Berliner Polizei will zweites Leipzig verhindern „Querdenker“ planen Bundestags-Blockade – und drohen mit Gewalt
Kritiker der Corona-Politik wollen am Mittwoch erneut in Berlin protestieren. Rechtsextreme sehen den „Tag X“ gekommen. Die Polizei will konsequenter vorgehen.
Keine zwei Wochen nach den von Gewalt überschatteten Protesten sogenannter Corona-Leugner in Leipzig droht der nächste große Aufmarsch – diesmal in Berlin. In sozialen Netzwerken, über den Messengerdienst „Telegram“ und auf Veranstaltungen der „Querdenken“-Initiative wird bundesweit dazu aufgerufen, am kommenden Mittwoch den Bundestag zu blockieren. Auch von einem erneuten Sturm auf das Parlament ist die Rede.
Beobachter warnen vor der Mobilisierungskraft der hunderttausendfach gelesenen Aufrufe und der Breite ihrer Absender. Neben Impf-Gegnern, Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern und AfD-Mitgliedern mobilisieren auch rechtsextreme Organisationen wie NPD oder Identitäre Bewegung nach Berlin. Von einer gefährlichen Gemengelage ist die Rede und von der Sorge davon, dass Politik und Polizei die Dynamik des Protests einmal mehr unterschätzen könnte.
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, dass die Einsatzplanung laufe und ihre Behörde dazu im engen Kontakt zur Bundespolizei und zur Polizei des Bundestages stehen.
Für Mittwoch sei eine Kundgebung unter dem Titel „Stoppt das Infektionsschutzgesetz“ auf dem Platz der Republik, dem Vorplatz des Bundestages, mit 500 Teilnehmern angemeldet ist. Ebenfalls angemeldet sind zwei Gegenproteste in unmittelbarer Nähe zum Bundestag. Insgesamt sind sechs Versammlungen mit 5000 Teilnehmern angemeldet.
Zwar deutete Slowik ein konsequenteres Vorgehen als bei Verstößen gegen den Infektionsschutz bei früheren Demonstrationen an. Sie wies jedoch zugleich darauf hin, dass die Möglichkeiten der Polizei beschränkt seien. Die Polizei werde die Corona-Vorgaben wie Abstandsregeln und Maskenpflicht mit allen zulässigen Mittel durchsetzen, hieß es.
Polizei will Demos bei Corona-Verstößen „schnellstmöglich auflösen“
Wörtlich sprach Slowik von „deutlichen Maßnahmen“, benannte diese aber nicht konkret. „Wir werden alles daran setzen, keine Versammlungen ohne Mund-Nasen-Schutz zuzulassen“, sagte Slowik.. „Das ist nicht ganz einfach. Sollte es dennoch dazu kommen, dann natürlich auch diese schnellstmöglich aufzulösen.“
Bilder wie am Samstag vor einer Woche in Leipzig oder im August vor dem Reichstag sollten unbedingt vermeiden werden. „Wir werden und müssen über andere Maßnahmen als üblich nachdenken.“ Es gehe darum, die Verbreitung des Virus einzudämmen und das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen.
Die Berliner Polizei bleibe dennoch bei ihrem Grundsatz der Deeskalation, sagte Slowik. Die Polizeipräsidentin machte deutlich, dass Großversammlungen auch bei massenhaften Verstößen gegen Abstandsregeln und Schutzmaskenpflicht nicht einfach aufgelöst werden könnten. Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte, die Polizei werde Straftaten zwar ahnden. Der Einsatz von Wasserwerfern wie bei einer Corona-Demo am Wochenende in Frankfurt/Main widerspreche aber dem Deeskalationsgebot.
„Wir sollten uns nichts vormachen. Zigtausend Menschen, die sich weigern, zu gehen und politische Maßnahmen nicht akzeptieren, werden nicht binnen kürzester Zeit auseinanderzubringen sein“, sagte Slowik. Es sei mit gewaltsamem Widerstand zu rechnen.
