Die Energiewende ist ein Großprojekt. Doch geht der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter so schleppend voran, wird im Jahr 2030 eine besorgniserregende Stromlücke entstehen. Das könnte für den Wirtschaftsstandort Deutschland zur Gefahr und für die Verbraucher teuer werden. Dieses Video ist eine Auskopplung aus der vom SWR verantworteten ARD-Plusminus-Sendung vom 06. Oktober 2021.
POTENZIELLE STROMLÜCKE Das Großprojekt Energiewende wird zu den wichtigsten Aufgaben der nächsten Regierung gehören. Bis Ende dieses Jahres werden drei der sechs verbleibenden Atomkraftwerke abgeschaltet. Im nächsten Jahr werden die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen. Je näher der Zeitpunkt des Ausstiegs rückt, umso mehr schlagen Fachleute Alarm. „Plusminus“ hat vom Forschungszentrum Jülich exklusiv die Stromlücke berechnen lassen – und die Expertinnen und Experten kommen zu besorgniserregenden Ergebnissen.
Geht der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter so schleppend voran wie in den vergangenen drei Jahren, so werden im Jahr 2030 184 Terrawattstunden fehlen. Um diese Lücke zu schließen, bräuchte Deutschland bis 2030 fast doppelt so viel an Erneuerbaren Energien wie heute. „Da muss deutlich ein Ruck durch Deutschland gehen, damit wir diese Ziele auch nur annähernd erreichen können“, sagt Professor Detlef Stolten, Leiter des Instituts für Energie- und Klimaforschung am Forschungszentrum Jülich. Auch viele Unternehmen machen sich große Sorgen. Ist die Stromversorgung nicht mehr gesichert, könnte das zur Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland werden. Filmautoren: Jörg Hommer & Julian Gräfe Bildquelle: picture alliance / dpa #Strom#Energiewende#Nachhaltigkeit
Gierflation: Wer sind die Gewinner:innen und Verlierer:innen der Inflation?
9. November 2022
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union weisen nie dagewesene Inflationsraten auf. In Deutschland hat sie mit 11 Prozent das zweistellige Niveau erreicht, Österreich liegt ebenfalls bei über 10 Prozent.
Die EU-Bürger:innen sind mit einer Preisexplosion nicht nur bei der Energieversorgung, sondern auch in allen anderenLebensbereichen wie beispielsweise bei Lebensmitteln konfrontiert.
Gleichzeitig verzeichnen Unternehmen in bestimmten Sektoren satte Übergewinne. Da die Marktmechanismen in einer solchen Konstellation nicht mehr funktionieren, ist es die Aufgabe des Staates, ordnungspolitisch einzugreifen.
Wenn Unternehmen mehr verdienen als Gott
ExxonMobil, ein amerikanischer Energiekonzern, wird dieses Jahr voraussichtlich 43 Milliarden Dollar Gewinn einfahren und diesen somit im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln. Dasselbe gilt für den Ölkonzern BP (British Petrol), der seinen Gewinn aus dem ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum letzten Jahr mit 9,1 Milliarden Dollar verdreifacht hat. Ebenso steigerte der deutsche Energiekonzern RWE im ersten Halbjahr 2022 seinen Gewinn um mehr als ein Drittel auf 2,8 Milliarden Euro. Auch das österreichische Unternehmen OMV verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 eine Gewinnsteigerung um 124 Prozent.
Joe Biden kommentiert den Profit von ExxonMobil und sämtlichen anderen Profiteuren der Krise mit den Worten: „Wir werden dafür sorgen, dass jeder die Gewinne von Exxon kennt. ExxonMobil hat letztes Jahr mehr Geld verdient als Gott.“ Darin schwingt der Vorwurf mit, dass der Profit von ExxonMobil nicht mit einer gesteigerten Leistung zusammenhängt, die das Unternehmen z. B. durch Investitionen und technologischen Fortschritt erarbeitet hat.
Es verdichtet sich die Überzeugung, dass Unternehmen in strategischen Oligopol- und Monopolsektoren die Abhängigkeit der Verbraucher:innen in der Krise ausnutzen und unangemessene Preise für Produkte verlangen, für die es keine Alternativen gibt.
Eine solche Konstellation wird in den USA als „Greedflation“, zu Deutsch „Gierflation“, bezeichnet. Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sagte diesem Phänomen in ihrer Rede zur Lage der Union im September 2022 klar den Kampf an: „In diesen Zeiten ist es falsch, mit außerordentlichen Rekordgewinnen durch Ausnutzung des Krieges zum Schaden der Verbraucher:innen zu profitieren.“
Gier oder „Nachholinflation“?
Das Konzept der Gierflation stellt den traditionellen Blickwinkel auf den Markt infrage. Also jener Blickwinkel, der sich auf das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage konzentriert. Bei einer solchen Betrachtung ist in einer Marktwirtschaft die Gewinnmaximierung von Unternehmen eine logische Konsequenz und kann nicht als Gier bezeichnet werden.
