Impfpflicht: Wer einen Freedom Day will, braucht die Impfpflicht

Quelle: ZEIT online

Kommentar von Alan Posener – November 2021

Impfpflicht: Wer einen Freedom Day will, braucht die Impfpflicht

Die Freiheit der Vielen muss beschnitten werden, weil sich wenige verweigern: Liberal ist das nicht. Warum gerade Freiheitsliebende für die Impfpflicht eintreten müssten.

Ich sag’s ungern: Ich bin für eine Covid-Impfpflicht. Ungern deshalb, weil ich ein Liberaler bin. Dieselbe Haltung, die mich für ein Recht auf Rausch eintreten lässt, so schädlich Alkohol, Nikotin und andere Drogen gesundheitlich und volkswirtschaftlich sein mögen, lässt mich vor der staatlichen Verordnung eines medizinischen Eingriffs zurückschrecken. Denn die Impfung – nicht der Piks, sondern das, was danach im Körper geschieht, ist natürlich ein medizinischer Eingriff.

Gerade aus meinem Liberalismus heraus sehe ich jedoch inzwischen nicht ein, dass eine Minderheit von etwa 25 Prozent der Erwachsenen die Mehrheit – und den Staat – zwingen darf, weiterhin Maßnahmen zu ergreifen, die bei einer weithin erreichten Herdenimmunität nicht nötig wären.

Maßnahmen übrigens, wie die Maskenpflicht, gegen die jene 25 Prozent dann am lautesten schreien und die sie oft genug – ich bin Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel – demonstrativ nicht einhalten, wohl in der Hoffnung, irgendjemand werde sie zur Rede stellen und ihnen Gelegenheit geben, wieder einmal von Apartheid und Faschismus, Oberlehrern und Blockwarten und so weiter zu schwadronieren und sich als Opfer zu fühlen.

Zur Impfpflicht genudget

Es ist die Rücksicht auf die Ungeimpften, die den Staat zu Maßnahmen wie Schulschließungen bewegt, die gerade Kindern aus bildungsfernen Familien das Grundversprechen einer liberalen Gesellschaft – Aufstieg durch Bildung – verweigern. Zu Maßnahmen wie dem Verbot von Feiern in Parks und dergleichen, die jungen Leuten ihre Jugend rauben; oder vom Böllern zu Silvester, die arg nach Moralinsäure riechen.

Im Dezember 2020 schrieb ich allerdings hier auf ZEIT ONLINE, eine allgemeine Impfpflicht wäre „nur mit drastischen Zwangsmaßnahmen durchzusetzen und möglicherweise von dem medizinischen Personal gar nicht zu bewältigen, von der zu erwartenden Flut gerichtlicher Klagen abgesehen“. Deshalb forderte ich damals – in Deutschland war noch niemand geimpft worden – das, was wir heute die 2G-Regelung nennen: „Die Pflicht, zumindest bei nicht notwendigen Aktivitäten den Nachweis einer Impfung vorzulegen, und die Pflicht der Veranstalter, diesen Nachweis zu verlangen.“

Jedoch ging ich erstens damals davon aus, die Impfung würde schnell in Gang kommen. Es kam bekanntlich anders und daran waren nicht die Querdenker schuld, sondern EU-Bürokratinnen und Lieferengpässe. Ärgerlich genug.

Inzwischen gibt es aber mehr als genug Impfstoff. „Wenn die Hersteller die Produktion nicht zurückfahren, dürfte es ein Überangebot in der zweiten Jahreshälfte 2022 geben“, schreibt der Economist. Das Problem ist also nicht mehr die Produktion, sondern – in Teilen der ärmeren Welt – die Verteilung und vor allem in der reicheren Welt der Widerstand.

Die höchste Ungeimpftenquote westeuropäischer Länder

Und hier bilden – jedenfalls in Westeuropa – die deutschsprechenden Länder eine Art gallisches Dorf der Unbelehrbaren. (Übrigens ging es den Galliern unter römischem Protektorat so gut wie nie zuvor in ihrer Geschichte und erheblich besser als den östlichen Barbaren. Vielleicht ist es kein Zufall, dass die antizivilisatorische Botschaft von Asterix und Obelix in Deutschland besonders gut ankam.) Die Bundesrepublik, Österreich und die Schweiz haben die höchste Ungeimpftenquote aller westeuropäischen Länder. In Sachsen sind gerade mal 57,5 Prozent vollständig geimpft. Dort ist auch die Infektionsrate am höchsten, aber der offenkundige Zusammenhang zwischen Nichtimpfung und Krankheit ändert nichts an der Einstellung. Laut Forsa wollen sich 65 Prozent der Ungeimpften „auf keinen Fall“ in den nächsten Monaten impfen lassen, 23 Prozent „eher nicht“: 88 Prozent Erfahrungsresistente.

Mit einem Widerstand dieser Größenordnung hatte ich nicht gerechnet. Den Unwillen gegen Kontaktverbote, Schulschließungen, Masken und dergleichen konnte ich halbwegs nachvollziehen, aber Impfung war doch die Lösung.

