Aufrüstung der Bundeswehr – Bedarfsorientierte Sicherheitspolitik für friedliche und nachhaltige Entwicklung

Quelle: Blog 17.ziele.de 

Aufrüstung der Bundeswehr

Bedarfsorientierte Sicherheitspolitik für friedliche und nachhaltige Entwicklung

Mit dem Beschluss der Bundesregierung im Jahr 2022 ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Ausrüstung der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen und in den folgenden Jahren mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung zu investieren stellt sich die Frage, welche Konsequenzen dies in anderen Bereichen haben wird. Worin die Gefahren einer solchen Politik mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung der deutschen und der internationalen Gemeinschaft liegen, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine ist es ein politisch nachvollziehbarer Schritt, die Fähigkeiten zur Verteidigung zu erhöhen und dies auch gegenüber Russland, den NATO-Partnern, wie auch der deutschen Bevölkerung zu signalisieren. Deutschland investiert jedoch bereits viel Geld in sein Militär. Innerhalb der letzten 20 Jahre hat es seine Militärausgaben auf über 50 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 verdoppelt und liegt damit in absoluten Zahlen sogar knapp vor der Nuklearmacht Frankreich.2 Wenn die Bundeswehr zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags zu schlecht ausgestattet ist, kann dies nicht in erster Linie am Geld liegen. Die angekündigte Erhöhung der Mittel wird dieses Problem folglich auch nicht unbedingt lösen.

Vielmehr sollte eine Fokussierung auf das Aufgabenprofil der Bundeswehr und das dafür nötige Fähigkeitsspektrum den Ausgangspunkt für eine klare Bedarfsplanung in Abstimmung mit den Bündnispartnern bilden. Das gilt insbesondere deshalb, weil die Erhöhungen im angedachten Ausmaß eine Reihe von Problemen aufwerfen, die bislang wenig Beachtung gefunden haben.

Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle

Es besteht die Gefahr, dass eine massive Erhöhung der Militärausgaben (von Deutschland und weiteren NATO-Staaten) das globale Aufrüsten, das wir schon seit Jahren beobachten, weiter vorantreibt. Diese Rüstungsdynamik steht dem SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) entgegen: Die Eindämmung des internationalen Waffenhandels trägt zur Prävention von Konflikten bei – die Basis, um friedliche und inklusive Gesellschaften nachhaltig zu fördern.3

Auch wenn es mit der gegenwärtigen russischen Führung keine gemeinsame Vertrauensbasis für Abrüstung gibt, müssen wir heute die rüstungskontrollpolitischen Konzepte für morgen entwickeln, um den Trend des Anstiegs der weltweiten Militärausgaben wieder zu stoppen und umzukehren. Um die militärische Sicherheit für alle Parteien mittel- bis langfristig zu erhöhen, muss zwingend das klassische sicherheitspolitische Instrument der Rüstungskontrolle zur Anwendung kommen. Denn auch die Beziehungen zwischen sicherheitspolitischen Rivalen sind nie rein konfrontativer Natur. Es gibt immer auch gemeinsame Interessen. Im Zeitalter nuklearer Waffen ist dies insbesondere die Vermeidung eines Nuklearkrieges. Der Ausbruch eines solchen Krieges wäre eine Katastrophe für die Menschheit und würde sämtliche Nachhaltigkeitsbemühungen in allen betroffenen Gebieten langfristig zerstören.

Die Förderung von Nachhaltigkeit bedeutet Investitionen in Milliardenhöhe

Aktuelle Probleme wie der Klimawandel oder die Corona-Pandemie haben zudem gezeigt, dass menschliche Sicherheit mehrdimensional verstanden werden muss und nur kollaborativ mit anderen Staaten erreicht werden kann. Wie Finanzminister Christian Lindner ausführte, sind die Mittel des Sondervermögens kein Vermögen im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr eine Leihe aus der Zukunft. Eine Leihe, die mittel- und langfristig schnell eine schwere Bürde werden kann, da wichtige Investitionen in erneuerbare Energien, für das Gesundheitssystem und zur Katastrophenvorsorge automatisch geringer ausfallen werden.

