Weltklimabericht: Es geht um’s Ganze

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(11. August 2021)  Der Weltklimarat IPCC hat seinen sechsten Sachstandsbericht veröffentlicht: Eine Prognose des künftigen Klimas – in der Krise –, präziser als je zuvor. Und zugleich eine Warnung, dringlicher als je zuvor. Die Zeit für Klimaschutz ist jetzt! Gerade Deutschland macht dabei einen Unterschied.

Auf Grundlage geschärfter Klimamodelle und Abschätzungen kommt der IPCC zum Ergebnis: Eine Erwärmung um 1,5 Grad könnte bereits 2030 erreicht sein. Selbst das 2-Grad-Ziel zu erreichen, wird immer schwieriger. Doch mit jedem zehntel Grad steigt die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse. Weltweit ist mit einer Zunahme an Hitzetagen zu rechnen, in Südeuropa mit mehr Dürren, in Nordeuropa mit mehr Starkregenereignissen.

Zeit für Resignation? Nein, der IPCC-Report zeigt auch: Es kommt jetzt darauf an, zu handeln. Noch ist es physikalisch möglich, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen – wenn die Staaten ihre Emissionen senken. Gerade die Bundesrepublik steht dabei in der Verantwortung.

Zwei Prozent der globalen Emissionen sind nicht irrelevant

„Aber Deutschland kann das Klima nicht alleine retten“:  Auf diese Behauptung ziehen sich Bremser:innen der Klimapolitik immer wieder zurück. Gerne wird dabei darauf verwiesen, dass Deutschland derzeit „nur“ 1,9 Prozent der weltweiten Emissionen an Kohlendioxid (CO2) verantwortet. Doch was ist dran an dieser Argumentation?

  • Klimaschutz geht nur gemeinsam! Die Klimakrise können wir nur gemeinsam eindämmen. Alle Staaten der Welt müssen deshalb ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Auf dieser Überzeugung fußen internationale Klimaverträge. Beim Klimagipfel in Paris 2015 haben sich 195 Staaten auf gemeinsame Reduktionsziele geeinigt um die Klimaerhitzung auf maximal 2 Grad – wenn möglich 1,5 Grad – zu begrenzen. Auch Deutschland hat unterschrieben.
  • Im Staatenvergleich ist Deutschland weltweit siebtgrößter CO2-Produzent. Wenn Deutschland sich nicht an die selbstgesteckten Ziele hält, warum sollten Staaten mit deutlich weniger Emissionen dann beim Klimaschutz vorangehen? Für echten Klimaschutz und international wirksame Maßnahmen müssen sich gerade Industrieländer wie Deutschland an ihren Teil der Abmachung halten.
  • Nur zwölf Prozent der Weltbevölkerung produzieren so viel CO2 pro Kopf wie die Deutschen. Mit Blick auf die Pro-Kopf-Emissionen wird der Handlungsbedarf Deutschlands noch eindrücklicher. Ein:e durchschnittliche:r Bewohner:in Deutschlands ist für 8,5 Tonnen CO2 im Jahr verantwortlich – deutlich mehr als in den meisten anderen Regionen der Welt. Fast 90 Prozent der Weltbevölkerung haben niedrigere Pro-Kopf-Emissionen. Wenn nun nicht einmal Deutschland seine Emissionen reduziert, warum sollten es die Staaten mit geringeren Pro-Kopf-Emissionen?
  • Nicht im Blick: Deutschlands „importierte Emissionen“. Deutschlands Klimaschutzziele werden an den Inlandsemissionen bemessen. Doch die CO2-Emissionen der Industrieländer verlagern sich zunehmend. Auch in Deutschland ist der Anteil von „importierten CO2-Emissionen“ – also Emissionen, die bei der Produktion von Waren im Ausland und deren Transport zum Ort des Konsums in Deutschland entstehen – in den vergangenen Jahren gestiegen. Doch diese Emissionen gehen auf das Klimakonto der produzierenden Staaten.
  • Bei der Summe der gesamten Emissionen seit 1750 ist Deutschland auf dem vierten Platz. Rechnen wir alle Emissionen seit Beginn der Industrialisierung im Jahr 1750 zusammen – also all das CO2, das uns heute schon Ärger macht – so sind die EU zusammen mit den USA für knapp die Hälfte der Emissionen verantwortlich. Im Staatenvergleich liegt Deutschland nach den USA, China und Russland auf Platz vier. Es gibt also auch eine historische Verantwortung.

