milchpreis schwankt extrem und manchmal deckt der Preis nicht einmal die Kosten! Der Landwirt muss drauf zahlen! Und schuftet von morgens früh bis abends spät. Die Kühe müssen auch an Feiertagen gemolken werden… Als Landwirt will ich Menschen mit gesunden Lebensmitteln ernähren und für mein Land und meine Tiere sorgen.
Und das geht nicht: wenn die Politik nicht die Bauern sondern die Agrarindustrie fördert, Wenn die Agrarindustrie die Preise drückt und wenn die allermeisten Menschen dies unterstützen indem sie das billigste kaufen.

Als Landwirt will ich so entlohnt werden, dass sich auch ein kleiner Hof halten lässt,
dass ich meine Tiere versorgen kann ohne sie zu quälen dass ich den Boden so bewirtschaften kann, dass er auch noch meine Enkel ernährt. Ich stehe hier als Wissenschaftlerin (als Dozentin und Forscherin an der Uni Kassel Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften) Oft hört man, dass die wachsende Weltbevölkerung nur mit der industriellen Landwirtschaft ernährt werden kann, mit großen Feldern, mit großen Maschinen mit viel Kunstdünger, viel Gift und mit Monokulturen. Dies entspricht erwiesenermaßen nicht der Wahrheit (Haerlin und Busse 2013). Kurzfristig hatten wir beindruckende Ertragssteigerungen durch die industrielle Landwirtschaft – das ist nicht zu leugnen – aber mit welchen fatalen Folgen? Langfristig funktioniert die industrielle Landwirtschaft nicht!“

Impressionen von der Kundgebung/Demo am 19.1.2019

Agrarwende jetzt – „Wir haben es satt“

17. Januar 2019

Demonstrationen/Kundgebungen in Berlin und Tübingen: „Wir haben es satt!“

Rund 35.000 Menschen sind m 17. Januar 2019 in Berlin und 2.500 in Tübingen für die Agrarwende Zum neunten Mal hatte ein breites Bündnis zur „Wir haben es satt“-Demo aufgerufen, um rund um die Landwirtschaftsmesse „Grüne Woche“ klarzumachen, dass sich viele Menschen eine andere Landwirtschaft wünschen. Bäuerinnen und Bauern in insgesamt 171 Traktoren – so viele wie nie zuvor – führten den Demozug in Berlin an.

Das große Thema  war die anstehende Reform der europäischen Agrarpolitik. Im Zeitraum von 2020 bis 2026 sind rund 60 Milliarden Euro an Subventionen für die Landwirtschaft im Haushaltsentwurf der EU vorgesehen. Wie sie verteilt werden, hat großen Einfluss darauf, wie sich die Landwirtschaft in Europa entwickelt.

Impressionen von der Demo in Berlin 

Video des Tagesspiegel Berlin zur Berliner Demo am 17.1.19

Wir haben es satt!“: Berliner Kundgebung 17.1.19

Armut, Ungleichheit, Ungerechtigkeit – soziale Spaltung – Rechtspopulismus

Soziale Spaltung und der Aufstieg des Rechtspopulismus

Zu diesem brisanten Thema hatte die Fachstelle für Demokratie der Landeshauptstadt München im März 2017 zu einer Podiumsdiskussion mit Marcel Fratzscher und Christoph Butterwegge ins Rathaus der Stadt geladen. Marcel Fratzscher ist seit 2013 Leiter des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DWI) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität, Berlin. Christoph Butterwegge ist emeritierter Professor für Politikwissenschaften und Armutsforscher. (am 30.04.2017 veröffentlicht)


Neoliberalismus, soziale Ungleichheit und Stadtentwicklung

Prof. Dr. Christoph Butterwegge referierte im Rahmen der Fachtagung „The Inclusive and Sustainable City – Stadt der Zukunft – offen für Einwanderung und Vielfalt“ in Siegen.  (am 10.10.2016 veröffentlicht)


Was spaltet die Gesellschaft? Hans-Jürgen Bieling über Karl Polanyi und Rechtspopulismus

Der Soziologe Karl Polanyi diagnostizierte in den 1930ern eine Spaltung der Gesellschaft in ein liberal-kosmopolitisches und ein ethono-nationalistisches Lager. Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling von der Universität Tübingen erklärt, warum die Theorie wieder aktuell ist (am 24.4.2017 veröffentlicht)