Mit der Verengung des Sicherheitsverständnisses und dem damit einhergehende Fokus auf Investitionen ins Militär besteht dementsprechend die Gefahr, dass damit Ressourcen gebunden werden, die wir dringend für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft brauchen. Mit Blick auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele SDG 3 (Gesundheit und Wohlergehen), SDG 7 (Bezahlbare und erneuerbare Energien) und SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz) bleiben die Herausforderungen groß:

Bis 2030 fehlt voraussichtlich einem Drittel der Weltbevölkerung eine essenzielle Gesundheitsversorgung, die Lage hat sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft.4 Deutschland engagiert sich vor allem in Afrika und Asien für die Gesundheitsversorgung und stellt jährlich über eine Milliarde Euro zur Verfügung und ist damit einer der größten Mittelgeber in diesem Bereich.5

Mit Blick auf das SDG 13 ist die internationale Gemeinschaft „immer noch weit von dem Ziel des Übereinkommens von Paris entfernt, die Erderwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und bis 2050 weltweit CO2-Neutralität zu erreichen.“6 Im Rahmen der Weltklimakonferenz (COP 26) in Glasgow 2021 zeigte sich, dass die derzeitigen Klimaschutzbeiträge der Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens bei Weitem nicht ausreichen, um das 1,5 °C-Ziel zu erreichen und die globale Erwärmung bei Umsetzung der aktuellen Pläne sogar bei 2,7 °C liegen würde.7 Auch der Ausbau erneuerbarer Energien verläuft weltweit nicht schnell genug, um die Klimaziele zu erreichen.8 Umfangreiche Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen, die Gewinnung erneuerbare Energien und die Dekarbonisierung der Wirtschaft  sind folglich unabdingbar – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.

Laut einer KfW-Studie aus 2021 kostet allein Deutschland die bis 2045 angestrebte Klimaneutralität rund 5 Billionen Euro – jährlich müssten durchschnittlich 191 Milliarden Euro (5,2% des BIP) in Klimaschutzmaßnahmen investiert werden.9 Die Bundesregierung hat angekündigt, bis 2026 insgesamt rund 200 Milliarden Euro in den Klimaschutz zu investieren.10 Es ist jedoch fraglich, ob die geplanten Mittel ausreichen, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund stellt die bedingungslose Festlegung auf eine Untergrenze für Militärausgaben, wie sie das Zwei Prozent-Ziel darstellt, eine Gefahr für nachhaltige Entwicklung – nicht nur in Deutschland – dar. Stattdessen ist eine bedarfsorientierte Planung geboten, die zumindest mittelfristig von einem Bemühen um Rüstungskontrolle flankiert wird und Spielräume für Investitionen zur Erreichung der SDGs lässt.

1 Der vorliegende Blogbeitrag basiert auf einer Greenpeace-Kurzstudie von Dr. Markus Bayer und Dr. Max Mutschler.

Sie ist unter dem Originaltitel „Aufrüstung der Bundeswehr. Bedarfsorientierte Sicherheitspolitik oder Zwei-Prozent-Fetischismus“ erschienen und abrufbar unter: https://www.greenpeace.de/publikationen/neu_s03891_gp_aufruestung_kurzstudie_03_22.pdf

2 Einen genaueren Überblick zu den Zahlen finden Sie in der vollständigen Kurzstudie: https://www.greenpeace.de/publikationen/neu_s03891_gp_aufruestung_kurzstudie_03_22.pdf

3 Vgl. https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-16#anc=Was

4 Vgl. https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-3

5 Vgl. https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-3

6 Ziele für nachhaltige Entwicklung. Bericht 2021, S. 52, abrufbar unter: https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-13#anc=Zahlen

7 Vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/unep-bericht-klimaschutz-plaene-co2-ausstoss-100.html

8 Vgl. https://www.energiezukunft.eu/wirtschaft/mehr-erneuerbare-braucht-die-welt/

9 Vgl. https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/Pressemitteilungen-Details_673344.html

10 https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/200-milliarden-fuer-klima-und-energiesicherheit-bis-2026,SzKnUpO

Humanitäre Krisen: Grüße aus dem Jemen, aus Äthiopien und aus Somalia

Quelle: https://www.zeit.de/politik/familie/2022-05/humanitaere-krisen-ukraine-krieg-berichterstattung-5vor8 –  Andrea Böhm 5. Mai 2022

