Diakonie Deutschland: Zehn Thesen für einen sozialen und ökologischen Neustart

Quelle: Diakonie Deutschland 23.6.2022

Zehn Thesen für einen sozialen und ökologischen Neustart

40 Organisationen aus dem Sozial- und Umweltbereich fordern in einer gemeinsamen Erklärung einen sozialen und ökologischen Neustart. In einem Zehn-Thesen-Papier sprechen sich die Diakonie Deutschland, der NABU, die Nationale Armutskonferenz gemeinsam in einem breiten Bündnis unter anderem für eine naturverträgliche und sozial gerechte Energiewende, Maßnahmen gegen Naturzerstörung und für den Erhalt der Biodiversität, eine Teilhabe aller an umweltschonender Mobilität, eine klimaschonende Landwirtschaft und nachhaltige Arbeitsformen aus.

  1. Ökologie und Soziales gehören zusammen
  2. Klimawandel, Naturzerstörung und Verlust der Biodiversität sind Existenzkrisen für die Menschheit
  3. Wirtschaft ökologisch gestalten
  4. Energiewende: sozial gerecht und naturverträglich
  5. Teilhabe für alle an umweltschonender Mobilität
  6. Ernährungs- und Landwirtschaftswende
  7. Soziale Gerechtigkeit erfordert Umverteilung
  8. Nachhaltige Arbeitsformen
  9. Globale Verantwortung
  10. In Krisenzeiten Veränderungen umsetzen

Mitzeichnende Organisationen

Informationen und Material zum Download

9-Euro-Ticket? Weiterfahren! Aktionstag am 27. August

Quelle: Website attac

9-Euro-Ticket? Weiterfahren! Aktionstag am 27. August

Initiative für Erhalt des 9-Euro-Tickets und ÖPNV-Ausbau gestartet

Unter dem Motto „9-Euro-Ticket weiterfahren!“ ist heute ein breit getragener Aufruf an den Start gegangen. Zentrale Forderung ist, das erfolgreiche Modell des 9-Euro-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr über die ursprünglich geplanten drei Monate hinaus zu verlängern. Ihre Forderungen und zahlreiche Unterstützer*innen präsentiert die Initiative auf 9-euro-weiterfahren.de.

Die Initiative stellt folgende Forderungen an die Bundesregierung:

  • Das 9-Euro-Ticket muss verlängert werden für den öffentlichen Nahverkehr im ganzen Land.
  • Die Regierung muss massiv in den Ausbau von Bus und Bahn sowie in mehr Personal zu guten Arbeitsbedingungen investieren.
  • Die Haushaltsmittel müssen umgeschichtet werden, um Mobilität für alle zu finanzieren, statt den klimaschädlichen Autoverkehr weiter zu fördern.

Die Initiative „9-Euro-Ticket weiterfahren“ wird unter anderem vom Institut Solidarische Moderne, Attac Deutschland, Changing Cities und dem Konzeptwerk Neue Ökonomie mitgetragen. Zu ihr gehören zudem prominente Persönlichkeiten wie Carla Reemtsma, Carola Rackete, Professor Christoph Butterwegge und Konstantin Wecker und auch viele Vertreter*innen aus dem sozialen, gewerkschaftlichen und ökologischen Bereich, die sich für eine sozial-ökologische Mobilitätswende einsetzen.

Achim Heier von der Attac-Kampagne „einfach.umsteigen“ sagt: „Für neun Euro weiterfahren und gleichzeitig Bus und Bahn ausbauen – so geht die sozial-ökologische Mobilitätswende. Das öffentliche Geld, das jetzt noch im Autoverkehr durch den Auspuff gejagt wird, gehört endlich in den öffentlichen Verkehr!“

„Das 9-Euro-Ticket wurde über 30 Millionen Mal verkauft und zeigt damit klar: Der Bedarf nach bezahlbarer klimafreundlicher Mobilität ist riesig“, kommentiert Sabine Leidig vom Institut Solidarische Moderne. „Die steigende Teuerungsrate zum Ablauf des 9-Euro-Monatstickets wird für viele Menschen sehr hart zu Buche schlagen. Verkehrsminister Wissing will keine Lösung, die der notwendigen Verkehrswende gerecht wird. Deshalb wollen wir Druck machen, viele Unterschriften sammeln und zum Aktionstag Ende August einladen.“

