Rekord-Menschenkette der Friedensbewegung | Geschichte & Entdeckungen SWR 586.000 Abonnenten 10.007 Aufrufe 15.11.2020
Es ist eine der spektakulärsten Demonstrationen der Friedensbewegung: Eine Menschenkette von Stuttgart bis Neu-Ulm mit einer länge von 108 Kilometern! Mehr als 300.000 Menschen demonstrieren so für Frieden und gegen die Stationierung von Atomraketen. Diese Doku von Katharina Prokopy trägt den Originaltitel: Die Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm – Protest für den Frieden 1983, Ausstrahlungsdatum:10.11.2020. Alle Aussagen und Fakten entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert. Am 22.Oktober 1983 demonstrieren 300.000 bis 400.000 Menschen für den Frieden und gegen die Stationierung von Atomraketen, sogenannten Pershing-Raketen.
Mit einer riesigen Menschenkette von rund 108 km stehen die Demonstranten von Stuttgart bis Neu-Ulm. Die Demo geht als Rekord-Menschenkette in die Geschichte ein. Die Friedensaktivisten standen Hand in Hand, zeigten Plakate und sangen Lieder. Es ist ein Herbst der Demonstrationen in Deutschland. Der Kalte Krieg und das Aufrüsten der Supermächte schürt bei vielen Menschen Angst. Teil dieses Rüstungswettlaufs war auch die Stationierung von Atomwaffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik und der BDR. IM Herbst 83 sollten weitere folgen. Die Waffensysteme Pershing II und Cruise Missiles sollten in Deutschland stationiert werden. Friedensaktivisten, Gewerkschaften, Kirchen, Rüstungsgegner, Umweltschützer, Ökogruppen und Bürger aller Altersgruppen schlossen sich zusammen, um dagegen zu demonstrieren.
1983 in Deutschland: Als wir kurz vor dem III. Weltkrieg standen | Die Story | Kontrovers | BR24 BR24 1.606.239 Aufrufe 15.02.2023
Das Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion erreicht 1983 einen Höhepunkt: Die Welt steuert auf einen Atomkrieg zu, bei dem nicht nur das geteilte Deutschland weitgehend vernichtet würde. Wie konnte es damals soweit kommen, und was hat einen III. Weltkrieg verhindert? Kontrovers auf historischer Spurensuche. Die Welt driftet 1983 geradewegs auf einen Atomkrieg zu. Ronald Reagan, damals US-Präsident, will die USA zu alter Stärke zurückführen und den Ostblock „totrüsten“. Er lässt prüfen, ob es für die USA möglich wäre, einen Atomkrieg zu gewinnen. Dabei helfen sollen neue Pershing-II-Raketen, deren Sprengkraft gewaltig ist. In Moskau wiederum fühlt man sich bedroht. Die Sowjets bewaffnen ihre Jagdbomber mit Atombomben und machen sie gefechtsbereit. Generalsekretär Juri Andropow ist überzeugt, dass die USA einen nuklearen Überraschungsangriff planen. Ehemaliger Top-Spion liefert Moskau geheime Dokumente Rainer Rupp, damals Top-Spion des Auslandsgeheimdienstes der DDR, der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), ist damals so nah an der Eskalation dran wie nur Wenige. 1983 war er Agent im „Situation Center“, dem Lagezentrum im Nato-Hauptquartier in Brüssel. „Ich bekam alles mit“, sagt er. Hunderte von sowjetischen Agenten sind zu diesem Zeitpunkt in West-Europa und den USA im Einsatz und schicken Informationen an ihre Führungsoffiziere.
Es ist die bis dahin größte Geheimdienst-Aktion des Ostblocks. Rupp fotografiert heimlich mit einer Mini-Kamera tausende von Aufmarschplänen, Aufstellungen und Dokumenten. Er liefert dabei auch das geheime Drehbuch für die Wintex-Cimex-Übung nach Ost-Berlin und Moskau. Und dort ist man alarmiert. In dieser Situation wird Helmut Kohl am 6. März 1983 zum zweiten Mal Bundeskanzler und ist entschlossen, Pershing-II-Raketen in Deutschland zu stationieren. Horst Teltschik war damals Kohls enger Mitarbeiter. Zwei Tage nach der Wiederwahl von Helmut Kohl bezeichnet Ronald Reagan die Sowjetunion in einer Rede als „evil empire“, das Reich des Bösen. Kurz darauf kündigt er sein SDI-Programm an. Damit sollen Raketen der Sowjets im Weltraum abgeschossen werden, bevor sie Ziele in den USA erreichen. Generalsekretär Juri Andropow glaubt, dass man einem Angriff der Nato bald nichts mehr entgegenzusetzen habe. Generalsekretär Andropow: Jedes Flugzeug wird abgeschossen Währenddessen spitzt sich der Konflikt zwischen den Atommächten weiter zu. Die Sowjets überqueren mit ihren Flugzeugen Gebiete der Nato. Die Amerikaner wiederum fliegen Scheinangriffe auf sowjetische Stützpunkte. In Moskau ordnet Andropow an, dass jedes Flugzeug, das sowjetischen Luftraum verletzt, abgeschossen werden soll. Am 1. September schießen sowjetische Abfangjäger eine koreanische Passagiermaschine mit 269 Menschen an Bord ab.
Sie war aus Versehen in den sowjetischen Luftraum eingedrungen. Die Welt ist erschüttert. „Es lief zwischen den beiden Weltmächten nichts mehr. Es gab keine Kontakte, keine Gespräche“, erinnert sich Horst Teltschik. Fehlalarm löst fast einen Atomkrieg aus Am 26. September 1983 schlägt die sowjetische Satellitenüberwachung Alarm. Das System meldet fünf Atom-Raketen aus den USA, die auf die UDSSR zufliegen. Eigentlich müsste der zuständige Offizier jetzt den Gegenschlag einleiten, doch er wartet ab. Minutenlang steht die Welt vor einem Atomkrieg – bis sich herausstellt, dass es ein Fehlalarm war. Etwa einen Monat später werden bei einem Anschlag auf einen US-Stützpunkt in Beirut mehr als 200 US-Soldaten getötet. Die USA versetzen ihre Truppen in Alarmbereitschaft und besetzen die Insel Grenada. Ronald Reagan begründet den Einsatz mit den Worten, die Insel sei ein sowjetischer Militär-Stützpunkt. Im November 1983 beginnt routinemäßig das Nato-Manöver Able Archer. Dabei wird ein atomarer Krieg unter realistischen Bedingungen geübt. Generalsekretär Andropow hat jetzt keine Zweifel mehr, dass ein Atomangriff der USA bevorsteht. Die sowjetischen Truppen in Ost-Deutschland und Polen machen ihre Atomwaffen bereit. Die US-Militärs ahnen davon nichts. Erst nach dem Mauerfall erfahren sie, dass mehr als 100 sowjetische Flugzeuge mit Atomwaffen bestückt und gefechtsbereit gemacht worden waren. Ein Zufall oder Fehlalarm hätte dazu geführt, dass die Piloten gestartet und ihre Atombomben ans Ziel gebracht hätten. Doch so weit kommt es nicht. Als das Able-Archer-Manöver ohne Zwischenfälle zu Ende geht, fährt auch die sowjetische Militärführung die Gefechtsbereitschaft wieder runter. Autor: Christian Stücken Aus der Sendung vom 15.2.2023