Humanitäre Krisen: Grüße aus dem Jemen

Die Journalistin Andrea Böhm ist im April zwei Wochen durch die Ukraine gereist und war schockiert von den Gräbern der „notdürftig verscharrter Opfer“ und den zerstörten Wohnhäusern. Sie war beeindruckt von der ukrainischen Zivilgesellschaft, „die seit Kriegsbeginn umkämpfte Städte versorgt und Evakuierungen organisiert“. Sie spürte aber auch ein „Unbehagen“ angesichts der „Trauben von Fotografen und Reporterinnen“ in Butscha und Irpin, mit der „Welle von Titelgeschichten, Sondersendungen und Schlagzeilen über diesen Krieg“. Sie selbst beschäftig sich eher mit Ländern in Afrika und Nahost. Mit jedem weiteren Tag in „Kiew, Butscha, Irpin oder Tschernihiw“ wurde ihr klarer, „welche existenziellen Krisen in diesen vermeintlich fernen Regionen nun vollends von unserem medialen Radarschirm verdrängt werden“.

Sie weist zurecht darauf hin, dass der momentan brutalste Krieg nicht in der Ukraine stattfindet, sondern in Äthiopien. Nach Schätzungen von Experten sind dort seit Ausbruch der Kämpfe zwischen Rebellen und Regierung im November 2020 500.000 Menschen getötet worden – durch Waffengewalt, absichtlich herbeigeführten Hunger oder weil die medizinische Versorgung zusammengebrochen ist.

Sie schreibt weiter: „Die größten humanitären Krisen der Welt spielen sich in diesen Monaten nicht in Osteuropa ab, sondern in Ländern wie dem Jemen oder Somalia. Im Jemen brauchen 23 Millionen Menschen, fast drei Viertel der Bevölkerung, Nothilfe, um zu überleben. In Somalia hält die längste Dürre seit Jahrzehnten an und gefährdet das Überleben von Hunderttausenden“.

Selbstkritisch reflektiert sie die „Falle“, die sie oft „am Krisenjournalismus“ zweifeln lässt: die  „Aufmerksamkeitsökonomie“, „der sich nicht nur meine Zunft, sondern auch Hilfsorganisationen unterwerfen“. Schlagzeilen wie Spendengelder seien begrenzte Ressourcen, um die mit möglichst dramatischer Sprache und emotionalisierenden Bildern konkurriert werde. Sie könne die Schlagworte selbst nicht mehr hören, die sie selbst benutze: „schlimmster Krieg“, „größte humanitäre Katastrophe“. Diese Schlagworte würden sich immer schneller abnutzen, je „schneller sich die Katastrophen häufen“

Sie empfiehlt uns Leser*innen: „Lernen Sie, die Komplexität zu lieben.“ Wenn wir begreifen würden, dass (fast) alles mit (fast) allem zusammenhängt, würde uns zum Beispiel auffallen, „dass die westlichen Staaten zwar ihre Abhängigkeit von russischen fossilen Energien zu kappen versuchen, damit aber auch einen weltweiten Run auf Erdgas und Erdöl aus anderen Quellen auslösen. Und dass Moskau sein Erdöl und Erdgas jetzt zu niedrigeren Preisen an Länder verkauft, die sich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligen. China zum Beispiel“.

Sie beendet die Kolumne mit zwei positiven Nachrichten:  Im Jemen ist seit Anfang April ein Waffenstillstand in Kraft, der erste landesweite seit sechs Jahren. Dazu haben die UN maßgeblich beigetragen. In Äthiopien hält zwar die tödliche Belagerung der aufständischen Region Tigray durch Regierungstruppen und mit ihnen verbündete Milizen weiter an. Doch beide Seiten sind derzeit wenigstens in Gesprächen. Dazu dürften – so Andrea Böhm – die verhängten und angedrohten neue US-Sanktionen beigetragen haben.

Asow, Bandera und Co.: Was steckt hinter Putins Narrativ von „Nazis“ in der Ukraine?

https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2022/05/05/asow-bandera-und-co-was-steckt-hinter-putins-narrativ-von-nazis-in-der-ukraine/

Hintergrund von Uschi Jonas 05. Mai 2022

Asow, Bandera und Co.: Was steckt hinter Putins Narrativ von „Nazis“ in der Ukraine?

Wladimir Putin rechtfertigt seinen Einmarsch in die Ukraine damit, das Land von Faschisten befreien zu wollen – immer wieder fällt in der russischen Propaganda der Name Asow. Wir haben mit ukrainischen und internationalen Experten über den Einfluss rechtsextremer Gruppen in der Ukraine gesprochen.