Polizeipräsidentin: Demo-Obergrenze von 100 bis 500 Leuten nötig
Slowik forderte wie zuvor die Gewerkschaft der Polizei (GdP), in der Pandemie bei Demonstrationen die Zahl der Teilnehmer auf 100 bis 500 zu begrenzen. Nur bei dieser geringen Obergrenze sei es der Polizei möglich, Demonstrationen und Versammlungen bei Verstößen gegen die Corona-Regeln schnellstmöglich aufzulösen. Die Forderung kommt für Mittwoch ohnehin zu spät. So schnell ließe sich der Schritt nicht in geltendes Recht gießen.
Und die Polizeipräsidentin wies auf die Probleme hin, die ein härteres Vorgehen mit sich bringt. Für „deutliche Maßnahmen“ sei der Rückhalt aus der Politik und Gesellschaft nötig, „dass ein derart deutliches Vorgehen auch mitgetragen wird“.
Bei den Demonstrationen nehme ein breiter Querschnitt der Bevölkerung teil: Bürger, Familien, aber auch Reichsbürger, Rechtsextremisten und Hooligans. „Wir haben oft bei Versammlungen Einzelne, die gegen Regeln verstoßen. Aber bei den Corona-Demonstrationen sind es Tausende Menschen, die die Regeln nicht einhalten. Das ist etwas, das wir nicht kennen, das ist die Besonderheit“, sagte Slowik.
Demonstranten ziehen Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz
Anlass für die geplanten Proteste der Corona-Leugner ist die für Mittwoch im Bundestag vorgesehene Beratung des Gesetzentwurfs für das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung“, das sogenannte Infektionsschutzgesetz. Dabei geht es um Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Schließungen von Geschäften und Verbote von Veranstaltungen.
In zahlreichen Aufrufen wird der Entwurf mit dem „Ermächtigungsgesetz“ von 1933 verglichen und behauptet, der Entwurf besiegele den Weg Deutschlands in eine Diktatur. Der unter Rechtsextremen seit Jahren propagierte „TagX“ sei am Mittwoch gekommen, die Gewaltanwendung gegen den Staat und seine Behörden legitimiert, heißt es weiter.
15.11.2020, Gastbeitrag von Sevim Dagdelen (Die Linke)
Kevin Kühnert prangert das Schweigen der politischen Linken über den Islamismus an. Reden wir also – über die Ziehväter und Sponsoren dieser menschenfeindlichen Ideologie.
Sevim Dagdelen ist Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss und Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe.
Corona-Demos für Freiheit und Demokratie, gemeinsam mit Rechtsextremisten – wie passt das zusammen? In Berlin sind zahlreiche Rechtsextreme gemeinsam mit Impfgegnern, Esoterikern, Corona-Leugnern und auch besorgten Bürgern gegen die Regierung auf die Straße gegangen. Mit dabei auch zahlreiche Politiker der AfD. MONITOR-Chef Georg Restle interviewt dazu bei studioM den „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg, die Rechtsextremismus-Expertin Judith Rahner, die Verfassungsrechtlerin Prof. Anna Katharina Mangold und die MONITOR-Autorin Julia Regis.
Wie rechtsoffen ist die Querdenken-Bewegung? Eine Recherche von CORRECTIV zeigt: Ein Mitglied des Kernteams nimmt seit Jahren einen Podcast mit einem bekannten Rechtsextremen auf und traf 2019 den Vorsitzenden der NPD. Organisator Michael Ballweg schweigt dazu.
Mit Holocaustleugnern will Michael Ballweg nichts zu tun haben. „Ich möchte dir mitteilen, dass du auf unseren Demonstrationen nicht mehr willkommen bist.“ Mit diesen Worten beendet der Initiator der Querdenken-Bewegung während eines Interviews die Zusammenarbeit mit Nikolai Nerling, der im Internet als „Der Volkslehrer“ bekannt ist und laut Medienberichten in erster Instanz wegen Holocaustleugnung verurteilt wurde.
Nach der Besetzung der Reichstagstreppen durch Rechtsextreme, Reichsbürger und Anhänger der QAnon-Bewegung im Zuge der Querdenken-Demonstration am 29. August musste Ballweg sich in Interviews und Talkrunden dazu positionieren, ob die Bewegung offen für Rechtsextremisten sei. Seine Standardantwort: Bei Demonstrationen gebe es keine Eintrittskarten, jeder könne sich ihnen anschließen. Man könne schließlich keine Eintrittskontrollen durchführen.
