Corona-Krise: Keine Rückkehr zur „Normalität“ des Kapitalismus! Beitrag des Wissenschaftlichen Beirats von Attac

Corona-Krise: Keine Rückkehr zur „Normalität“ des Kapitalismus!

Ein Beitrag aus dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac

Die Corona-Epidemie ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe, sondern die größte Erschütterung des Kapitalismus seit der Weltwirtschaftskrise 1929 und deren Folgen.

Während im globalen Süden die Menschen schon lange mit Chaos, Kontrollverlust und Ausnahmezustand konfrontiert sind, trifft es nun auch die reichenLänder. Begleitete der Westen den Ausbruch der Seuche in China noch mit dünkelhafter Süffisanzund Ignoranz, so konfrontiert sie ihn jetzt selbst mit ungekannter Verwundbarkeit, ja Ohnmacht.

Bereits vor Corona hatte ein ganzes Krisenbündel die Welt im Griff: Klima- und Umweltkatastrophe, Militarisierung und wachsende Kriegsgefahr, Aufstieg rechter Kräfte, die Spaltung in arm und reich und all den anderenVerwüstungen der neoliberalen Globalisierung. Besonders deutlich sichtbar waren die Folgen von Austerität und Privatisierung der Daseinsfürsorge im Gesundheitswesen.

Wie bankrott der neoliberale Kapitalismus ist, zeigt sich daran, dass im Krisenmanagement reihenweise dieDogmen fallen. Die Schwarze Null ist tot. Geld spielt keine Rolle. Jetzt wird für Rettungspakete eine Billion nach der anderen locker gemacht.Die Zentralbanken haben die Schleusen unbegrenzt geöffnet.Was gestern noch Teufelszeug war wie Verstaatlichungen oder die Rückverlagerung von Wirtschaftszweigen in nationale Souveränität wird zur Notwendigkeit und findet selbstverständliche Akzeptanz.

Das eröffnet Chancen, nicht nur in Kategorien kurzfristigen Krisenmanagements zu denken, sondern die großen gesellschaftlichen Probleme, die Zukunftsfragenund die großen Alternativen zu thematisieren.

Das ganze Ausmaß des Desasters ist noch nicht absehbar. Aber Schlimmes steht wahrscheinlich noch bevor. In Indien, Brasilien und in afrikanischen Ländern könnte die Seuche apokalyptische Ausmaße annehmen.Sie kommt nun auf die bereits bestehenden Krisenzusammenhänge oben drauf und verschärft sie noch einmal um Größenordnungen.

Die Märkte reagieren irrational: für die Reproduktion notwendige Betriebe werden zerstört, an den Börsen können gleichzeitig die Aktienwerte steigen. Die Pandemie absorbiert die Problemlösungsfähigkeit der Politik auf allen Ebenen, von der Kommune bis zur UNO, und bindet Ressourcen und kostbare Zeit, die an anderer Stelle fehlen.

Die gesellschaftliche Linke, darunter Attac, steht vor der Aufgabe, sowohl für das Krisenmanagement kurzfristige Eingriffsmöglichkeiten zu finden, als auch zukunftsfähige Perspektiven für die Zeit nach der Seuche zu entwickeln.

Für die Herrschenden gilt schon jetzt die Devise: die Dinge müssen sich ändern, damit es beim Alten bleibt. Stattdessen muss emanzipatorische Politik dafür kämpfen, dass es keine Rückkehr mehr zur neoliberalen „Normalität“ des status quo ante gibt.

Der ganze Text kann hier gelesen werden:  Attac Wissenschaftlicher Beirat zur Corona_Krise April 2020


Attac-Kampagne: Gesundheit ist keine Ware!

Sehr geehrte Unterstützerin, sehr geehrter Unterstützer von attac,

die Corona-Pandemie betrifft uns nicht nur alle auf die eine oder andere Weise. Sie macht auch die Konstruktionsfehler unserer kapitalistischen globalisierten Wirtschaft noch sichtbarer als sonst: Die Märkte, die angeblich alles zum Guten regeln, ver­sa­gen. Die an Wachstum und Gewinn gebundene, exportorientierte Wirtschafts- und Handelspolitik droht zusammenzubrechen. Und der profitorientierte Umbau des Ge­sund­heits­sys­tems fällt uns (nicht erst) jetzt auf die Füße. „Gesundheit ist keine Ware!“ war das Motto einer der ersten Kampagnen von Attac im Juni 2002; wie aktuell sie noch ist, wird derzeit offensichtlich. Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das sich am Gemeinwohl orientiert – unterstütze deshalb das Attac-Engagement dafür unter www.attac.de/gesundheit-ist-keine-ware!

Im Finanzierungssystem über Fallpauschalen gibt es keine Anreize, Be­hand­lungs­kapa­zitä­ten vorzuhalten, um unvorhersehbaren Krisensituationen gerecht werden zu können, denn bezahlt werden nur erbrachte Leistungen, nicht aber eventuelle Kata­stro­phen wie Pandemien. Nicht mehr die Bedürfnisse der Patient*innen stehen im Mittelpunkt des Behandlungsprozesses, sondern der betriebswirtschaftliche Gewinn, der mit jeder einzelnen Erkrankung erzielt werden kann; durch die Einsparungen zur Profitmaximierung fehlen heute unter anderem rund 50.000 Pfleger*innen.

Dabei haben Krankenhäuser im Rahmen der Daseinsvorsorge neben der alltäglichen stationären Krankenversorgung genau diese Aufgabe: Sie sind die entscheidenden Einrichtungen unseres Gesundheitswesens, die Betroffenen im Katastrophenfall helfen sollen – auch das ist ein Zeichen der Solidarität, dass wir als Gesellschaft in solchen Ausnahmesituationen Verantwortung übernehmen für die Leidtragenden. Mit Krankenhäusern als gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen ist diese Solidarität nicht einlösbar. Deshalb engagieren wir uns für die Abschaffung der Fallpauschalen und für ein Gesundheitssystem für Menschen, nicht für Profite!

Fast alle sind von der Corona-Krise in unterschiedlichem Maß betroffen. Viele treiben jetzt auch existenzielle Sorgen um, und wir wissen, dass es deshalb derzeit auch schwieriger ist, zu spenden.

Ein Patient ist keine Ware, ein Krankenhaus kein Unternehmen! Dafür engagieren wir uns nicht nur in dieser Gesundheitskrise – unterstütze uns deshalb – falls möglich – unter www.attac.de/gesundheit-ist-keine-ware!

Pläne des Robert-Koch-Instituts aus 2012 gegen Pandemie: Plötzlich real

Quelle: taz vom 7.4.20 – Autor: Daniel Godeck

Pläne aus 2012 gegen Pandemie: Plötzlich real

Zu wenig Klinikbetten, ein Engpass an Ausrüstung – 2012 haben Behörden das Szenario einer Viruspandemie durchgespielt. Es passierte – wenig.