Für eine sozial und ökologisch gerechte Mobilitätswende will die Initiative zugleich den barrierefreien Ausbau und mehr gute Arbeit für besseren öffentlichen Nahverkehr. „Das 9-Euro-Ticket hat die Versäumnisse jahrzehntelanger autozentrierter Politik ins öffentliche Bewusstsein katapultiert: Kaputte Infrastruktur und überlastetes Personal bremsen den klimapolitisch notwendigen Umstieg auf die Öffis massiv,“ ergänzt Dominique Just von Robin Wood. „Die Bundesregierung muss endlich klimaschädliche Subventionen im Verkehr und unsinnige neue Autobahnprojekte streichen. Wir fordern stattdessen eine Aufbauoffensive mit 20 oder 30 Milliarden jährlich für Bus, Bahn und gute Beschäftigung.“

Mit Unterschriftensammlungen an Haltestellen, in Regionalbahnen über Social Media und auf der Homepage 9-euro-weiterfahren.de  sollen in den kommenden Wochen viele Menschen erreicht werden. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, plant die Initiative einen bundesweiten Aktionstag am Samstag, 27. August.

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Addicted! Strategische Abhänigkeiten bedrohen den Umbau der europäischen Wirtschaft

Quelle: A&W-Blog  Juli 2022 – Michael Soder

Addicted! Wie strategische Abhängigkeiten den Umbau der europäischen Wirtschaft bedrohen

Pandemie, Krieg, Klimakrise: Die globalen Krisen rücken die Frage der Versorgungssicherheit ins Zentrum der politischen Diskussion. Zusammenbrechende Lieferketten, wachsende Unsicherheit und unabwägbare Preisentwicklungen erzeugen Spannungen und vertiefen die Ungleichheit in Wirtschaft und Gesellschaft. Denn sie treffen auf wirtschaftliche Strukturen, die massiv vom internationalen Fluss von Rohstoffen (z. B. Öl, Gas, seltene Erden) und Komponenten (z. B. Halbleiter, Chips, pharmazeutische Stoffe) abhängig sind. Das gilt nicht nur für die Wirtschaft von heute. Solche Abhängigkeiten könnten auch den benötigen Umbau hin zu einer nachhaltigen, CO2-freien und digitalen Ökonomie des 21. Jahrhunderts gefährden. Europa steht somit vor der großen Herausforderung, wirtschaftliche Abhängigkeiten langfristig zu reduzieren und die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten.

Analyse der strategischen Abhängigkeiten Europas

Eines konnten wir aus dem Zusammenbrechen internationaler Lieferketten durch Pandemie und Krieg lernen: Die EU-Mitgliedstaaten sind strategisch von wichtigen Wertschöpfungs- und Lieferketten abhängig. Bereits kleinere Ausfälle oder Verzögerungen im Material- und Produktfluss können zu Engpässen, steigenden Preisen oder gar Produktionsstopps führen – mit entsprechenden Auswirkungen auf Wertschöpfung und Beschäftigung. Aus diesem Grund analysierte die EU-Kommission die Krisenanfälligkeit von 5.000 Produktionsvorgängen in Europa. Ihr Ergebnis: 137 Produkte sind sehr anfällig für Kapazitäts- und Lieferengpässe. Das bedeutet eine Gefahr für die europäischen industriellen Ökosysteme, die von Vorprodukten und Rohstoffen besonders aus China, Vietnam und Brasilien abhängig sind. Der Umbau hin zu einem CO2-freien und digitalen Europa erfordert jedoch einen stabilen und nachhaltigen Zugang zu Rohstoffen und Vorprodukten. Besonders starke Abhängigkeiten von Drittstaaten bestehen in der Produktion von erneuerbaren Energien, E-Mobilität, Elektronikkomponenten und ICT-Technologien.

