Bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr

Bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr sind seit langem umstritten. Am 11. Mai 2020 startete das Verteidigungsministerum eine Anhörung zu dem Thema. Ministerin Kramp-Karrenbauer hatte sich im Dezember 2019 in Afghanistan dafür ausgesprochen.

 Der damalige Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber hatte Experten, Vertreter der Zivilgesellschaft und Mitglieder aller Bundestagsfraktionen zu einer Diskussion geladen. Dabei ging es um ethische und rechtliche Dimensionen bewaffneter Drohnen.

Der Hamburger Moraltheologe Bernhard Koch äußerte sich dabei zurückhaltend. „Es erschließt sich noch nicht, dass bewaffnete Drohnen tatsächlich den Schutz der Soldaten erhöhen“, sagte der Vize-Direktor des Instituts für Theologie und Frieden (ITHF). „Bewaffnen bedeutet zunächst: bekämpfen können. Das ist ein sehr ausgedehnter Schutzbegriff.“

Man dürfe den Soldaten nicht den Schutz versagen, sagte Koch. Aber Schutz gebe es nie genug. „Wenn man den Schutz der Soldaten erhöht, hat das Effekte an anderer Stelle, etwa beim Schutz der Zivilbevölkerung im Einsatzland.“ Die Frage sei, wieviel Berufsrisiko Soldaten in Kauf nehmen müssten.

Es sei kein Argument, dass auch andere Länder bewaffnete Drohnen besäßen, erklärte Koch weiter. Zu befürchten sei, dass immer weitere Aufrüstung dazu führen könne, „dass bei technisch unterlegenen Gegnern der Wille zur Selbstaufgabe im Kampfeinsatz und damit die Radikalität steigt“. Stattdessen sollte man sich um ein Abkommen zur Eindämmung dieser Waffensysteme bemühen.


Völkerrechtliche, verfassungsrechtliche und ethische Bewertung einer möglichen Bewaffnung ferngeführter, unbemannter Luftfahrzeuge der Bundeswehr – Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss am 5. Oktober 2020


Bundestagsdebatte zu Kampfdrohnen für die Bundeswehr am 17.12.204.322 Aufrufe  17.12.2020

Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen wollen eine Ausrüstung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen verhindern. Einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion (19/22369) hat der Bundestag am Donnerstag, 17. Dezember 2020, mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP gegen die Stimmen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses (19/25321) zugrunde. Ein von den Grünen vorgelegter Antrag (19/25293) wurde zur federführenden Beratung in den Verteidigungsausschuss überwiesen.

Position der einzelnen Parteien bzw. Bundestagsfraktionen

AfD-Bundestagsfraktion: Antrag vom 25.9.2019 Ja zur Beschaffung von bewaffneten Drohnen

FDP-Bundestagsfraktion Antrag vom  4.12.2019 Ja zur Anschaffung bewaffneter Drohnen

Bündnis 90_Die Grünen Bundestagsfraktion Antrag vom 15.12.2020 – Keine Beschaffung bewaffneter Drohnen

LINKE-Bundestagsfraktion  Antrag vom 17.12.2019 – keine Anschaffung, sondern  Ächtung bewaffneter Drohnen


Quelle: Telepolis

Bundestag soll Beschaffung von EU-Kampfdrohnen beschließen (Dezember 2020 Matthias Monroy)

Die Bundesregierung will 21 bewaffnungsfähige „Eurodrohnen“ bestellen, sie sollen ab 2028 in Schleswig-Holstein stationiert werden. Die Bewaffnung einer „Überbrückungslösung“ lehnte die SPD erst kürzlich ab. Anfang des Jahres 2021 will die Bundesregierung mit drei weiteren Regierungen den Vertrag zur Entwicklung einer „Eurodrohne“ unterzeichnen. Dies hatte das Verteidigungsministerium bereits im November 2020 angekündigt. Eine Airbus-Sprecherin hatte die Angaben auf einer Pressekonferenz bestätigt. Der Rüstungskonzern will die Endfertigung an seinem Standort im bayerischen Manching übernehmen, an dem Projekt sind außerdem die Firmen Dassault Aviation aus Frankreich und Leonardo aus Italien beteiligt. Als vierte Nation ist Spanien dem Projekt „Eurodrohne“ beigetreten.