Die Klimakrise einzudämmen, stellt uns vor eine immense Herausforderung. Doch jedes Ablenkmanöver, sei es das Abwälzen der Verantwortung auf Andere oder der Verweis auf zukünftige Wundertechnologien, macht es unwahrscheinlicher, die Ziele zu erreichen. Sicher ist: Die klimapolitische Anstrengung, die es jetzt braucht, ist nichts gegenüber dem, was droht – dem ungebremsten Klimachaos. Jedes zehntel Grad verhinderter Erwärmung zählt! Was jetzt noch emittiert wird, entscheidet über die Intensität der Klimakrise. Warum also jetzt nicht mit einer erneuerbaren Energieversorgung und einer klimaneutralen Wirtschaft vorangehen?

Neue Studie: Fluchtbewegung durch Waffenhandel aus Europa

Quelle:  ORF – 28. Juli 2021, 23.05 Uhr

Fluchtbewegung durch Waffen aus Europa

Der Waffenhandel ist weltweit ein lukratives Geschäft, auch europäische Länder sind vorne mit dabei. Nun stellte eine niederländische Denkfabrik eine direkte Verbindung zwischen europäischen Waffengeschäften und der Vertreibung von über einer Million Menschen her.

28. Juli 2021, 23.05 Uhr

Der Bericht des Transnational Institute (TNI), der am Mittwoch veröffentlicht wurde, zeichnet ein düsteres Bild vom Teufelskreis aus Gewalt und Flucht: Waffen aus Europa seien trotz des UNO-Waffenhandelsvertrags und der EU-Regeln zu Waffenausfuhren für die Vertreibung von 1,1 Millionen Menschen in Kriegsgebieten verantwortlich.

„Europäische Waffen wurden in Militäroperationen genutzt, die zur Destabilisierung führten und in Zwangsvertreibungen und Migration resultierten. Die Destabilisierung, die durch die von Europa gelieferten Waffen erleichtert wurde, trug dann dazu bei, dass Europa seinen Grenzsicherheitsapparat massiv ausbaute, um auf die offensichtliche Bedrohung durch Flüchtlinge zu reagieren, die versuchen, Asyl zu suchen“, so das TNI.

Fallstudien über Waffen in Konflikten

„Die Zahl von 1,1 Million ist eine konservative Schätzung, die auf Fallstudien basiert, die europäische Waffen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens geolokalisierten“, so Niamh Ni Bhriain vom TNI laut dem Onlinemagazin EUobserver. Wahrscheinlich sei aber, dass es sich noch um etliche Millionen mehr handle. Für den Bericht analysierte das Institut Fälle, in denen Waffen, Bestandteile, Zubehör und Equipment aus Europa in Kriegsgebieten eine Rolle spielten.

So seien etwa italienische T-129-ATAK-Hubschrauberkomponenten an die Türkei geliefert worden und 2018 und 2019 bei zwei Angriffen im nordsyrischen Afrin eingesetzt worden.

Ein anderes Beispiel zeige, wie britische, französische und deutsche Komponenten und Produkte, darunter Raketen und Raketenbatterien, in die Türkei exportiert worden seien, von wo sie nach Aserbaidschan weiter geliefert wurden. Diese Raketen seien, montiert auf Drohnen, während des Konflikts um Bergkarabach eingesetzt worden. Eine weitere Fallstudie bezog sich auf die Spende mehrerer italienischer Patrouillenschiffe an Libyen, um Geflüchtete abzuhalten.

Debatte – Wie sehr schürt Europa mit Waffenexporten Krisen?