Die Europäische Union erkennt den Handlungsbedarf

Anhand dieser Analyseergebnisse wird deutlich, dass Europa rasch Antworten auf die bestehenden strategischen Abhängigkeiten finden muss. Die Europäische Union versucht daher, internationale Partnerschaften weiter auszubauen, um die Lieferketten zu verbreitern und widerständiger zu machen. Die Suche nach alternativen Bezugsquellen für Erdgas ist dabei das drängendste und momentan prominenteste Beispiel.

Bestehende Industrie-Allianzen (Important Projects of Common European Interest, IPCEIs) zu Rohstoffen, Batterien und Wasserstoff sollen stärker vorangetrieben werden. Darüber hinaus sind neue Industriekooperationen zu Halbleitern und Cloud-Technologien in Planung. Sie sollen helfen, den europäischen Investitionsbedarf zu ermitteln und die Umsetzung konkreter Industrieprojekte zu unterstützen. Darüber hinaus sollen sie Innovation anregen sowie das Zusammenspiel zwischen öffentlichen und privaten Mitteln verbessern. Übergeordnete Ziele dieser europäischen Förderung sind die Substitution von Rohstoffen und Produkten, bei denen Abhängigkeiten bestehen, und der Ausbau von eigenen Produktionskapazitäten innerhalb der Europäischen Union.

The Power of the Sun: strategische Abhängigkeiten am Beispiel Photovoltaik

Die aktuelle Energiekrise und die dramatischen Preissteigerungen zeigen die Bedeutung des Zugangs zu leistbarer Energie besonders deutlich. Ohne ihn ist die Teilhabe am modernen gesellschaftlichen Leben gefährdet. Um strategische Abhängigkeiten zu reduzieren, Energie leistbar zugänglich zu machen und vor allem im Sinne des Erhalts der Lebensgrundlagen auf eine nachhaltige Basis zu stellen, braucht es daher dringender denn je eine umfassende Energiewende. Der Ausbau der erneuerbaren Energien leistet dabei gleich zweierlei: Er macht Europa langfristig von fossilen Energieträgern aus Drittstaaten unabhängiger und stellt gleichzeitig die benötigten nachhaltig erzeugten Energiemengen für den notwendigen Ausstieg aus fossilen Energien bereit.

Dem raschen Ausbau von erneuerbaren Energien und der umfassenden Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen muss politisch hohe Priorität eingeräumt werden. Wirft man jedoch einen Blick auf die bestehenden strategischen Abhängigkeiten für die Erzeugung von Sonnenenergie als besonders wichtige nachhaltige Energiequelle, wird ein weiterer politischer Handlungsbedarf eindeutig klar. Denn Europa ist strukturell nur in den nachgelagerten Segmenten der Wertschöpfungskette „Photovoltaik“ stark aufgestellt. Europäische Unternehmen sind in den Bereichen Überwachung und Steuerung sowie Systembilanz weltweit führend. Gleichzeitig bestehen erhebliche strategische Abhängigkeiten in den vorgelagerten Fertigungssegmenten. Europäische Unternehmen produzieren nur 1 Prozent der weltweit hergestellten Solarwafer, 0,4 Prozent der Solarzellen und 2 bis 3 Prozent der Solarmodule. Im Gegensatz zu Europa ist China in allen Teilen der Wertschöpfungskette führend.

Die EU-Kommission stellte nun fest, dass die Solarbranche möglicherweise nicht mehr in der Lage ist, durch Diversifikation Risiken zu mindern oder flexibel auf sie zu reagieren. Das Gleiche gilt auch für Rohstoffe, welche in die Wertschöpfungskette einfließen. Die starken strategischen Abhängigkeiten stellen damit ein enormes Risiko für die Europäische Union dar und könnten den raschen Ausbau von Sonnenenergie behindern.