25 Millionen-Vorlage für den Haushaltsausschuss

Zuständig für die jetzt anvisierte Entwicklungsphase ist die Gemeinsame Organisation für das Management großer Rüstungsvorhaben (OCCAR), die einige EU-Staaten mit Sitz in Bonn gegründet haben. Im Juni 2020 hatten die beteiligten Rüstungskonzerne ein Angebot zur Fertigung der „Eurodrohne“ vorgelegt. Im November 2020 hatte die OCCAR hierzu die Zustimmung der am Programm teilnehmenden Staaten mitgeteilt. Demnach seien die „notwendigen Vertragsbedingungen, Preise und Leistungen erfüllt“.

Jetzt wollen Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien den üblichen nationalen Beschaffungsprozess einleiten. In Deutschland muss darüber der Bundestag entscheiden, wozu der Haushaltsausschuss über eine sogenannte 25 Millionen-Vorlage beschließen muss. Diese wird vom Verteidigungsministerium erstellt und zunächst an das Finanzministerium weitergeleitet. Die vollumfänglichen Kosten für die deutschen Drohnen sind noch nicht bekannt, für 2021 hat das Verteidigungsministerium hierfür 232 Millionen Euro veranschlagt. Nach der formalen Vertragsunterzeichnung sollen zunächst 60 „Eurodrohnen“ für jene Staaten produziert werden, die das Programm begonnen haben. Das deutsche Verteidigungsministerium hat 21 Luftfahrzeuge bestellt. 15 weitere „Eurodrohnen“ sind für Italien vorgesehen, jeweils 12 werden an Spanien und Frankreich ausgeliefert.

In einer Definitionsstudie hatten die Staaten zunächst ihre Anforderungen an die „Eurodrohne“ festgelegt. Mit einem maximalen Startgewicht von etwa elf Tonnen soll sie 2,3 Tonnen Nutzlast transportieren können. Das Luftfahrzeug ist 16 Meter lang, die Flügelspannweite beträgt 26 Meter. Damit gehört die „Eurodrohne“ zu den größten unbemannten Luftfahrzeugen, die weltweit gebaut werden. Der Antrieb erfolgt mit zwei Propeller-Triebwerken, deren Hersteller aber noch unbekannt ist. Im Gespräch ist auch ein Bieter aus den USA.

Die „Eurodrohne“ soll bewaffnet werden können, als Munition nennt das Verteidigungsministerium Lenkraketen und -bomben aus Großbritannien oder den USA. In ihrer unbewaffneten Version kann sie entweder Abhörtechnik transportieren, wie sie ursprünglich im Projekt „Euro Hawk“ anvisiert war. Möglich ist auch die Ausrüstung mit optischen und radarbasierten Sensoren zur Beobachtung von Aktivitäten am Boden. Die „Eurodrohne“ verfügt über eine sogenannte „Remote-Split-Fähigkeit“ und kann auf diese Weise mithilfe einer Relaisstation von weit entfernten Bodenstationen gesteuert werden.

Für eine bewaffnete „europäische Drohne“ hatte sich ab 2012 hat der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) stark gemacht (Wir.Drohnen.Deutschland). 2013 warb Airbus unter dem Namen FEMALE („Future European MALE“) für das Projekt. Rückendeckung erhielten die schon damals als Hauptauftragnehmer feststehenden drei Rüstungskonzerne auch von Ursula von der Leyen (CDU), die das Amt der Verteidigungsministerin Ende 2013 übernahm. Im Sommer 2014 bekräftigte die Ministerin ihre „Überzeugung, dass wir in die Entwicklung einer europäischen bewaffnungsfähigen Drohne einsteigen müssen“.

