re:publica 2017 – Friedemann Karig: Wie wir lieben. Die sexuelle Revolution 2.0 –re:publica –9.706 Aufrufe 19.05.2017-
Quelle: ZEIT – Ann-Kristin Tlusty – 27.3.2017
Monogamie: Paar dich lieber paleo
In seinem Essay „Wie wir lieben“ besinnt sich Friedemann Karig auf den Urzustand. Schade, dass sich seit der Steinzeit ein paar Dinge geändert haben.
Wie wir lieben lautet der Titel eines im Februar erschienenen Essays. Der Autor: Friedemann Karig, geboren: 1982, Beruf: irgendwas mit großen Medien. Und um gleich mal klarzustellen, welche Stoßrichtung Wie wir lieben einschlägt, hat er seinem Sachbuchdebüt den Untertitel Vom Ende der Monogamie gegeben.
Das klingt erst einmal groß. Aber war Monogamie denn jemals wirklich hip? War es nicht im Gegenteil spätestens seit, sagen wir, der Erfindung der Antibabypille relativ en vogue, monogame Dogmen abzulehnen? Sang Joni Mitchell nicht schon 1968 „There’s a drummer and a dreamer / And you know there may be more“? War es Rio Reiser nicht 1986 schon „egal, wo du heut pennst“? War bei Belle and Sebastian auch 1996 alles halb so wild, „‚cause we’re seeing other people“? Und forderte Peaches nicht zehn Jahre später „two guys for every girl“?
Die breite Masse hat diese Haltung jenseits von popkultureller Rezeption nie erreicht. Neu ist es dennoch nicht, dieses – ja, was denn? Dem Gegenstück zur Monogamie fehle noch das Vokabular, schreibt Karig. „Freie Liebe“, „wilde Ehe“, „Polygamie“, das führe eher in die Gedankenwelt von „Swinger-Läden, Hippie-Camps, zu den vergilbten Teetassen ewig notgeiler Alt-68er„. Stimmt. Und deshalb habe er ein Buch geschrieben, das von der Liebe erzählt, „die mehr will“, eine Annäherung ohne programmatische Schlagworte, und, das betont er, kein Handbuch.
Monogamie, das erfahren wir im Prolog, sei ein „Desaster“: Zerbrochene Familien, alleinerziehende Eltern, das Dasein von Scheidungskindern, die Einsamkeit urbaner Singles, all das sei dem monogamen Alltag zu verschulden, der aus „lügen, betrügen, verletzen, verlassen“ bestünde. Da mag was dran sein. Doch der direkte Zusammenhang zwischen der Entscheidung für sexuelle Exklusivität und dem Single-Scheidungs-Großstadt-Übel scheint ein wenig herbeigezaubert.
Die ersten beiden Kapitel kreisen, irgendwie nahe liegend, erst einmal um Sex, „in letzter Zeit“ und „damals“. Es geht um die prähistorischen Jäger und Sammler, um das Prinzip der kollektiven Elternschaft innerhalb promiskuitiver Horden, um männliche und um weibliche Sexualität in ihrer, hm, Ursprünglichkeit. So erfahren wir unter der Überschrift Sex in der Höhle, dass nicht nur langes Sitzen, sondern auch monogames Verhalten nicht unserer Anatomie entspräche: Der „Hindernisparcours“, den das Spermium überwinden müsse, um in den Körper der Frau zu gelangen, diese „interne Selektion“ also, genannt „Spermienkonkurrenz“, sei ein Indiz für unsere Bestimmung zur Polygamie. Auch die Größe der männlichen Hoden sei als ein solches zu verstehen: „Hat eine Spezies also richtig dicke Eier, kann man davon ausgehen, dass die Männchen häufige Ejakulationen haben und die Weibchen in der Gegend herumschlafen.“
Das Ende der Monogamie | Interview mit Buch-Autor Friedemann Karig –Hilfe in Beziehungskrisen | Blauer Campus – 2.909 Aufrufe 08.11.2018
»Die Monogamie ist wie eine Kartoffel – mangelhaft, aber saupraktisch« Friedemann Karig, Autor des Buches ‚Wie wir lieben. Vom Ende der Monogamie‘, polarisiert und stellt Fragen, die nicht jedem schmecken. In meinem Interview spreche ich mit ihm darüber, woher die emotionale Wucht kommt, die dieses Thema auslöst, welche Probleme die Monogamie mit sich bringt und wie heute und morgen Alternativen aussehen könnten.