1.585 Aufrufe 12.11.2022 –In Kooperation mit Karl Renner-Institut und Sir Peter Ustinov-Institut ROBERT MISIK IM GESPRÄCH MIT OLIVER NACHTWEY GEKRÄNKTE FREIHEIT
Corona-Kritiker mit Blumenketten, Künstlerinnen, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse infrage stellen, Journalisten, die sich als Rebellen gegen angebliche Sprechverbote inszenieren: Der libertäre Autoritäre hat Einzug gehalten in den politischen Diskurs. Er sehnt sich nicht nach einer verklärten Vergangenheit oder der starken Hand des Staates, sondern streitet lautstark für individuelle Freiheiten. Etwa frei zu sein von Rücksichtnahme, von gesellschaftlichen Zwängen – und frei von gesellschaftlicher Solidarität.
Der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaftler Oliver Nachtwey und die Literatursoziologin Carolin Amlinger sind in ihrem aktuellen Buch diesem „libertären Autoritarismus“ nachgegangen.
Sie definieren ihn als eine Folge der Freiheitsversprechen der Spätmoderne: Mündig soll er sein, der Einzelne, dazu noch authentisch und hochgradig eigenverantwortlich. Gleichzeitig erlebt er sich als zunehmend macht- und einflusslos gegenüber einer komplexer werdenden Welt. Das wird als Kränkung erfahren und äußert sich in Ressentiment und Demokratiefeindlichkeit. Im Kreisky Forum spricht Robert Misik mit Oliver Nachtwey über einen neuen Protesttypus der Spätmoderne, dessen Ruf nach individueller Souveränität eine Bedrohung ist für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen: die Verleugnung einer geteilten Realität. Oliver Nachtwey, geboren 1975, ist Professor für Sozialstrukturanalyse an der Universität Basel. 2016 erhielt er den Hans-Matthöfer-Preis.
Moderation: Robert Misik, Autor und Journalist Carolin Amlinger, Oliver Nachtwey: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus Suhrkamp Verlag, Oktober 2022