Airbus plant den Erstflug der Drohne für 2025, die ersten Auslieferungen könnten dann im Jahr 2028 erfolgen. Die Bundeswehr will ihre „Eurodrohnen“ auf dem Luftwaffenstützpunkt Jagel in Schleswig-Holstein stationieren. Weitere Regierungen könnten zu dem Programm hinzustoßen. Nachdem die Europäische Kommission mit ihrer neuen Präsidentin von der Leyen über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit eine „Anschubfinanzierung“ von 100 Millionen Euro für die Entwicklung bereitstellte, hat auch die Tschechische Republik Interesse an der „Eurodrohne“ signalisiert. Als „Beobachter“ gelten die Länder Portugal, Belgien, Finnland, Ungarn, Niederlande und Polen.

SPD auf dem Schleudersitz

Bis zur Auslieferung der „Eurodrohne“ fliegt die Bundeswehr eine unbewaffnete „Überbrückungslösung“ aus Israel. Das ebenfalls aus Israel stammende Nachfolgemodell soll nach dem Willen des Verteidigungsministeriums bewaffnet werden. Auf Bitten des ehemaligen verteidigungspolitischen Sprechers der SPD, Fritz Felgentreu und mit Billigung des Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich ließ die Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im November 2020 eine Beschlussvorlage für den Haushaltsausschuss erstellen.

Daraufhin hatten sich die SPD-Basis und Abgeordnete aus verschiedenen Parlamenten mit einem offenen Brief, einer Resolution sowie Abstimmungen auf den Landesparteitagen in Baden-Württemberg und Berlin gegen die Pläne positioniert.

Die kritischen Stimmen wurden dabei von zwei früheren Angehörigen des US-Drohnenprogramms unterstützt, die einen Brief an die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten verfasst hatten. Zuletzt meldete sich der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans zu Wort, der die bisherige Debatte über Kampfdrohnen „nicht für ausreichend“ hält.

Der Bundesfinanzminister hat daraufhin entschieden, die Vorlage zur Bewaffnung der „Überbrückungslösung“ vorerst nicht an den Bundestag weiterzuleiten. (Matthias Monroy)


Quelle: Website Augen geradeaus!

DroneWatch: Streit um bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr – Der Sammler zum Jahresende

 

Der Streit innerhalb der Regierungskoalition um die Bewaffnung für Drohnen der Bundeswehr ist in diesem Jahr in zuvor so nicht erwarteter Schärfe neu ausgebrochen – und er wird mit ziemlicher Sicherheit auch im neuen Jahr weitergehen. Die überraschende Weigerung der SPD, eine Beschaffungsentscheidung nicht mitzutragen und nach mehrjähriger Debatte weitere Diskussionen zu verlangen, ist ja voraussichtlich bis zur Bundestagswahl im September nicht vom Tisch. Deshalb zum Jahresende eine Materialsammlung zu diesem Thema:

Aktueller Anlass (außer dem Jahresende): In einem Interview mit n-tv am (heutigen) 30. Dezember reagiert Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer auf eine Forderung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich zum Thema bewaffnete Drohnen – und dieser Austausch per Fernschach, über jeweilige Interviewäußerungen, macht sehr schön deutlich, wie die beiden Koalitionspartner aneinander vorbeireden.

In einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, veröffentlicht am 28. Dezember (Link aus bekannten Gründen nicht), antwortet der SPD-Fraktionschef auf die Frage Sie wollen einen Rüstungskontrollvertrag für Drohnen? mit den Worten:

Ich will zumindest internationale Gespräche darüber, ob Rüstungskontrolle für Drohnen auf Ebene der Vereinten Nationen oder der Nato-Staaten möglich ist. Leider hat die Verteidigungsministerin es versäumt, das Thema in der Nato anzusprechen. Ich fordere sie auf, das jetzt zu tun.

Dazu die Ministerin im n-tv-Interview:

Die Bundesregierung bereitet eine Initiative für internationale Einsatzprinzipien auf der Grundlage des Völkerrechts für bewaffnete Drohnen vor. Das Auswärtige Amt ist federführend und arbeitet bereits daran. Wir haben das schon im Juli mit dem Bericht zur Debatte und den Einsatzgrundsätzen festgelegt. Insofern fordert der SPD-Fraktionsvorsitzende etwas, was schon in Vorbereitung ist.