Gierflation stellt hingegen zum einen infrage, dass den hohen Verkaufspreisen tatsächlich höhere Produktionskosten gegenüberstehen. Des Weiteren wird die Marktstruktur unter die Lupe genommen. Während das Angebot-Nachfrage-Modell Inflation als Phänomen in einem natürlichen Wettbewerb ansieht, definiert das Konzept der Gierflation Inflation als ein Problem, das vor allem durch pure Raffgier der Konzerneund Kartelle angetrieben wird.
Die Art und Weise, wie Gewinne erwirtschaftet werden, entspricht demnach nicht einer Leistungssteigerung der Unternehmen, angespornt durch Wettbewerb, sondern wird durch die Monopolstellung dieser Unternehmen ermöglicht. Preise können in einem solchen Markt mangels Alternativen willkürlich in die Höhe getrieben werden.
Eine derartige monopolistische Marktstruktur ist ein Strukturproblem, bei dem selbst Verfechter der freien Marktwirtschaft an der Selbstregulierungskraft der Märkte zweifeln.
Die Preisgestaltungsmacht von Unternehmen in wichtigen monopolisierten Märkten ist demnach so groß, dass damit die Inflation beschleunigt wird. Die gleichzeitig anfallenden Zufallsgewinne dieser Unternehmen führen beinahe zwangsläufig zu einer sozialen Krise, wenn die Inflation nicht durch höhere Löhne abgefedert wird.
Denn seit 2020 befindet sich das Lohn-Preis-Verhältnis in einer Abwärtsspirale. So sind beispielsweise in den USA die Preiserhöhungen zwischen 1979 und 2019 zu 61,8 Prozent, aber seit 2020 nur noch zu 7,9 Prozent auf Lohnsteigerungen zurückzuführen (siehe Grafik).
In der derzeitigen dynamischen Phase, gekennzeichnet durch starke Preiserhöhungen und sinkende Reallöhne, stellt sich daher zunehmend die Frage nach der Rechtfertigung dieser Marktordnung und nach der sozialen Macht.
Treten wir also in eine Zeit ein, „in der Tätigwerden zählt und Geschichte gemacht wird“? Eine Zeit, in der deutsche und britische Gewerkschaften in Lohnverhandlungen mit einer Forderung nach 10 Prozent Lohnerhöhung gehen oder französische Industriegewerkschaften eine Anhebung des Mindestlohns um 25 Prozent fordern?
Übergewinnsteuer als sinnvoller Ausgleich
Es gibt Ideen, wie diese Lohn-Gewinn-Spirale zurückgedrängt werden kann, um ein soziales Gleichgewicht bei der Preisbildung wiederherzustellen. Hier kommt die sogenannte Übergewinnsteuer ins Spiel, wobei sie wohl treffender Zufallsgewinnsteuer genannt werden sollte. Überproportionale Gewinne ohne signifikante Leistungssteigerung bzw. Erhöhung der Produktionskosten sollen „weggesteuert“ werden.
In den USA wurde dieser Ansatz von Bernie Sanders im März 2022 auf die Agenda gebracht.
Die Idee ist nicht neu: So etwa wurde während des Ersten und Zweiten Weltkriegs in den USA eine Übergewinnsteuer von bis zu 95 Prozent eingeführt, um Zufallsgewinne von Unternehmen, die sie durch die außergewöhnlichen Kriegsereignisse lukrierten, abzuschöpfen.
Zuletzt wurde das Instrument während der Ölkrise in den 80er-Jahren angewandt. Mittlerweile haben zahlreiche EU-Mitgliedstaaten eine Übergewinnsteuer eingeführt. In Großbritannien beläuft sich die Übergewinnsteuer auf 25 Prozent; in Spanien geht man davon aus, durch die Steuer sieben Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren abzuschöpfen; Norwegen erwartet dadurch in diesem Jahr 50 Prozent höhere Steuereinnahmen.
In Österreich ist die politische Zustimmung verhalten, obwohl der Österreichische Gewerkschaftsbund davon ausgeht, dass vier bis fünf Milliarden Euro damit generiert werden könnten. Doch werden viele zögerliche Regierungen möglicherweise von der Europäischen Union überholt: In der Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise ist eine „Solidaritätsabgabe“ für Übergewinne im fossilen Sektor vorgesehen. Sie soll 33 Prozent des steuerlichen Gewinns betragen. Aus Gewerkschaftssicht ist klar: Der Mythos, dass Unternehmen hohe Gewinne unabhängig von der Marktstruktur „verdienen“, ist nicht haltbar – schon gar nicht in Krisen- bzw. Kriegszeiten. Oder, wie Ursula von der Leyen zu Recht festhält: „Gewinne müssen aufgeteilt werden.“ Gewerkschaften werden die Kommissionspräsidentin beim Wort nehmen und darauf achten, dass es nicht bei leeren Worten bleibt.