Auszug:

Es bleibt schwierig, Asow und seine Mitglieder einheitlich einzuordnen. Von außen lässt sich beobachten, dass Asow 2015 das Neonazi-Symbol der Schwarzen Sonne aus seinem Logo entfernte. Mit der Wolfsangel bleibt aber dennoch ein Symbol im Wappen des Regiments bestehen, das zur Symbolik der SS gehörte. Nicht erst seit der russischen Invasion Ende Februar 2022 gibt es zudem Berichte darüber, dass Asow versucht, europaweit Kämpfer zu rekrutieren und dabei auch gezielt Neonazis anspricht und an der Waffe ausbildet. Schon seit Jahren existieren beispielsweise Verbindungen zwischen Asow und Mitgliedern der deutschen Neonazi-Kleinspartei „Der III. Weg“. Laut der Amadeu-Antonio-Stiftung soll die Partei Ausrüstung an „nationalistische Einheiten“ geliefert haben, es wird vermutet, dass Mitglieder an die Front in die Ukraine gereist sein könnten.

Welche Rolle spielt das Asow-Regiment aktuell im Krieg?

Fest steht: Asow hat einen relevanten Stellenwert im ukrainischen Militär. Das Regiment werde, sagt Bürgerrechtlerin Khromykh, als eine der modernsten und fähigsten Militäreinheiten des Landes angesehen. Vor allem auch deswegen, weil die Mitglieder viel Kampferfahrung hätten. Auch wenn Asow mit nur ein paar tausend Soldaten unter den insgesamt rund 500.000 Soldaten im ukrainischen Militär eine Minderheit darstelle, seien sie militärisch wichtig, schildert auch die Sprecherin der Amadeu-Antonio-Stiftung. Denn sie schulten andere im Kampf, verteilten Waffen an Zivilisten und seien zentral in strategische Prozesse eingebunden. Was das konkret bedeutet, lässt sich schwer prüfen. Das Regiment verteidigte wochenlang Mariupol am Asowschen Meer gegen die Angriffe Russlands.

Andere rechtsextreme und patriotische Gruppierungen in der Ukraine

Es gibt noch weitere, kleine außerparlamentarische Gruppierungen, die als nationalistisch, rechtskonservativ oder rechtsextrem eingeordnet werden. Zum Beispiel „Tradition und Ordnung“, „C14/Gesellschaft der Zukunft“, „Katechon“, die „Schwes­tern­schaft der hei­li­gen Olga“ oder „Centuria“. Sie organisieren Demonstrationen, Fackelmärsche und machen mit Gewaltaktionen auf sich aufmerksam. Khromykh sagt, „Tradition und Ordnung“ sei beispielsweise eine recht junge, patriotische Gruppierung. „Sie unterstützten aber im letzten Jahr unerwartet den berüchtigtsten russischen Lobbyisten und Geldgeber vieler pro-russischer Projekte, Viktor Medvedchuk“. „C14“ hingegen sei eine der ältesten noch aktiven rechtsradikalen Gruppen des Landes. Ihre Mitglieder würden immer wieder durch Belästigung und Diskriminierung von Roma auffällig.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sei es ruhig um die Gruppierungen geworden: „Keine Gruppierung, die als radikal angesehen werden könnte, hat zur Zeit irgendeinen Einfluss auf die Legislative, die Judikative oder die Exekutive“, sagt Khromykh. Und die ​​Politikwissenschaftlerin Zhurzhenko sagt, die beiden Gruppen seien klein und generell einer breiteren Öffentlichkeit in der Ukraine kaum bekannt.

Ein weiterer Baustein der Propaganda: Stepan Bandera

Eine weitere Bewegung mit dem die russische Regierung ihren Krieg rechtfertigen will sind Stepan Bandera und seine Anhänger. Bandera wurde zur Symbolfigur des Nationalismus in der Ukraine. Er war einer der Anführer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), die seit den 1930er Jahren für die Unabhängigkeit des Landes kämpfte. Bandera, 1959 vom KGB ermordet, wird von Experten als Faschist bezeichnet.

Vor dem 2. Weltkrieg sagte er laut der Bundeszentrale für politische Bildung, dass „Tausende Menschenleben geopfert werden müssen“, damit die Ukraine ein unabhängiger Staat werden könne. Um das zu erreichen waren für ihn auch Gewalt und Terror als Mittel legitim; das Land sollte außerdem von Juden, Polen, Russen und anderen „Feinden“ der Organisation „gesäubert“ werden.

