Prof. Dr. Steffen Mau: Triggerpunkte. Wie gespalten ist unsere Gesellschaft?

Friedensethisches Gesprächsforum mit Prof. Bernd Greiner

Zum Tod von Henry Kissinger

Historiker Prof. Dr. Bernd Greiner im NDR-Gespräch über Henry Kissinger

Henry Kissinger ist gestern mit 100 Jahren in den USA gestorben. Ein Gespräch mit dem Historiker Bernd Greiner, der ein Buch über den Politiker geschrieben hat. (Verfügbar bis 07.12.2025)

Beiträge aus 2022 auf unserer Website

Gespräche zu Bernd Greiners Buch: Henry Kissinger. Wächter des Imperiums. C.H.Beck 2020.

Weitere Texte zur Kissinger-Biografie von Prof. Dr. Bernd Greiner


SPIEGEL 30.11.2023

»Wir werden seine Weisheit, seinen Charme und seinen Humor vermissen«

Der ehemalige US-Präsident George W. Bush hat den verstorbenen früheren US-Außenminister Henry Kissinger gewürdigt. Auch Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz, Chinas Präsident Xi Jinping und Wladimir Putin kondolierten. Der Überblick.

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Bernd Stegemann: Linke Selbstzerstörung

Bernd Stegemann 10 August 2023

Quelle: Philosopie Magazin

Linke Selbstzerstörung

Die Linke droht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Hat sie sich zu sehr auf das urbane Milieu konzentriert und die Abgehängten vernachlässigt? Ein Kommentar von Bernd Stegemann, der vor fünf Jahren zusammen mit Sahra Wagenknecht die Sammlungsbewegung „Aufstehen“ gründete.

Fahren zwei Linke zusammen im Zug. Sind sie am Ziel angekommen, gründen sie drei Parteien. Dieser alte Witz über linke Streitlust bringt den unseligen Hang zur Zersplitterung auf den Punkt. Was man den Narzissmus der kleinsten Differenz nennt, scheint in diesem Teil des politischen Spektrums besonders ausgeprägt. Linke Parteien zeichneten sich seit Beginn durch einen rigorosen Anspruch der reinen Lehre aus. Die kleinste Abweichung von der Parteilinie führte zum Parteiausschlussverfahren und der Hauch einer Meinungsverschiedenheit führte zum Zerwürfnis. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich aus keiner Milieublase heraus so bösartig angegriffen wurde, wie aus der linken. Der Umgangston dort ist nicht nur herzlich rau, sondern – getriggert durch die sozialen Netzwerke – von Häme, Diffamierung und Vernichtungslust geprägt.

Bei einer Veranstaltung im Karl-Liebknecht-Haus, zu der ich als Podiumsgast eingeladen war, sagte mir die Veranstalterin kurz vor Beginn, dass mein Erscheinen zu einem ernsten Krach bei der Leitung geführt habe. Und im Anschluss an die Veranstaltung kamen nicht wenige Menschen zu mir, die mit leiser Stimme sagten, dass sie eigentlich nicht hätten hier sein dürfen, da sie doch bei der Linkspartei arbeiten würden. Wie die Urchristen im alten Rom hatten sie sich unter Gefahren eingefunden und gaben sich nun gegenseitig zu erkennen.

REPRÄSENTATIONSLÜCKE

Parteien sind sicherlich kein Safespace für weiche Gemüter. Und Lagerkämpfe gibt es in allen politischen Richtungen. Der Streit zwischen den Realos und den Fundis ist bei den Grünen seit ihrer Gründung legendär. Die SPD hadert seit der Ära Schröder zwischen den Anhängern der Agenda 2010 und den alten Sozialdemokraten. Die CDU, lange von solchen inneren Kämpfen verschont, hat seit der Ära Merkel die Fraktionen der Merkel-Jünger und der Merz-Jünger. Und auch die AfD hat zwei Lager, die Anhänger des sozialpatriotischen Flügels um Björn Höcke und die Wirtschaftsliberalen um Alice Weidel. Dass die Linkspartei in zwei Lager zu zerfallen droht, ist also nicht nur eine Besonderheit linken Irrsinns, sondern auch der sich immer weiter ausdifferenzierenden politischen Landschaft geschuldet.

Alle Parteigründungen der letzten Jahrzehnte gingen aus Abspaltungen hervor. Die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt führte zur Gründung der Grünen, die von Gerhard Schröder zur Linkspartei und die von Angela Merkel zur AfD. Dass die jetzige Lage eine weitere Abspaltung hervorruft, ist also nicht ungewöhnlich, und doch scheint es dieses Mal anders zu sein. Denn die Linkspartei spaltet sich nicht aus einem Überschuss an politischer Kraft, so wie seinerzeit die Protestenergie der 68er-Generation zu den Grünen drängte, die Agenda 2010 einen Sturm sozialer Proteste hervorrief, die die Linkspartei notwendig machte, und die Merkel-Jahre der Alternativlosigkeit für viele Unzufriedene eine Alternative am rechten Rand nötig erscheinen ließ.

