China: Politik – Wirtschaft – Gesellschaft

Wer bestimmt in Chinas Dörfern? – Dr. Anja-Désirée Senz, 06.05.2013 | AusdemArchiv (065) – 23.03.2020 –

Anhand von lokalen Fallbeispielen wird gezeigt, wie lokale Entscheidungen – etwa zur Infrastruktur – in chinesischen Dörfern getroffen werden. Wichtig ist dabei die Frage, inwieweit Entscheidungen durch machtvolle Einzelpersonen dominiert oder im Rahmen eines Gremiums unter Berücksichtigung unterschiedlicher Meinungen und Interessen getroffen werden.

Das empirische Datenmaterial basiert auf einer mehrmonatigen Feldstudie, die von Dr. Anja Senz in verschiedenen chinesischen Provinzen durchgeführt wurde.  Dr. Anja-Désirée Senz, Konfuzius-Institut Metropole Ruhr, studierte Politikwissenschaft, Soziologie, Ethnologie sowie chinesische Sprache an den Universitäten Trier und Sun-Yatsen (Guangzhou/China).

Mehrere Jahre war sie zunächst am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen tätig, seit 2009 ist sie geschäftsführende Direktorin des Konfuzius-Instituts Metropole Ruhr mit Sitz in Duisburg. Durch ihre Arbeit an verschiedenen Forschungsprojekten verfügt sie über ausgedehnte Feldforschungserfahrung in China sowie Arbeitserfahrung in Hongkong, Nepal, Indien und Korea. Ihre wissenschaftliche Arbeit zu China erstreckt sich auf die Themen Institutionenwandel, politische Entscheidungsprozesse, ethnische Minderheiten sowie chinesische Außenpolitik.

Corona-Bonds: Europa muss jetzt finanziell zusammenstehen

Appell der Bürgerbewegung Finanzwende

Europäisch Handeln – Spekulation jetzt ausbremsen!

Appellempfänger: Finanzministerinnen und Finanzminister der Europäischen Union

Sehr geehrte Finanzministerinnen und Finanzminister der Europäischen Union,

die Krise, die durch den Corona-Virus ausgelöst wurde, entwickelt sich zusehends zu einer wirtschaftlichen Bedrohung für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen – von Familien über kleine Selbstständige bis hin zu Konzernen. Es ist Zeit, zusammenzuhalten.

Anders als in der Finanzkrise ab 2008 muss Europa dieses Mal wahrhaft zusammenstehen, wenn es nicht wieder unzählige Verlierer unter seinen Bürgern geben soll. Die Europäische Zentralbank handelt, sie sollte aber nicht schon wieder alleine den Rettungsschirm aufspannen.

Zeigen Sie als Finanzminister jetzt, dass Europa in der Krise zusammensteht. Wir fordern deshalb:

Eine Wirtschafts- und Währungsunion kann eine so heftige Krise nur gemeinsam durchstehen. Kredite sind als Hilfsmaßnahme für einzelne Mitgliedsländer die falsche Lösung. Sie erhöhen die öffentlichen Schulden weiter und könnten zu einer neuen Eurokrise führen. Deshalb braucht es eine gemeinsame europäische Finanzierung aller Krisenmaßnahmen über einen Corona-Bond. Nur so können wir sicherstellen, dass die Mitgliedsländer nicht erneut Ziel von Finanzjongleuren werden, die gegen Staaten mit hohen Schulden wetten.

Stoppen Sie europaweit Leerverkäufe und die Spekulation auf fallende Kurse! Verhindern Sie diesmal, dass uns Krisengewinner finanziell in Zugzwang bringen. Es ist inakzeptabel, dass wenige Gewinne einfahren, während viele um ihre Zukunft bangen.


FAZnet 21.3.2020

Aufruf führender Ökonomen  (Jens Südekum, Gabriel Felbermayr, Michael Hüther, Moritz Schularick, Christoph Trebesch, Peter Bofinger, Sebastan Dullien)

Europa muss jetzt finanziell zusammenstehen

Die Starken müssen den Schwachen helfen. Jetzt ist der Moment, wo die oft beschworene Schicksalsgemeinschaft Europa Flagge zeigen muss.

Die Corona-Pandemie trifft Europa menschlich und ökonomisch schwer. Die Auswirkungen der Krise stellen unsere Gesundheitssysteme auf eine extreme Probe. Die weitreichenden gesundheitspolitischen Maßnahmen sind unumgänglich, aber sie vermindern die Wirtschaftstätigkeit, und sie gefährden die Existenz von Unternehmen und Arbeitsplätzen.