Von Nikolai Nerling distanzierte Ballweg sich, weil Nerling in seiner Rede am 29. August Bezug auf die sechs Millionen Opfer des Holocaust genommen hatte. Das habe ihn „schockiert“, erklärt Ballweg in einem Video auf dem Youtube-Kanal von Querdenken 711. Nerling sei ab nun auch im Pressebereich „nicht mehr willkommen“. Auf die Rede hingewiesen hatte Ballweg zuvor das Politmagazin Monitor. Doch Nerlings Gesinnung ist spätestens seit dem Jahr 2018 durch mehrere Medienberichte öffentlich bekannt.
Recherchen von CORRECTIV zeigen, dass der Organisator der Querdenken-Bewegung nicht nur die im Fall Nerling öffentlich leicht zugängliche Informationen offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat: Ein Mitglied seines Kernteams, Nana Domena, Moderator und Anheizer bei den Querdenken-Demonstrationen, nimmt seit vier Jahren einen Podcast mit dem Rechtsextremen Frank Kraemer auf, 2019 traf er den Vorsitzenden der NPD. All das ist öffentlich auf Youtube zu finden.
Querdenken-Moderator Nana Domena betreibt Podcast mit einem Rechtsextremen
„Ich sag Frieden, ihr sagt Freiheit“, ruft Nana Domena ins Mikrofon. Bei der Querdenken-Demonstration in München heizt er das Publikum an, überbrückt die Lücken zwischen den Redebeiträgen. Für seinen Auftritt hat er ein klassisches Outfit gewählt: Lederhose, weißes Hemd und knielange Strümpfe. Akzente setzt er mit seiner Brille: rote Gläser, eingefasst von einem goldenen Rahmen; um seine Handgelenke hat er rot-weiße Blumenketten gewickelt. Domena tourt mit der Bewegung seit Mai 2020 durch die Republik: In Stuttgart, Berlin, München, Rostock oder Köln animiert er die Zuschauer, tritt als gut gelauntes Energiebündel auf.
Bevor er zu Querdenken kam, organisierte Domena mit seiner Firma „mediaconnect office“ VIP-Veranstaltungen und traf als Nana „Lifestyler“ Domena Prominente auf dem roten Teppich. Videos dieser Veranstaltungen verbreitete er über seinen Youtube-Kanal und die Homepage „lifestyler.tv“.
Was dem Publikum bei seinen Auftritten verborgen bleibt: Der Mann, der sich als Kämpfer für Frieden und Liebe inszeniert, betreibt seit vier Jahren einen Podcast mit dem bekannten Rechtsextremen Frank Kraemer. Auf der Leipziger Buchmesse 2019 trafen Domena und Kraemer gemeinsam den Vorsitzenden der NPD, Frank Franz.
Wer ist Frank Kraemer?
Frank Kraemer ist seit 1995 Mitglied verschiedener Rechts-Rock-Bands, betreibt eine eigene Webseite, den Youtube-Kanal Der dritte Blickwinkel und den Sonnenkreuz-Versandhandel. Als Gitarrist der Gruppe „Stahlgewitter“ trat er im Jahr 2017 bei der Veranstaltung „Rock gegen Überfremdung“ in Themar auf. Teilnehmer der Veranstaltung trugen T-Shirts mit der Aufschrift „I love HK [Hakenkreuz, Anm. d. R.]“, auch das Motto der Waffen-SS „Meine Ehre heißt Treue“, war zu sehen. Ein Foto zeigt Kraemer neben einem Teilnehmer, der den Hitlergruß zeigt. In ihrem Lied „Schwarze Division“ träumen Stahlgewitter davon, den Berliner Stadtteil Kreuzberg „dem Erdboden gleich zu machen“, zusammen mit den „Millionen Fremden, die sich hier austoben“.