Menschen – Im Fadenkreuz des rechten Terrors

Das Projekt »Menschen – Im Fadenkreuz des rechten Terrors« ist eine Kooperation von elf Regionalmedien in Zusammenarbeit mit dem WEISSEN RING e.V., unter Leitung des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV.

Die 57 Porträts, die auf dieser Webseite zu sehen sind, bilden das Herzstück unseres Projekts. Es handelt sich um Menschen, die Neonazis und Rechtsextreme auf sogenannte »Feindeslisten« setzten. Es sind Lehrerinnen, Politiker, Journalistinnen, Wissenschaftler. Sie sind unsere Gesellschaft. Sie haben Träume, Wünsche und eine Vergangenheit. Wir wollen ihnen ein Gesicht und eine Stimme geben. In Deutschland stehen mehr als 20.000 Menschen auf solchen Listen.

CORRECTIV blickt mit »Menschen – Im Fadenkreuz des rechten Terrors« außerdem auf die Lage in Deutschland: Mehr als 15 Journalistinnen und Journalisten regionaler Medien erfassen das Ausmaß und die Komplexität des rechten Terrors. Wir zeigen, welche Strategien Rechtsextreme nutzen, um Angst zu verbreiten und warum die politische Aufarbeitung nicht ausreicht. 

Mit dem Projekt wollen wir vor allem warnen: Wenn es uns als Gesellschaft nicht gelingt, rechtem Terror entschlossen entgegenzutreten, wird er uns auseinandertreiben und voneinander entfremden. Er wird uns das kostbarste nehmen, was wir haben: die Menschen um uns herum.

Begleitend zu dieser Webseite erscheint ein gleichnamiges Buch. Die 57 Porträts zeigen wir außerdem in einer Wanderausstellung quer durch Deutschland.

Die Großmacht China – und die EU: Innovations- und Systemwettbewerber

Die Großmacht China – und die EU: Innovations- und Systemwettbewerber

155 Aufrufe 01.04.2021 –Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.

Der Innovationswettbewerb mit China wird für die EU in den kommenden Jahren eine der großen Herausforderungen sein. Mit ihm verbunden ist ein Systemwettbewerb: Das chinesische Politikmodell mit seiner engen Verflechtung von Staat und Wirtschaft, von öffentlicher Förderung und unternehmerischer Initiative, ist wirtschaftlich erfolgreich und wird sich in absehbarer Zeit nicht grundlegend ändern. Zu diesem Politikmodell gehören auch autokratische Strukturen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte je nach politischer Ausrichtung akzeptieren oder unterdrücken. Hinzu kommt die massive militärische Aufrüstung und Expansionspolitik, die das geopolitische Gleichgewicht verschieben – auch die Seidenstraßen-Initiative (One Belt One Road, BRI) trägt dazu bei. Zugleich ist China ein wesentlicher Player bei der Lösung globaler Probleme, vor allem beim Klimaschutz, bei der Regelung internationaler Handelsbeziehungen sowie bei der Weiterentwicklung internationaler Organisationen. Dieses Spannungsfeld möchten wir gemeinsam mit Ihnen diskutieren.

Referentinnen und Referenten: Prof. Dr. Gerhard Stahl Professor an der Peking University HSBC Business School und Gastprofessor am Europa-Kolleg in Brügge Didi Kirsten Tatlow Senior Fellow im Asien-Programm der DGAP und Journalistin Moderation: Karoline Gil und Prof. Dr. Wolfgang Schuster Co-Vorsitzende des DGAP Regionalforums Baden-Württemberg

Die Veranstaltung fand am 31.3.2021 statt und ist Teil einer dreiteiligen Serie mit dem Schwerpunkt „Die Großmacht China – und die Europäische Union?“ des DGAP Regionalforums Baden-Württemberg.


Deutsche Welle – DW 17.9.2020

Partner oder Rivale: Wie gefährlich ist China?

Handelskrieg oder verhandeln auf Augenhöhe mit China: Welchen Weg nimmt Europa? Unsere Gäste: Didi Kirsten Tatlow (DGAP), Felix Lee (taz), Alexander Görlach (Publizist)

Petition: Reichtum umverteilen durch progressive Steuerpolitik – weitere Spaltung der Gesellschaft verhindern

„Wer hat der gibt“  hat diese Petition an die Bundesregierung gestartet.