Mit Fakten allein hat es nicht geklappt

Nun bin ich kein Anhänger der Maxime: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“ Und selbst wenn ich es wäre: Die Ungeimpften fühlen ja die Folgen ihrer Verweigerung. Ein Großteil der Patientinnen auf den Intensivstationen und der Todesopfer sind Ungeimpfte. Man könnte also sagen: Bitte sehr, jede hat das Recht, sich selbst zu gefährden.

Gewiss, sagt man, aber niemand hat das Recht, andere zu gefährden. Das stimmt, aber wenn etwa bei einer 3G-Veranstaltung ungetestete Geimpfte und getestete Ungeimpfte zusammenkommen, sind die Ungeimpften die Gefährdeten. Geimpfte können symptomfrei Viren übertragen; sie können zwar auch erkranken, in der Regel aber ist der Krankheitsverlauf nicht so schwer. Die Ungeimpften werden krank, müssen ins Krankenhaus, müssen intubiert werden, belegen Intensivbetten, die für andere Patientinnen fehlen.

Operationen werden verschoben. Das Personal arbeitet am Limit. Wer weiß, wie viele Leben das kostet, wie viel Leiden dadurch verursacht werden? Von den zusätzlichen Kosten und der Überarbeitung des Personals ganz zu schweigen.

Die Argumente sind aber auch alle bekannt und sie scheinen keinerlei Einfluss auf die Impfgegnerinnen zu haben. Zu meinem Erstaunen gehören dazu auch Freunde und Verwandte: der Softwareentwickler in Kreuzberg, die Lehrerin in Reinickendorf, der Drummer in Steglitz, großstädtisch-aufgeklärte Menschen, die scheinbar aus dem Nichts heraus ein grundlegendes Misstrauen gegen den Staat, die Pharmaindustrie, die Wissenschaft und die evidenzbasierte Medizin entwickeln. Das ist nicht liberal. Liberale wollen zwar möglichst wenig Staat. Aber nur wenn und weil die Individuen und die Zivilgesellschaft es besser machen können. Das hat nicht geklappt.

Der Staat muss eingreifen

Was soll etwa eine Restaurantbesitzerin machen, wenn ihr Koch die Impfung verweigert? Entlassen? So schnell ist kein Ersatz zu finden. Die Gesetzeslage gibt es ja auch nicht her. Erkrankt aber der Koch, ist der Betrieb auch im Eimer. Was soll ein Gastwirt machen, dessen Klientel zu großen Teilen aus Impfverweigerern besteht? Sie verärgern und sich selbst die Geschäftsgrundlage entziehen? Die Beispiele lassen sich beliebig vermehren. Hier muss der Staat eingreifen.

Das Problem ist: Jede halbherzige Maßnahme, die der Staat im Sinne des Nudging ergreift, begreifen die Impfverweigerer – zu Recht – als Versuch, einen Impfzwang durch die Hintertür einzuführen. Darüber empören sie sich – aus ihrer Sicht – zu Recht genauso wie über einen direkten Impfzwang. Und da die Maßnahmen tropfenweise kommen, gibt es immer wieder Gründe zur Empörung.

Hinzu kommt, dass der Staat die Verantwortung für die Durchsetzung der Maßnahmen auf so viele Schultern verteilt, von Busfahrern bis hin zu Kinokartenabreißern und Kellnerinnen, dass sie vielfach missachtet werden. Um ihre Einhaltung zu überprüfen, wäre ein Heer von Ordnungswächtern nötig, was die Mär vom „faschistischen Apartheidstaat“ oder von der finalen Durchsetzung der „Biomacht“ im Sinne Michel Foucaults aufseiten der Impfverweigerer täglich nährt, während auf der anderen Seite die ständige, ungeahndete, nicht wirksam zu ahnende Durchbrechung der Regeln auch bei den Geimpften Staatsverdrossenheit erzeugt, auch zu Recht.

Impfzwang jetzt, dafür dann ein Freedom Day

Das Infektionsschutzgesetz erlaubt ja eine Impfpflicht: „Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist.“ So steht es in Paragraf 20 Abschnitt 6, und „bedroht“ ist auslegbar. Hätte die Regierung davon Gebrauch gemacht, hätte es wohl verbreitetes Murren gegeben, hier und dort auch hartnäckigen Widerstand.

Aber die meisten hätten sich gefügt, dem Widerstand hätten sich nicht so zahlreiche Gelegenheiten geboten wie jetzt, wir hätten eine Impfquote von 90 Prozent und hätten längst unseren Freedom Day ausrufen können.

Beim Regierungsantritt muss ein Fürst nötige Grausamkeiten schnell begehen, wusste schon Niccolò Machiavelli. Die neue Ampel-Regierung sollte mit der Impfpflicht beginnen. Zumal es geradezu leichtsinnig wäre anzunehmen, Covid-19 sei die letzte Pandemie, die unsere Welt heimsucht. Wir wissen jetzt, wie wir Impfstoffe schnell entwickeln. Wir brauchen die Handhabe, sie schnell in die Arme zu bekommen. Im Interesse der Freiheit, richtig sinnlose Dinge zu tun. Im Interesse des Spaßes.