Der Staat ist gefordert, die gravierenden ökonomischen Auswirkungen durch Liquiditätshilfen und direkte Transfers so gut es geht abzufedern. Das wird sehr hohe öffentliche Mittel erfordern. Alle Länder müssen in der Lage sein, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Bevölkerung zu schützen, die Wirtschaft zu stabilisieren und sie nach der Krise schnell wieder zu beleben.

Damit dies für alle Mitgliedstaaten unabhängig von der Haushaltslage möglich ist, muss Europa in dieser Krise finanziell zusammenstehen. Die Starken müssen den Schwachen helfen. Jetzt ist der Moment, wo die oft beschworene Schicksalsgemeinschaft Europa Flagge zeigen muss.

An den Finanzmärkten herrscht aktuell Zweifel am Willen und der Fähigkeit der europäischen Staaten. Die Rendite zehnjähriger Anleihen Italiens ist bereits merklich gestiegen. Auch wenn die Reformen im Bankensystem seit der Krise von 2008 ihre Wirkung zeigen und die Banken stabiler sind, so bergen die nicht absehbare Dauer der Krise und die schon jetzt massiven Einkommensverluste enorme Risiken für die Zukunft.

Eine zentrale Lehre aus der letzten Krise ist, dass ein frühzeitiges und proaktives Handeln gefordert ist, damit Zweifel an der Stabilität des Bankensystems gar nicht erst aufkommen und spekulative Attacken im Keim erstickt werden.

Wie kann diese Herkulesaufgabe bewältigt werden? Europäische Solidarität und Risikoteilung können und müssen jetzt einen entscheidenden Beitrag leisten. Die Geschichte zeigt, dass sich Länder in schweren wirtschaftlichen Krisen immer wieder gegenseitig unterstützt haben. So hat beispielsweise die Europäische Gemeinschaft zur Bekämpfung der Konsequenzen der Ölkrise von 1974 eine Gemeinschaftsanleihe emittiert.

Die Länder der Eurozone sind gleichzeitig mit einem Angebots- und einem Nachfrageschock konfrontiert. Eine Industrierezession und eine Konsumrezession treffen zusammen. Gesunde Unternehmen mit einem guten Geschäftsmodell sehen sich plötzlich aufgrund gravierender Liquiditätsprobleme vor dem Zusammenbruch.

Ohne massive staatliche Hilfen käme es zu rasch steigender Arbeitslosigkeit, einer massiven Konsumzurückhaltung und zu einer Eskalation der Krise. Liquiditätshilfen durch Kredite, Bürgschaften und Steuerstundungen sowie die Reduktion der Arbeitskosten durch das Kurzarbeitergeld sind wichtige Maßnahmen zur Stabilisierung der Lage, aber sie werden nicht ausreichen.

1000 Milliarden Krisen-Anleihen

Es bedarf umfangreicher staatlicher Hilfen vor allem für die vielen kleinen Unternehmen (Einzelunternehmer, Freiberufler, Kleingewerbetreibende, Solo-Selbständige), aber auch für mittlere und größere Unternehmen. International aufgestellte Konzerne haben bessere Möglichkeiten, die finanzielle Lage auszutarieren, doch mit andauernder Krise dürfte auch deren Lage prekär werden.

Die erforderlichen fiskalischen Maßnahmen im Sinne eines „whatever it takes“ werden in allen Ländern sehr hohe Mittel erfordern. Die europäischen Staaten haben jedoch unterschiedliche Handlungsspielräume in den öffentlichen Haushalten. Es muss vermieden werden, dass die Corona-Krise zu einer zweiten Staatsschuldenkrise wird. Die aktuelle Krise bedarf deshalb eines gemeinsamen starken Signals an die Finanzmärkte, dass Wetten gegen die Eurozone oder einzelne Mitgliedstaaten keinen Sinn machen. Im Vergleich zur Euro-Krise steht die Fiskalpolitik dabei unter fundamental veränderten Bedingungen. Insbesondere entziehen sich die jetzt erforderlichen Hilfen der Forderung der Konditionalität, die bei den Maßnahmen in den Jahren ab 2010 ihre Berechtigung hatte.