BERLIN taz | Das Szenario ist düster: Ein neuartiges Virus breitet sich über den gesamten Erdball aus. Auch in Deutschland infizieren sich Millionen Menschen. „Die Symptome sind Fieber und trockener Husten, die Mehrzahl der Patienten hat Atemnot.“ Einen Impfstoff gibt es nicht. Die Zahl der Erkrankten übersteigt die Bettenanzahl in den Kliniken „um ein Vielfaches“. Die Folge: „Die medizinische Versorgung bricht bundesweit zusammen.“

So steht es in der Risikoanalyse für eine Viruspandemie, die Behörden unter Federführung des Robert Koch-Instituts (RKI) bereits im Jahr 2012 im Auftrag der Bundesregierung erstellt haben. Bis vor Kurzem hätte wohl jeder Leser des Berichts ein solches Szenario als eher unrealistisch abgetan.

Doch heute, in Zeiten der Covid-19 Pandemie, erscheint die Anfang 2013 erschienene Bundestagsdrucksache 17/12051 fast wie ein Blick in die Kristallkugel. Wobei die seinerzeit durchgespielte fiktive SARS-Pandemie in ihren Auswirkungen deutlich extremer ausfällt als die tatsächlich grassierende Corona-Pandemie.

Gleichwohl machte die Risikoanalyse zwei Schwachstellen im Gesundheitssystem aus, die einem in Zeiten von Corona sofort bekannt vorkommen. Einmal der befürchtete Mangel an Klinikbetten: „Der aktuellen Kapazität von 500.000 Krankenhausbetten stehen im betrachteten Zeitraum mehr als vier Millionen Erkrankte gegenüber, die im Krankenhaus behandelt werden müssten“, heißt es im Bericht. Außerdem wird vor einem Engpass an Medikamenten, Desinfektionsmittel und Schutzausrüstung gewarnt.

Ein „Maximalszenario“, keine bindende Wirkung

Gefolgt ist aus der Feststellung von 2012, dass Betten und Ausrüstung fehlen, offenkundig wenig.

Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft haben die knapp 2.000 Kliniken hierzulande heute rund 500.000 Betten –ebenso viele wie 2012 also. Auch an Schutzausrüstung wie Atemmasken fehlt es.

Stellt sich die Frage: Wurden etwa gar keine Konsequenzen aus dem Bericht gezogen? Zumindest vom Bund scheint damals keine große Reaktion ausgegangen zu sein.

Ein erster Grund dafür, liegt in der nicht-verbindlichen Natur des Berichts. Das RKI spricht von einem „Maximalszenario (…) um das theoretisch denkbare Schadensausmaß einer Mensch-zu-Mensch übertragbaren Erkrankung mit einem hochvirulenten Erreger zu illustrieren.“ Eine eins-zu-eins-Umsetzung des Berichts war also schlicht nicht vorgesehen.

Der andere – und vermutlich gewichtigere Grund dafür, dass der Bericht keine praktischen Folgen nach sich zog, findet sich im föderalen System des deutschen Staates. Es war zwar der Bund, der die Risikoanalyse erstellt hat – über mögliche Reaktionen auf den Bericht bestimmen aber die Länder, etwa was den Katastrophenschutz betrifft. Für die Vorbereitung auf mögliche Katastrophen sind in Friedenszeiten allein die Bundesländer zuständig, der Bund kann dagegen laut Grundgesetz hier nur im „Spannungs- und Verteidigungsfall“ eingreifen. Bemühungen, dem Bund mehr Kompetenzen beim Bevölkerungsschutz zu übertragen, scheiterten bislang am Veto der Länder.

„Definitiv zu wenig passiert“

Aber ist damals wirklich nichts geschehen? Im Idealfall wäre es wohl so gelaufen: Nach Vorliegen des Berichts hätten die Länder ihre eigenen Pandemiepläne so angepasst, dass Schwachstellen beseitigt werden. Eine Nachfrage der taz bei mehreren Ländern, ob damals Konsequenzen aus dem Bericht gezogen wurden, bringt wenig Aufschluss.

Doch der Blick in die ländereigenen Pandemiepläne lässt tief blicken. Niedersachsens Influenza-Pandemieplan ist beispielsweise auf dem Stand von Oktober 2006. Auch in anderen Ländern fehlen – ebenso wie im Nationalen Pandemieplan (immerhin zuletzt 2017 aktualisiert) – klare Vorgaben nach dem Motto: So und so viele Schutzmasken sind in jeder Arztpraxis zu bevorraten.

Konstantin von Notz, Innenpolitiker der der Grünen im Bundestag, fordert daher Konsequenzen für den Bevölkerungsschutz. Seit der Analyse sei „definitiv zu wenig“ passiert, sagt er der taz. „Sicherlich hat das föderale System seine Berechtigung, beim Katastrophenschutz stoßen wir aber immer wieder an Grenzen“, beklagt er. Er fordert eine klarere Zuständigkeiten, um „Dinge einheitlich umzusetzen“.

Den schwarzen Peter allein den Ländern zuzuschieben, greift wohl dennoch zu kurz. So gibt es einen Passus im Infektionsschutzgesetz des Bundes, wonach dieser dann doch durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, die Vorsorge der Gesundheitsversorgung im Fall einer Pandemie zu regeln.

RKI-Chef unterschätzte Corona-Gefahr

So oder so wurde die Sache unterschätzt. „Pandemie- und Notfallpläne dürfen mittelfristig nicht in der Schublade verstauben“, beklagt Linken-Gesundheitspolitiker Achim Kessler. Sie müssten anhand wissenschaftlicher Kriterien erprobt und angepasst werden, worunter auch die beständige Aktualisierung der Lagerbestände von Schutzausrüstung falle. „All dies haben die Bundesregierung und die Länder versäumt“, beklagt er.

Tatsächlich hätte sich wohl kaum ein Politiker, ob in Bund oder Land, eine Pandemie wie Corona wirklich vorstellen können. Anfang 2013 waren die Eurokrise oder Pferdefleisch in Tiefkühllasagne bestimmende Themen. Für Pandemievorsorge war da wenig Platz.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zuletzt selbst Fehler eingeräumt: „Wir haben auch gute Pandemie-Pläne. Aber wir haben sie nicht genug geübt.“ Und sogar RKI-Chef Lothar Wieler lag falsch, als er noch im Januar prognostizierte, dass sich das Virus „nicht sehr“ stark auf der Welt ausbreiten würde. Ein großer Irrtum.