You Spin me round, round – Kreislaufwirtschaft in Europa

Die vielfältigen Abhängigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zeigen leider, dass eine reine Diversifikation nicht ausreichen wird, um die Europäische Union sicher mit Rohstoffen, Gütern und Produkten für den ökologischen und digitalen Umbau zu versorgen. Zusätzlich müssen (regionale) Produktionskapazitäten gestärkt und aufgebaut werden. Darüber hinaus gilt es, Rohstoff- und Materialflüsse stärker in einem Kreis zu führen. Eine europäische Kreislaufwirtschaft kann wesentlich zur strategischen Unabhängigkeit von Drittstaaten beitragen und dabei Wohlstand und Beschäftigung schaffen.

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es eine aktive Industrie- und Strukturwandelpolitik, in welcher dem Staat als Stratege, Koordinator und Gestalter eine bedeutendere Rolle als bisher zugesprochen wird. In strategisch wichtigen Bereichen und kritischen Infrastrukturen müssen die Produktionskapazitäten innerhalb der Europäischen Union ausgebaut werden. Dabei müssen ökologische und soziale Kriterien sowie die politische Mitbestimmung von den Betrieben bis hin zur europäischen Ebene gestärkt werden.

In den letzten Jahrzehnten fokussierte Industrie- und Strukturpolitik einseitig auf die Steigerung des Wettbewerbs und der Wettbewerbsfähigkeit. Nun sind Maßnahmen nötig, die darüber hinausgehen und auch arbeitsmarkt- und bildungspolitische Elemente enthalten. Das gelingt nur mit einer aktiven und gestaltenden Rolle der öffentlichen Hand, die gute Arbeitsbedingungen, die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und eine ausreichende soziale Absicherung gewährleistet.

Dazu zählen Jobgarantien, die Langzeitarbeitslosen oder Jugendlichen durch finanzielle Unterstützung helfen, in Zukunftsberufen Fuß zu fassen. Es bedarf auch einer Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive sowie eines breiten Angebots an Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Aneignung zusätzlicher Kompetenzen. Für solche arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Maßnahmen müssen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt und ein Aktionsplan für ein koordiniertes Vorgehen erarbeitet werden.

Die aktuelle Energiekrise macht deutlich, wie wichtig tatsächliche strategische Unabhängigkeit für die Versorgung der europäischen Bevölkerung mit für das alltägliche Leben notwendigen Gütern und Dienstleistungen ist. Kurzfristig müssen wir eine leistbare und sichere Versorgung sicherstellen, etwa durch die Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis und die Einführung von regulierten Tarifen für Endverbraucher*innen. Mittelfristig müssen wir die Strukturen der energetischen Basis unserer Wirtschaft so rasch wie möglich umbauen.

 

Deutschland 2050 – Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird

„Deutschland 2050 – Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ – LesArt mit Nick Reimer ES-TV  – 117 Aufrufe 01.12.2022

Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern, aber nichts so aktuell wie ein Sachbuch über das Klima aus dem letzten Jahr. Deutschland 2050 ist schon im Sommer 2021 erschienen und damit keine „Neuerscheinung“ – aber dieses Buch wird mit jedem neuen Jahrhundertregen, mit jeder neuen sommerlichen Rekordtemperatur aktueller. Nick Reimer gibt konkrete Antworten auf die Frage, wie der Klimawandel uns in Deutschland treffen wird und was wir alle bereits JETZT von der Politik fordern sollten. #lesarts #klimakrise


Nick Reimer & Toralf Staud: Deutschland 2050 – taz Talk meets Leipzig liest extra 1.220 Aufrufe – Live übertragen am 28.05.2021 –taz – 

Wie wird unser Leben in Deutschland konkret aussehen, wenn es immer heißer, trockener und stürmischer wird? Lesung und Gespräch mit Nick Reimer und Toralf Staud über ihr neues Buch „Deutschland 2050 – Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ . Die Lesung wird moderiert von taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann.

Bei der Bundeszentrale für Politische Bildung kann das Buch zum Preis von 4,50 Euro bestellt werden.