Die Strategie, die wir vorschlagen, setzt auf Krisen-Anleihen mit einer gemeinschaftlichen Haftung und bringt damit die europäische Finanzpolitik in die Verantwortung. Dazu gehört eine starke, aber ergänzende Rolle für die Europäische Zentralbank als Garant der Stabilität der Märkte und der Transmission der Geldpolitik. Die EZB hat schon auf die steigenden Risikoprämien für italienische Staatsanleihen reagiert. Jetzt ist ein gemeinschaftliches unmissverständliches Handeln der Staaten gefordert.

Gemeinschaftsanleihen sind jetzt notwendig, um die Kosten der Krise auf viele Schultern zu verteilen. Damit kann man den besonders betroffenen Ländern beistehen und verhindern, dass sie unverschuldet in eine Solvenzkrise geraten. Die Länder der Eurozone sollten dafür begrenzt auf diese Krise Gemeinschaftsanleihen in Höhe von 1000 Milliarden Euro emittieren (rund 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone).

Aus diesem Pool können Mitgliedstaaten unterstützt werden, wenn sie den Zugang zum Kapitalmarkt zu verlieren drohen. Aufgrund der gemeinschaftlichen Haftung würde sich die Verschuldung der am meisten betroffenen Staaten vergleichsweise wenig erhöhen. Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Notfallfonds zur Krisenbewältigung handelt, also um eine einmalige Maßnahme, wie bei der Gemeinschaftsanleihe aus der Zeit der Ölkrise. Die Laufzeit der Anleihen sollte möglichst langfristig sein. Die Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen sollten sich an den Anteilen orientieren, die die Mitgliedstaaten am Kapital der EZB halten.

Die auf diese Weise geschaffenen Anleihen würden gleichzeitig „Safe Assets“ für die Banken der Eurozone schaffen. Dadurch würde das Risiko Gefahr eines Teufelskreises (doom-loop) zwischen angeschlagenen Banken und schwachen Staatsfinanzen reduziert werden. Es ist davon auszugehen, dass das vorgesehene Volumen am Kapitalmarkt zu günstigen Finanzierungskonditionen zu plazieren ist. Andernfalls wäre zu prüfen, ob die Geschäftsbanken bei der Zeichnung vorrangig bedient werden, die dann diese Bonds bei der EZB zur Refinanzierung einreichen können.

Solche Gemeinschaftsanleihen wären ein deutliches Zeichen, dass Europa in der Krise zusammensteht. Das Signal wäre nicht zu überhören. Nicht ein einzelnes überfordertes Land tritt als Bittsteller auf. Die Europäer bewältigen die Krise gemeinsam. Es gibt durch die Verschuldung kein Stigma. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ist eine Institution aus einer anderen Zeit. Er sollte deshalb in dieser Situation nicht aktiv werden. Zu prüfen wäre aber, ob der ESM nicht für eine schnelle und verlässliche Umsetzung beauftragt werden kann, die Solidaritäts-Anleihen zu emittieren und die Finanzierung in den Mitgliedstaaten zu steuern, ohne dass dabei unnötige Hürden nationaler Zustimmungsrechte verzögernd wirken.

Zudem sollte die EZB – wie mit dem neuen Pandemie-Notfallankaufprogramm für 750 Milliarden Euro begonnen – in der Lage sein, die Anleihemärkte zu stabilisieren. So kann sie Spekulationen über Stabilität der Staatsfinanzen und damit über die Refinanzierung von Altschulden von Anfang an unterbinden. Dazu sollten die Auflagen für die ESM-Programme temporär außer Kraft gesetzt werden. Dies ist für die Liquidität und Integrität der Anleihemärkte zentral und zugleich eine flankierende Maßnahme gegen die Spekulation.

Gemeinschaftliche Haftung

Schließlich werden größere Ressourcen erforderlich sein, um ein Sicherheitsnetz für die Banken der Eurozone aufzuspannen. Hier kann auf existierende Institutionen wie den ESM und deren Expertise zurückgegriffen werden. Dabei geht es darum, dass ausreichend Mittel für die Rekapitalisierung von Banken vorhanden sind. Die hierfür verfügbaren Mittel des ESM sollten von 60 Milliarden auf 200 Milliarden Euro aufgestockt werden, was in etwa 50 Prozent der Marktkapitalisierung der Banken der Eurozone entspricht. Dies würde dazu beitragen, dass keine Zweifel an der Solidität der Banken aufkommen. Dieser Mechanismus muss flexibel und nicht erst dann eingesetzt werden, wenn die Ressourcen des betroffenen Mitgliedstaates erschöpft sind. Damit kann verhindert werden, dass es zu einer gefährlichen Selbstverstärkung von schwachen Banken und einem sinkenden Marktvertrauen in die Stabilität der Staatsfinanzen kommt.

