Medienberichterstattung über den Ukraine-Krieg – Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom 15.12.22

Quelle: Otto-Brenner-Stiftung

Die Qualität der Medienberichterstattung über den Ukraine-Krieg
Forschungsbericht zu ersten Befunden | 15.12.2022
Prof. Dr. Marcus Maurer – Dr. Jörg Haßler – Dr. Pablo Jost

„Der russische Krieg gegen die Ukraine ist nach der „Flüchtlingskrise“ und der Corona-Pandemie das dritte große Thema innerhalb der letzten Jahre, bei dem sich die Nachrichtenmedien in Deutschland massiver Kritik ausgesetzt sehen: Die Berichterstattung lasse Meinungsvielfalt vermissen, unterstütze einseitig die Positionen der Bundesregierung und befürworte dabei auch die militärische Unterstützung für die Ukraine, obwohl dies mit wirtschaftlichen und militärischen Risiken für die deutsche Bevölkerung und die ganze Welt verbunden sei.

Ob diese Vorwürfe zutreffen, ist bislang unklar, weil sie auf subjektiven Eindrücken Einzelner basieren, die stark durch ihre eigene Konfliktsicht geprägt sind.

Eine Antwort auf die Frage, ob die Inhalte von Nachrichtenmedien den publizistischen Grundsätzen von Vielfalt, Ausgewogenheit usw. entsprechen, ist aber aus unterschiedlichen Perspektiven bedeutsam: Zum einen können Erkenntnisse darüber dazu beitragen, journalistische Berichterstattung kritisch zu reflektieren. Zum anderen können sie aber auch dazu beitragen, den Journalismus vor ungerechtfertigten Angriffen zu schützen.

In der vorliegenden Studie untersuchen wir deshalb die Qualität der journalistischen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg.

Dazu haben wir eine quantitative Inhaltsanalyse der Berichterstattung von acht deutschen Leitmedien durchgeführt. Die Methode der Inhaltsanalyse ermöglicht es, mithilfe eines ausgearbeiteten Messinstruments (Codebuch) weitgehend objektive (intersubjektiv prüfbare) Aussagen über große Mengen von Nachrichtenbeiträgen zu machen. Im Zentrum der Analyse steht die Frage, wie vielfältig und ausgewogen deutsche Nachrichtenmedien über den Krieg und unterschiedliche Positionen zum Krieg berichtet haben und ob sich dies im Verlauf der ersten drei Kriegsmonate verändert hat. ….

ZENTRALE FORSCHUNGSFRAGEN IM DETAIL (AUSWAHL)
Welche Akteure kommen in der Berichterstattung vor und wie werden diese bewertet?
Welche Maßnahmen zur Lösung des Konflikts werden in den untersuchten Medien thematisiert und wie werden diese bewertet?
Welche thematischen Schwerpunkte hat die Berichterstattung?
Unterscheiden sich die untersuchten Medien in ihrer Berichterstattung (Vielfalt im Mediensystem)?
Spiegeln die untersuchten Medien die Position der Bundesregierung wider und wie werden abweichende Positionen dargestellt?

Analysiert wurde die Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen in acht deutschen Leitmedien (FAZ, Süddeutsche Zeitung, Bild, Spiegel, Zeit, ARD Tagesschau (20 Uhr), ZDF Heute (19 Uhr), RTL Aktuell (18:45)) zwischen dem 24. Februar (Tag des russischen Einmarschs) und dem 31. Mai 2022.

Die Medien wurden nach ihrer Reichweite, ihrer redaktionellen Linie (politische Ausrichtung) und ihrem vermuteten Einfluss auf die Berichterstattung anderer Medien (Meinungsführermedien) ausgewählt.

Wir können mit dieser Untersuchung folglich zwar keine Aussagen über „die Medien“ machen, sondern nur über die acht von Untersuchungsgegenstand uns untersuchten Leitmedien. Die Berichterstattung anderer etablierter Nachrichtenmedien (z. B. Regionalzeitungen) ist dieser aber mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit zumindest ähnlich.“