Die rechten Vordenker in und außerhalb der AfD wähnen sich  „einem Kampf um die Vorherrschaft im eigenen Raum“, und das ist nun mal keine Debatte im eigentlichen Sinne, sondern ein „geistiger Bürgerkrieg“, der durch Überzeugung auf Gefolgschaft zielt. Dieser Bürgerkrieg findet in den zivilgesellschaftlichen Räumen und Institutionen, im vorpolitischen Raum statt. Hier die Oberhoheit zu gewinnen, d.h. das Denken möglichst vieler Menschen, ihre Lebensweise und Weltanschauung zu prägen, wird als Voraussetzung betrachtet, um die politische Macht zu erringen: entweder auf den Wegen, welche die bestehende Verfassungsordnung bereit stellt, oder wenn die staatliche Ordnung sich auflöst und zerbricht, in einem realen Bürgerkrieg als ultima ratio. Der „Kulturkampf von rechts“ ist also immer schon mehr als ein Kampf um die Werte und Normen, um den geistigen Überbau einer Gesellschaft, er ist immer schon mehr als nur ein Weltanschauungskampf, er zielt auf die Eroberung der politischen Macht und die Umgestaltung der Gesellschaft. Der Referent – Helmut Kellershohn – ist Oberstudienrat i.R. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung. Veröffentlichungen zu Fragen des Rechtsextremismus, Neokonservatismus und völkischen Nationalismus. Zuletzt Mitherausgeber von „Kulturkampf von rechts. AfD, Pegida und die Neue Rechte“ (2016) (am 16.06.2018 veröffentlicht)


Die Wirtschaft in Deutschland wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt. Trotzdem nimmt die Armut zu.

Die Armutsquote liegt nun bei 15,7 Prozent. 12,9 Millionen Menschen sind hierzulande arm sind. Als arm gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt. Arm ist nach dieser Definition z.B. ein Single, der weniger als 917 Euro netto verdient. Bei einer Alleinerziehenden mit einem Kind unter sechs Jahren liegt die Grenze bei 1.192 Euro. Besonders gefährdet sind kinderreiche Familien, Arbeitslose, Alleinerziehende, Migrant/innen und zunehmend auch Rentner. Dieser Personenkreis macht in Großstädten fast zwei Drittel der Bevölkerung aus, in eher ländlichen Gebieten nur knapp die Hälfte.  Bei Rentnern hat sich die Armutsquote besonders drastisch entwickelt: 2014 lag sie mit 15,6 Prozent oder 3,4 Millionen erstmals über dem Durchschnitt – jetzt sind es 15,9 Prozent.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.

Die Haushaltseinkommen der einkommensstärksten zehn Prozent sind von 1991 bis 2014 um 27 Prozent gestiegen. Die mittleren Einkommensgruppen verzeichneten in diesem Zeitraum einen Einkommenszuwachs um 9 Prozent. Die Einkommen der ärmsten zehn Prozent sind um 8 Prozent gesunken. 40 Prozent der Deutschen haben heute ein geringeres Realeinkommen als 1999. Die Anzahl der hoch verschuldeten Haushalte ist in den letzten zehn Jahren von 1,6 auf 2 Millionen gestiegen. 2016 waren mehr als 6,8 Millionen überschuldet (jeder zehnte Deutsche über 18 Jahren).

Sorgen vor einem sozialen Abstieg haben mittlerweile mehr als 40 Prozent der Bevölkerung.

Bei den ungelernten Arbeitern sind es 50 Prozent. Besonders gravierend sind die Abstiegssorgen in Form der Angst vor Altersarmut. In der mittleren Generation der heute 30- bis 59-Jährigen äußern inzwischen 60 Prozent der Deutschen die Befürchtung, im Alter unter deutlichen Einschränkungen leiden zu müssen.

Der Austieg der AfD hat dazu geführt, dass das ausgeprägte Gefühl der Frustration in Teilen der Bevölkerung nun ein deutliches Ventil gefunden hat.

Ein Großteil der AfD-Wähler ist aber nicht mittellos. Im Gegenteil: Diese Wähler haben etwas zu verlieren. Sie fühlen sich vom Abstieg bedroht und sehen mit Sorgen in die Zukunft. Umfragen zeigen, dass nur ein Teil der AfD-Wähler eindeutig rassistisch motiviert ist. Die meisten Wahlentscheidungen entstammen einem eher diffusen Protest und der Sorge um den sozialen und wirtschaftlichen Abstieg.

Die AfD, einst von Ökonomen gegründet, will sich zunehmend auch als eine Partei der sozialen Gerechtigkeit präsentieren.

In dem Maße, in dem die Wirtschaftsliberalen in der Partei an Einfluss verlieren, werden diejenigen stärker, die für einen ökonomisch eher linken Kurs plädieren.

Für die AfD ist Sozialpolitik Verteilungskampf.

„Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden“, sagt der Ko-Vorsitzende Jörg Meuthen. Geld, das für Flüchtlinge aufgewendet werde, käme Deutschen nicht zugute. Die Partei lässt es so aussehen, als ob Geld, das nicht für Asylbewerber ausgegeben wird, sofort den Deutschen zur Verfügung gestellt werden könne. Das ist zwar eine populistische Milchmädchenrechnung – aber trotzdem ein kluger Schachzug. Es trifft bei denjenigen einen Nerv, die das Gefühl hätten: Für die Flüchtlinge tut ihr alles und für uns nichts. Keine andere Partei bedient dieses Gefühl so sehr.

Die AfD ist nicht für eine Umverteilung von oben nach unten, von Wohlhabenden zu Ärmeren. Sie ist für eine Umverteilung von außen nach innen.

Bei der AfD lässt sich eine Art Wohlfahrts-Chauvinismus erkennen. Die Kernidee besteht darin, dass Deutsche einen Anspruch auf soziale Zuwendungen haben und andere eben nicht.

Welchen Stellenwert Sozialpolitik in der konkreten Politik der AfD hat, lässt sich z.B. am Wahlprogramm für die Landtagswahl in Bayern im Jahr 2018 illustrieren.

Im den 100-Seiten-Wahrprogramm bleibt für den gesamten Themenbereich „Soziales“ nur ein eineinhalbseitiges Anhängsel am Ende des Programms übrig, in dem die AfD eine „Sozialpolitik für Bayern mit Augenmaß“ verspricht. Der Begriff „Armut“ kommt im gesamten Programm viermal vor, der Begriff „Hartz IV“ ein einziges Mal – und dies im Kontext eines angeblichen Missbrauchs von Hartz IV durch Zweit-, Dritt- und weitere Ehefrauen von muslimischen Erwerbslosen. Der gesamte Themenbereich „Rente“ wird in zwei dürren Absätzen mit der angedachten Einführung einer „BayernRente“ abgehandelt. Die soll nur Bayern zustehen, die mindestens 20 Jahre lang in Bayern steuerpflichtig waren. Aus welchem Topf sie bezahlt werden sollte, bleibt ebenso offen wie alle anderen offenen Fragen.

Hier drängt sich der Eindruck auf, dass die AfD einfach ein Schlagwort in den Ring wirft, das übertünchen soll, dass sie beim gesamten Themenkomplex „Rente“ gar keine Ideen vorweisen kann.

Dies steht aber im krassen Widerspruch zu den „sozialpolitischen“ Plakaten, mit denen man in Bayern wirbt. Und dieser Widerspruch lässt sich auf die anderen beworbenen Themen 1:1 übertragen.

„Arbeit muss sich lohnen! – Sozial, ohne rot zu werden!“,

so formuliert es die AfD sehr clever. Das ist erstaunlich, kommt das Thema Arbeitspolitik und Löhne im gesamten Wahlprogramm doch nicht einmal vor.

Die AfD verspricht viel, hat aber kein Finanzierungskonzept.

Und es ist nicht so, dass die AfD keine Finanzierungspläne vorschlägt – sie führt ihre eigenen Forderungen sogar komplett ad absurdum, indem sie an zahlreichen Stellen in ihrem Wahlprogramm Ausgabenkürzungen und einen Abbau der Schulden fordert. Dabei will sie sogar die CSU übertreffen und bis 2028 die kompletten Schulden des Freistaats abgebaut haben. Will die AfD dafür etwa Steuern und Abgaben erhöhen? Ganz im Gegenteil. Sie will sogar bestimmte Steuern ganz abschaffen – so beispielsweise die Erbschaftssteuer, die laut AfD „leistungsfeindlich“ und „mittelstandsfeindlich“ sei.

Die AfD fordert auch einen schlankeren Staat, weniger Bürokratie und die Senkung der Staatsquote.

Das heißt nichts anderes als mehr Privatisierungen. Offenbar will man mit den Erlösen aus diesen Privatisierungen die Defizite aus den Steuersenkungen für die Wohlhabenden ausgleichen und darüberhinaus die Staatsschulden abbauen. Wo hier noch Spielraum für die nötigen Zuschüsse für das Gesundheitssystem ist, ohne die man die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum nicht erhalten können wird, bleibt Geheimnis der AfD.

So stehen selbst die mageren sozial-, arbeits- und gesundheitspolitischen Forderungen der AfD in einem Zielkonflikt mit der Finanz- und Steuerpolitik des Wahlprogramms.

Da diese Punkte jedoch im Programm recht detailliert und konsequent ausformuliert sind, werden sie der Partei wohl auch wichtiger sein als die spärlichen, vagen und schwammigen Forderungen aus den anderen Bereichen.