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Historischer UN-Beschluss ebnet den Weg für demokratische Steuerrevolution

Attac Deutschland schreibt auf seiner Website:

„23. November 2023

Historischer UN-Beschluss ebnet den Weg für demokratische Steuerrevolution

Erstmals können alle Staaten gleichberechtigt ein globales Steuerabkommen aushandeln

Die UN-Generalversammlung hat gestern Abend in New York mit großer Mehrheit eine historische Resolution über die zukünftige internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen verabschiedet. Sie sieht vor, Verhandlungen über ein UN-Rahmenübereinkommen im Steuerbereich aufzunehmen. Damit können erstmals alle Staaten gleichberechtigt innerhalb der UNO über die künftige internationale Steuerpolitik und ein faires, globales Steuerabkommen verhandeln.

Bislang wurde internationale Steuerpolitik in der OECD, dem Club der Industriestaaten, verhandelt – obwohl diese kein globales Verhandlungsforum ist. Viele internationale Steuerregeln spiegeln daher die Interessen der Industrienationen wider – und nicht jene der Schwellen- und Entwicklungsländer.

Weniger Einfluss für finanzstarke Lobbygruppen

Für Attac ist die Resolution ein historischer Moment in der internationalen Steuerpolitik. „Wir erleben den Beginn einer demokratischen Steuerrevolution. Denn im Gegensatz zur OECD verlaufen die Verhandlungen in der UNO transparent und es sind alle Staaten beteiligt. Das stärkt die Rechenschaftspflichten der Regierungen gegenüber der Zivilgesellschaft und schwächt den Einfluss finanzstarker Lobbygruppen“, erklärt Karl-Martin Hentschel von der Attac-AG Steuern und Finanzmärkte.

Höhepunkt jahrelanger Bemühungen

Die UN-Resolution ist der vorläufige Höhepunkt langjähriger Bemühungen zahlreicher Staaten und der internationalen Zivilgesellschaft für eine Stärkung der UNO im Steuerwesen.

Der Beschluss wird von der Global Alliance for Tax Justice, hunderten internationalen Organisationen sowie einer Reihe prominenter Ökonom*innen, wie Joseph Stiglitz, Thomas Piketty oder dem Direktor des EU Tax Observatory, Gabriel Zucman, begrüßt. Auch zahlreiche deutsche NGOs hatten erst vergangene Woche einen Brief an die Regierung verfasst, mit der Forderung, die Resolution zu unterstützen.

OECD-Staaten, EU und Deutschland müssen sich endlich konstruktiv beteiligen

Heftiger Widerstand gegen eine Stärkung der UNO kam bis zuletzt von den OECD-Staaten, insbesondere von der EU und Großbritannien. Mit einer Ausnahme stimmten die OECD-Staaten geschlossen gegen die Resolution, darunter auch die EU-Staaten und Deutschland. Die Resolution wurde dennoch mit 125 zu 48 Stimmen und 9 Enthaltungen angenommen.

Um die globalen Steuerregeln weiter in ihrem Interesse innerhalb der OECD zu gestalten, versuchen die Industriestaaten leider seit Jahren den UN-Prozess zu torpedieren“, kritisiert Hentschel. „Die EU und damit auch Deutschland sind aufgefordert, sich endlich konstruktiv an einer Demokratisierung der internationalen Steuerpolitik zu beteiligen. Dies gilt umso mehr in Zeiten einer zunehmenden geopolitischen Fragmentierung.“

Das Mandat für das UN-Rahmenübereinkommen soll im Laufe des nächsten Jahres ausverhandelt werden. Dabei wird es darum gehen, die Themen einer kommenden UN-Steuerkonvention festzulegen: etwa die Besteuerung multinationaler Konzerne, Steuertransparenz oder die globale Besteuerung von Offshore-Vermögen. Die Resolution eröffnet die Chance für ein gerechtes globales Steuersystem, in dem Steuermissbrauch und Steuerbetrug endlich wirksam im Interesse aller Länder bekämpft werden.“

Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2023

Die Autor*innen des Jahrbuchs „Steuergerechtigkeit 2023“ vom Netzwerk Steuergerechtigkeit schreiben:

75 bis 100 Milliarden Euro. So groß ist nach unserer Schätzung aus dem ersten Jahrbuch 2021 die Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuersystem.

2022 wurde keine der Lücken adressiert und das Gerechtigkeitsdefizit ist eher noch größer geworden. Das neue Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2023 enthält viele weitere Updates aus dem ersten Jahr Steuer- und Finanzpolitik der Ampelregierung.

Mit 8 Fortschrittsindikatoren machen wir ab sofort viele schwer zu fassende und teilweise gut versteckte Ungerechtigkeiten im deutschen Steuersystem sichtbar und Fortschritt messbar.

U.a. zeigen wir, dass Deutschland ein Niedrigsteuerland für Superreiche und Kapitalerträge ist. Anhand der Einkommens- und Steuerberechnung eines Muster-Millionärs mit einem Einkommen von 1,6 Millionen Euro rechnen wir vor, dass sein Steuersatz bei nur 21 % liegt. Während das Durchschnittspaar mit einem Bruttoeinkommen von 110.000 Euro eine Steuer- und Abgabenquote von 43 % trägt, sind es bei der Familie des Muster-Millionärs nur 24 %.“

  • Hier geht’s zum Jahrbuch mit weiteren Details.
  • Hier geht’s zum Arbeitspapier zum Steuersatz des Muster-Millionärs
  • Hier geht’s zum Arbeitspapier zu den Steuern der Digitalkonzerne und hier zum Daten-Annex.

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