Als Redner trat Kraemer bereits mehrfach (hier und hier) bei der rechtsextremen Kleinstpartei „Der III. Weg“ auf, die vom Verfassungsschutz als antisemitisch, ausländerfeindlich und revisionistisch eingestuft wird. Im Interview mit der Partei spricht er von der „schleichenden Verausländerung“ Deutschlands; als eine „Säule seiner Weltanschauung“ nennt er „gnadenlose Härte gegen alle inneren und äußeren Feinde“.
Kraemer und Domena trafen sich erstmals auf einer Pegida-Demo
Gemeinsam mit Kraemer betreibt Nana Domena seit 2016 das Projekt „Multikulti trifft Nationalismus“. Damit erzielt er auf Youtube teils hohe Reichweiten. Bis zu 250.000 Mal wurden die Videos bisher angesehen. Entstanden ist das Projekt durch ein Zusammentreffen von Domena und Kraemer auf einer Pegida-Demonstration in Köln.
Der Austausch zwischen den beiden begann am 9. Januar 2016. Damals demonstrierten zahlreiche Hooligans, Rechtsextremisten und Pegida-Anhänger auf dem Breslauer Platz in Köln, Anlass waren die Ereignisse der Kölner Silvesternacht. Auch eine Gegendemonstration fand statt. Domena suchte den Kontakt zu beiden Seiten, „weil ich kein Faker bin, zeige ich euch, dass ich in die Mitte gehe“, beginnt er sein Video. Nach den Statements zweier Gegendemonstranten sieht man Domena zur Pegida-Demo gehen. „Schon ein bisschen ein mulmiges Gefühl, aber ich guck’ mal, ich guck’ mal, ob ich da heil rauskomme“, sagt er.
„Darf ich was fragen?“, ruft er einer Gruppe von Pegida-Demonstranten zu, „nein“ schallt es einstimmig zurück. Domena lässt nicht locker, „ich sprech’ die Sprache, ich zahl’ meine Steuern, ich brauch das für mich als Feedback, seid ihr wirklich gegen alles oder wenn man angepasst ist, ist das okay?“ Während ihm aus der Gruppe noch einer zuruft: „Du solltest keine fremden Frauen ficken!“, beginnt Frank Kraemer auf Domena zuzuschlendern.
„Ich zahl’ meine Steuern“, wiederholt Domena an Kraemer gerichtet, „ich liebe das Land ohne Ende und ich hab sogar selbst gesagt: Das was hier passiert ist, zack und weg!“ „Hasse recht“, geht Kraemer auf Domena ein, „aber gibt es mehr Leute von dir oder mehr von den Tausenden, die hier Frauen vergewaltigen?“, hält er ihm entgegen. Anschließend bezeichnet Kraemer Migranten als „invasive Arten“, die durch hohe Geburtenraten Deutsche in ihrem eigenen Land zur Minderheit machen würden. Domena widerspricht Kraemer kein einziges Mal, bestärkt ihn vielmehr, indem er sagt: „Starke Argumente, die du bringst.“
Der Podcast „Multikulti trifft Nationalismus“
Nach dieser Begegnung bleiben die beiden online in Kontakt und gründen das Videoprojekt „Multikulti trifft Nationalismus“, so die Erzählung auf der Webseite des Projekts. Beworben wird das Format als „Videoprojekt für Meinungsfreiheit“. Ziel sei es, die eigene Meinung nachvollziehbar darzulegen und sich auszutauschen.
Die meisten Folgen laufen nach dem gleichen Schema ab: Domena stellt Fragen, Kraemer antwortet. Sind Gäste zu einer Diskussion eingeladen, gibt Domena den Moderator. Zuletzt traf man sich im Mai, um über das Thema Corona zu sprechen. In dem Gespräch tauschen sich Domena und Kraemer über bekannte Falschbehauptungen aus: Bill Gates kontrolliere die WHO, behauptet Kraemer und Domena ergänzt, Gates wolle den Menschen Mikrochips implantieren, Corona sei nicht schlimmer als die Grippe, sind sich beide einig. „Wow, Frank, du hast wieder einiges an Input mitgebracht, was ich liebe“, kommentiert Domena die Einlassungen seines Gesprächspartners.