Immerhin: Die Süddeutsche Zeitung berichtete kürzlich von einem „erstaunlich selbstkritischen Blick“ im Krisenstab der Bundesregierung – inklusive der Einsicht, dass der Gegenwert „auch nur eines Panzers“ besser in genügend Schutzkleidung investiert worden wäre

Marktlogik und Katastrophenmedizin

Quelle: Le Monde diplomatique (Deutsche Ausgabe) vom 09.04.2020, Renaud Lambert und Pierre Rimbert

Marktlogik und Katastrophenmedizin

Die Austeritätspolitik der letzten Jahrzehnte hat uns Krankenhäuser beschert, in denen Ärzte heute wie im Krieg entscheiden müssen, wer leben darf und wer sterben muss. Doch in der Corona-Pandemie schwindet die Macht der Marktideologen. Nur kollektiv und staatlich koordiniertes Handeln kann einen Ausweg bieten.

Bei einem Zaubertrick besteht die Kunst darin, die Aufmerksamkeit des Publikums abzulenken, damit es nicht merkt, was tatsächlich vor seinen Augen geschieht. Bei der Corona-Epidemie liegt die Magie in einem Diagramm mit zwei Kurven, das auf Fernsehkanälen in der ganzen Welt zu sehen ist. Die x-Achse gibt die Zeit an, die y-Achse die Zahl der schweren Erkrankungen.

Die erste Kurve geht steil nach oben, sie zeigt den Verlauf der Epidemie, wenn nichts unternommen wird. Diese Kurve überschreitet sehr schnell die horizontale Linie, mit der die maximale Aufnahmefähigkeit der Krankenhäuser angegeben ist. Die zweite Kurve zeigt die Entwicklung, wenn Maßnahmen wie Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen die Verbreitung des Virus begrenzen. Sie ist leicht gewölbt, wie ein Schildkrötenpanzer, und bleibt unter der horizontalen Kapazitätsgrenze.

Das in den Medien allgegenwärtige Diagramm macht deutlich, wie dringend notwendig es ist, den Rhythmus der Ansteckungen zu verlangsamen, um die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Wenn jetzt Journalisten in der ganzen Welt dieses Schaubild weiterverbreiten, wird ein wesentliches Element oft vergessen: die unauffällige Gerade, die die Zahl der Betten darstellt, die für Schwerkranke zur Verfügung stehen. Diese „kritische Schwelle“ wird quasi als gottgegeben akzeptiert. Dabei ist sie das Ergebnis politischer Entscheidungen.

Wenn man heute „die Kurve abflachen“ muss, liegt das auch daran, dass die seit vielen Jahren herrschende Austeritätspolitik die Messlatte gesenkt und das Gesundheitswesen seiner Aufnahmefähigkeit beraubt hat. 1980 gab es in Frankreich elf Krankenhausbetten pro tausend Einwohner, davon sind heute noch sechs übrig. Macrons Gesundheitsministerin hat im September 2019 vorgeschlagen, sie „bed managers“ zu überlassen, die das rare Gut zuteilen sollten.

Krankenhäuser sind keine Autofabriken

In den USA sank die Zahl von 7,9 Betten 1970 auf 2,8 im Jahr 2016.1 Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es in Italien 1980 für „schwere Fälle“ 922 Betten pro 100.000 Einwohner. 30 Jahre später waren es nur noch 275. Überall galt nur eine Devise: Kosten senken. Das Krankenhaus sollte wie eine Autofabrik im Just-in-time-Modus funktionieren. Das Resultat ist, dass die Italienische Gesellschaft für Anästhesie, Analgesie, Reanimation und Intensivtherapie (Siaarti) die Arbeit der Notärzte heute als „Katastrophenmedizin“ bezeichnet. Sie warnt, angesichts der fehlenden Ressourcen „könnte es nötig werden, eine Altersgrenze für den Zugang zur Intensivversorgung festzulegen“.2 Auch im Nordosten von Frankreich spricht man mittlerweile in ähnlicher Weise von „Kriegsmedizin“.

Die Coronakrise hat also nicht nur mit der Gefährlichkeit der Krankheit Covid-19 zu tun, sondern auch mit dem organisierten Niedergang des Gesundheitssystems. Doch statt diese Tatsache kritisch zu hinterfragen, laden die großen Medien – seit jeher die Echokammern der Sparpolitik – Leser und Zuschauer zu einer atemberaubenden philosophischen Diskussion ein: Wie entscheiden wir, wen wir retten und wen wir sterben lassen?

Diesmal wird es jedoch schwierig werden, die politische Frage hinter einem ethischen Dilemma zu verstecken. Denn die Corona-Epidemie führt allen vor Augen, dass unsere Wirtschaftsorganisation noch weit absurder ist, als man vermutet hatte: Während die Airlines ihre leeren Flugzeuge fliegen ließen, um ihre Slots zu behalten, erklärte ein Virologe, wie neoliberale Politik die Grundlagenforschung über das Coronavirus behindert hat.3

Offenbar muss man manchmal die Normalität verlassen, um zu begreifen, wie unnormal sie ist. Marshall Burke, Dozent am Zentrum für Ernährungssicherheit und Umwelt der Universität Stanford, twitterte dazu folgendes Paradox: „Die Reduktion der Luftverschmutzung aufgrund von Covid-19 in China hat vermutlich zwanzigmal so viele Leben gerettet, wie durch den ­Virus bisher verloren gingen. Das heißt nicht, dass Pandemien gut sind, aber es zeigt, wie gesundheitsschädlich unsere Wirtschaftssysteme sind, auch ohne Coronavirus.“4

Der Höhepunkt der Absurditäten in der Corona-Krise liegt dabei nicht einmal darin, dass es durch die Verlagerung von Produktionsketten einen Mangel an Medikamenten geben könnte, und auch nicht in der Verbohrtheit, mit der die Finanzmärkte Italien bestraften, als die Regierung die ersten Maßnahmen ergriff. Nein, den Höhepunkt finden wir in den Krankenhäusern selbst: Die Mitte der 2000er Jahre in Frankreich eingeführte „Gebührenberechnung nach Tätigkeit“ (tarification à l’activité, T2A) kalkuliert die Finanzierung der Einrichtungen anhand des Behandlungsaufwands für jeden einzelnen Patienten. Die Leistungen werden wie im Supermarkt einzeln abgerechnet.

Würde nun dieses aus den USA importierte Prinzip der Pflege als Ware während der aktuellen Krise angewendet, wären die Krankenhäuser, die die Schwerkranken aufnehmen, bald ruiniert. Denn der kritische Verlauf von Covid-19 erfordert vor allem eine Beatmung, die Zeit kostet, aber in der Tariftabelle weniger einbringt als diverse Untersuchungen und Eingriffe, die wegen der Epidemie verschoben wurden. Einbußen der Kliniken durch die Pandemie bestätigte etwa der deutsche Virusforscher Christian Drosten in seinem populären Podcast. Drosten sagte am 30. März im NDR: „Wir haben Betten freigeräumt. Das macht natürlich auch im Krankenhaus massive finanzielle Verluste. Auch die Medizin ist ein Wirtschaftszweig, und die Verluste sind extrem, die da jeden Tag entstehen.“

Für kurze Zeit schien es so, als sprenge das Virus die sozialen Grenzen. Seine Ausbreitung führte zu Maßnahmen, die wir uns jedenfalls in Friedenszeiten nie hätten vorstellen können. War nicht der Wall-Street-Banker plötzlich ebenso bedroht wie der chinesische Wanderarbeiter?

