„Es gibt kein zurück zur Sozialen Marktwirtschaft“ – Sahra Wagenknecht „Freiheit statt Kapitalismus“ MrMarxismo 1.040 Aufrufe 17.04.2024 –„Freiheit statt Kapitalismus“ (2012)
Mehr Infos: Sahra Wagenknecht – die „Verwandlung einer Kommunistin“?! • Sahra Wagenknecht – die „Verwandlung … http://ak-oekopolitik.blogspot.de/
Über: „Die Verwandlung der Kommunistin Sarah Wagenknecht“ schreibt der Ökosozialist Saral Sarkar u.a.: „Wagenknecht qualifiziert zwar den Glauben des heutigen Neoliberalismus an den Segen deregulierter Märkte als „stumpfsinnig“ ab. Aber den Neoliberalismus der 1950er Jahre — den von Ludwig Erhard — findet sie großartig, weil er, anders als der heutige, eine sozialen Marktwirtschaft und Wohlstand für alle versprach. Sie meint, Erhard wäre heute in ihrer Partei „am besten aufgehoben“.
Schumpeter folgend, unterscheidet Wagenknecht zwischen „Kapitalisten“ und „Unternehmern“. Im Gegensatz zum Kapitalisten, für den ein Betrieb nichts als ein Anlageobjekt ist, das eine möglichst hohe Rendite abwerfen soll, ist der Unternehmer „jemand, der eine gute Idee hat, etwas Neues aufbaut und“, was für Wagenknecht das Wichtigste zu sein scheint, „so den Wohlstand steigert“. „Das Schlimme am heutigen Wirtschaftssystem ist“ nach Wagenknecht, „dass es die Kapitalisten fördert und den Unternehmern das Leben schwer macht.“
Was hat all das mit sozialistischer Politik zu tun? Unternehmer zu fördern könnte doch auch die CDU oder die SPD! Außerdem, arbeitet ein Schumpeterscher Unternehmer nicht für seinen eigenen Profit? Beutet er seine Arbeiter nicht aus? Ist eine soziale Marktwirtschaft nicht bloß ein Euphemismus für etwas sozialeren Kapitalismus — mit seinen (nach Schumpeter) normalen und nützlichen periodischen Krisen und hohen Arbeitslosenzahlen? Wagenknecht hat ihre grundsätzliche Ablehnung des Kapitalismus aufgegeben. Sie ist also doch auch ein Wendehals geworden.
Für Politiker und politische Parteien ist es legitim, zwischen ihrem kurz- und mittelfristigen Programm und ihrem langfristigen Ziel zu unterscheiden. Aber Wagenknecht sagt: „Mein Ziel ist nicht die Planwirtschaft,“ sie wolle ja keine „Zwangswirtschaft“ (sind die zwei das gleiche?), denn „eine moderne Gesellschaft braucht [angeblich] Märkte“. Ihr Ziel sei der „kreative Sozialismus.“
Klar, ihr Ziel ist soziale Marktwirtschaft mit Privateigentum an Produktionsmitteln und Konkurrenz zwischen den Unternehmen, sprich „sozialer“ Kapitalismus. In ihrem kreativen „Sozialismus“ werden natürlich kreative Schumpetersche Unternehmer gefördert. Sie will die Unternehmen nicht enteignen, sondern nur die Beschäftigten daran beteiligen. Wenn der Unternehmer stirbt, wird der Betrieb nicht vererbt, sondern größtenteils den Beschäftigten übergeben. Der neue Gedankengang von Wagenknecht, dieser ganze Diskurs, ist von vorgestern, kalter Kaffee. All das haben wir schon früher gehabt: „sozialistische“ Marktwirtschaft, Ota Siks „Mitarbeitergesellschaft“, Betriebe im Besitz der Belegschaft, das Jugoslawische Modell usw. Das alles war kein Sozialismus.
In einer „sozialistischen“ Marktwirtschaft mit Betrieben im Besitz der Belegschaften werden die Betriebe samt ihren Arbeitern nicht miteinander kooperieren, sondern um Marktanteile und Profit konkurrieren. Es werden reiche und arme Betriebe, reiche und arme Arbeiter geben. Die reichen Betriebe werden die armen ausbeuten (wie damals in Jugoslawien). Es wird das übliche Chaos des Marktes, das konjunkturelle Auf und Ab und Arbeitslosigkeit geben.
In den 1960er und 1970er Jahren mussten arbeitslose Jugoslawen ihre marktsozialistische Heimat verlassen und sich bei deutschen Kapitalisten verdingen. Wagenknecht hat die gegenwärtige Krise des Kapitalismus einfach nicht verstanden. Sie ist immer noch beschäftigt mit der Suche nach dem besten Weg, den Wohlstand der Deutschen zu steigern, und sie erweist sich dabei als eine gute Keynesianerin. Sie sagt: „Je ungleicher die Verteilung, desto langsamer wächst der Kuchen. Weil wir sinkende Renten und … miese Arbeitsverhältnisse haben, können sich die Leute viele Dinge nicht mehr leisten. … Steigen die Einkommen der Mehrheit, wird der Binnenmarkt gestärkt, und dann verbessern sich auch die Chancen, dass der Kuchen wieder größer wird.“ Das ist durchschnittliches Gewerkschafterniveau. Man sieht da keine Spur von Gedanken über Grenzen des Wachstums.
Dem Leser des Interviews kommt es vor, als hätte sie nichts von den ökologischen und Ressourcenkrisen gehört. „Wenn wir die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass das System des freien Unternehmertums gezwungen ist, sich schrankenlos zu entwickeln, während seine ökologische Basis eine unbegrenzte Ausbeutung nicht ertragen kann, merken wir, dass das eine mit dem anderen grundsätzlich unvereinbar ist.“ Prof. Barry Commoner (1917-2012) Biologe, Professor für Pflanzenbiologie – City University of New York „Schade! Sie hätte sich auch zu einer Ökosozialistin entwickeln können.“ (MrMarxismo)