An dem Projekt hielt Domena über die Jahre hinweg auch gegen Widerstände fest. Top-Kunden hätten ihn angerufen und ihm vorgeworfen, er würde Nazi-Events machen, schildert er seine Erfahrungen. Dennoch habe er weitergemacht, weil ihm das Projekt nach den Geschehnissen der Kölner Silvesternacht persönlich wichtig sei. Domena bezeichnet die Beziehung zu Kraemer als „ganz besondere Freundschaft“, gegenseitige Geburtstagsbesuche inklusive; Kraemer nennt Domena einen „Leuchtturm-Migranten“.
Wir fragten Domena, ob er auch weiterhin an dem Podcast-Projekt festhalten wird und wie das zu seinem Engagement bei der Querdenken-Bewegung passt, die von sich behauptet „rechtsextremes, linksextremes, faschistisches, menschenverachtendes Gedankengut“ abzulehnen. Bis zum Erscheinen dieses Textes erhielten wir keine Antwort.
Lob vom NPD-Chef
Mittlerweile hat das Projekt Anerkennung bei prominenten Vertretern der rechtsextremen Szene gefunden. Frank Franz, seit 2014 Vorsitzender der NPD, widmete dem Projekt im Juli zwei Videos mit insgesamt zwei Stunden Laufzeit: „Ich finde das ganze Projekt so interessant und auch beispielgebend, dass ich schon denke, dass es ne gute Sache ist, wenn wir uns das hier mal zur Brust nehmen“, sagt er und kommentiert die gesamte erste Folge von Multikulti trifft Nationalismus. Die Verbindung zwischen Domena, Kraemer und Franz besteht nicht nur virtuell, bereits 2019 trafen sich die drei auf der Leipziger Buchmesse. In seinem Video nennt Franz Domena einen „sehr sympathischen Typen“.
Neben dem Podcast mit Kraemer betreibt Domena aktuell ein weiteres Gesprächsformat mit Marvin König. König, selbst Youtuber, gibt an, den Kölner Ableger der Partei der Vernunft des bekannten Verschwörungsideologen Oliver Janich gegründet zu haben. Janich, mit der prominenteste Vertreter der QAnon-Bewegung im deutschsprachigen Raum, war einer der ersten Interview-Gäste des Youtube-Kanals.
Darüber hinaus pflegt König Kontakte zur Alternativen für Deutschland. Als seinen Mentor bezeichnet er den Mitarbeiter des AfD-Sprechers Jörg Meuthen, Dietmar-Dominik Hennig. Laut Medienberichten blickt Hennig auf eine rechtsextremistische Vergangenheit im sogenannten Cannstatter-Kreis und der Deutschland-Bewegung zurück. Im Gespräch mit König nennt Hennig Olaf Scholz einen „widerlichen Finanzminister“ und bezeichnet „globale Eliten“ als „Abschaum der Menschheit“.
Samuel Eckert: Reichsflaggen haben nichts mit Rechtsextremismus zu tun
Gesprächsgast von König und Domena war Anfang September Samuel Eckert. Eckert ist ein IT-Unternehmer in der Schweiz, der selbst seit Wochen Youtube-Videos mit irreführenden oder falschen Behauptungen zum Coronavirus produziert. Mit König und Domena tauscht er sich im Interview über die Geschehnisse vor dem Reichstag aus.
Er selbst habe jetzt gelernt, dass die schwarz-weiß-roten Reichsflaggen gar nichts mit Rechtsextremismus zu tun hätten, sagt Eckert: „Viele Leute, die diese Fahnen tragen, haben mit Rechtsextremismus gar nicht zu tun; sind teilweise sogar mit Ausländern verheiratet und so weiter“. Bremen undNiedersachsen haben das Zeigen der Flagge nach den Vorfällen vor dem Reichstag kürzlich verboten: In Bremen gilt sie als „Symbol nationalsozialistischer Anschauungen“. Laut Niedersachsens Innenminister zeige sie eine „verfassungsfeindliche Haltung“.