Homöopathie und Pandemie: Nein zum Impfen aus Liebe zur Natur

Quelle: RND – Redaktionsnetzwerk Deutschland

Matthias Koch – 23.11.2021

Homöopathie und Pandemie: Nein zum Impfen aus Liebe zur Natur.

Irgend­wann hat Anton Hötzels­perger es aufge­geben. Eine Zeit lang hat er noch versucht, unge­impfte Bekannte und Freunde zum Impfen zu über­reden. Doch es hat einfach nie geklappt, in keinem einzigen Fall.

Zumin­dest weiß er inzwischen: Es liegt nicht an ihm. Es liegt an der Dick­schädelig­keit der Impf­­gegner und Impf­gegne­rinnen um ihn herum. Hötzels­perger lebt im Land­kreis Rosen­heim. Die Region, eine Auto­stunde südöst­lich von München, hat eine Inzi­denz von 979 und eine der niedrigsten Impf­quoten der Republik. Mitte November meldete das Gesund­heits­amt 57,7 Prozent voll­ständig Geimpfte – und fügte alar­miert hinzu: „Die wöchent­lichen Zuwächse bewegen sich nur im Zehntel­prozent­bereich.“ Was ist da los? Hötzels­perger seufzt. Es sei kompli­ziert. „Das Beste ist“, sagt er düster, „man klam­mert das Thema im Alltag aus.“

„Die Impfgegner sind ganz normale Leute“

Der „Toni“ kennt die Leute im Land­kreis, er ist hier vernetzt wie wenige. Laptop und Leder­hose: Hötzels­perger lebt das baye­rische PR-Motto wört­lich vor. Er ist Gründer der „Samer­berger Nach­richten“, eines kleinen, vitalen Nachrichtenportals, und er ist Mitglied im regio­nalen Trachten­verein. In der Tracht durfte er mal Barack Obama die Hand schüt­teln, im Jahr 2015, vor dem G7-Treffen auf Schloss Elmau. „Die Impf­gegner hier bei uns“, sagt Hötzels­perger, „sind ganz normale Leute, tüchtig, erfolg­reich, vernünftig.“ Seine Frau Rosi gibt ihm recht: „Das ist hier nichts Politi­sches.“

Beide berichten von Spritzen­­verwei­gerern, mit denen man sich wunder­bar eine Stunde lang unter­halten könne, ohne dass sie irgend­etwas Seltsames sagen. „Doch wenn die Rede aufs Impfen kommt, setzt es plötz­lich aus.“ Dann höre man auf einmal Hass­tiraden auf „die da oben“. Oft fielen die Namen Angela Merkel und Markus Söder „und manch­mal auch Bill Gates“. In der maleri­schen Land­schaft zwischen Inn und Chiem­see tun sich hinter hübsch getünchten Fassaden Abgründe auf. Da gibt es den Gast­wirt, der nach außen hin die 2G-Regel durch­setzt – und sich selbst nicht impfen lassen will. Da gibt es Pfarr­gemeinde­rats­mitglieder, die viel soziales Engage­ment zeigen – und gleich­zeitig Nein sagen zum Impfen. Und da gibt es die resolute Bäuerin, Anfang fünfzig, die stolz verkündet, sie setze gerade in diesen schwie­rigen Zeiten auf Homö­opathie. Die Pharma­industrie jeden­falls werde ihr „nichts in den Körper spritzen“, das erspare sie auf ihrem Öko­hof ja auch ihren Tieren.

Schon mit Masern gab es in Bayern Probleme

Wolf­gang Hierl, Chef des Gesund­heitsamts in Rosen­heim, kennt seine Pappen­­heimer. Schon vor fünf Jahren gab es ähnliche Probleme. Da lehnten in seiner Region mehr Eltern als irgendwo sonst in Bayern es ab, ihre Kinder gegen Masern impfen zu lassen

Impfpflicht verfassungsrechtlich möglich: Mehrere Verfassungsrechtler geben grünes Licht

Praktisch Impfpflicht für Bundeswehr beschlossen: Soldaten müssen Corona-Impfung dulden

Heute wie damals argumen­tierte Hierl hände­ringend, es gehe um einen hoch­anste­ckenden Erreger, der im Fall schwerer Verläufe blei­bende Schäden im Orga­nismus anrichte. Heute wie damals aller­dings zeigten sich viele Rosen­heimer von den amtli­chen Warnungen völlig unbeein­druckt.

Nein zum Impfen aus Liebe zur Natur: Manches klingt da nach grün-alterna­tivem Gedanken­gut, anderes auch nach Volks­gesund­heits­theo­rien wie zu Zeiten der Nazis. Wer gesund lebe und seine Wider­stands­kraft stähle, habe eigent­lich nichts zu fürchten – so sahen es schon die Begründer von Homö­opathie und Anthro­poso­phie, Samuel Hahne­mann (1755–1843) und Rudolf Steiner (1861–1925). In Steiners Welt ist Krank­heit nichts, was unbe­dingt vermieden werden muss, der Krank­heit wird sogar ein erziehe­rischer Sinn zuge­messen. „Wollen wir die Stärke, die Gesund­heit, dann müssen wir ihre Vorbedin­gung, die Krank­heit, mit in Kauf nehmen“, lehrte Steiner.