Munich Economic Debate mit Gabriel Felbermayr, WIFO – Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung 7. November 2022 https://www.ifo.de/veranstaltung/2022…
Globalisierung in Gefahr? Die Weltwirtschaft droht in politische Blöcke zu zerfallen, die sich argwöhnisch belauern und gegenseitig abschotten. Diese Entwicklung ist ökonomisch teuer, gerade für eine offene Volkswirtschaft wie die deutsche und in Zeiten rapiden technologischen Fortschritts. Sie wäre politisch riskant – das zeigt die historische Erfahrung. Und sie läuft der Einsicht zuwider, dass die Lösung der großen globalen Probleme, allen voran die Klimakrise, globale Zusammenarbeit erfordert.
Gabriel Felbermayr, Direktor des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, wird u. a. diese Fragen mit Ihnen diskutieren: – Kooperation, trotz politischer Divergenz, wie kann das gehen? – Welche Rolle spielen dafür Institutionen wie Weltbank oder Welthandelsorganisation (WTO)? – Was kann die EU und Deutschland tun? Rahmeninformationen zum Vortrag Die Veranstaltung war Teil der Serie „Ökonomische Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine“ Der Krieg in der Ukraine ist eine geopolitische Zäsur. Die Welt könnte in einen amerikanisch und einen chinesisch dominierten Block zerfallen. Der Krieg verändert die Perspektiven auf Sicherheit und Wohlstand grundlegend. Es droht Stagflation, eine Kombination aus schwachem Wachstum und hoher Inflation. Wie sollte die Politik darauf reagieren? Die Geldpolitik steht vor einem Dilemma: Zinserhöhungen können die Inflation zwar eindämmen, würden das Wachstum aber weiter dämpfen. Finanzpolitik kann die Lasten steigender Preise nur umverteilen, sie aber nicht aus der Welt schaffen. Energiepolitisch führt die Diversifizierung der Energieimporte zu mehr Versorgungssicherheit, aber auch höheren Kosten. Zudem steigen die Militärausgaben. – Welche Folgen hat der Krieg für Deutschland als Standort für energieintensive Industrien? – In welche Politikfelder und in welche Maßnahmen sollen die knappen Ressourcen fließen? – Und welche Rolle spielt die EU?
ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.
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Diskussionsforum ► http://forum.jungundnaiv.de/ Willkommen bei Wirtschaftspolitik für Desinteressierte: Maurice Höfgen bespricht im neuen „Wirtschaftsbriefing“ die wichtigsten Themen der letzten Woche rund um Wirtschaft, Geld, Finanzen. In dieser Folge diskutieren wir die Bund-Länder-Kompromiss zum 49-Euro-Ticket und zum Abwehrschirm, die Forderung nach einem Pflichtjahr, die Schuldenbremse als Schuldbremse und viele weitere Meldungen aus Wirtschaft und Politik.
Wie kann eine Zukunft mit erneuerbaren Energien aussehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Journalistin Ulrike Herrmann und kommt auf die Antwort: Wenn Deutschland komplett klimaneutral wirtschaften möchte, müssten wir wieder in das Jahr 1978 zurück. Erst einmal verwirrend, doch Frau Herrmann erklärt ihren Standpunkt.
Grünes Wachstum alleine reiche nicht aus, um klimaneutral zu leben. Denn was man in der vergangenen Zeit gesehen hat ist, dass vor allem die Wirtschaft und die Industrie einen steigenden Energieverbrauch mit sich tragen. Heute würde die Windenergie mit 4,7 Prozent und die Solarenergie mit 2,0 Prozent nur einen Bruchteil dieses Energieverbrauchs decken. Um den gewaltigen Endenergieverbrauch ausgleichen zu können, müsse ein enormer Ausbau an erneuerbaren Energien stattfinden. Doch dies sei kaum machbar und ihre These lautet: Man bräuchte insgesamt 30 – 50 Prozent weniger Energieverbrauch. Auch Flüge müssten weg und die Mobilität vom Auto hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln wechseln.
Diese Erkenntnis der Abhängigkeit zwischen steigendem Ausbau erneuerbarer Energien und dem „Schrumpfen“ des Endenergieverbrauchs in der Wirtschaft käme ihr zu kurz. Die grüne Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Steffi Lemke kann die Meinung von Frau Herrmann verstehen, doch teilt sie die damit einhergehenden Konsequenzen für die allgemeine Bevölkerung nicht. „Wirtschaftsschrumpfen“ würde auch Wohlstandsverlust bedeuten. Man habe aber jetzt die Bevölkerung genau an dem Punkt, wo die Akzeptanz und die Bereitschaft für Klimaschutz steigt. Ihnen jetzt zu sagen, dass das alles nichts bringe und man die Wirtschaft drosseln würde, hält sie für keine gute Idee. Für sie sollte man da-her auf die Forschung und Innovation der Techniken setzen, wie bessere Energiespeicher.
Weitere Gäste in der Sendung: Frank Thelen, Unternehmer Der Investor hinterfragt den klima- und energiepolitischen Kurs der Bundesregierung. Zudem spricht er über das Potenzial zukünftiger Umwelttechnologien und die Stärke der Marktwirtschaft.
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