Nick Reimer im Gespräch mit Marija Bakker: „Deutschland 2050“ –1.616 Aufrufe – Live übertragen am 11.05.2021 –

Live aus dem Social-Media-Studio der Stadtbibliothek Köln! Nick Reimer im Gespräch mit Marja Bakker: „Deutschland 2050 – Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ Aprikosen aus Hamburg, Kühlräume für Berlin und Hochleistungskühe im Hitzestress. Spätestens die Hitzesommer 2018 und 2019 sowie die auch 2020 anhaltende Trockenheit haben es deutlich gemacht: Der menschengemachte Klimawandel ist keine Bedrohung für die ferne Zukunft ferner Länder, der Klimawandel findet statt – hier und jetzt.

Doch welche konkreten Auswirkungen wird er auf unser aller Leben in Deutschland haben? Selbst wenn es Deutschland und der Welt gelingen sollte, den Ausstoß von Treibhausgasen in den nächsten Jahrzehnten drastisch zu reduzieren – bereits jetzt steht fest: Das Klima in Deutschland verändert sich. Im Jahr 2050 wird es bei uns im Durchschnitt mindestens zwei Grad Celsius wärmer sein. Was sind die praktischen Konsequenzen dieses Temperaturanstiegs? Wie wird unser Leben in Deutschland in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts konkret aussehen, wenn es immer heißer, trockener und stürmischer wird? Welche Anpassungen werden nötig und möglich sein? In ihrem neuen Buch geben die Autoren Nick Reimer und Toralf Staud konkrete Antworten auf die Frage, wie der Klimawandel uns in Deutschland treffen wird.

Auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse aus zahlreichen Forschungsfeldern schildern sie, wie wir in dreißig Jahren arbeiten, essen, wirtschaften und Urlaub machen. Welche neuen Krankheiten uns zu schaffen machen. Wie sich unsere Landschaft, unsere Wälder, unsere Städte verändern. Entstanden ist eine aufrüttelnde Zeitreise in die Zukunft: Selbst, wenn wir den Klimawandel noch bremsen können, wird sich unser Land tiefgreifend verändern. Ohne verstärkten Klimaschutz jedoch wird Deutschland 2050 nicht wiederzuerkennen sein.

Nick Reimer, geboren 1966, studierte Energieverfahrenstechnik, volontierte bei der Berliner Zeitung und war 2000 bis 2011 Wirtschaftsredakteur bei der taz. Seitdem schreibt er u.a. für Zeit online über Klima- und Umweltthemen. Für den Blog Klima-Lügendetektor.de erhielt er 2012 den Otto-Brenner-Preis. Seit 2014 hat er einen Lehrauftrag für Nachhaltigkeit und Journalismus an der Universität Lüneburg.

Marija Bakker, Jahrgang 1972, freie Journalistin. Moderiert unter anderem die Wissenschaftssendung „Quarks“ (früher Leonardo) und das Literaturmagazin „Bücher“ auf WDR 5. Beschäftigt sich – nicht nur beruflich – mit den Themen Nachhaltigkeit, Klima, Mobilitätswende. Lebt in Köln. »Das Projekt wurde gefördert im Rahmen von ›Neustart Kultur‹ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e.V.«


Übergewinne besteuern – jetzt!

 Quelle: Aktion Campact – Appell hier unterschreiben

 Übergewinne besteuern – jetzt!

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen Christian Lindner (FDP)
und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (Grüne)

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, sehr geehrter Herr Finanzminister Lindner, sehr geehrter Herr Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck,

die Spritpreise klettern weiter – und das trotz Tankrabatt. Denn Mineralölkonzerne schöpfen massiv zusätzliche Gewinne ab und machen Kasse auf Kosten von uns Bürger*innen. Die Bundesregierung muss diese Ungerechtigkeit beenden und eine Übergewinnsteuer auf die Extra-Profite von Konzernen erheben.

Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise massiv steigen – etwa für Öl, Gas und Lebensmittel.

Doch während viele Bürger*innen sowie kleine und mittelständische Betriebe hart mit den Folgen kämpfen, machen etliche Mineralöl-, Rüstungs- und Agrarkonzerne Extragewinne.