Sehr schnell aber wurde deutlich, dass auch in der Krise vor allem das Geld den Unterschied macht. Auf der einen Seite machen die Gutbetuchten es sich in ihren Villen mit dem Homeoffice-Laptop neben dem Pool gemütlich. Und auf der anderen Seite sind die bislang Unsichtbaren des Alltags, Pfleger, Reinigungskräfte, Kassiererinnen im Supermarkt und Lieferanten, einem Risiko ausgesetzt, das den Begüterten erspart bleibt. Eltern sitzen im Homeoffice in ihrer kleinen Wohnung, durch die das Geschrei der Kinder schallt, Wohnungslose würden gern in einem Zuhause bleiben.

Der Historiker Jean Delumeau, Autor einer Geschichte der „Angst im Abendland“, stieß in seiner Untersuchung über „typische kollektive Verhaltensweisen in Pestzeiten“5 auf eine Konstante: „Wenn die Gefahr der Ansteckung auftaucht, versucht man zunächst, die Augen davor zu verschließen.“ Und Heinrich Heine notierte nach der offiziellen Ankündigung der Choleraepidemie 1832 in Paris: „Die Pariser tummelten sich umso lustiger auf den Boulevards“, als „das Wetter sonnig und lieblich war“.6 Als Nächstes flohen dann die Reichen aufs Land, und die Regierung ordnete für die Stadt Quarantäne an. „Die Unsicherheit entsteht nicht nur aus dem Auftreten der Krankheit“, erklärt Delumeau, „sondern ebenso aus einer Auflösung des Alltags und der gewohnten Umgebung. Alles ist anders geworden.“ Genau diese Erfahrung machen heute die Einwohner von Wuhan, Rom, Madrid oder Paris.

Die großen Pestepidemien zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert wurden oft als Zeichen des Jüngsten Gerichts, des Zorns eines rächenden Gottes gedeutet. Damals wandten sich die Menschen entweder der Religion zu und flehten um Gnade oder sie suchten Schuldige in der Nachbarschaft. Juden und Frauen waren beliebte Sündenböcke. Im Europa des 21. Jahrhunderts trifft die Corona-Epidemie säkularisierte Gesellschaften, die seit der Finanzkrise von 2008 bei Themen wie Klimaverschlechterung, Politik, Finanzen, Demografie oder Migration in unterschiedlichem Ausmaß unter einem Gefühl des Kontrollverlusts leiden.

In dieser Endzeitstimmung, in der wieder Bilder der brennenden Kathedrale von Notre-Dame kursieren und über den kommenden Zusammenbruch geredet wird, richten sich alle Blicke auf die Regierung. Der Staat hat das Problem durch die langjährige Zerstörung des Gesundheitssystems verschärft – und ist dennoch die einzige Instanz, die eine Antwort auf die Epidemie finden kann. Aber wie weit kann man dabei gehen?

Noch im Februar löste die mehrwöchige Isolierung von 56 Millionen Einwohnern der chinesischen Provinz Hubei, die Stilllegung der Fabriken oder die Ermahnung der Bürger durch Drohnen mit Kameras und Megafonen in Europa spöttische Reaktionen aus oder Kritik an der eisernen Faust der Kommunistischen Partei.

Man bezahlt Feuerwehrleute nicht nur, wenn es brennt

„Aus der chinesischen Erfahrung lassen sich keine Lehren hinsichtlich der möglichen Dauer der Epidemie ziehen“, erklärte die Zeitschrift L’Express noch am 5. März. Sie sei dort durch „drastische Quarantänemaßnahmen verlangsamt worden, die in unseren Demokratien wahrscheinlich nicht anwendbar sind“. Doch kurze Zeit später war klar: Im Kampf gegen das Virus, das sich nicht um die Überlegenheit „unserer“ Werte schert, kommt man nicht umhin, zentralisierten Entscheidungen den Vorrang zu geben gegenüber den Freiheiten des Wirtschaftsliberalismus.

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus betonte, es sei möglich, die Epidemie zu besiegen, aber nur mit einem kollektiven, koordinierten und umfassenden Herangehen und unter Einsatz aller Kräfte.7 Kollektiv und staatlich koordiniert: Das ist das Gegenteil von Markt. In wenigen Tagen vollführen die bis dato unangreifbaren Experten, die uns die Welt erklären, eine 180-Grad-Wendung: „Alles ist anders geworden.“ Begriffe wie Souveränität, Grenze, Einschränkung und sogar staatliche Hilfen, die seit einem halben Jahrhundert im öffentlichen Diskurs stets in die populistische Ecke gestellt oder als „nordkoreanisch“ bezeichnet wurden, erscheinen plötzlich als Lösungen in einer bis dato vom Kult der Geld- und Warenströme und von der Sparpolitik regierten Welt.

Von Panik getrieben, entdecken selbst die Mediengurus plötzlich, was sie eifrig ignoriert hatten: „Kann man nicht auch sagen, dass uns diese Krise im Grunde auffordert, ganz neu über Aspekte der Globalisierung, unsere Abhängigkeit von China, Freihandel und Flugverkehr nachzudenken?“, fragte am 9. März auf France Inter der Journalist Nicolas Demorand, der sein Mikrofon seit Jahren den Kritikern des Protektionismus überlässt.

Die Marktlogik muss den Verstand schon gründlich deformiert haben, wenn die Mächtigen erst nach dem Ausbruch einer mörderischen Pandemie den einfachen Wahrheiten Gehör schenken, die Mediziner seit Jahrzehnten wiederholen: „Ja, wir brauchen eine staatliche Krankenhausstruktur, die ständig verfügbare Betten hat“, betonen die Mediziner André Grimaldi, Anne Gervais Hasenknopf und Olivier Milleron.8 „Das neue Coronavirus hat das Verdienst, uns an Selbstverständlichkeiten zu erinnern: Man bezahlt die Feuerwehrleute nicht nur, wenn es brennt. Man möchte, dass sie in ihrer Wache bereitstehen, auch wenn sie nur ihre Fahrzeuge polieren, während sie auf den Alarm warten.“

Von der Krise im Jahr 1929 bis zur neoliberalen Offensive in den 1970ern hat sich der Kapitalismus erhalten und erneuert, indem er seine Institutionen, oft widerwillig, der Verpflichtung unterwarf, vorauszusehen, was ohne Warnung hereinbricht: Brände, Krankheiten, Naturkatastrophen, Finanzkrisen. Um das Unvorhergesehene zu planen, musste man mit der Marktlogik brechen, die allein nach Angebot und Nachfrage einen Preis festlegt, das Unwahrscheinliche ignoriert und die Zukunft mit Formeln berechnet, in denen die Gesellschaft nicht vorkommt.