Nirgendwo fand diese Einstel­lung eine so weite Verbrei­tung wie in Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz. Heute sind diese drei Hoch­burgen der Homö­opathie die drei Länder mit den höchsten Anteilen an Unge­impften in West­europa.

Bayern spendiert 800.000 Euro für Homöopathieforschung

Inner­halb Deutsch­lands genießt die Homö­opathie vor allem in Bayern und Baden-Württem­berg Ansehen. Der baye­rische Land­tag geneh­migte noch Ende 2019, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie, eine 800.000 Euro teure Studie zu der Frage, „ob durch homö­opathi­sche Mittel der Einsatz von Anti­biotika redu­ziert werden kann“. Nach hitziger Debatte gab es aus drei Frak­tionen genü­gend Ja-Stimmen: CSU, Freie Wähler und Grüne. SPD und FDP schüttelten sich. Die sozial­demo­kratische Gesund­heits­expertin Ruth Wald­mann sprach von „Unfug“, der finanz­poli­tische Sprecher der FDP-Land­tags­fraktion, Helmut Kalten­hauser, von unfass­barer Geld­verschwen­dung: „Wenn das so weiter­geht, schmeißt die Staats­regie­rung noch eine Million Euro für eine Studie aus dem Fenster, die eruieren soll, ob Exor­zisten wirklich den Teufel austreiben können.“ Die Abge­ordnete Susann Enders von den Freien Wählern indessen konterte, SPD und FDP sollten aufhören, auf die Homö­opathie ein­zu­prü­geln: „Wer heilt, hat recht, ob es Ihnen passt oder nicht.“

Wissen­schaft­lich konnten posi­tive Wirkungen der Homö­opathie über Placebo­effekte hinaus welt­weit nie nach­gewiesen werden. Spürbar sind indessen neuer­dings die nega­tiven Wirkungen der Homö­opathie auf die laufenden Impf­kampagnen. Profes­sorin Sonja Haug konnte in einer Studie des Regens­burg Center of Health Sciences and Tech­nology mittlerweile eine Korrela­tion nach­weisen. Ob Homö­opathie, Bach­blüten oder traditio­nelle chine­sische Medizin: Befragte, die viel von alter­nativen Heil­verfahren halten, haben zugleich eine deut­lich niedri­gere Impf­bereit­schaft erkennen lassen als jene, die noch nie von Kügel­chen über­zeugt waren.

Heilung mit dem Gift der Buschmeisterschlange?

Werden jetzt die Homö­opathen zu neuen Sünden­böcken der Corona-Debatten? Wissen­schaftler warnen vor Verein­fachungen. „Die aktuelle Strö­mung gegen das Impfen speist sich aus mehreren Quellen gleich­zeitig“, sagt Urban Wiesing, Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Univer­sität Tübingen. Liberale Impf­verwei­gerer in der Groß­stadt wollten ihre indivi­duelle Selbst­bestim­mung beweisen. Nein­sager in der Provinz schraubten sich hinein in den Glauben, ihre Region sei eine eigene, bessere Welt; ein Beispiel sei das Schweizer Alp­thal, wo Corona-Rebellen jüngst einen Impf­bus blo­ckier­ten. Der wohl mäch­tigste und alles über­spannende Faktor aber sei eine „Heilig­spre­chung der Natur“.

Die Szene der Homö­opathen hat keine einheit­liche Linie. Die einen raten zur Impfung, ein harter Kern aber beharrt auf sehr eigenen Wegen. Jens Wurster zum Beispiel, umstrit­tener Heiler mit Praxis in der Schweiz, propagiert in der „Allge­meinen Homö­opathi­schen Zeitung“ allen Ernstes eine Über­legen­heit der Alternativ­medizin auch bei Corona: „Von meinen Patienten konnte ich 80 Prozent erfolg­reich mit Bryonia behan­­deln. Schwere Fälle habe ich mit Lachesis, Arse­nicum album oder Carbo vegeta­bilis thera­piert.“ Das alles klingt wissen­schaft­licher, als es ist. Bryonia zum Beispiel ist die Weiße Zaun­rübe, Lachesis das Gift der Busch­meister­schlange. Wie, bitte, hilft das gegen Corona?

„Einstieg in den Ausstieg aus wissenschaftlichem Denken“

Natalie Grams-Nobmann, Medizi­nerin und Autorin aus Heidelberg, hält dies alles für Humbug. Die 43-Jährige war zu Beginn ihrer Berufs­lauf­bahn selbst jahre­lang homö­opathisch tätig, gab dies aber auf – aus Mangel an Beweisen für die Wirkung der Kügel­chen und Essenzen. In Büchern, Blogs und Podcasts fordert Grams-Nobmann eine stär­kere Patienten­orien­tierung der klassi­schen Medizin, entlarvt aber gleich­zeitig die Homö­opathie als „Einstieg in den Ausstieg aus wissen­schaft­lichem Denken“. Natür­lich liege es in der Frei­heit von Patienten und Thera­peuten, auch irrealen Vorstel­lungen nach­zu­gehen. Doch das sei nur dann zu akzep­tieren, wenn dies nach­weis­lich niemandem schade. In der aktu­ellen Impf­debatte aber zeige sich, wie sehr mittler­weile ein Hang allzu vieler Menschen zum Unbewie­senen die Pandemie­bekämp­fung insge­samt objektiv bremse. „Wir haben schon viel zu lange die heillos gewach­sene systema­tische Wissen­schafts­leug­nung im deut­schen Gesund­heits­wesen tole­riert“, sagt Grams-Nobmann dem Redak­tions­Netz­werk Deutsch­land. „In diesen Tagen bezahlen wir dafür einen hohen Preis.“

