Bewegendes Schuldbekenntnis: „Wir haben sie über Jahrhunderte diskriminiert“

Quelle: Website queer.de

Bewegendes Schuldbekenntnis

„Wir haben sie über Jahrhunderte diskriminiert“

Die evangelische Kirche habe das Leben von Lesben und Schwulen an vielen Stellen „zerstört, seelisch und körperlich“, sagte Berlins Landesbischof Christian Stäblein zu Beginn der Frühjahrssynode.


Bischof Christian Stäblein am 1. September 2020 beim Gottesdienst zur Rehabilitierung des schwulen Pfarrers Friedrich Klein in der Berliner Immanuel-Kirche (Bild: EKBO)

Der evangelische Landesbischof Christian Stäblein fordert eine kritische Aufarbeitung der Ausgrenzung von Lesben und Schwulen in seiner Kirche. „Wir haben uns schuldig gemacht an gleichgeschlechtlich Liebenden“, sagte er am Freitag in seinem „Wort des Bischofs“ zu Beginn der Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) in Berlin. „Wir haben sie über Jahrhunderte diskriminiert, abgewiesen, in Nischen und ins Abseits gedrängt, aus der Öffentlichkeit und von Ämtern ferngehalten, an vielen Stellen ihr Leben zerstört, seelisch und körperlich.“

Er selbst spüre „Schuld über mein eigenes früheres Reden“, sagte Stäblein. Statt eine Bitte um Entschuldigung auszusprechen, gelobte er Reue und Veränderung. Wörtlich sagte der Bischof: „Wir bitten – ja was: um Vergebung? Da wäre ich nicht zu schnell zu vollmundig. Wir gehen in die Worte der Buße und suchen den Weg der Umkehr und Erneuerung.“

Stäblein: „Reformation heißt Umkehr“

In seinem „Wort des Bischofs“ hob Stäblein auch hervor, „wie viel sich auch verändert hat, wie viel wir gelernt und getan haben“. So sei die EKBO eine der ersten Landeskirchen, die lesbische und schwule Paare getraut habe, zudem gebe es an der Zionskirche eine Anlaufstelle für Betroffene von Diskriminierung. „Wichtig das“, so der Landesbischof. Buße und Erneuerung müsse konkret sein. „Nie geht es darum, irgendetwas gegen die Schuld aufzurechnen. Reformation heißt Umkehr, heißt Abkehr von der Vorstellung, wir würden uns als Kirche am liebsten selbst erhalten.“

Bereits im vergangenen Jahr hatte Stäblein mit einem historischen Gedenk-Gottesdienst ein Zeichen gegen Queerfeindlichkeit gesetzt: Am 1. September 2020 wurde der im Nationalsozialismus verfolgte und deshalb 1942 entlassene schwule Pfarrer Friedrich Klein rehabilitiert (queer.de berichtete). „Wir, die Kirche, haben als Institution an diesem Punkt versagt“, sagte Stäblein damals in seiner Predigt. „Wir sind Menschen Anerkennung, Recht, ja Liebe schuldig geblieben, wir haben uns schuldig gemacht.“

In diesem Sommer, versprach der Bischof am Freitag, soll dieses Bußwort „erneuert und laut gemacht“ werden. (cw)