Diese Krise ist von hoher, unabsehbarer Dynamik. Sie bedarf deshalb starker Signale politischer Handlungsfähigkeit. Das jüngste Anleihekaufprogramm der EZB hat ein Zeichen gesetzt, dass die EZB tut, was geboten ist, um die Märkte in der Eurozone zu stabilisieren. Aber der politische Handlungswille darf jetzt nicht erlahmen. Diese Dynamik war in der Euro-Krise oft zu beobachten: Nach jedem beherzten Eingreifen der EZB ließen die politischen Anstrengungen nach. Dies ist uns teuer zu stehen gekommen. Es gilt jetzt, keine Zeit zu verlieren. Je länger die gegenwärtige Krise anhält, umso deutlicher werden die Unterschiede in der Fiskalsituation in Europa werden. Das würde Europa trennen, wenn es zusammenstehen muss.“

Peter Bofinger war Mitglied des Sachverständigenrats. Sebastian Dullien ist Direktor des gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstituts IMK. Gabriel Felbermayr ist Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. leitet die Finanzmarktabteilung des IfW. ist Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). (Bonn) (Düsseldorf) sind Professoren für Volkswirtschaftslehre

Covid-19-Patienten und Lungenentzündung: ist Vermeidung und Prävention eine Möglichkeit, die Kurve der Verläufe zu flatten?

Monja Schünemann, ausgebildete Krankenschwester und Historikerin, findet auf ihrem Blog mypflegephilosophie.com immer wieder klare Worte zum Thema Pflege. Im NachDenkSeiten-Interview verdeutlicht sie,  wie es um die Pflege bestellt ist.

Ein aktueller Beitrag  zum Thema „Covid-19-Patienten und Lungenentzündung“ aus dem Blog von Monja Schünemann

„Bei der Infektion mit Covid-19 handelt es sich im Grunde immer um das gleiche Bild bei schwerer Ausprägung: beidseitige schwere Lungenentzündung. Die ist dann so schwerwiegend, dass das Organ nicht mehr genug Gase austauschen kann. Der Patient muss beatmet werden.

Das Problem der Lungenentzündung ist in der Pflege bekannt, wenngleich auch nicht durch dieses Virus. In der Pflege haben wir deshalb eine unserer Prophylaxen ganz allein auf die Prävention einer Lungenentzündung abgestellt.

Ein Problem der Pandemie für uns Pflegende ist, dass wir uns nicht international austauschen können/dürfen. In der Krise sprechen Ärzte und Politiker und Virologen. Durch die Stäbe ist dort Austausch garantiert. Doch Pflege sitzt nicht mit am Tisch, darum ist weder internationaler Austausch, noch interdisziplinärer Austausch möglich. Deshalb gibt es derzeit keine Informationen für uns, was die Mobilisation des Lungensekretes (vulgo Abhusten) angeht. Das ist bedauerlich, aber leider werden wir nicht als so wichtig erachtet, am Diskurs teilzunehmen und ihn mitzuführen.

Also haben wir uns Gedanken gemacht, und folgende These aufgestellt: …“

Die neue Weltwirtschaftskrise, der Corona-Virus und ein kaputt gesparter Gesundheitssektor

„Die Ausweitung des Corona-Virus hat zur flächendeckenden Beseitigung von Grundrechten und Bewegungsfreiheit geführt. Vieles spricht dafür, dass dies in der gegebenen Situation angebracht, unvermeidlich, ist. Wobei es auch Mitte März noch ernst zu nehmende Stimmen – so vom Weltärztebund-Präsidenten Frank Ulrich Montgomery – gibt, die dies in Frage stellen.

Unbestreitbar ist, dass die Zuspitzung der Corona-Pandemie dazu geführt hat, dass das Versagen der Behörden nicht thematisiert wird. Dass der aktive Beitrag, den die Bundesregierung und ausdrücklich auch CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn und der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach beim Kaputtsanieren der Krankenhäuser geleistet haben, kein Thema in der öffentlichen Debatte ist.