Weltweites Kopfschütteln mit Blick auf Deutschland

Während Deutsch­lands Inzi­denzen steigen, sinkt zugleich das Ansehen des Landes in aller Welt. Die „New York Times“ beschrieb ihren Lesern und Leserinnen dieser Tage einen deut­schen „Kultur­kampf“ ums Impfen, dessen Folgen sogar noch in Italien messbar seien: mit unter­durch­schnitt­lichen Impf­quoten in den deutsch­sprachigen Zonen um Bozen. Das US-Nach­richten­portal Bloom­berg Business fragte un­gläu­big bei Grams-Nobmann nach: „Homö­opathie funk­tioniert nicht. Warum glauben so viele Deutsche daran?“

Tweet https://twitter.com/niklas_franzen/status/1461401520675737608 von Niklas Franzen

Erstaunen herrscht auch in Brasilien, wo einst das Virus beson­ders wütete. Inzwi­schen müssen Kliniken etwa in São Paulo über­haupt keine Corona-Kranken mehr aufnehmen, die Regional­regie­rung hat die Impf­quote auf 98,7 Prozent getrieben. In einem Tweet berichtet „taz“-Korres­pondent Niklas Franzen von einer Szene, die die völlige Verkeh­rung der Verhält­nisse fest­hält. Eine kleine Bar in São Paulo. Am Tresen sitzen zwei Männer und trinken Bier. Im Fern­sehen läuft ein Bericht über die drama­tische Corona-Lage in Deutsch­land. Einer der Männer fragt ungläubig: „In Deutsch­land, echt?“ Der andere antwortet: „Ja, diese Irren la

Der Philosophische Stammtisch: Soll man Sex kaufen dürfen? | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur

Der Philosophische Stammtisch: Soll man Sex kaufen dürfen? | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur – 234.495 Aufrufe – 05.11.2018 –

Am Philosophischen Stammtisch diskutiert Barbara Bleisch

  • mit Salomé Balthus, Philosophin und Prostituierte,
  • Sandra Konrad, Psychologin und Autorin von «Das beherrschte Geschlecht»,
  • Peter Schaber, Professor für Philosophie am Ethikzentrum der Universität Zürich und
  • Dominique Kuenzle, Privatdozent für Philosophie an der Universität Zürich und Feminist.

«Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt», wird oft gesagt. Das rechtfertigt Prostitution aber nicht, sagen Länder wie Schweden und Frankreich. Sie verbieten den Kauf sexueller Dienstleistungen und definieren Prostitution als Gewalt gegen Frauen. Was sagt die Philosophie dazu? Sternstunde Philosophie vom 4.11.2018


Sexualität: Gottes unheiliges Geschenk | Sternstunde Religion | SRF Kultur –92.800 Aufrufe – 19.11.2018 –

Amira Hafner-Al Jabaji diskutiert in der SRF Sternstunde Religion mit Barbara Miller, Regisseurin des Filmes «#Female Pleasure», Religionswissenschaftlerin Anna-Katharina Höpflinger und Philosophin Doris Wagner über den weiblichen Körper als Schlachtfeld der Religionen. Das Verhältnis von Religion und weiblicher Sexualität ist ambivalent, teilweise zerstörerisch.

Das zeigt der Film «#Female Pleasure», der zur Zeit in den Schweizer Kinos läuft. Was steckt hinter der Obsession, den weiblichen Körper zu beherrschen? Und gibt es auch lustfreundliche Religion? Geht es um den weiblichen Körper und Sexualität, haben alle Religionen ihre Probleme damit. Die Traditionen reichen von Absonderung, Unterdrückung, sozialer Kontrolle bis hin zu Vergewaltigung und Genitalverstümmelung. Die Lustfeindlichkeit ist in den Religionen tief verankert. Gleichzeitig postulieren geistliche Autoritäten Sexualität als Geschenk Gottes oder als Weg zur spirituellen Erleuchtung.

Doris Wagner war neunzehn als sie sich entschloss, Nonne zu werden. Die Hoffnung auf ein erfülltes Leben in der frommen Gemeinschaft stellte sich bald als Illusion heraus. Über Jahre wurde Wagner von einem Priester sexuell missbraucht.

Sie ist eine der Frauen, die im Film «#Female Pleasure» über ihren Kampf für sexuelle Selbstbestimmung sprechen.


