Die Debatte über den Umgang mit der AfD in Kommunalvertretungen muss mit Blick auf die 2024 anstehenden Kommunalwahlen an Kontrast gewinnen. Die Situationen vor Ort sind komplexer, als es der Verlauf der derzeitigen medialen Wortmeldungen nahelegt. Zur Schärfung des Diskurses hierzu einige Thesen zur Auseinandersetzung mit der AfD in der Kommunalpolitik.
Demokratisch handlungsfähig bleiben.
Die gegenwärtige Debatte vermittelt den Eindruck, ohne Zustimmung oder Beteiligung der AfD sei die Kommunalpolitik in einigen Regionen nicht mehr handlungsfähig. Dies trifft nicht zu. Mehrheiten gegen die AfD sind möglich – wenn sie gewollt und politisch klug umgesetzt werden. Hierzu zählt, dass andere Fraktionen oder Zählgemeinschaften eigenständige Anträge einbringen und Allianzen gegen die AfD bilden können.
Sozialräumliche Nähe schafft Loyalität.
Je kleiner der Sozialraum ist, in dem Kommunalpolitik handelt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit persönlich-biografischer, beruflicher, sozialer und habitueller Schnittmengen zwischen Mandatsträger*innen der AfD und denen anderer Parteien. Sozialräumliche Nähe schafft Loyalitätsverhältnisse. Wer in einem Ortschaftsrat sitzt, ist mit dessen Mitgliedern auch andernorts soziokulturell verbunden. Umso wichtiger ist das Rüstzeug, welches Mandatsträger*innen in die Lage versetzt, verantwortungsvolle demokratische Entscheidungen zu treffen, deren Ergebnisse sich nicht allein die AfD gutschreiben kann. Dabei können ein überregionaler kommunalpolitischer Austausch sowie die Hinzuziehung externer Expertise behilflich sein.
Eigene Themen setzen.
Der vermeintliche oder tatsächliche Erfolg der AfD bemisst sich zumeist an ihrer Fähigkeit zur Kommunikation ihrer inhaltlichen Agenda auf direktem Wege an ihre Wähler*innen, etwa über eine ausgefeilte und kontinuierlich betriebene Arbeit in Social-Media-Formaten. Doch gerade im kommunalen Nahraum ist es von Gewicht, der AfD nicht das Agenda-Setting im politischen Sinne sowie im sozialräumlichen Stadt- oder Ortsgespräch zu überlassen. Vielmehr gilt es, eigene Themen zu setzen, die einen inhaltlichen Kontrast zu den Inhalten und zur politischen Kommunikation der AfD deutlich und kontinuierlich zu Tage treten lassen.
Der Einzelfall und der Kontext zählen.
Pauschal für alle Fälle und Situationen gültige Aussagen zum Umgang mit der AfD in einem kommunalpolitischen Kontext jenseits grundsätzlicher Überzeugungen zu treffen, ist nicht arbeitstauglich. Was zählt, ist der Einzelfall und sein unmittelbarer Zusammenhang mit der Gestaltung des Gemeinwesens vor Ort. Das bedeutet, die Kunst der Unterscheidung zu üben, ob eine Entscheidung in jedem Falle der AfD nützt oder ob ein übergeordnetes Interesse stärker zu Buche schlägt. Dabei sollte berücksichtigt werden, nichts zu tun, was die AfD und ihre politisch-ideologische Agenda stützt oder gar stärkt. Dies gilt sowohl auf der Ebene der Entscheidung als auch auf jener der lokalpolitischen Kommunikation gegenüber der Bürger*innenschaft.
Die Kommune als politische Ressource.
Zweifelsohne betrachtet die AfD die Kommunen im Lichte der anstehenden Kommunalwahlen als politische Ressource. Hier will die Partei wachsen und arbeitet an einer langfristigen Verankerung. Es trifft jedoch ebenso zu, dass der Erwerb von Kommunalmandaten durch die AfD nicht gleichbedeutend ist mit kommunalpolitischer Kompetenz und Integrität. Es zeigt sich, dass die AfD-Mandatsträger*innen oftmals die kleinteilige Gremien- und Ausschussarbeit scheuen, wenn sie kein öffentliches Echo findet oder sich mit deren Themen nicht mobilisieren lässt. Ein systematischer kommunalpolitischer Aufbau der AfD ist derzeit nicht erkennbar.
Kommunen stärken, Selbstwirksamkeit ermöglichen.
Um langfristig rechtsextreme Akteure in der Kommunalpolitik zurückzudrängen, bedarf es einer Stärkung der Kommunen in dem Sinne, dass sich die Bürgerschaft vor Ort als politisch wirkungsmächtig und gestaltungsfähig erfährt. Dafür braucht es Kommunen mit ausreichenden Handlungsspielräumen und politischen Entscheidungskompetenzen, eine revitalisierte lokale Öffentlichkeit sowie der Stärkung der demokratischen Teilhabe vor Ort.