Nach der Querdenken-Demonstration am 29. August in Berlin suchte Eckert den Kontakt zu Akteuren der rechten Szene. So traf er sich mit Oliver Janich und Jürgen Elsässer zum Gespräch und zeigte sich auf Instagram mit der rechten Influencerin Naomi Seibt.
Elsässers Magazin Compact wird seit März vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt, auf Facebook sind die Accounts des Magazins gesperrt worden. Eckert jedoch findet an dem Magazin nichts Problematisches, es sei ein Magazin „das sich kritisch mit der aktuellen Situation“ auseinandersetze. In seiner aktuellen Ausgabe widmete Compact der Querdenken-Bewegung fast 20 Seiten.
Die öffentliche Hinwendung zu rechten Akteuren hat neben Eckert auch der Sinsheimer HNO-Arzt Bodo Schiffmann vollzogen. Man müsse nun zusammenhalten, um die Grundrechte wiederherzustellen, egal welcher Gruppe man angehöre, so Schiffmann in einem Video vom 22. September. Ob Attila Hildmann oder Reichsbürger, alle müssten nun gemeinsam in den Widerstand gehen.
Der Verfassungsschutz beschreibt die Reichsbürger-Szene als gewaltbereit und waffenaffin. Bei einer Durchsuchung im Oktober 2016 eröffnete ein Anhänger der Szene das Feuer auf Polizeibeamte, einer der Beamten erlag im Anschluss seinen Verletzungen im Krankenhaus.
Schiffmann hatte bereits Anfang Mai die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit dem Ermächtigungsgesetz („Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“) verglichen, auf das Adolf Hitler 1933 seine Diktatur aufbaute. Die Situation scheint sich für ihn noch einmal verschärft zu haben, er sagt nun Dinge wie: „Die Nazis sitzen in der Regierung, was wir erleben ist eine neue Form des Nationalsozialismus“ und „es gibt Quarantänelager, Quarantänelager hat man früher als KZ bezeichnet“.
Wie reagiert Michael Ballweg?
Den Brückenschlag zur radikalen Reichsbürger-Szene hatte bereits der Pressesprecher der Querdenken-Bewegung, Stephan Bergmann, gewagt. Das Grundgesetz bezeichnete er in einem Interview als „Besatzungsrecht“ und bediente so das Narrativ, dass es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um einen nicht-souveränen Staat handele, der immer noch unter dem Besatzungsrecht der Alliierten des Zweiten Weltkrieges stehe. Laut Medienberichten soll Bergmann Gründungsmitglied des Reichsbürgervereins „Primus inter Pares“ gewesen sein.
Wie passen diese Entwicklungen zu den Grundwerten der Querdenken-Bewegung, die ihre Mitglieder als Demokraten bezeichnet und sich angeblich gegen „rechtsextremes, linksextremes, faschistisches, menschenverachtendes Gedankengut“ wendet? Sind Domena, Eckert und Schiffmann für die Bewegung weiterhin tragbar?
Eine entsprechende Anfrage von CORRECTIV ließ Organisator Michael Ballweg unbeantwortet. Gegenüber dem Politmagazin Monitor hatte er noch im September klar zu verstehen gegeben, von wem seiner Meinung nach die größte Gefahr für die Grundfreiheiten ausgehe: „Also, im Moment eindeutig von den Regierenden.“ Dass die von ihm initiierte Bewegung auch von der Öffnung für rechtsextremes Gedankengut lebt, scheint ihn nicht wirklich zu kümmern.
Redigatur: Bianca Hoffmann, Till Eckert, Uschi Jonas
Schweden war stolz auf den eigenen Weg in der Corona-Krise. Jetzt steigen die Infektions- und Totenzahlen deutlich. Der Ministerpräsident stimmt die Bürger auf schwere Zeiten ein – und weicht immer mehr vom bisherigen Kurs ab.
Stefan Löfven hat klare Worte gewählt. Als der schwedische Ministerpräsident in Stockholm vor die Presse trat, hatte er Grundsätzliches zu sagen. Es sei November, begann er, der dunkelste Monat des Jahres, die Dunkelheit werde noch eine Weile bleiben, „und leider scheinen wir uns auch auf dunklere Zeiten zuzubewegen, wenn es um die Ausbreitung von Infektionen in Teilen der Welt, in Europa und in Schweden geht“.
Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.
Alle Anzeichen gingen in eine unerwünschte, falsche Richtung. Es bestehe die Gefahr, dass die Situation „völlig dunkel“ werde, sagte er. „Wir riskieren, dass mehr Menschen krank werden, mehr Menschen sterben“, dass es mehr überarbeitete Menschen im Gesundheitswesen gebe und mehr Operationen verschoben würden. Es war Mittwochnachmittag und auch den letzten Schweden sollte nach seiner Rede klargeworden sein, dass die Lage im Königreich sehr ernst ist.
Dramatisch gewandeltes Bild
Viel wurde über den schwedischen Sonderweg im Kampf gegen die Corona-Pandemie geschrieben und diskutiert, über den Versuch, mehr mit Informationen und Empfehlungen als mit strikten Einschränkungen durch die Krise zu kommen. Nachdem die Todeszahlen in der ersten Welle der Pandemie durch Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen rasant gestiegen waren, meinten Befürworter des schwedischen Weges sich im Sommer bestätigt zu sehen: Die Infektionszahlen blieben lange niedrig, es starben nur noch wenige Schweden an oder mit dem Virus.
Ansteckungen nehmen zu : Schweden muss geplante Lockerungen auf Eis legen
Doch in den vergangenen Wochen hat sich das Bild dramatisch gewandelt, die Infektionszahlen sind rasant gestiegen. Löfven sprach davon, dass sich in der vergangenen Woche die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen verdoppelt habe. Am Donnerstag meldete die Gesundheitsbehörde, dass 4658 neue Infektionen und 40 weitere Todesfälle hinzugekommen sind, insgesamt wurden bislang 171.365 Infektionen und 6122 Todesfälle in dem Land mit seinen gut zehn Millionen Einwohnern registriert. Die 14-Tages-Inzidenz liegt bei 481 auf 100.000 Einwohner. Vor kurzem war bekanntgeworden, dass die Positivquote von Corona-Tests in der Region Stockholm 20 Prozent erreicht hat – in Deutschland war zuletzt mit knapp acht Prozent ein Höchstwert erzielt worden.
Es ist aber nicht nur so, dass sich die Lage im Land wieder zuspitzt. Die Behörden weichen auch immer mehr von ihrem Sonderweg ab – auch wenn es so nicht formuliert wird. Es gibt aber immer mehr und strengere Empfehlungen und Einschränkungen. Zunächst wurden für einzelne Regionen verschärfte Empfehlungen verkündet: Die Menschen sollten physischen Kontakt zu Menschen außerhalb ihres Haushalts vermeiden, weder Feste organisieren noch an ihnen teilnehmen, und es wird abgeraten, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Weitere Regionen kamen hinzu, am Donnerstag weitere vier, die Empfehlungen gelten damit für einen großen Teil der Schweden.
Einige Leute ignorierten das Risiko
Auch Löfven sprach nicht nur über die düsteren Zeiten. Er sagte, dass die Regierung davon ausgehe, dass man mehr Maßnahmen benötige, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Vom 20. November an soll es täglich von 22 Uhr an ein Alkoholverkaufsverbot im ganzen Land geben. Das ist für die Gastwirtschaft ein scharfer Einschnitt. Schwedische Medien zitieren Gastwirte, die sich mindestens überrascht davon zeigen, oder gar von einer „Katastrophe“ oder einem „Todesstoß“ für ihre Branche sprechen.
Löfven sagte, einige Leute ignorierten das Risiko. Immer mehr hätten begonnen, sich im Herbst zu entspannen, immer mehr dächten, ein Tag im Einkaufszentrum bedeute nichts, oder eine Geburtstagsparty mache keinen Unterschied. „Aber leider macht es einen Unterschied.“ Jede Entscheidung, die man in seinem täglichen Leben treffe, mache einen Unterschied. „Das Verhalten eines jeden, die Nachlässigkeit eines jeden ist wichtig.“
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