Diese Blindheit der Standardökonomie, die an den Börsen ins Extrem getrieben wird, bemerkte auch der ehemalige Broker und Statistiker Nassim Nicholas Taleb. In seinem Buch „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“, das wenige Monate vor der Finanzkrise von 2008 erschien, schrieb er über die Prognostiker: „Das Expertenproblem besteht darin, dass sie keine Ahnung von dem haben, was sie nicht wissen.“9 Taleb bezeichnete es als absurd, das Unvorhergesehene zu ignorieren in einer Welt, die durch die Vervielfachung unerwarteter Ereignisse – eben die „schwarzen Schwäne“ – geprägt sei.

Ende März 2020 kann jeder, der an seinem Fenster die Stille der eingesperrten Stadt dröhnen hört, über die Verbissenheit nachdenken, mit der sich der Staat nicht nur der Intensivbetten beraubt hat, sondern auch seiner Planungsinstrumente, die heute von ein paar globalen Versicherungs- und Rückversicherungskonzernen monopolisiert werden.10

Kann die Zäsur dieser Pandemie die Entwicklung umdrehen? Um das Mögliche und das Zufällige wieder in die Steuerung der öffentlichen Daseinsvorsorge aufzunehmen, um weiter zu schauen als bis zur Kosten-Nutzen-Rechnung und eine ökologische Planung vorzunehmen, müsste man den größten Teil der Dienste verstaatlichen, die für das Leben der modernen Gesellschaft unverzichtbar sind, von der Straßenreinigung über die digitalen Netze bis zum Gesundheitswesen.

Die Sichtweise des Historikers legt nahe, dass eine Veränderung der Verhältnisse, der Entwicklung, des Nachdenkens über das kollektive Leben und die Gleichheit unter normalen Umständen unmöglich ist. „Im Laufe der Geschichte“, schreibt der österreichische Historiker Walter Scheidel, „haben vier verschiedene Arten gewaltsamer Brüche die Ungleichheit verringert: Massenmobilisierungskriege, Revolutionen, der Bankrott von Staaten und verheerende Pandemien.“11 Sind wir an diesem Punkt angelangt?

Andererseits hat das Wirtschaftssystem im Verlauf seiner Geschichte eine außergewöhnliche Fähigkeit bewiesen, die immer häufiger werdenden Stöße zu parieren, die seine Irra­tio­nalität verursacht. So setzen sich auch bei den heftigsten Erschütterungen in der Regel die Verteidiger des Status quo durch. Sie nutzen die allgemeine Fassungslosigkeit aus, um die Macht des Marktes noch weiter auszudehnen. Der Katastrophen-Kapitalismus, den Naomi Klein kurz vor der großen Rezession von 2008 analysierte, schert sich nicht um die Erschöpfung der Rohstoffe und der sozialen Sicherungssysteme, die die Krise dämpfen könnten. In einer Anwandlung von Optimismus schrieb die kanadische Journalistin: „Wir reagieren auf einen Schock nicht immer mit Regression. Manchmal wachsen wir auch angesichts einer Krise – und zwar schnell.“12 Diesen Eindruck wünschte wohl auch Präsident Macron in seiner Erklärung vom 12. März zu erwecken.

Er wolle, „das Entwicklungsmodell, dem unsere Welt seit Jahrzehnten folgt und das jetzt seine Tücken offenbart, und die Schwächen unserer Demokratie hinterfragen“, sagte Macron. Bereits heute offenbare diese Pandemie, dass ein kostenloses Gesundheitswesen ohne Unterscheidung nach Einkommen, Karriere oder Beruf sowie unser Wohlfahrtsstaat kein bloßer Kostenfaktor sei, sondern „ein unverzichtbarer Trumpf, wenn das Schicksal zuschlägt“. Die Pandemie zeige, dass es Güter und Dienstleistungen gebe, die außerhalb der Marktgesetze stehen müssten. „Es ist Wahnsinn, wenn wir unsere Ernährung, unseren Schutz, die Fähigkeit, unser Leben zu gestalten, in fremde Hände geben. Wir müssen wieder die Kontrolle übernehmen.“

Drei Tage später verschob er die Rentenreform und die Reform des Arbeitslosengelds und verkündete Maßnahmen, die bisher als unmöglich galten: die Einschränkung von Entlassungen und die Aufgabe der Haushaltsbeschränkungen. Und die Umstände könnten diesen Wandel noch verstärken: Die Obsession des Präsidenten etwa, die Ersparnisse und Beamtenpensionen an den Aktienmärkten zu investieren, wirkt vor dem Hintergrund des Absturzes der Börsenkurse nicht gerade wie ein visionärer Geniestreich.

Das Arbeitsgesetz aussetzen, die Bewegungsfreiheit einschränken, Unternehmen mit vollen Händen unterstützen und sie von Sozialabgaben freistellen, auf denen das Gesundheitssystem beruht – diese Maßnahmen allerdings stellen keinen radikalen Bruch mit der bisherigen Politik dar. Der massive Transfer von öffentlichen Geldern in den Privatsektor erinnert an die staatliche Bankenrettung von 2008. Die Rechnung kam dann in Form der Sparpolitik, von der vor allem die Angestellten und die öffentlichen Dienstleistungen betroffen waren. Weniger Krankenhausbetten, um die Banken wieder flottzumachen: das war die Devise.

Auch deshalb drängte sich bei Macrons Rede die Erinnerung an einen Septembertag des Jahres 2008 auf. Damals, kurz nach dem Crash von Lehman Bro­thers, trat der damalige Präsident Sarkozy vor die Kameras und verkündete seinen verblüfften Anhängern feierlich: „Eine bestimmte Vorstellung der Globalisierung stirbt gerade mit dem Ende eines Finanzkapitalismus, der der ganzen Wirtschaft seine Logik aufgezwungen und dazu beigetragen hat, sie zu verderben. Die Idee, dass die Märkte immer recht haben, war eine irrsinnige Idee.“13 Das hinderte ihn allerdings nicht daran, auf den Weg des gewöhnlichen Wahnsinns zurückzukehren, sobald das Unwetter vorüber war.

1 Quelle OECD.

2 „Raccomandazioni di etica clinica per l’ammissione a trattamenti intensivi e per la loro sospensione“, Siaarti, Rom, 6. März 2020.

3 Bruno Canard, „J’ai pensé que vous avions momentanément perdu la partie“, Rede am Ende der Demonstration vom 5. März 2020, nachzulesen unter academia.hypotheses.org.

4 Twitter, 9. März 2020.

5 Jean Delumeau, „Angst im Abendland, Die Geschichte kollektiver Ängste in Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts“, Reinbek (Rowohlt) 1998.