Nicht zuletzt dienen die Corona-Epidemie und die panischen und widersprüchlichen Maßnahmen zu deren Eindämmung dazu, die im Hintergrund ablaufenden massiven weltwirtschaftlichen Verwerfungen – und die Gefahr einer neuen Weltwirtschaftskrise – als das von einem Virus ausgelöste Resultat zu präsentieren. Was grundfalsch ist.“ Winfried Wolf.

Der Artikel von Winfried Wolf ist auf den Nachdenkseiten veröffentlicht

Campact-Petition: Covid-19 – Gesundheitsarbeiter*innen fordern: Menschen vor Profite

Uta Hedemann, Pflegekraft auf einer Kinderintensivstation mit zehn Jahren Berufserfahrung hat kürzlich ein Campact-Petition an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sowie alle Entscheidungsträger*innen in der Gesundheitspolitik und in den Krankenhäusern gestartet.

Stand 20.3.2020, 13.00 Uhr haben bereits 108.661 Menschen die Petition unterzeichnet.

Uta Hedemann engagiert sich in der Gewerkschaft ver.di undin einer Gruppe von selbstbewussten Pflegekräften und Gesundheitsarbeiter*innen an der Berliner Charité.

Der Text der Petition lautet:

„Als Pflegekraft auf einer Kinderintensivstation mit zehn Jahren Berufserfahrung kann ich versprechen: Wir Gesundheitsarbeiterinnen sind uns unserer Verantwortung angesichts der existentiellen Krise mit dem Coronavirus bewusst und werden alles in unserer Macht stehende tun, um die Patientinnen und uns selbst durch die Krise zu bringen – egal ob Pflege- oder Hilfskraft, Ärztin, Labor- und Röntgenassistentin, Reinigungskraft, Medizintechniker*in uvm.

Doch die Sparpolitik im Gesundheitswesen stellt uns angesichts der Krise vor große Herausforderungen. Seit 20 Jahren sind die Krankenhäuser der Logik „Der Markt regelt das schon“ unterworfen. Kostendruck und Profitorientierung haben dazu geführt, dass immer mehr Patient*innen in immer kürzerer Zeit mit weniger Personal versorgt werden mussten. Jetzt in der Covid-19-Krise rächt sich diese Politik besonders.

Um diese Krise zu bewältigen, bedarf es außergewöhnlicher Maßnahmen. Wir sehen aktuell, was möglich ist, wenn die politischen Entscheidungsträger*innen es wollen.

Deswegen fordern wir angesichts einer absehbaren Ausnahmesituation für die Krankenhäuser konkret:

  • Konsequente Aktivierung und Mobilisierung aller verfügbaren Ressourcen (Menschen, Material, Geld) – vor allem aber: JETZT mehr Personal und ausreichend Schutzkleidung!
  • Vorausschauend planen: “Worst case” annehmen und agieren statt reagieren.
  • Hygienemaßnahmen unmittelbar verbessern; sofortige Aufstockung des Reinigungspersonals; engmaschige Tests von Mitarbeiter*innen.
  • Konsequente Absage planbarer Eingriffe, wo es medizinisch vertretbar ist.
  • Einbindung der verschiedenen Fachbereiche und Berufsgruppen in erweiterte Krisenstäbe an den Krankenhäusern.
  • Transparenz bzgl. betroffener Patient*innen, Maßnahmen, Planungen, Bettenkapazitäten und Materialbeständen in jeder Klinik!
  • Ausreichend Testzentren und mobile Test-Teams zur Entlastung der Notaufnahmen.
  • Sofortiger Stopp geplanter und laufender Krankenhausschließungen!

Warum ist das wichtig?

Aus dieser Pandemie-Krise müssen grundlegende Konsequenzen gezogen werden: Schluss mit „Der Markt regelt das schon“, ein für alle Mal! Dafür werden wir (weiter) kämpfen, sobald wir das wieder können.

Ich engagiere mich in meiner Gewerkschaft ver.di und bin Teil einer Gruppe von selbstbewussten Pflegekräften und Gesundheitsarbeiter*innen an der Berliner Charité, die schon seit vielen Jahren für mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem kämpft – und dafür auch schon mehrfach die Arbeit niederlegen musste.

Mit dieser Petition möchte ich auch diejenigen zusammenbringen und vernetzen, die – nach der Krise! – die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen und ein Gesundheitssystem aufbauen wollen, das den Menschen und nicht den Profit ins Zentrum stellt. Lasst uns jetzt zusammen durch die Krise gehen und danach ein besseres Gesundheitssystem aufbauen!“