Tokyo 2020: The Radioactive Olympics. 9 Jahre nach Fukushima, 34 Jahre nach Tschernobyl: Die Olympischen Spiele dürfen nicht politisch missbraucht werden

Am 11. März 2020, dem 9. Jahrestag der Fukushima-Katastrophe, wollen wir wie in den vergangenen Jahren eine ganzseitige Anzeige in einer großen überregionalen Zeitung veröffentlichen. Als Thema haben wir dieses Jahr die „radioaktiven Olympischen Spiele“ in Japan gewählt. Der japanische Premierminister Shinzo Abe hatte bei der Vergabe der Spiele in Bezug auf Fukushima lauthals verkündet: „Lassen sie mich Ihnen versichern: Die Situation ist unter Kontrolle.“ Atomkatastrophen und Kernschmelzmassen lassen sich jedoch nicht so einfach unter Kontrolle bringen.

Die japanische Regierung will mit Hilfe der Olympischen Spiele die Folgen des Super-GAUs in Fukushima vertuschen und die Atomgefahren relativieren. Das wird besonders deutlich durch den Plan, in Fukushima-Stadt olympische Wettkämpfe auszutragen und den Fackellauf, an dem auch Kinder teilnehmen sollen, in verstrahlten Gebieten in der Nähe der Atomruinen zu beginnen. Das kann nicht unwidersprochen bleiben. Deshalb hat die IPPNW die Kampagne „Tokyo 2020 – The Radioactive Olympics“ gestartet, auf die wir in der Anzeige verweisen.

Ein weiteres Thema bewegt uns in diesen Tagen: Angesichts der Klima-Diskussion wird seitens der Atomlobby gefordert, mit Atomkraftwerken die Energielücke zu schließen, die durch den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen entstehen könnte. Atomlobbyisten reden schon von einer „Renaissance der Atomenergie“. Eine neue Generation von angeblich sicheren, wirtschaftlichen und sauberen Atomkraftwerken soll die Probleme der Klimakatastrophe lösen.

Doch sicherer, wirtschaftlicher und sauberer Atomstrom ist eine Lüge. Vom Uranbergbau über die Anreicherung, die Brennstabfertigung, die Risiken der Atomkraftwerke bis hin zum Ewigkeitsproblem des Atommülls ist Atomenergie weder sicher, noch wirtschaftlich, noch sauber. Stattdessen bremsen sie den Ausbau einer nachhaltigen Energiewirtschaft aus und dienen zur Aufrechterhaltung militärischer Atomwaffenkapazitäten. Am Atomausstiegsbeschluss darf daher nicht gerüttelt werden!

Wir bitten Sie, die Anzeige zu unterschreiben und mit Ihrem Beitrag die Veröffentlichung zu ermöglichen: Online unter ippnw.de/bit/fukushima-20

Einsendeschluss ist der 4. März 2020.

Mit besten Grüßen
Dr. Alexander Rosen, IPPNW-Vorstand
und
Dr. Winfrid Eisenberg, IPPNW-Arbeitskreis Atomenergie

Text der Anzeige:

Tokyo 2020:  The Radioactive Olympics – 9 Jahre nach Fukushima, 34 Jahre nach Tschernobyl: Die Olympischen Spiele dürfen nicht politisch missbraucht werden

Die Olympischen Spiele 2020 in Japan sollen suggerieren, der Super-GAU in Fukushima sei vorbei. Tatsächlich ist die Situation rund um die „havarierten“ Atomreaktoren jedoch keineswegs „unter Kontrolle“.

Im Inneren der zerstörten Reaktoren herrscht nach wie vor lebensbedrohliche Strahlung. Die Atomruinen müssen durch ununterbrochene Wasserzufuhr gekühlt werden. Große Teile des kontaminierten Wassers verseuchen trotz massiver Gegenmaßnahmen weiterhin Grundwasser und Meer, der aufgefangene Teil des radioaktiven Abwassers wird in riesigen Tanks gespeichert. Wegen Platzmangels soll das stark verstrahlte Wasser ab 2022 direkt in den Pazifik abgelassen werden.

In der Region Fukushima stehen zudem hunderttausende große schwarze Plastiksäcke mit abgetragener, radioaktiv strahlender Erde ungeschützt in der Landschaft. Wind und Regen bringen radioaktive Partikel aus den Wäldern und Bergen sowie aus undichten Plastiksäcken in die Städte und Dörfer. So entstehen immer wieder neue radioaktive Hotspots.

Die japanische Regierung hat nach dem Super-GAU die Grenzwerte von einem auf 20 Millisievert im Jahr erhöht, um eine Rückkehr der Bewohner in die dekontaminierten Gebiete zu erzwingen. Sie verstößt damit gegen international geltende Strahlenschutzregeln. Insbesondere Kinder und Schwangere sind gefährdet. Der Druck wird durch Beendigung der finanziellen Unterstützung massiv erhöht. Das ist aus ärztlicher Sicht unverantwortlich.

2019 wurden neue Daten zum Schilddrüsenkrebs bei Kindern veröffentlicht. Demnach ist diese im Kindesalter sehr seltene Erkrankung in den Jahren 2014–2018 in Fukushima 23 mal häufiger aufgetreten als im japanischen Durchschnitt.

Radioaktive Olympische Spiele

Olympische Baseball- und Softball-Wettkämpfe sollen in Fukushima City ausgetragen werden – 50 Kilometer vom Katastrophenort entfernt. Der olympische Fackellauf soll am 26. März 2020 in der Nähe der Atomruinen durch verstrahltes Gebiet führen.

Athlet*innen und Besucher*innen aus aller Welt, die sich nur kurz in Japan aufhalten, sind im Vergleich zu den Menschen, die immer dort wohnen, weniger gefährdet. Dennoch ist es nicht vertretbar,sie in Fukushima unnötig erhöhter Strahlung auszusetzen.

Wir fordern:
• Den Verzicht auf olympische Wettkämpfe und Fackellauf in den verstrahlten Gebieten. Die olympischen Spiele dürfen nicht politisch missbraucht werden.
• Solidarität mit der vom Super-GAU betroffenen japanischen Bevölkerung.
• Ausstieg aus der Atomenergie weltweit.
• Keine „Wiederbelebung“ der Atomenergie zur angeblichen Klimarettung. Atomkraftwerke sind nicht klimaneutral, und sie sind extrem gefährlich.

Die IPPNW hat die Kampagne „Tokyo 2020 – The Radioactive Olympics“ gestartet.

P.S.: Bitte unterzeichnen Sie zusätzlich auch unsere Petition „Keine olympischen Wettbewerbe in radioaktiv kontaminierten Regionen“: www.ippnw.de/bit/olympiapetition