6 Heinrich Heine, „Französische Zustände“, online frei verfügbar bei Zeno.org.

7 New York Times, 11. März 2020.

8 Le Monde, 11. März 2020.

9 Nassim Nicholas Taleb, „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“, München (Hanser) 2008.

10 Razmig Keucheyan, „La Nature est un champ de bataille. Essai d’écologie politique“, Paris (La Découverte) 2014.

11 Walter Scheidel, „Nach dem Krieg sind alle gleich: Eine Geschichte der Ungleichheit“, Darmstadt (Konrad Theiss Verlag) 2018.

12 Naomi Klein, „Die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus“, Frankfurt a. M. (Fischer) 2009.

13 Rede in Toulon am 25. September 2008.

Aus dem Französischen von Claudia Steinitz

Le Monde diplomatique vom 09.04.2020, Renaud Lambert

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs als Trägersystem für Atomwaffen

Wir hatten MdB Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen)  Mitglied des Verteidigungsausschusses aus einem baden-württembergischen Wahlkreis am 10. April 2020 angeschrieben (und den Brief auch dem LINKEN-MdB Tobias Pflüger, ebenfalls Mitglied des Verteidiungsausschusses zur Kenntnis gegeben). Wir hatten Frau Brugger aufgefordert, im Verteidigungsausschuss gegen die Anschaffung eines neuen Kampfflugzeugtyps zu stimmen (Schreiben s. unten). Frau Brugger hat bereits am 15. April 2020 sehr ausführlich geantwortet:

Sehr geehrter Herr Dörr,

herzlichen Dank für Ihre Nachricht.

Wir Grüne stehen für Frieden, Abrüstung, kooperative Sicherheit und eine Kultur der militärischen Zurückhaltung. Atomwaffen lehnen wir strikt ab. Daher treten wir mit aller Kraft für ein atomwaffenfreies Deutschland ein.

Die Grüne Bundestagsfraktion positioniert sich klar gegen die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeuges als Trägersystem für Atomwaffen und fordert den Ausstieg Deutschlands aus der operativen nuklearen Teilhabe der NATO.

Die deutsche Außenpolitik schadet ihrer eigenen Glaubwürdigkeit und dem Engagement für das Ziel einer atomwaffenfreien Welt, wenn Kampfflugzeuge mit der Fähigkeit zum Nuklearwaffeneinsatz angeschafft werden. Wer an der Doktrin atomarer Abschreckung festhält, denkt weiter in der Logik von Blockkonfrontation und Kaltem Krieg und verleugnet die katastrophalen Folgen des Einsatzes von Atomwaffen für Mensch und Umwelt.

Dieser Weg ist falsch und geschichtsvergessen, vor allem ist er aber gefährlich. Atomwaffen bringen in der Konsequenz nicht mehr, sondern weniger Sicherheit für alle. Nur konsequente Abrüstung bedeutet am Ende mehr Frieden und Sicherheit für alle.

Ebenso haben wir Grünen uns klar gegen eine Modernisierung der US-Atomwaffen in Deutschland und der heute vorhandenen deutschen Trägersysteme positioniert.

Wir fordern den Gesamtabzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Unsere Positionen haben wir in unserem Antrag „Glaubhafter Einsatz für nukleare Abrüstung ‒ Nationale Handlungsspielräume nutzen“ dargelegt (Drucksache 19/976, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/009/1900976.pdf).

Die Stationierung von US-Atomwaffen in Büchel und die Befähigung deutscher Flugzeuge und Piloten zum Einsatz oder Transport von Atomwaffen sollten ebenso wie die Geheimniskrämerei der Bundesregierung um die Atomwaffen in Deutschland beendet werden.

Der 2010 von Union, SPD, FDP und GRÜNEN in einem gemeinsamen Bundestagsantrag (Drucksache 17/1159, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/011/1701159.pdf) beschlossene und von der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger befürwortete Abzug der Atomwaffen aus Deutschland ist längst überfällig.

Der Zustand der internationalen Abrüstungs- und Rüstungskontrolle ist höchst besorgniserregend.

Weltweit wird wieder massiv nuklear aufgerüstet. Über sieben Jahrzehnte nach dem Einsatz von Atomwaffen in Hiroshima und Nagasaki rüsten die Atommächte ihre Arsenale für Milliardenbeträge weiter auf. Nachdem die USA und Russland nach gegenseitigen Vorwürfen der Nichteinhaltung den INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces) aufgekündigt haben, ist ein weiterer Pfeiler der Rüstungskontrolle und Abrüstung weggebrochen. Für die Sicherheit Europas ist die Vermeidung eines atomaren Rüstungswettlaufs unerlässlich. Die Bundesregierung muss weiter deutlich machen, dass es keine erneute Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Deutschland geben wird und sich intensiv dafür einsetzten, dass der NEW START-Vertrag (New Strategic Arms Reduction Treaty), der im Jahr 2021 auszulaufen droht, verlängert wird.

Deeskalation, Dialog, vertrauensbildende Maßnahmen, Rüstungskontrolle und Abrüstung sind heute notwendiger denn je.

Das bisherige Engagement der Bundesregierung reicht aus unserer Sicht vor diesem Hintergrund nicht aus.

In diesem Jahr findet die nächste Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NVV) statt. Der Vertrag verpflichtet teilnehmende Kernwaffenstaaten auf das Ziel vollständiger nuklearer Abrüstung. Bereits zwei Mal – 2005 und 2015 – konnten sich die Vertragsstaaten nicht auf Abschlusserklärungen verständigen. Ein erneutes Scheitern der Überprüfungskonferenz wäre verheerend. Wir erwarten, dass die Bundesregierung alles daran setzt, dass dieses Szenario nicht eintritt.

Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung ihre Blockadehaltung gegenüber dem 2017 verabschiedeten Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen aufgibt.

Wir fordern von der Bundesregierung, dem Verbotsvertrag beizutreten und daran mitzuwirken, dass das Verhältnis zum NVV konstruktiv und verstärkend ausgestaltet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Agnieszka Brugger


An MdB Agnieszka Brugger

Sehr geehrter Frau Brugger,

da im Verteidigungsausschuss keine MdB-Mitglied aus unserem Wahlkreis Nürtingen vertreten ist, senden wir diese Mail an Sie als baden-württembergische Bundestagsabgeordnete. Zur Kenntnis geben wir Sie an Ihren Fraktionskollegen Matthias Gastel. Mit ihm haben wir – Mitglieder von Pax Christi, DFG-VK, des Kirchheimer Forums 2030 und anderen Initiativen – im Januar 2020 hier in Kirchheim zu einem Gespräch über Themen des Friedens, der Sicherheit, der Abrüstung etc. getroffen. Ebenfalls zur Kenntnis geben wir diesem Appell an Sie Ihrem baden-württembergischen Kollegen aus dem Verteidigungsausschuss, Tobias Pflüger von der LINKEN. Tobias Pflüger war am 25.2.20 bei uns als Referent in Kirchheim u. Teck zu Gast.