#FEMALE PLEASURE | Wer hat Angst vor weiblicher Lust? –31.055 Aufrufe – 08.11.2018

 Fünf mutige, kluge und selbstbestimmte Frauen stehen im Zentrum von Barbara Millers Dokumentarfilm #FEMALE PLEASURE. Sie brechen das Tabu des Schweigens und der Scham, das ihnen die Gesellschaft oder ihre religiösen Gemeinschaften mit ihren archaisch-patriarchalen Strukturen auferlegen.

Mit einer unfassbar positiven Energie und aller Kraft setzen sich Deborah Feldman, Leyla Hussein, Rokudenashiko, Doris Wagner und Vithika Yadav für sexuelle Aufklärung und Selbstbestimmung aller Frauen ein, hinweg über jedwede gesellschaftliche sowie religiöse Normen und Schranken. Dafür zahlen sie einen hohen Preis – sie werden öffentlich diffamiert, verfolgt und bedroht, von ihrem ehemaligen Umfeld werden sie verstoßen und von Religionsführern und fanatischen Gläubigen sogar mit dem Tod bedroht.

#FEMALE PLEASURE ist ein Film, der schildert, wie universell und alle kulturellen und religiösen Grenzen überschreitend die Mechanismen sind, die die Situation der Frau – egal in welcher Gesellschaftsform – bis heute bestimmen. Gleichzeitig zeigen uns die fünf Protagonistinnen, wie man mit Mut, Kraft und Lebensfreude jede Struktur verändern kann.

Politische Haltung: Plötzlich Polizeipropagandist

Quelle: ZEIT online – von Hasnain Kazim  21. November 2021 (Auszug)

Politische Haltung: Plötzlich Polizeipropagandist

Unser nicht weißer Autor postet ein positives Erlebnis mit einem Polizisten – und erntet einen Shitstorm. Das ist nicht links, das ist sinnloser Krawall.

Vor ein paar Tagen bin ich mal wieder mit dem Zug von Österreich nach Deutschland gefahren. Und wie immer stiegen in Deutschland, nach dem Grenzübertritt, Bundespolizisten zu und kontrollierten die Reisenden. Ich habe es schon oft erlebt, dass ich selbst in vollen Abteilen der Einzige bin, der nach seinem Ausweis gefragt wird – meist dann, wenn ich der Einzige nicht weiße Fahrgast bin und mithin als „Ausländer“, „Migrant“, „Flüchtling“ wahrgenommen werde. „Racial profiling“ nennt man das, etwas, das es laut Auskunft der Polizei und der Innenministerien gar nicht gibt, das ich aber regelmäßig erlebe – und kritisiere.

Diesmal aber lief es anders ab. Ich beschrieb es auf Facebook und Twitter so:

„Bundespolizei steigt nach Grenzübertritt von Österreich nach Deutschland in den Zug. Sie kontrollieren nahezu alle. Bleibt ein junger Polizist bei mir stehen, sagt: ‚Sie sehen so aus, als würden Sie immer kontrolliert, stimmt’s?‘  Ich seufze. Polizist: ‚Gut. Aber heute nicht!‘  Lächelt, geht weiter. Manchmal habe ich Hoffnung.“

Auch das Gute benennen, wenn es passiert

Ich bin überzeugt, dass die meisten meine Schilderung – so wie ich – einfach als eine Szene empfanden, die zeigt, dass es auch mal anders, nämlich nett, freundlich, verständnisvoll geht. Tatsächlich hatte der Polizist, er war vielleicht Mitte 20, eine freundliche, wohlwollende Ausstrahlung, keineswegs demonstrierte er Überlegenheit oder Macht. Manche mögen das von mir geschilderte kleine Erlebnis dankbar als Beleg ergreifen, dass es doch gar nicht so schlimm bei der Polizei sei. Dass rassistische Vorfälle in der Polizei kein Problem oder nur Einzelfälle seien. Aber wer das denkt, den muss ich enttäuschen: Zweifellos gab und gibt es immer und immer wieder rassistische Vorfälle in der Polizei, und nein, sie sind leider keine Einzelfälle, sondern Teil eines strukturellen Problems. Das habe ich schon immer kritisiert und werde es auch weiterhin tun.

Zugleich ist aber auch nicht „die“ Polizei rassistisch, so wie auch nicht „die Bundeswehr“ rechtsextrem ist, ebenso wenig wie „die Muslime“ Terroristen oder „die Katholiken“ Kinderschänder sind. Ich finde, in einer zivilisierten Gesellschaft, in der wir Wert auf ein anständiges Miteinander legen, gehört es sich, auch das Gute zu sehen und zu benennen, wenn es passiert. Und dazu zähle ich diese kurze Begegnung mit dem jungen Polizisten.

Erinnerungen an Reaktionen im realen Leben

Um so fassungsloser macht mich das Ausmaß der Kritik, die sich schlicht daran entfesselt, dass ich es gewagt habe, etwas Freundliches über die Polizei zu schreiben. „Ist es nicht auch Othering, bewusst auf die andere Hautfarbe aufmerksam zu machen?“, schrieb eine Twitter-Nutzerin. Ein anderer kommentierte: „Ein Polizist der sich des Racial Profilings bewusst ist, wow wie krass cool omg wholesome uwuwuwuw“. Ein weiterer interpretierte die Haltung des Polizisten so: „Ich weiß dass ich dich jetzt rassistisch behandeln könnte, nur damit du das weißt – heute nicht, Kanacke“, schrieb er und fügte ironisch hinzu: „ich finde dafür sollte der polizist das bundesverdienstkreuz bekommen“.

