abgeordnetenwatch.de: Anhörung zu Verhaltensregeln für Abgeordnete und Abgeordnetenbestechung

Clara Helming war am 5.5.2021 als Sachverständige im Bundestag und hat für abgeordnetenwatch.de bei einer Anhörung gesprochen.

Es ging um die Verhaltensregeln für Abgeordnete und um den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung.

Als Folge der zahlreichen Skandale der letzten Monate sollen die Regeln nun verschärft werden. Das ist überfällig. Die Probleme waren schon lange vor der Maskenaffäre bekannt. Zudem bleiben einige gravierende Schlupflöcher. Ganz kurzfristig kam zwei Tage vor der Anhörung ein weiteres Thema auf den Plan: Die GroKo reichte einen Änderungsantrag für den Paragrafen zur Abgeordnetenbestechung ein -ebenfalls seit vielen Jahren eine offene Baustelle.

Clara Helming hatte 4 Minuten Zeit, um ihre Einschätzung vorzutragen: s. Abgeordnetenwatch Stellungnahme in der Anhörung zur Änderung des Abgeordnetengesetzes am 5.5.21

Enttäuscht ist abgeordnetenwatch.de von der Änderung bei der Abgeordnetenbestechung. Die GroKo will, dass das Strafmaß für korrupte Abgeordnete erhöht wird. Doch eine Gesetzeslücke könnte dazu führen, dass selbst die in Maskendeals verstrickten Ex-Unionspolitiker Nüßlein und Sauter straffrei ausgehen und ihre Provisionen behalten dürfen.

Helming hat den Ausschuss darauf hingewiesen, dass dieses Problem mit der Gesetzänderung nicht gelöst wird. Übrigens schon zum wiederholten Mal: Schon 2014 rief ihr Kollege Gregor Hackmack bei einer Anhörung den Bundestag auf, Abgeordnetenbestechung wirksam zu erfassen.

Beim zweiten Thema, den Transparenzregeln für Abgeordnete gibt es etwas mehr Bewegung. Mit einem Gesetzentwurf, dem sich neben CDU/CSU und SPD auch schon die Grünen und die Linken angeschlossen haben, werden zahlreiche überfällige Verbesserungen eingeführt (u.a. Verbot von Lobbyjobs für Abgeordnete, Annahmeverbot von Spenden, mehr Transparenz bei ihren Nebeneinkünften).

Das Problem: abgeordnetenwatch.de bezweifelt, dass diese Regeln am Ende auch immer konsequent durchgesetzt werden.

Denn weiterhin ist die Bundestagspräsidentin bzw. der Bundestagspräsident, derzeit Wolfgang Schäuble (CDU), dafür zuständig, die Transparenzangaben zu überprüfen und Verstöße zu sanktionieren. In der Vergangenheit wurden Verstöße nicht konsequent geahndet – die Bundestagsverwaltung verweigert uns bis heute Auskünfte, ob oder wie sie dabei vorgeht!

Helming hat dem Ausschuss stattdessen eine unabhängige und überparteiliche Transparenzkommission vorgeschlagen. Ihre Vision: Ein Gremium, das nachforscht und nicht erst bei Verstößen tätig wird.

Wie geht es jetzt weiter?

Aktuell rechnet abgeordnetenwatch.de nicht damit, dass seine Forderungen noch in den Gesetzentwurf aufgenommen werden. Denn das Gesetz steht schon kurz vor der Verabschiedung. Die neuen Verhaltensregeln sind trotzdem ein Teilerfolg, der ohne den anhaltenden öffentlichen Druck nie zustande gekommen wäre.

Corona – Pandemie und Krise

Corona – Pandemie und Krise

Der Sammelband „Corona – Pandemie und Krise“ versammelt zum einen Texte, die seit August 2020 zur Corona-Pandemie und -bekämpfung und all ihren Folgen in unterschiedlichen Ausgaben von „Aus Politik und Zeitgeschichte“ erschienen sind, teils aktualisiert, teils mit einem Postskriptum versehen, teils unverändert wiederabgedruckt.

