Quelle: Berliner Zeitung –Hartmut Sommerschuh 19.04.2023
Uranmunition in der Ukraine – trotz Gefahr für Leben und Gesundheit?
Trotz Gefahr für die Gesundheit möchte die britische Regierung Uranmunition in die Ukraine liefern. Unser Autor sieht diese Entscheidung kritisch.
Am 26. März 2023 veröffentlichte das britische Verteidigungsministerium einen Dokumentarfilm über den Ausbildungsabschluss ukrainischer Panzerbesatzungen an Challenger-2-Panzern. 14 dieser Panzer gehen in die Ukraine. Zum Training gehörte, wie der Autor Phil Miller auf Declassified UK am 27. März enthüllte, auch Übungsgranaten für abgereicherte Uranmunition.
In einer Filmszene liegt ein Exemplar in blauer Farbe neben anderen Panzergranaten auf einem Tisch. Sie trägt die Aufschrift „inert“, was darauf hindeutet, dass es „nur“ eine Nachbildung ist. Delikat aber bleibt, dass auch ein amerikanischer Ausbilder dabeisteht.
Mit der Ankündigung der britischen Regierung, Uranmunition in die Ukraine zu liefern, wurden die deutschen Medien zeitgleich mit dem Beipackzettel versorgt, internationale Gremien hätten keine „langfristigen“ gesundheitlichen Auswirkungen von abgereichertem Uran dokumentiert.
Dabei setzte die Nato 1999 diese Munition beim Krieg gegen Restjugoslawien in A-10-Bombern mit verheerenden Folgen ein, die bis heute nicht geächtet sind. Bereits die Wehrmacht suchte nach Möglichkeiten, die Durchschlagskraft ihrer Geschosse durch eingelagerte Materialien zu erhöhen, die schwerer als Eisen sind. Da die deutsche Atomforschung noch keine nennenswerten Abfälle kannte, experimentierte man mit Wolfram.
Ganz anders die Situation im Golfkrieg 1991. Längst gab es in den USA genügend Uran-238 aus der Uranaufbereitung für die Energiegewinnung, ja die militärische Verwendung wurde eine willkommene Entsorgungsalternative zur Lagerung auf Deponien. Über 300 Tonnen, so heutige Schätzungen, wurden 1991 im Irak großflächig gegen Panzer verschossen.
Ukraine-Krieg: Großbritannien hat bereits Uranmunition an Selenskyj-Regime geliefert
London hat Munition mit abgereichertem Uran in die Ukraine geschickt. Dies geht aus der Antwort des stellvertretenden Verteidigungsministers Großbritanniens, James Gippy, auf die Anfrage eines Abgeordneten im britischen Unterhaus hervor. Hintergrund nimmt das zum Anlass, erneut auf einen Artikel aus dem Jahr 2008 hinzuweisen. Damals schrieb der Filmemacher Frieder Wagner, der sich wie kaum ein anderer mit dem Thema abgereicherter Uranwaffen beschäftigt hat, einen Artikel für Hintergrund. Wir veröffentlichen Ausschnitte daraus.
Die britische Lieferung von Uranmunition an die Ukraine wird in den Leitmedien entweder totgeschwiegen oder sie wird als „gar nicht so gefährlich, wie von manchen vermutet“ klassifiziert. Einer, der die verheerenden Auswirkungen dieser Waffen untersuchte, ist der Filmemacher und Journalist Frieder Wagner. In seinem Film Deadly Dust (2007) fasste er seine Erkenntnisse zusammen. Für Hintergrund schrieb er damals einen Artikel. 1 Wir veröffentlichen die wichtigsten und nach wie vor gültigen Aspekte aus gegebenem Anlass erneut.
Diese Dokumentation von Frieder Wagner erzählt von einem Kriegsverbrechen: dem Einsatz der Uranmunition im Irak, im Bosnienkrieg und im Kosovo.
Diese „Wunderwaffe der Alliierten durchdringt einen feindlichen Panzer wie ein Messer die Butter. Dabei verbrennt das radioaktive Uran, das zudem hochgiftig ist und eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren hat, zu winzigsten Nanopartikelchen. Eingeatmet können sie tödliche Krebstumore verursachen und den genetischen Code aller Lebewesen für viele Generationen deformieren. In den betroffenen Ländern sind dadurch inzwischen ganze Regionen unbewohnbar geworden.
Der deutsche Tropenarzt und Epidemiologe Dr. Siegwart-Horst Günther machte nach dem Golfkrieg 1991 als erster auf die verheerenden Folgen von solchen Urangeschossen aufmerksam und wurde dafür in Deutschland diskreditiert und verfolgt. Der Film begleitet ihn und seine amerikanischen Kollegen bei ihren Untersuchungen im Kosovo, in Bosnien und im Irak. Überall dort hatten amerikanische Truppen die gefährliche Uran-Munition eingesetzt.
Der Film zeigt bislang wenig bekannte Langzeitfolgen unter denen besonders die Kinder in den Kriegsgebieten zu leiden haben. Nach Ende des jüngsten Irak-Krieges entdeckten die Experten in der Umgebung von Basra kontaminierte Kriegsschauplätze, deren radioaktive Verseuchung die natürliche Erdstrahlung um das 20.000-fache übertrifft.
Stimmen aus der Friedensbewegung
Zeitschrift „Wissenschaft&Frieden“
Abgeordnetenwatch: Frage an K. Göring-Eckart und Antwort