Unser Anliegen als Forum 2030 an Sie:

Das Verteidigungsministerium will in den kommenden Wochen eine Entscheidung zur Nachfolge für das Kampfflugzeug Tornado erwirken.

Als Mitglied des Verteidigungsausschusses spielen Sie bei dieser Entscheidung eine wichtige Rolle. Da der Tornado das einzige Trägersystem für die in Rheinland-Pfalz stationierten Atombomben der nuklearen Teilhabe ist, ist die Anschaffung der Kampfflugzeuge nicht nur eine finanziell weitreichende Entscheidung, sondern auch von langfristiger strategischer Relevanz für Deutschland und Europa.

Die Modernisierung des nuklearen Trägersystems, sowie die geplante Stationierung von neuen B61-12 Atombomben in Büchel würden die erste nukleare Aufrüstung in Deutschland seit Ende des Kalten Krieges darstellen.

Nukleare Aufrüstung in Deutschland ist jedoch ein fatales Zeichen an die Staatengemeinschaft. In einer Zeit, in der wichtige Rüstungskontrollverträge wie INF und START gekündigt wurden bzw. ohne klare Verlängerungsaussichten auszulaufen drohen, ist es unerlässlich, dass Deutschland positive Impulse für Abrüstung setzt!

Nuklearwaffen bedrohen die Sicherheit der Menschen in der Bundesrepublik, in Europa und der ganzen Welt. Die Atombomben in Deutschland sind zudem Waffen, die für einen völkerrechtswidrigen, nuklearen ‘Erstschlag’ geeignet sind. Sie stellen daher eine Provokation für andere Länder dar und erhöhen die Gefahr eines nuklearen Konflikts.

Ein Abbau dieser Nuklearwaffen und ein klares Bekenntnis gegen den Ersteinsatz von Nuklearwaffen wäre ein erster und wichtiger Schritt, um die gegenseitige nukleare Bedrohung abzubauen und auch einen ungewollten Atomkrieg unwahrscheinlicher zu machen.

Die Bundesregierung wollte mit dem Engagement für das Iran-Abkommen und auch mit der Libyenkonferenz im Januar dieses Jahres zeigen, dass sie einer der wichtigsten und glaubwürdigsten internationalen Akteure für zivile Konfliktprävention sei. Diese Stellung als geschätzter diplomatischer Partner könnte Deutschland unserer Meinung nach ausbauen und für eine nukleare Abrüstungsinitiative nutzen.

Am besten soll diese im Koalitionsvertrag von Union/SPD verankert werden. Dies würde der deutschen Sicherheit mehr dienen, als das Festhalten an der nuklearen Teilhabe aus Zeiten des Kalten Krieges.

Bitte stimmen Sie deshalb gegen die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge für den Nuklearwaffeneinsatz.

Sowohl der F/A-18 Jet als auch ein für Nuklearwaffen ertüchtigter Eurofighter sind eine Bürde für den europäischen Frieden und die Sicherheit der europäischen Bürger und Bürgerinnen.

Mit freundlichen Grüßen

Hans Dörr

GEW-Arbeitskreis Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Initiativen

Attac – Regionalgruppe Kirchheim und Umgebung

Sprecher Kirchheim.Forum 2030 https://kirchheim.forum2030.de/

07021/44163 – Mail: hans_doerr@gmx.de

(Unterstrich zwischen hans und doerr)

Corona-Krise: Medien und Journalisten droht ein gnadenloser Selektionsprozess

„Ein Zusammenbruch sei das für ihn, sagt Michael Rappe. Täglich beschäftige ihn die aktuelle Situation. Rappe, 57, ist freier Lokaljournalist – einer wie viele in der deutschen Presselandschaft. Bald ist er zwanzig Jahre im Beruf, eine Zeit, die er vor allem in Sporthallen und Leichtathletikstadien verbracht hat. Doch die Spezialisierung auf den Lokalsport wird Rappe jetzt zum Verhängnis: Der Spielbetrieb liegt vorerst in der Corona-Starre, wann es weitergeht, kann derzeit niemand sagen. Das Resultat für Rappe: „Rund siebzig Prozent meines Auftragsvolumens fallen gerade weg.“

Bisher hat Rappe für die „Rhein-Neckar-Zeitung“ aus Heidelberg und die benachbarte „Schwetzinger Zeitung“ fest über mehrere Sportarten berichtet. Basketball, Tischtennis, Fußball, Kegeln: Im Schnitt kamen so meist um die 15 Texte pro Woche zustande. Jetzt sind es nach seinen Angaben nur noch vier oder fünf – bei einem Zeilensatz von 80 Cent. „Die Redaktion will uns natürlich nicht hängenlassen und vergibt viele freie Geschichten wie Interviews oder Porträts“, sagt Rappe. Auf das gleiche Volumen wie im aktiven Ligenbetrieb kommt er so aber dennoch nicht. Rücklagen hat er keine, jetzt hofft er auf die Hilfspakete von Bund und Land.

Wie für viele andere Freiberufler und Selbstständige brechen für freie Journalistinnen und Journalisten gerade harte Zeiten an. Termine und Veranstaltungen fallen komplett weg, das öffentliche Leben liegt jenseits von Corona weitgehend brach. Über was also berichten? Und wie mit den finanziellen Engpässen umgehen? 

Miese Stimmung

Die Politik hat manche Unterstützungsangebote bereits umgesetzt, andere sind vorerst nur angekündigt. Aber wie reagieren die Auftraggeber, Rundfunkanstalten, Verlagshäuser, Redaktionen?

Was klar ist: Wer regelmäßig bei den Öffentlich-Rechtlichen arbeitet, hat zumindest meist so etwas wie Rechte. Dort gibt es viele arbeitnehmerähnliche Freie, die von tariflichen Lösungen profitieren könnten – auch wenn der NDR zuletzt eher mit schlechtem Beispiel voranging und den bemerkenswerten Tipp gab, man könne doch Urlaub nehmen, falls man wegen Kita- und Schulschließungen gerade nicht arbeiten könne.

Zudem sind die öffentlich-rechtlichen Anstalten von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise nicht direkt betroffen. Ganz anders sieht es bei den privatwirtschaftlichen Zeitungen und Magazinen aus. Hier herrscht hinter den Kulissen ziemlich miese Stimmung.

Wer wissen will, was die Branche derzeit umtreibt, muss einen Text von Michael Reinhard lesen. Er trägt den Titel „Wir über uns: ‚Nie war es wichtiger, die Menschen seriös zu informieren‘“ und ist in der „Main-Post“ erschienen, einer Regionalzeitungsgruppe mit Sitz in Würzburg, deren Chefredakteur Reinhard ist. Allerdings ist die Überschrift etwas irreführend, denn wer den Beitrag gelesen hat, stellt sich eher die Frage, wer bald überhaupt noch informieren soll: Werbeverluste in Höhe von 80 Prozent, Kurzarbeit bald auch für Redakteure, die Aussichten ungewiss.