Zwei weitere Beiträge stammen aus der 2015 erschienenen Ausgabe „Seuchen“, hier nun in aktualisierter und erweiterter Form.

Zudem wurden für diese Edition neue Beiträge verfasst. Die Edition ist zurzeit nur als einfaches PDF verfügbar.


Herausgeber: Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb). 440 Seiten.  Erscheinungsdatum: 15.04.2021, Erscheinungsort: Bonn, Bestellnummer: 10714,  Vorerst nur als PDF verfügbar

Aktion#allesdichtmachen​ – die Kontroverse

allesdichtmachen – Alle Videos – Alles dicht machen! 301.188 Aufrufe23.04.2021


Alles dicht machen? Empörung über Aktion von Schauspieler*innen | ZDFheute live324.579 Aufrufe –Live übertragen am 23.04.2021


Nach heftiger Kritik: Jan Josef Liefers äußert sich zu #allesdichtmachen | WDR Aktuelle Stunde  –442.171 Aufrufe Live übertragen am 23.04.2021


Schauspieler Jan Josef Liefers zu #allesdichtmachen // 3nach9 – 1.775.871 Aufrufe –24.04.2021


Sahra Wagenknecht: Was man heute noch sagen darf? Shitstorms, Cancel Culture und #allesdichtmachen 345.762 Aufrufe –29.04.2021

„Ich würde doch gar nicht hier sitzen, wenn ich irgendwo gesagt hätte: Und wisst ihr, Leute, ich will auch noch mal ganz klar hinweisen, auf die Situation der Künstler. Dann wären wir hier nicht an dem Punkt“, sagt Jan Josef Liefers bei „maybrit illner“ zu #allesdichtmachen.
Vergangene Woche hatte er mit Schauspieler-Kolleg*innen die Corona-Politik der Bundes- und Landesregierungen sowie die mediale Berichterstattung in der Pandemie kritisiert. Applaus dafür gab es vor allem aus den Reihen der Querdenker-Bewegung sowie von AfD-Politiker*innen wie Alice Weidel. Andere hingegen kritisierten die Aktion als zynisch. Wissenschaftlerin Mai Thi Nguyen-Kim kritisierte #allesdichtmachen bei „maybrit illner“ als destruktiv. Es gäbe für Empörungswellen, wie sie rund um solche Aktionen stattfänden zu viel mediale Aufmerksamkeit, so die Chemikerin. Spaltung verschlimmere die Pandemie für alle.
Den gesamten Talk findet ihr hier: https://kurz.zdf.de/651M/
Alle Gäste der Sendung: Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister Hamburg, Mediziner Wolfgang Kubicki (FDP), Bundestagsvizepräsident, stellv. FDP-Vorsitzender, Jurist Boris Palmer (B´90/Die Grünen), Oberbürgermeister Tübingen Mai Thi Nguyen-Kim, Wissenschaftsjournalistin, Chemikerin Jan Josef Liefers, Schauspieler, #allesdichtmachen

128 Organisationen kritisieren Entwurf für Lieferkettengesetz – Mail an Wahlkreisabgeordnete (Bundestag) schreiben!

Hier Musterbrief an Wahlkreisabgeordnete verschicken

Proteste zur ersten Lesung: 128 Organisationen kritisieren Entwurf für Lieferkettengesetz – 50 Unternehmen fordern Nachschärfung

Berlin, 22.04.2021. Bei einer Protestaktion vor dem Reichstagsgebäude in Berlin haben Aktivist*innen der „Initiative Lieferkettengesetz“ Nachbesserungen am geplanten Lieferkettengesetz gefordert. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung geht heute im Bundestag in die erste Lesung. Das Bündnis aus 128 zivilgesellschaftlichen Organisationen hält den Entwurf für zu schwach, um Betroffene vor Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen durch deutsche Unternehmen und ihre Zulieferer zu schützen. Auch 50 Unternehmen forderten in einer heute veröffentlichten Erklärung Nachschärfungen an dem Gesetz, darunter Symrise, Tchibo und Beckers Bester.