Und in der Tat, das ist in der öffentlichen Debatte schlicht untergegangen – selbst die Kritiker bewaffneter Drohnen haben offensichtlich den Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung an den Deutschen Bundestag zur Debatte über eine mögliche Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehrvom 3. Juli dieses Jahres nicht gelesen:

Darüber hinaus strebt die Bundesregierung auch im internationalen Rahmen verbindliche Regeln für den Einsatz bewaffneter Drohnen an. Hierzu bereitet die Bundesregierung eine Initiative für internationale Einsatzprinzipien vor. Ausgehend von den völkerrechtlichen Bestimmungen wird ein Katalog von Einsatzprinzipien, wie z.B. die Begrenzung auf legitime Ziele, die Festlegung zulässiger Einsatzgebiete und die Sicherstellung ausreichender menschlicher Kontrolle abgeleitet, die durch die Unterzeichnerstaaten als für die nationale Einsatzpraxis verbindlich anerkannt werden.

Dass Kramp-Karrenbauer ein wenig süffisant darauf verweisen kann, dass diese Bemühungen für Rüstungskontrolle bereits Beschlusslage sind und dass der dafür zuständige Minister der SPD angehört, ist allerdings vermutlich ebenso richtig wie folgenlos für den Schlagabtausch der beiden Noch-Koalitionspartner. Und auch die Ministerin, noch CDU-Vorsitzende, hatte ja zuvor schon die Wahlkampfkeule rausgeholt, im Interview mit der Welt am Sonntag, ebenfalls am 28. Dezember:

Die SPD macht zum zweiten Mal einen Rückzieher bei der Anschaffung von bewaffneten Drohnen zum Schutz der Bundeswehr im Einsatz. Die Soldatinnen und Soldaten können sich augenscheinlich nicht auf die SPD verlassen.

Das Narrativ von den Sozialdemokraten als vaterlandslose Gesellen ist nicht neu, und natürlich weiß auch die Ministerin, dass der Aufwuchs des Verteidigungshaushaltes in den vergangenen Jahren und die – mit Ausnahme eben der Drohnenbewaffnung – weitgehend problemlose Zustimmung des Bundestages zu den diversen Rüstungsprojekten der jüngsten Zeit ohne die SPD nicht möglich gewesen wäre.

Nun scheinen aber beide Seiten bereits im Wahlkampfmodus für die Bundestagswahl im kommenden Jahr, und es ist müßig, darüber zu streiten, wer daran die Schuld trägt. Für die Bewaffnung unbemannter Systeme dürfte entscheidend das Wort des SPD-Co-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans gelten, zuletzt im Interview mit der Rheinischen Post (Link aus bekannten Gründen nicht) am 28. Dezember:

Ich gehe davon aus, dass über diese Frage in dieser Legislaturperiode nicht mehr entschieden wird. (…) Es gibt auch Stimmen, die sagen, die ständige Bedrohung durch bewaffnete Drohnen heize Konfliktparteien erst auf und mache Situationen erst recht gefährlich. Ich bin für Ausrüstung und nicht für Aufrüstung.

Im vorangegangenen Thread zu diesem Thema hat ein Leser (vielen Dank!) eine umfangreiche Linkliste zur gesellschaftlichen Debatte über dieses Thema zusammengetragen.

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-bewaffnete-drohnen-fuer-die-bundeswehr-100.html
https://www.evangelische-friedensarbeit.de/artikel/2020/offener-brief-bremer-pastoren-gegen-bewaffnete-bundeswehr-drohnen
https://www.ekd.de/news_2014_07_02_kampfdrohnen_abgelehnt.htm
https://www.welt-sichten.org/artikel/37976/kampfdrohne-ein-beitrag-zur-eskalation
https://www.evangelische-friedensarbeit.de/artikel/2020/westfaelische-kirche-bundeswehr-soll-auf-kampfdrohnen-verzichten
https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++313cf3f8-3e16-11eb-aa07-001a4a16012a
https://koeln-bonn.dgb.de/themen/++co++1720f318-5811-11e8-a19d-52540088cada
https://www.gew-berlin.de/aktuelles-beschluesse/detailseite-beschluesse/neuigkeiten/keine-kampfdrohnen/
https://parteitag.spd.berlin/cvtx_antrag/militaerische-drohnen-einschraenken-bewaffnete-drohnen-aechten-2/
https://www.spd-bonn.de/meldungen/internationale-aechtung-von-bewaffneten-drohnen/
https://www.spd-rz.de/2020/12/22/gefaehrdung-von-soldatinnen-und-soldaten-durch-bewaffnete-drohnen-wird-verkannt/
https://spd-nottuln.de/keine-bewaffneten-drohnen-mail-an-den-fraktionsvorsitzenden-im-bundestag/