Eines muss man Reinhard lassen: Er hat mehr Mut zur Transparenz als die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen. Beim Berliner „Tagesspiegel“ bittet man etwa um Verständnis, dass man keine Stellung zur aktuellen Lage und der Situation der freien Mitarbeiter nehmen könne. Die Südwestdeutsche Medienholding (u.a. „Süddeutsche Zeitung“, „Stuttgarter Zeitung“) lässt eine Anfrage ganz unbeantwortet. Und bei der Ad Alliance, einer Vermarkterallianz, der unter anderem der Magazinriese Gruner+Jahr sowie Spiegel Media, der Vermarkter der „Spiegel“-Gruppe, angehören, heißt es fast schon beschwingt: „So dynamisch, wie sich die Informationslage zum Virus selbst täglich entwickelt, so dynamisch ist auch unser Daily Business.“

Dabei kämpft die ganze Verlagslandschaft mit den gleichen Problemen. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hat gegenüber dem Branchendienst „Meedia“ bestätigt, dass viele seiner Mitglieder von ähnlich hohen Einnahmeverlusten durch Anzeigenstornierungen betroffen sind wie die „Main-Post“. Schon für mittelgroße Häuser kann es dabei um Millionensummen gehen, die plötzlich fehlen – und das nach erst wenigen Wochen der Corona-Krise. Zudem sei Kurzarbeit auch für Redakteure bei vielen Verlagen im Gespräch, sagt ein BDZV-Sprecher gegenüber Übermedien. Bertelsmann, Deutschlands größtes Medienunternehmen, hat die Maßnahme bereits angekündigt.

Massenaussterben

Die Branche feiert derweil ihre wiederentdeckte Relevanz in Zeiten der Krise. Indikator dafür sollen die gemeldeten Rekordzugriffe auf die Angebote im Netz und steigende Aboverkäufe sein. Doch für den Großteil der Verlage wird dieser Zuwachs an Klicks und Abonnements nicht einmal im Ansatz die drastischen Werbeverluste ausgleichen können. Zumal viele Inhalte zur Corona-Krise vor den Bezahlschranken zu finden sind. In einem vielbeachteten Text spricht der „Buzzfeed“-Medienredakteur Craig Silverman bereits von einem bevorstehenden „Massenaussterben“ in der amerikanischen Zeitungslandschaft – und „Buzzfeed“ selbst kürzt die Gehälter.

Die Lage der freien Journalisten vor diesem Hintergrund ist unterschiedlich. Neben Beispielen wie jenem von Michael Rappe gibt es viele Reporter, die sich noch relativ entspannt zeigen. Michael Wilkening ist ebenfalls freier Sportjournalist aus dem Rhein-Neckar-Raum. Er arbeitet neben diversen Regionalzeitungen auch für viele überregionale Titel. Sein Vorteil: Er betreut vor allem Profiteams wie die TSG Hoffenheim oder die Bundesliga-Handballer der Rhein-Neckar-Löwen – Themen, für die es auch deutschlandweit Abnehmer gibt. Bisher, sagt Wilkening deshalb, könne er seine Hintergründe und Interviews noch gut verkaufen. Es würden gerade viele Texte gebraucht.

„Wenn du als Freier jetzt gute Ideen hast, kannst du jeden Tag eine halbe Seite zuschreiben“, sagt auch ein Zeitungsredakteur zu Übermedien. Weil Termine komplett wegfallen, bleibe täglich Platz für große Stücke. In vielen Redaktionen versuchen Redakteure auch bewusst, ihren freien Mitarbeitern Themen zuzuschieben. Ein anderer Redakteur berichtet davon, dass ihm Freie derzeit sogar absagen, weil ihr Auftragsbuch noch voller sei als sonst. Nicht selten wird auch die Krise als Chance beschworen: Endlich sei die Abhängigkeit vom bräsigen Terminjournalismus besiegt, die von vielen Lokalredakteuren schon lange als notwendiges aber gleichzeitig auch anachronistisches Übel betrachtet wurde. Jetzt müsse man kreativ werden und querdenken; die Zeitung sei deshalb fast besser als zuvor.

Auftragsstopps

Wahr ist aber auch: Geschichten darüber, wie sich Sportler jetzt fit halten oder einzelne kulturelle Einrichtungen mit dem Shutdown umgehen, sind schnell auserzählt. Und vielerorts wird der Umfang von Ausgaben aus Kostengründen gekürzt. Wenn dann die Anzeigenverluste weiter zunehmen, wird erfahrungsgemäß zuerst an den Etats für freie Autoren gespart. Schon jetzt gibt es Autoren, die von Auftragsstopps für Freie in bestimmten Häusern sprechen – verifizieren lässt sich dieser Sachverhalt aber bisher nicht. Die Pressestellen dementieren.

Frank Hellmann ist einer, der diese Entwicklung bereits spürt. Der 53-Jährige gilt als einer der profiliertesten freien Sportjournalisten in Deutschlands – seine Texte erscheinen in Medien wie der „Süddeutschen Zeitung“, „Frankfurter Rundschau“ oder auf sportschau.de. Auch er hat sein Netzwerk aktiviert und erst einmal viele hintergründige Texte und Interviews verkauft. Allerdings sagt er auch: „Mittlerweile ergibt sich das Problem, das durch Platzreduzierungen oder aus Kostenzwängen der Abdruck der Freien Autoren eingeschränkt oder sogar eingestellt wird. Dieser Trend könnte sich noch verstärken.“

Hellmann berichtet zudem von einem anderen Problem für Freiberufler: „Wir bleiben auf den Kosten für anstehende Sportereignisse sitzen.“ Denn wer eigentlich von den Olympischen Spielen oder der Fußball-Europameisterschaft berichten wollte, hat als Profi natürlich schon längst Flüge und Hotels gebucht. Nur einen Bruchteil dieser Kosten wird Hellmann nach eigener Aussage wieder zurückbekommen – übrig bleibt ein Betrag im mittleren vierstelligen Bereich.

Der entscheidende Faktor ist Zeit. Wenn die Werbeerlöse nicht bald stabilisiert oder durch andere Einnahmequellen kompensiert werden können, sieht es düster aus. Unter Umständen wird man dann einen gnadenlosen Selektionsprozess in der Medienlandschaft erleben – sowohl bei den Verlagen, als auch bei den freien Journalisten. Wer in der Lage ist, sich rasch weiterzuentwickeln, anders zu arbeiten und passende Inhalte zu erzeugen, wird vielleicht bestehen. Für andere könnte die Corona-Krise tatsächlich das Ende im Journalismus bedeuten.“


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