„Die Abgeordneten müssen den Gesetzentwurf jetzt nachbessern – damit Unternehmen Menschenrechte und Umweltschutz endlich auf die Kette bekommen. Und zwar auf die gesamte Lieferkette! In der jetzigen Form hilft das Gesetz den Betroffenen zu wenig“, sagt Johanna Kusch, Koordinatorin der Initiative Lieferkettengesetz.

Insbesondere stehen die abgestuften Sorgfaltspflichten von Unternehmen in der Kritik: Bei mittelbaren Zulieferern, also nach dem zweiten Glied der Lieferkette, müssen Unternehmen nach Plänen der Regierung das Risiko nicht präventiv minimieren, sondern erst dann aktiv werden, wenn sie „substantiierte Kenntnis“ von einer möglichen Menschenrechtsverletzung erlangen. Das Bündnis kritisiert darüber hinaus, dass der Entwurf die Rechte von Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen kaum stärke und Umweltstandards nur am Rande berücksichtige.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann betont: „Am Beginn globaler Lieferketten herrschen oft katastrophale Arbeitsbedingungen. Unternehmen haben die Pflicht, sich auch hier für die Einhaltung von Menschenrechten einzusetzen. Der Gesetzentwurf greift an dieser Stelle viel zu kurz – und widerspricht damit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, sagt: „Der vorliegende Entwurf ist zahnlos. Es droht die Gefahr, dass deutsche Unternehmen weiterhin ohne Furcht vor Konsequenzen weltweit die Artenvielfalt zerstören und das Klima schädigen können. Auch die Union im Bundestag muss sich daher für die dringend notwendigen Nachbesserungen einsetzen.”

Die Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin, erklärt: „Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt ist keine Frage der Unternehmensgröße – das sehen auch zahlreiche Unternehmen so. Der Bundestag darf das nicht ignorieren. Die Abgeordneten müssen jetzt dafür sorgen, dass das Gesetz mehr Unternehmen erfasst und durch eine zivilrechtliche Haftungsregelung die Rechte von Betroffenen stärkt.“

Das Gesetz beträfe in dieser Form zunächst nur etwa 600 Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden. Kritik daran kommt nicht nur von zivilgesellschaftlicher Seite, sondern auch von zahlreichen Unternehmen selbst. In einer heute auf der Website des Business and Human Rights Resource Centre veröffentlichten Stellungnahme sprechen sich 50 Unternehmen für ein wirkungsvolleres Lieferkettengesetz aus, das sich konsequent an internationalen Standards orientiert und die Rechte von Betroffenen stärkt. In der Liste finden sich der börsennotierte Duft- und Aromenhersteller Symrise und die Tchibo GmbH ebenso wie das mittelständische Familienunternehmen Beckers Bester und weitere große, mittlere und kleine Unternehmen.

Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Zusammenschluss von 128 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter der DGB, Greenpeace, Brot für die Welt und zahlreiche weitere Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften und kirchliche Akteure.

Weiterführende Informationen:

Kontakt:

Die Initiative Lieferkettengesetz wird getragen von:

Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland e.V. (agl), Brot für die Welt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Christliche Initiative Romero e.V. (CIR), CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Forum Fairer Handel e.V., Germanwatch e.V., Greenpeace e.V., INKOTA-netzwerk e.V., Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V., Oxfam Deutschland e.V., SÜDWIND e.V., ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Weltladen-Dachverband e.V., Werkstatt Ökonomie e.V.

110 weitere Organisationen unterstützen die Initiative.