Das sieht schon sehr nach breiter Debatte aus, auf verschiedenen Ebenen. Was einen fast zu der Vermutung verleiten könnte, dass es nicht mehr um die Debatte geht – sondern um die Hoheit darüber, wann die Entscheidung fällt.

Aber noch genug Debatte im neuen Jahr. Allerdings auf, ich muss das mal so sagen, deutschem Insel-Niveau: Wesentliches Argument der Befürworter ist der Schutz deutscher Soldaten insbesondere in Auslandsmissionen. Wesentliches Argument der Gegner ist die Art, wie vor allem die USA unbemannte Systeme einsetzen – dann auch mit der Begründung, diese Art des Einsatzes gefährde eben die Soldaten.

Das mag zwar ehrenwert sein, aber inzwischen weitab der Realität. Ein Blick auf die Konflikte dieses Jahres reicht, um zu erkennen: Da muss über ganz andere Entwicklungen gesprochen werden. Zum Beispiel über den Einsatz von (Kampf)Drohnen in einem Krieg. Nicht über fünf bewaffnete unbemannte Segelflieger n Stabilisierungsmissionen.


Quelle: Website Augen geradeaus!

Dokumentation: Die Drohnen-Kommission der SPD (m. Nachtrag)

Nach der überraschenden Entscheidung der Sozialdemokraten im vergangenen Jahr, der Beschaffung von Bewaffnung für die Drohnen der Bundeswehr vorerst nicht zuzustimmen, soll sich eine Kommission der Partei mit der weiteren Debatte über unbemannte bewaffnete Systeme befassen. Entgegen ersten Meldungen werden diesem Gremium auch ehemalige und aktive Soldaten angehören.

Die Einsetzung dieser Kommission hatte der Co-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, am vergangenen Wochenende bei den Petersberger Gesprächen angekündigt. Öffentlich gemacht hat die SPD die Zusammensetzung bislang nicht. Nach Informationen von Augen geradeaus! wird das Gremium von der früheren Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin geleitet, weitere Mitglieder sind (in alphabetischer Reihenfolge):

  • MdB Gabriela Heinrich, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion
  • Florian Kling, Oberbürgermeister von Calw, Hauptmann der Reserve, ehemaliger Vorsitzender des Darmstädter Signals
  • MdB Daniela Kolbe, ehemalige Vorstieznde der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz
  • MdB Siemtje Möller, verteidigungspolitische Sprecherin der Fraktion
  • der Politikwissenschaftler Max Mutschler vom Bonn International Center for Conversion (BICC)
  • MdB Nina Scheer, Mitglied der SPD-Grundwertekommission
  • MdB Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der Fraktion
  • Gesine Schwan, die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission
  • Hauptmann Andreas Steinmetz, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes und Luftwaffenoffizier
  • MdB Gabi Weber, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion
  • Andreas Wittkowsky, Projektleiter Frieden und Sicherheit beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF)
  • der Völkerrechtler Andreas Zimmermann, Professor an der Universität Potsdam

Der Co-Parteivorsitzende Walter-Borjans hatte im Dezember 2020 kurz vor der erwarteten Entscheidung im Bundestags-Haushaltsausschuss über die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr das Verfahren gestoppt. Als Grund hatte er die aus Sicht der Sozialdemokraten nicht ausreichend geführte ethische und gesellschaftliche Debatte über diese Systeme genannt.

Bislang hat die Partei keine Einzelheiten zum genaueren Aufgabenkatalog und zum Zeitplan der Kommission veröffentlicht.