Im Juli 1941 wurde er von Nazi-Deutschland verhaftet, die OUN half Deutschland dennoch bei der Ermordung von Juden in der Westukraine. Banderas Erbe ist in der Ukraine umstritten. Das Zentrum für Liberale Moderne schildert, dass auch heute noch „natio­nal­ge­sinnte Ukrai­ner“ teilweise als Bandera-Anhän­ger beschimpft würden, gleichzeitig andere die „abwer­tend gemeinte Bezeich­nung als Ehren­na­men“ für sich übernehmen würden. Vor allem im Westen des Landes werde er teilweise als Nationalheld gefeiert, jedes Jahr würden Nationalisten mit Märschen den Geburtstag Banderas feiern.

Auch gibt es im Land zahlreiche Denkmäler für Bandera, Straßen sind nach ihm benannt und der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, legte 2015 Blumen an seinem Grab nieder. 

Im Osten des Landes sähen hingegen viele Menschen Bandera als Nazi-Kollaborateur, schildert der schwedische Historiker Per Anders Rudling der ARD. Er bezeichnet das Bild von Bandera in der Ukraine als „verklärt“. Man könne ihn und seine Bewegung als faschistisch und „stark am Holocaust beteiligt“ bezeichnen. Andere Experten geben zu bedenken, dass dem Kult um die Person Banderas ein zu hoher Stellenwert zugeschrieben werde. In den vergangenen Jahren werde der Kult um ihn im Land zunehmend hinterfragt, schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung.

Der Einfluss rechtsextremer Gruppen ist in der Ukraine in den vergangenen Jahren gesunken

Der Einfluss rechtsextremer Gruppierungen sei in den vergangenen Jahren insgesamt eher gesunken, sagt die Sprecherin der Amadeu-Antonio-Stiftung: „2014 gab es noch mehr rechtsextreme Unterwanderung, vor allem im Militär, die aber auch versuchten, nach politischer Macht zu greifen“. Inzwischen stellten die Rechtsextremen in der Gesellschaft der Ukraine aber eine deutliche Minderheit dar.

Zu einer etwas anderen Einschätzung kam im Jahr 2020 noch die NGO Freedom House in einem Spezialbericht. Dort heißt es, der Krieg im Osten des Landes habe eine neue gesellschaftliche Legitimität für rechtsextreme Gruppen geschaffen. Viele junge Menschen hätten sich rechten paramilitärischen Gruppen zugewandt, da sie in der Mitgliedschaft die Möglichkeit gesehen hätten, „das ukrainische Heimatland gegen vermeintliche innere Feinde zu verteidigen“.

Nationalistisch eingestellt sein bedeute in der Ukraine vor allem, die Unabhängigkeit des eigenen Landes zu bewahren, und sei eher Patriotismus als ein ausschließender Nationalismus, sagt Osteuropa-Experte Härtel. Auch die Tatsache, dass Militarismus im Land zugenommen habe, müsse man immer vor dem Hintergrund des Krieges von 2014 einordnen. Deshalb findet es der Osteuropa-Experte eher überraschend, dass Radikale in der Ukraine keine stärkere Rolle spielten.

Im Bericht von Freedom House heißt es weiter, Petro Poroschenko, ukrainischer Präsident von 2014 bis 2019, habe mit Slogans wie „Armee, Sprache, Glaube!“ Patriotismus in der Gesellschaft befeuert. Die Wahl von Wolodymyr Selenskyj zum Präsidenten im April 2019 habe jedoch einen Wendepunkt markiert. Bereits in den ersten Monaten nach seinem Amtsantritt seien weniger Aktivitäten der extremen Rechten beobachtet worden, was sich beispielsweise am Rückgang gewalttätiger Vorfälle messen lasse, so Freedom House. Für die Menschen in der Ukraine zählt aktuell wohl vor allem, dass das Asow-Regiment helfe, Städte wie Mariupol erneut gegen den russischen Angriff zu verteidigen, sagt Politikwissenschaftlerin Zhurzhenko.

Redigatur: Matthias Bau, Tania Röttger

Wurde die „Moskwa“ mit Hilfe amerikanischer Geheimdienstinformationen versenkt?

Quelle: FAZ-online https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/wurde-ein-russisches-schiff-mit-hilfe-washingtons-versenkt-18011511.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Amerikanische Geheimdienste: Wurde ein russisches Schiff mit Hilfe aus Washington versenkt?