COVID-19: Impfpatente aussetzen – (unser) Leben retten

Quelle: We Act – Petitionsplattform von Campact

An: Frau Angela Merkel, Bundeskanzlerin Deutschland; Frau Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission

COVID-19: Impfpatente aussetzen – (unser) Leben retten

Gestartet von Pia Mayer-Gampe
COVID-19: Impfpatente aussetzen - (unser) Leben retten

Die Forderung lautet:

Die Bundesrepublik, sowie die Europäische Union hat auf allen Ebenen darauf hinzuwirken, dass die Patente für COVID-19 Impfstoffe und Medikamente während der Pandemie ausgesetzt werden, damit die Impfstoffe weltweit produziert und verteilt werden können. Die beschämende Blockadehaltung der BRD und der EU gegenüber dem entsprechenden Antrag von mehr als 100 Ländern in der WTO ist unverzüglich aufzugeben.

Warum ist das wichtig?

Die Pandemie ist ein globales Problem und kann nur global gelöst werden. Um das Virus unter Kontrolle zu bekommen, müssen wir durch eine weltweite Impfung eine Immunisierung eines Großteils der Weltbevölkerung erreichen. Das gebietet einerseits die Moral, andererseits auch der gesunde Egoismus. Je länger die Pandemie dauert, desto eher entstehen Mutationen, die Impfstoffe wirkungslos machen, bzw. auch solche Mutationen, die Kinder vermehrt gefährden könnten.

Deshalb müssen für die Dauer der Pandemie die Impfstoff-Patente ausgesetzt, also sozusagen „eingefroren“ werden, um die Produktion der Impfstoffe in allen Ländern voranzubringen, die zu einer solchen Produktion in der Lage sind.

Dazu braucht es einen Beschluss in der Welthandelsorganisation, der WTO. Ein solcher Beschluss, der sogenannte TRIPS Waiver, wurde von Indien und Südafrika im Oktober 2020 beantragt, um Patente für COVID-19 bezogene Impfstoffe, Medikamente und andere in der Pandemie relevante medizinische Mittel für die Dauer dieser Situation auszusetzen. Würde dem stattgegeben, könnte weltweit mehr und bedarfsorientiert produziert werden – besonders in ärmeren Ländern – und die Preise für Medikamente und Impfstoffe würden sinken.

Letzten Endes würde es Leben retten, die Pandemie wäre für alle schneller vorbei und die Entstehung neuer, gefährlicher Mutationen des Virus wäre verhindert. Über 100 Länder haben den Antrag befürwortet. Mehr als 300 zivilgesellschaftliche Organisationen weltweit haben die Regierungen aufgefordert, den Vorschlag zu unterstützen. Jedoch blockieren die EU, die USA und Brasilien den Antrag mit dem Argument, die privaten Unternehmen hätten dann in Zukunft keinen Anreiz mehr, innovative Impfstoffe zu entwickeln.

Das Argument, es müssten gegenwärtig halt mehr Menschen sterben, damit künftig unter Umständen weniger sterben, ist zynisch. Der Schutz auch unserer eigenen Bevölkerung steht hier dem finanziellen Interesse der Patenthalter entgegen.

Es kann nicht allein um Eigentumsrechte privater Investoren gehen, da wesentliche Grundlagenforschung in staatlichen Universitäten geleistet wurde und über 3 Milliarden Euro staatlicher Förderung in Deutschland und in den USA für die Entwicklung der Impfstoffe in private Firmen geflossen sind – das sind über 90% der Gesamtkosten. Deshalb müssen die gewonnenen Erkenntnisse so eingesetzt werden, dass sie den langfristigen Schutz aller gewährleisten.

Quellen:
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/faq/1927
https://www.nordkurier.de/politik-und-wirtschaft/milliarden-foerderung-fuer-pharmakonzerne-wo-bleiben-die-impfstoffe
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/europa-covid-19-impfstoffproduktion