Angesichts der leider gängigen Praxis, dass Menschen, die als fremd wahrgenommen werden, häufiger kontrolliert werden als andere, auch mit Blick auf die – oft ungeklärten – Todesfälle in Polizeigewahrsam und auf die rechtsextremen Netzwerke innerhalb der Polizei kann ich solche bitteren Gedanken sehr gut nachvollziehen. Und doch möchte ich nicht dahinkommen, in so einer Episode, die ich selbst als völlig harmlos, ja sogar freundlich erlebt habe, sofort die schlechtesten, bösesten Absichten zu unterstellen. Wie kommt man darauf, sofort zu unterstellen, dass der Polizist mich mit seinen Worten auch wieder nur ausgrenzen oder gar nur seine Macht demonstrieren wollte, um sich daraufhin gnädig zu zeigen?

Warum versuchen wir nicht alle, auch in einem Umfeld, dem man kritisch gegenübersteht, das zu sehen, was gut ist – ohne dabei seine kritische Haltung aufzugeben? Warum nicht die Selbstkritik, die man aus den Worten des Polizisten heraushören kann, anerkennen? Erreichen wir nicht nur so ein besseres Miteinander?

Statt es einfach mal stehen zu lassen: Hassbotschaften

Natürlich ist die Twitterblase nicht repräsentativ, und natürlich wäre es Unsinn, die vielen Tausend Kommentatoren unter meinem Tweet in einen Topf zu werfen. Und doch weckt das, was sich unter meinem Post abspielte, bei mir Erinnerungen an Reaktionen auch im realen Leben, wenn ich oder jemand anderes es wagt, Pauschalabwertungen etwa der Polizei entgegenzutreten – und sei es nur in Nuancen.

Statt es einfach mal stehen zu lassen, überboten sich viele Kommentatoren mit ihren Hassbotschaften. „die sechzehntausend user die diesen tweet geliked haben sind bei ACAB mitgemeint“, schrieb ein Twitter-User, als der Tweet sechzehntausend Likes zählte. „ACAB“, damit meint er das Akronym für „All cops are bastards“, wörtlich „Alle Polizisten sind Bastarde“, sinngemäß „Alle Bullen sind Schweine“.

Ein anderer kommentiert öffentlich: „Kanaken, die sich Jounalisten und Autoren schimpfen, machen kostenlose ’not all pigs‘ Propaganda, nachdem Giorgos Zantiotis nach einer brutalen Festnahme in Wuppertal in Polizeigewahrsam gestorben ist“. Das steckt gleich alles drin: rassistische Beleidigung gegen mich, meine Eignung für meine berufliche Tätigkeit infrage stellend und unterstellend, dass ich den Todesfall in Wuppertaler Polizeigewahrsam verharmlosen würde. Dabei hatte ich zuvor öffentlich kritisiert, dass Anfang November der 25-jährige Giorgos Zantiotis in Polizeigewahrsam gestorben war und die Polizei Wuppertal das erst sechs Tage später, nach öffentlichem Druck, bekannt machte, nämlich erst nachdem das griechische Infoportal Indymedia ein Video von seiner brutalen Festnahme veröffentlicht hatte. Später versuchten Polizei und Staatsanwaltschaft sich damit herauszureden, es habe sich um einen „internistischen Notfall“ gehandelt, der „nicht medienrelevant“ gewesen sei. Selbst wenn es bislang keinerlei Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Polizei für den Tod verantwortlich ist: Natürlich muss sofort und immer höchste Transparenz gewährleistet sein.

Aber weil ein paar Tage später ein Beamter bemerkenswert freundlich zu mir ist und ich das beschreibe, gelte ich plötzlich als Polizeipropagandist. Andere wollen das, was ich im Zug erlebt habe, nicht wahrhaben: „Zu meiner schulzeit haben wir sowas mit ‚wer das glaubt wird selig‘ kommentiert“, schreibt einer. Und gleich mehrere bemühen den Ausdruck „Paulanergarten!“ – ein Wort, das sonst in rechten Kreisen benutzt wird, um den Wahrheitsgehalt missliebiger Aussagen infrage zu stellen („Geschichten aus dem Paulanergarten“). Das heißt also so viel wie: Ich hätte die Geschichte erfunden, um die Polizei in einem besseren Licht dastehen zu lassen.

Wer nicht hundertprozentig ihrer Meinung ist, wird verbal rundgemacht

Warum sollte ich das tun? Ausgerechnet ich, der ich rechtsextremistische Umtriebe seit Jahren immer wieder kritisiere, dafür angefeindet werde und regelmäßig Beleidigungen und leider auch immer wieder Morddrohungen erhalte?