Sofia Dreisbach, Politische Korrespondentin der F.A.Z für Nordamerika mit Sitz in Washington berichtet in einem online-Artikel vom 6.5.2022 über Geheimdienstinformationen der Vereinigten Staaten, die den ukrainischen Streitkräften laut amerikanischen Medienberichten bei der Versenkung des russischen Raketenkreuzers „Moskwa“ geholfen haben sollen. Der Sender NBC – unter Berufung auf Regierungsbeamte -, dass Kiew die Vereinigten Staaten um Informationen über ein im Schwarzen Meer kreuzendes Schiff gebeten habe. Die amerikanischen Geheimdienste hätten das Schiff daraufhin als „Moskwa“ identifiziert und seine Position weitergegeben. Man habe jedoch nicht gewusst, dass die Ukraine das Schiff angreifen werde. Schon vor der Nachricht über die „Moskwa“ hatte die „New York Times“ berichtet, amerikanische Geheimdienste hätten die Ukraine mit Informationen versorgt, die unter anderem dazu genutzt worden seien, zwölf russische Generäle zu lokalisieren und zu töten. Laut Deisbach dementierte Pentagon-Sprecher John Kirby dies am 5. Mai 2022. Kirby räumte aber ein, Kiew kombiniere Informationen, „die wir und andere Partner zur Verfügung stellen“ mit eigenen Informationen. Dann treffe es seine eigenen Entscheidungen. Es würden jedoch durchaus „nützliche Informationen zeitnah“ zur Verfügung gestellt. Was genau das bedeutet, führte Kirby nicht weiter aus.

Dreisbach führt im Artikel weiter aus: „Für die amerikanische Regierung sind diese Berichte heikel. Seit Kriegsbeginn hebt sie hervor, dass die Vereinigten Staaten nur Hilfe leisteten, die der Ukraine bei ihrer Verteidigung hilft. … . Jetzt wird befürchtet, Russland könne es als Rechtfertigung für direkte Vergeltungsmaßnahmen nutzen, dass Washington Informationen bereitstellt, die bei Angriffen verwendet werden. Das Nachrichtenportal „Axios“ berichtete – so Dreisbach – am Freitag, EU-Beamte hätten vor einer „unangemessenen Kommunikation“ über Geheimdienstinformationen gewarnt. Das könne eine „unerwartete Reaktion“ hervorrufen. Man müsse, zitiert „Axios“, Vorsicht walten lassen bei dem, was man tue und sage, „für die Sicherheit der Militäroperationen vor Ort“ und weil man keinen Krieg mit Russland wolle.

Botschafter Melnyk – das Asow-Regiment und Stepan Bandera

Halten Sie Ihre linke Klappe“: Ukraine-Botschafter irritiert mit Aussagen zu Asow-Regiment334.349 Aufrufe – 22.03.2022 FOCUS Online  –

#Asow #Russland #Ukraine Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, steht derzeit wegen rechten Aussagen in der Kritik. Auf Twitter verteidigte er das rechts-nationalistische Asow-Regiment der ukrainischen Armee. Auf seine streitbaren Thesen angesprochen, teilt der Botschafter gegen vermeintlich linke Positionen aus. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, ist für seine streitbaren Aussagen zum Ukraine-Krieg bekannt.

Zuletzt fiel Melnyk auch mit fragwürdigen, rechten Aussagen auf. Auf Twitter sprang er dem ultra-rechten Asow-Regiment bei, das für das ukrainische Innenministerium im Krieg kämpft: „Lassen Sie doch endlich das Asow-Regiment in Ruhe.“ Das Asow-Regiment steht bereits seit der russischen Annexion der Krim wegen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in der Kritik. Doch Melnyk verweist lieber auf die Situation in Deutschland. Er kommentiert: „Leute, kümmert euch lieber um eure eigenen Rechtsradikalen.“

Der Linken-Politiker Fabio de Masi warf Melnyk vor, sich die Welt zurecht zu lügen. De Masi warnt vor den faschistischen Umtrieben des Regiments. Die Kritik stößt bei Melnyk auf taube Ohren: „Halten Sie lieber Ihre linke Klappe“ Auch in Deutschland erfährt das Asow-Regiment Unterstützung. Die rechtsextreme Kleinstpartei „Der III. Weg“ unterstützt die Kämpfer. Unter dem Motto „Nationalisten helfen Nationalisten“ suchte die Partei auf Telegram Unterkünfte für Asow-Mitglieder.