Die relevante Frage für eine Parteispaltung lautet darum: Ist die Lage aktuell wieder so, dass eine relevante gesellschaftliche Kraft nach einer politischen Repräsentanz drängt? Man könnte meinen, dass das im Moment nicht zu erkennen ist. Die Protestenergien sind bei den Grünen noch gut aufgehoben. Und wenn es radikalere Forderungen gibt, wie von der Letzten Generation, dann suchen sie im Außerparlamentarischen nach Rückhalt. Eine neue Klimaschutzpartei ist nicht in Sicht. Und die im weitesten Sinne linken Kräfte in Deutschland scheinen in drei Parteien aufgehoben. Worin besteht also der andauernde Streit in der Linkspartei?

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Wagenknecht – Das Ende der LINKEN?

Do 23.11.2023 | 19:00 | Der Zweite Gedanke

Die Debatte mit Ann Kristin Schenten, Bernd Stegemann und Ines SchwerdtnerWAGENKNECHT: DAS ENDE DER LINKEN?

„Fans sind keine Genossen.“ (Ines Schwerdtner)

Vernunft und Gerechtigkeit. Dafür soll Sahra Wagenknechts Verein “Bündnis Sahra Wagenknecht” stehen. Im Januar will sie eine Partei gründen. Spätestens dann muss sie zeigen, was hinter diesen Worten steht. Die politische Landschaft hat sie allerdings schon aufgewühlt. Die Linksfraktion im Bundestag wurde liquidiert. Die Partei versucht sich nun neu zu ordnen. Im Moment verzeichnet sie sogar mehr Parteieintritte als -austritte. Trotz oder gerade wegen Wagenknecht?

Die Publizistin Ines Schwerdtner hat sich im Sommer entschieden, in die Partei “Die Linke” einzutreten und als Kandidatin für die Europawahl zu kandidieren. Damals war schon abzusehen, dass Wagenknecht die Partei verlassen wird.

Der Dramaturg Bernd Stegemann gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Wagenknechts Bewegung “Aufstehen”. Sein Verhältnis zu ihr bezeichnet er als “freundlich distanziert”.

„Sie ist eine charismatische Politikerin. Sie wird gemocht und gewählt und gewollt, weil die Leute sie toll finden. Das ist eine ganz besondere Qualität. Sie hat das, was man bei Schauspielern eine bestimmte Präsenz nennen würde. Ich habe sie auch manchmal beobachtet bei öffentlichen Auftritten, da kann sie halt etwas, was nicht viele Profipolitiker können: Sie kann einen unglaublich starken Fokus setzen auf sich selber. Also in dem Moment, wo sie auf einem Marktplatz eine Bühne betritt, ist nur noch eine Realität da. Das ist Sahra Wagenknecht, und das ist eine wahnsinnige Begabung.Bernd Stegemann.“

„Fans sind keine Genossen. Das ist eben der Unterschied. Natürlich braucht man Figuren, zu denen man aufblickt und die man toll findet und so weiter. Die auch Projektionsflächen sind, keine Frage. Aber eine sozialistische Partei sollte sich meiner Meinung nach eben dadurch ausdrücken, dass sie wirklich mehrere Menschen hat, die so ein Projekt und auch eine Partei tragen. Sie darf sich nicht auf eine Hoffnungsträgerin verlassen. Das ist wirklich ganz, ganz gefährlich.Ines Schwerdtner.“

Bernd Stegemann, geboren 1967 in Münster, ist Professor für Dramaturgie und Kultursoziologie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und war über zwanzig Jahre Dramaturg an verschiedenen Theatern. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zur Kunst des Theaters und Dramaturgie des öffentlichen Sprechens, u.a. „Die Kritik des Theaters“ (Theater der Zeit, 2013), „Lob des Realismus“ (Theater der Zeit, 2015), „Das Gespenst des Populismus“ (Theater der Zeit, 2017,) „Die Moralfalle. Für eine Befreiung linker Politik“ (Matthes & Seitz, 2018), „Die Öffentlichkeit und ihre Feinde“ (Klett-Cotta, 2021) sowie zuletzt „Identitätspolitik“ (Matthes & Seitz, 2023). Stegemann gehörte zu den Gründungsmitgliedern von „Aufstehen“, der ehemaligen Sammlungsbewegung von Sahra Wagenknecht.

Ines Schwerdtner, geboren 1989 in Werdau (Sachsen), arbeitete als Publizistin und war bis zum Sommer 2023 Chefredakteurin des sozialistischen Magazins „Jacobin“. Am 25. August 2023 erklärte sie ihren Eintritt in die Linke. Sie kandidiert für den Landesverband Sachsen-Anhalt bei der Wahl zum Europaparlament. 2022 gehörte sie zu den Initiatorinnen der Kampagne „Genug ist Genug“, die sich als Reaktion auf steigende Preise in der Energiekrise entstand. Ines Schwerdtner bezeichnet sich als Sozialistin.