Mehr Infos zu „Wer hat der gibt“ hier

Reichtum umverteilen durch progressive Steuerpolitik! Weitere Spaltung der Gesellschaft verhindern!

An die Bundesregierung,

die Aussage der Bundeskanzlerin im Dezember letzten Jahres, nach der sie eine Vermögensabgabe von Spitzenverdiener*innen und Wohlhabenden zur Finanzierung der Milliardenkosten für den Kampf gegen die COVID-19 Pandemie strikt ablehne, hat uns bestürzt.

In Deutschland besitzen die 45 reichsten Haushalte mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Gemessen am Gini-Koeffizienten, einem Maß für die Vermögensungleichheit, hat sich die ohnehin schon sehr große sozioökonomische Ungleichheit in der Krise weiter verschärft (von 0,816 im Jahre 2019 auf 0,83 im Jahre 2020). Hyperreiche sind noch wohlhabender geworden, während die finanzielle und soziale Not von finanzschwachen Gruppen sich voraussichtlich weiter vergrößern wird.

Durch Corona-Hilfen für Unternehmen, die gestiegene Arbeitslosenquote und Steuerausfälle steigen die Staatsausgaben um hunderte Milliardenbeträge, während gleichzeitig die Einnahmen sinken -die Staatsverschuldung nimmt zu. Eine Rückkehr zur Schuldenbremse sowie eine Tilgung der Corona-bedingten Staatsschulden bis 2042 lehnen wir ab. Unter keinen Umständen dürfen in den kommenden Jahren Geringverdienende -nicht selten jene, die die Gesellschaft durch die Krise tragen- unter Spardruck leiden.

Unseres Erachtens wird es höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Vermögenden in die Pflicht nimmt, anstatt sich der Schuldenbremse zu unterwerfen und öffentliche und soziale Ausgaben zu kürzen. Wir fordern eine progressive Steuerpolitik, die eine langfristige Umverteilung des Reichtums von oben nach unten sichert.

Konkret kann dies gelingen durch:

  • die Wiedereinführung einer effektiven Vermögenssteuer mit einem hohen Steuersatz und einem ausreichenden Freibetrag,
  • eine effektive Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen, insbesondere von Betriebsvermögen,
  • die Bekämpfung der Steuervermeidung multinationaler Konzerne, durch eine EU-weite Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung und die Einführung eines ausreichenden Mindeststeuersatzes,
  • die Anhebung des Spitzensteuersatzes der Einkommenssteuer für besonders hohe Einkommen,
  • eine einmalige Vermögensabgabe zur Deckung der Kosten der Coronakrise. Argentinien hat es vorgemacht.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft sowie den sozial-ökologischen Herausforderungen der Gegenwart fordern wir Sie dazu auf, das Steuersystem umfassend zu reformieren!

Mit freundlichen Grüßen
Krisen- und Umverteilungsbündnis „Wer hat, der gibt“

Kleine Auswahl der Erstunterzeichnenden:

Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Armuts- und Reichtumsforscher
Dr. Eva von Redecker, Philosophin und Autorin, Universität Verona
Apl. Prof. Dr. Alex Demirović, Sozialwissenschaftler, Goethe Universität Frankfurt
Prof. Dr. Gabriele Winker, Sozialwissenschaftlerin
Dr. Ulrich Schneider, Paritätischer Gesamtverband
Amina
Magda Albrecht, Autorin und politische Referentin
Andreas Kemper, Soziologe und Publizist
Maren Kroymann, Schauspielerin und Satirikerin
Prof. em. Dr. Heinz-J. Bontrup, Universität Siegen, Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik
Christoph Hein, Autor Berlin
Jendrik Sigwart, Sänger, ESC Kandidat
Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler und Autor
Prof. Dr. Frank Deppe, Politikwissenschaftler
Prof. Dr. Vassilis S. Tsianos, FH Kiel