Man mag nun einwenden, es handele sich doch nur um eine kleine Minderheit, die so rede. Eine Minderheit, gewiss. Aber eine sehr laute, aggressive. Eine oft undurchsichtige Melange, die man überall in den sozialen Medien antrifft und die zur Polarisierung beiträgt, die gelegentlich wichtige Debatten anstößt und alte (Macht-)Strukturen infrage stellt, was gut ist. Die aber bisweilen auch einschüchtert, ausgrenzt, destruktiv ist – auch gegenüber jenen, die für dieselbe Sache kämpfen. Wer nicht hundertprozentig ihrer Meinung ist, wird verbal rundgemacht. Es ist ein selbstbewusstes Nichtdifferenzieren, ein absichtliches Missverstehen, ein genussvolles Beleidigtsein und Sich-angegriffen-fühlen, das man sonst bei Rechtsextremisten und Islamisten kennt: Man macht in dem anderen einen Feind aus und muss ihm partout nicht mehr zuhören.

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Wann ist ein Mann ein Mann? Susanne Kaiser über politische Männlichkeit | Suhrkamp DISKURS #13

Wann ist ein Mann ein Mann? Susanne Kaiser über politische Männlichkeit | Suhrkamp DISKURS #13 – 1.318 Aufrufe – Premiere am 20.02.2021 Suhrkamp Verlag 

Kurz vor der Amtseinführung Joe Bidens haben uns die erschütternden Bilder vom Sturm auf das Kapitol in Washington erreicht. Was auffiel: Fast nur Männer waren auf den Bildern zu sehen. Das ist, laut Susanne Kaiser, Journalistin und Autorin des Buchs »Politische Männlichkeit«, kein Zufall. Der Vorfall in Washington ist nur eines der unzähligen Beispiele dafür, wie sich politische Männlichkeit in der heutigen Zeit manifestiert.

Warum aber findet rückwärtsgewandte Politik wieder Wähler und warum möchten sie das Patriarchat um jeden Preis aufrechterhalten? Und wie wichtig ist die argumentative Überschneidung von Antifeminismus und Rassismus für die Politisierung unzufriedener Männer?

Susanne Kaiser spricht mit Moderatorin Simone Miller über ihr aktuelles Buch »Politische Männlichkeit – Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobil machen« und erklärt unter anderem, warum die Frau als Feindbild nicht nur Versatzstück, sondern das Herzstück des autoritären Backlash ist.

Informationen zum Buch: http://shrk.vg/Kaiser-Diskurs-V

Bei »Suhrkamp DISKURS« spricht jeweils eine Autorin oder ein Autor unseres Verlags mit wechselnden Moderatoren über ein ausgewähltes Thema und ihr bzw. sein aktuelles Buch. Hierbei geht es nicht nur darum, einen Einblick in das Buch zu bekommen, sondern das Gespräch gilt auch dem Nachspüren eines Themas, das Teil der aktuellen gesellschaftlichen Debatte ist.


Das Phänomen der Politischen Männlichkeit | Susanne Kaiser | Autorin | SWR1 Leute – 4.239 Aufrufe – 12.04.2021

„Sie ist Journalistin, Buchautorin und politische Beraterin. Sie schreibt u.a. für die ZEIT und den SPIEGEL. Ihre Schwerpunktthemen: Die arabische Welt und Nordafrika. Der Islam und seine Folgen für Deutschland und andere westliche Länder. Und die Renaissance männerdominierter Gesellschaften. Susanne Kaiser interessiert sich für Gesellschaften, die sich verändern, und Machtverhältnisse, die sich verschieben. Sie recherchierte, warum junge Deutsche zum Islam konvertieren und warum junge Männer sich in ihrem Hass auf Frauen so radikalisieren, dass sie – wie in Halle und Hanau – Amok laufen. Moderation: Wolfgang Heim“


Politische Männlichkeit110 Aufrufe – Live übertragen am 01.10.2021 – Stadtbibliothek Stuttgart: Live aus dem Forum – 

Vortrag mit Gepräch Moderation: Katharina Thoms | Woher kommt die neue Lust an autoritären Bewegungen, die sich seit einiger Zeit im Aufwind befinden – überall auf der Welt? Von Neuseeland bis Kanada, von Brasilien bis Polen vernetzen sich Rechtspopulisten und Rechtsextreme, sogenannte Incels und Maskulinisten, aber auch christliche Abtreibungsgegner und Fundamentalisten unter dem Banner der Männlichkeit, um Frauen auf einen untergeordneten Platz in einer angeblich natürlichen Hierarchie zurückzuverweisen. „Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken“, appellierte etwa der AfD-Politiker Björn Höcke an den deutschen Mann und konnte auf diese Weise viele Wählerstimmen mobilisieren. Das ist kein Zufall:

Der autoritäre Backlash, den wir seit einiger Zeit erleben, ist männlich, so die These des Buchs Politische Männlichkeit. Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobilmachen. In ihrem Vortrag zeigt Susanne Kaiser, wie sich unterschiedliche autoritäre Gruppierungen vernetzen, ihre Ideologien untereinander anschlussfähig machen und gemeinsam ihren Hass auf Frauen organisieren.