Was bedeutet das Atomwaffenverbot für Deutschland?
Durch das Inkrafttreten wird in Deutschland der Druck auf die Bundesregierung wachsen, sich tiefergehend mit dem Vertrag auseinanderzusetzen. Gegebenenfalls muss die Frage schon in den künftigen Koalitionsverhandlungen behandelt werden. Bereits jetzt werden in verschiedenen Parteien Anträge gestellt, damit der deutsche Beitritt in den Wahlprogrammen explizite Erwähnung findet.
Auch politisch hat das Inkrafttreten auf Deutschland Auswirkung.
Bisher ist Deutschland Mitglied aller multilateraler Abrüstungsverträge. Deutschland sieht sich als Verfechter der Menschenrechte, Abrüstung und Rüstungskontrolle. Insbesondere die humanitären Werte, die zur Verhandlung des AVV geführt haben, gestalten es äußerst schwierig, ein Fernbleiben vom Vertrag zu rechtfertigen.
Dauerhaft außerhalb eines UN-Vertrags mit dieser Reichweite zu bleiben, ist politisch nur schwer vermittelbar. Schon heute hat sich im Bundestag ein Parlamentskreis „Atomwaffenverbot“ konstituiert, in dem Abgeordnete aller demokratischen Parteien das Thema in halbjährlichen Treffen auf die Agenda setzen.
16 von 16 Landeshauptstädten fordern die Bundesregierung auf, den Verbotsvertrag beizutreten, insgesamt sogar über 100 deutsche Städte, darunter Berlin, München, Hamburg, Köln sowie vier Bundesländer, darunter Rheinland-Pfalz, wo die US-Atombomben gelagert werden. Knapp 170 Bundestagsabgeordnete haben sich dafür ausgesprochen; mit EU- und Landesparlamenten kommen wir auf 542 deutsche Abgeordnete.
In Anbetracht der öffentlichen Meinung – 92 Prozent der Deutschen unterstützen den deutschen Beitritt zum Atomwaffenverbot laut einer repräsentativen Umfrage von Kantar für Greenpeace im Juli 2020 – ist es letztlich eine Frage der Zeit, bis die politische Konstellation auf Bundesebene den AVV-Beitritt ermöglicht.
Sollte Deutschland beitreten, dürften deutsche Firmen und Banken nicht mehr an der Herstellung und Wartung von Atomwaffen und Trägersystemen arbeiten. Airbus dürfte Frankreich nicht mehr mit Raketen beliefern, ThyssenKrupp müsste Transparenz über die U-Boote für Israel schaffen, die möglicherweise für den Einsatz seegestützter Raketen ausgelegt sind. Finanzinstitute wie die Allianz, die größere Kredite u.a. an Aerojet Rocketdyne, BAE Systems und Boeing vergibt, müssten aus diesem Geschäft aussteigen.
Deutschland ist NATO-Mitglied und Lagerort für ca. 20 US-Atomwaffen. Im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ der NATO stellt Deutschland Trägerflugzeuge und Piloten für den Ernstfall des Atomwaffeneinsatzes zur Verfügung. Der Einsatz wird jedes Jahr bei der Militärübung „Steadfast Noon“ geübt.
Deutschland nimmt auch an der Einsatzplanung in der Nuklearen Planungsgruppe teil. Diese Aktivitäten wären mit einem Beitritt zum AVV untersagt. Deutschland müsste gemäß Artikel 4(4) erklären, wie das Land aus der nuklearen Teilhabe aussteigen wird, hierzu einen Zeitplan ausarbeiten und diesen umsetzen, gefolgt von internationaler Verifikation.
Dass Deutschland kraft der Stationierung von Atomwaffen besonderen Einfluss innerhalb der NATO ausübe, ist zweifelhaft, da die übrigen NATO-Mitglieder ohne stationierte Atomwaffen kaum Mitglieder zweiter Klasse sind. Sofern dieser besondere Einfluss Deutschlands besteht, wie zuweilen vorgetragen wird, hat er in den vergangenen Jahren kaum zum Erhalt der in Trümmern liegenden Rüstungskontrollverträge beigetragen.
Die USA behalten sich den Ersteinsatz von Atomwaffen explizit vor. Dies ist mit der Logik der nuklearen Abschreckung unvereinbar. Außerdem wird die Liste der Szenarien für Atomwaffen stetig erweitert und es werden besser einsetzbare „Mini-Nukes“ entwickelt. Dies alles deutet darauf hin, dass eine Debatte zur Nuklearstrategie innerhalb der NATO dringlich ist. Denn alle NATO-Staaten, auch Deutschland, tragen die Nuklearstrategie der USA implizit mit, wenn sie sich dazu nicht öffentlich äußern.
Wir können an Außenminister Heiko Maas schreiben!
ICAN-Partner IPPNW Deutschland hat eine Online-Aktion eingerichtet. Ein offener Brief an Bundesaußenminister Maas mit dem Titel „Das Atomwaffenverbot steht für Multilateralismus und Völkerrecht“. Damit fordern wir ihn auf, für den UN-Vertrag zum Atomwaffenverbot einzutreten und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland zu veranlassen. Bitte unterschreibe diesen Brief und schicke die Mail schon heute ab. Dann senden wir den Brief mit den gesammelten Unterschriften pünktlich an den Außenminister.
Alle 700 Mayors-for-Peace-Städte in Deutschland werden vor Weihnachten gebeten, sich am 22. Januar z.B. mit dem Hissen der Flagge und Pressestatements zu beteiligen. Wir könnten unseren OB Dr. Pascal Baden zu er gemeinsame Aktivität kontaktieren.
»Liste der Mayors for Peace in Deutschland
Wir könnten mit einer Plakataktion für den deutschen Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag werben.