Der Megadeal, mit dem die Großkonzerne E.ON und RWE den Energiemarkt unter sich aufteilen wollen, gerät immer mehr in die Kritik. Zahlreiche Energieversorger und andere Akteure der Energiewirtschaft bündeln ihren Protest in der Initiative #wirspielennichtmit.
„Der Deal macht aus Konkurrenten Komplizen, deren Marktmacht die Anbietervielfalt und Bürgernähe im Energiemarkt bedroht“, heißt es von den beteiligten Akteuren. Zu den ersten Mitgliedern der Initiative gehören die Energieversorger Bürgerwerke, Eins Energie in Sachsen, EWS Schönau, Greenpeace Energy eG, NATURSTROM und Polarstern sowie der Bund der Energieverbraucher, das Bündnis Bürgerenergie, der Grüner Strom Label e.V., der Landesverband Erneuerbare Energien NRW und der Verband UnternehmensGrün. Auch mehrere Bürgerenergie-Gesellschaften und bekannte Gesichter der Energieszene wie der Wissenschaftler Volker Quaschning sind Teil des Bündnisses.
In einer der größten Transaktionen der deutschen Wirtschaftsgeschichte hatten E.ON und RWE die damalige RWE-Tochter Innogy zerschlagen und Geschäftsaktivitäten so untereinander getauscht, dass die Großkonzerne nicht mehr im Wettbewerb zueinander stehen. E.ON hat das Endkundengeschäft und den Netzbetrieb von Innogy übernommen, RWE behielt das Erzeugungsgeschäft von Innogy und erhielt zusätzlich die Erzeugungs-Assets von E.ON sowie eine Beteiligung am früheren Konkurrenten. Diese liegt aktuell bei 15 Prozent. Damit sind RWE in der Stromerzeugung und im Stromgroßhandel und E.ON im Netzbetrieb und der Kundenbelieferung die marktbeherrschenden Akteure geworden.
Die Mitglieder der Initiative #wirspielennichtmit kritisieren nicht nur den Deal mit seinen potenziellen Auswirkungen auf den Wettbewerb, sondern auch die Art seines Zustandekommens: aufgeteilt in drei Einzelverfahren, die unabhängig voneinander bei der EU-Kommission und beim Bundeskartellamt verhandelt wurden. „Das Verfahren ist intransparent und wird selbst jetzt noch durch die EU-Kommission verschleppt“, bemängelt das Bündnis.
Der Hintergrund: Die beiden bei der EU anhängigen Teile des Deals wurden im Februar und September 2019 durch die Kommission genehmigt. Rechtliche Schritte gegen eine solche Genehmigung sind jedoch erst möglich, wenn die Kommission ihre Entscheidung offiziell begründet. Für den ersten Teil des Deals, die Übernahme der Erzeugungs-Assets durch RWE, geschah dies erst mit mehr als einjähriger Verzögerung. Für den zweiten Teil, die Übernahme des Versorgungs- und Netzgeschäfts der Innogy durch E.ON, fehlt eine Begründung bis heute. Man bemühe sich, sie bis zum Jahresende vorzulegen, heißt es aus Kreisen der EU-Kommission. Das wären dann fast eineinhalb Jahre nach der Freigabe! Wettbewerbern wird damit die Chance genommen, sich zur Wehr zu setzen – während die beiden Großkonzerne längst Fakten schaffen.
Und Gegenwehr ist zu erwarten. Zehn kommunale Versorger sowie die NATURSTROM AG klagen bereits vor dem EU-Gericht. Sie fechten die Freigabe des ersten Teils des Deals durch die EU-Kommission an. Auf deren Seite – und somit auf die der Großkonzerne – hatte sich unlängst die Bundesregierung geschlagen. Sie hat beim EU-Gericht einen sogenannten Streithilfeantrag gestellt. „Die Bundesregierung wird die klageabweisenden Anträge vollumfänglich unterstützen“, heißt es in dem Antrag.
Das beeindruckt die Akteure hinter #wirspielennichtmit nicht: „Der Deal zwischen E.ON und RWE hätte so nie genehmigt werden dürfen“, kritisieren die Mitglieder der Initiative. „Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher setzen wir uns dafür ein, dass die Vielfalt im Energiemarkt erhalten bleibt! Denn nur ein lebendiger Wettbewerb mittelständischer Kommunalversorger, unabhängiger Anbieter und innovativer Start-ups sichert die nötige Innovationskraft für die Energiewende und orientiert sich konsequent an den Kundenbedürfnissen. Die Bundesregierung muss ihre Bevorzugung großer Player beenden und sich endlich für die Bürgerenergie sowie die mittelständischen kommunalen und unabhängigen Versorger stark machen.“ Wer dies genauso sieht, kann es jetzt äußern. Die Initiative hat eine Petition eingerichtet, die sich an die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier richtet: weact.campact.de/p/wirspielennichtmit.