Wir fordern Sie auf:

  • Erheben Sie auf diese Krisenprofite von Unternehmen eine Übergewinnsteuer.
  • Verwenden Sie die Einnahmen, um Bürger*innen gezielt zu entlasten und zugleich die Energie- und Verkehrswende voranzutreiben.

Mit freundlichem Gruß

Was bringt eine Übergewinn-Steuer?

Wenn die Spritpreise trotz Tankrabatt hoch bleiben, wenn ein neuer Krieg viele Waffen fordert, wenn die Lebensmittel unaufhörlich teurer werden, dann heißt das: Konzerne machen Rendite mit der Krise. Mit einer einmaligen Steuer auf diese Krisenprofite kann die Gesellschaft diese Renditen für die Allgemeinheit nutzen. Denn gleichzeitig leiden Verbraucher*innen genau wie kleine und mittelständische Unternehmen unter der Inflation. Gezielte Entlastungen könnte die Bundesregierung mit einer Übergewinnsteuer finanzieren und die Einnahmen daraus in nachhaltige Energie und Mobilität investieren. Unternehmen, die weiterhin übliche Gewinne oder gar Verluste machen, profitieren auch davon: Ihre Kund*innen hätten wieder mehr Geld im Portemonnaie.

Wie funktioniert eine Steuer auf Übergewinne?

 Es gibt verschiedene Entwürfe dazu, welche Konzerne wie stark besteuert werden sollten. Gemeinsam haben die Modelle, dass sie die Gewinne seit dem Beginn des Kriegs mit denen der Vorjahre vergleichen. Wer überdurchschnittliche Gewinne einfährt, zahlt darauf eine zusätzliche Steuer. Ausnahmen sind denkbar – etwa für Unternehmen, die ihre Gewinne direkt für Investitionen nutzen. Wenn Unternehmen erhöhte Gewinne unabhängig von der Krise erwirtschaften, sollen sie natürlich keine Krisensteuer zahlen.

Welche Länder planen bzw. führen eine Übergewinn-Steuer ein?

Schon Großbritannien, Italien und Ungarn planen eine Übergewinnsteuer. Großbritannien sieht eine Übergewinnsteuer von 25 Prozent für Unternehmen vor. So soll ein Entlastungspaket finanziert werden. Wer die Gewinne direkt für Investitionen nutzt, zahlt weniger Steuern. Italien besteuert in diesem und nächsten Jahr Krisenprofite: Ebenfalls 25 Prozent Steuern zahlen Konzerne dort, wenn ihre Umsätze mehr als 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind. Das beschränkt sich jedoch auf Energieunternehmen. Alle drei Länder erwarten Einnahmen in Milliardenhöhe.

Ampelkoalition gespalten in Sachen Übergewinn-Steuer?

Grüne und SPD finden eine Krisensteuer sinnvoll. Sogar in der Opposition findet die Idee Anklang: Die Linke befürwortet sie schon lange und auch die CDU ist offen dafür. Damit sind fast alle demokratischen Parteien für eine Übergewinnsteuer. Einzig die FDP um Finanzminister Christian Lindner ist bislang dagegen. Darum appellieren wir an die Ampel-Spitzen: Einigt euch – und bringt eine Übergewinnsteuer auf den Weg!

Weitere Informationen

„Was eine Steuer auf Übergewinne bringt“, Tagesschau Online, 7. Juni 2022

„Rheinmetall verbucht Auftragsflut“, ntv Online, 6. Mai 2022

„Preisschub im Supermarktregal“, Tagesschau Online, 5. April, 2022

„,Konzeptionell wäre es das beste Instrument’“, Saarländischer Rundfunk 2 Online, 7. Juni 2022

„Lindner lehnt Übergewinnsteuer entschieden ab“, Der Tagesspiegel Online, 7. Juni 2022

„Lars Klingbeil will höhere Steuern für ,Krisen- und Kriegsgewinner’“, Zeit Online, 4. Juni 2022

„Steuer auf ,ungerechtfertigte Extra-Gewinne’“, Süddeutsche Zeitung Online, 8. Juni 2022