Nachtrag: Am Rande der Petersberger Gespräche hatte Walter-Borjans via Twitter angekündigt, dass seine Aussagen bei dieser Konferenz schriftlich nachgeliefert würden – das ist wohl inzwischen passiert, wenn auch auf der Partei-Webseite bislang (Stand 16. März abends) weder diese Aussagen noch der Beschluss und die Zusammensetzung der Kommission veröffentlicht wurden. Deshalb hier, ebenfalls zur Dokumentation, die Aussagen des Co-Parteivorsitzenden zum Thema Drohnen aus der internen schriftlichen Zusammenfassung seiner Rede:

• Die Bundeswehr muss sich aber auch darauf verlassen können, dass die Politik sicherheits- und verteidigungspolitische Entwicklungen verantwortungsvoll diskutiert und begleitet. Viel schlimmer fände ich es, wenn solche Debatten gar nicht geführt würden, als ob die Welt stillstünde. Das tut sie nicht.

• Daher scheuen wir auch keine Debatten. Wo wäre Deutschland und Europa, wenn Willy Brandt nicht den Mut zu einer neuen Ostpolitik gehabt hätte? Wo wären wir, wenn Helmut Schmidt zusammen mit Giscard d’Estaing die weltwirtschaftlichen Verwerfungen und die Auswüchse des globalen Kapitalismus nicht mit mehr Europa begegnet hätten? Wo wären wir, wenn Gerd Schröder nicht „Nein“ zum Irakkrieg gesagt hätte?

• Damals wie heute kommt die Kritik an solche Debatten immer aus der gleichen Ecke. Wenig überraschend. Mein Appell wäre daher mehr Gelassenheit aller und die Bereitschaft, Bestehendes zu hinterfragen und Debatten gewissenhaft zu führen. Das gilt auch bei der Frage nach der Bewaffnung von Drohnen.

• Bewaffnung von Drohnen

• Die Bewaffnung von Drohnen ist eine neue Entwicklungsstufe von Waffensystemen für die Bundeswehr. Eine Entscheidung bedarf einer sorgfältigen gesellschaftlichen wie auch politischen Debatte. Das haben die drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD so auch im Koalitionsvertrag beschlossen.

• Der massive Einsatz von bewaffneten Drohnen als Angriffswaffen im Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien und im Libyen-Konflikt wirft zudem neue Fragen auf, die in einer umfassenden Debatte zu berücksichtigen sind. Ich werbe sehr dafür, die Vertreter einer Bewaffnung mit enger parlamentarischer Kontrolle genauso zu respektieren wie die Bedenken, Sorgen und Ängste vieler Menschen im Land. Es geht hier nicht um Expertise und Pragmatismus versus Naivität und Ideologie, sondern um ein ernsthaftes Bemühen aller.

• Die SPD nimmt ihre sicherheits- wie auch friedenspolitische Verantwortung ernst und wird ihren Beitrag zur umfänglichen und sorgfältigen Diskussion leisten. Der SPD-Parteivorstand wird am kommenden Montag (15.03.) eine Projektgruppe zur Frage der Bewaffnung von Drohnen einsetzen.

• Die Projektgruppe hat den Auftrag, die Frage einer möglichen Bewaffnung von Drohnen unter der sorgfältigen Würdigung außen-, verteidigungs-, rüstungskontroll- und friedenspolitischer sowie völker- und verfassungsrechtlicher sowie ethischer Aspekte zu erörtern. Die Sicht von Soldatinnen und Soldaten wie auch die Bedeutung Künstlicher Intelligenz für neue Waffensysteme sind wichtiger Bestandteil der Diskussion. Dabei freue ich mich besonders, dass Hauptmann Steinmetz die Argumente der Soldatinnen und Soldaten einbringen wird.

• Die Projektgruppe soll bis Spätsommer/Herbst Abschlussbericht vorlegen. SPD wird noch in diesem Jahr entscheiden.

Weitere Infos:

Der Mythos von Kampfdrohnen als Schutz für Soldaten

14. Außenpolitische Jahrestagung der Heinrich-Böll-Stiftung 2013: Herausforderungen für Frieden und Sicherheit in Zeiten von Drohnen, Robotern und digitaler Kriegführung

IPPNW Drohnenreport 2019

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Krieg im Jemen – Initiative: Stop War in Jemen