„Der Markt mag Wohlstand schaffen, aber er zerstört Werte, untergräbt
Institutionen und ruiniert das Gleichgewicht zwischen Individuum und Gemeinschaft.
Der Ausgleich muss politisch gefunden, er darf nicht dem Markt
überlassen werden. Der digitale Kapitalismus ist nicht mehr bürgerlich-patriarchalisch,
er ist ein Feind traditioneller Lebenswelten und Kulturen, aplaniert
kleine Einheiten und überlässt dem Staat mit unzureichenden Mitteln den
sozialen Ausgleich einer entgrenzten Gesellschaft. … “
„Die ostdeutsche Angela Merkel würde wohl am ehesten die Werte der alten
Bundesrepublik bewahren, das würden wohl auch Rühe und Biedenkopf tun, allerdings stärker marktorientiert. Rüttgers ist auch hier ein unbeschriebenes
Blatt. Es kann nicht mehr allein darum gehen, ob die Rente bezahlbar bleibt
und welche Steuersätze Investitionen fördern, es muss auch darum gehen, wie
viele Menschen an einer von ihnen als gerecht empfundenen Gesellschaft Anteil
haben. Gesucht wird ein Vorsitzender, der dafür eine Vision hat.“
Diese beiden Textausschnitte – verfasst vor dem CDU-Bundesparteitag in Essen vom 9. bis 13. April 2000 – stammen aus der Feder eines Autors, der seit 1973 CDU-Mitglied war – und es bis 2013 blieb, der vor allem einem CDU-Politiker – Lothar Wallmann – in unterschiedlichen Ämtern gedient hatte … Publiziert wurde der Text in der April-Ausgabe 2000 der Monatszeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“ . Albrecht von Lucke schreibt in der April-Ausgabe 2020 über den Autor, dass dies sein letzter Aufsatz für die „Blätter“ gewesen sei und dass er sich seither „nicht nur hochgradig rechtsradikaliert“ habe und seine „damalige Einschätzung Angela Merkels maximal revidiert“ habe. Inzwischen bezeichne er seine „einstige Parteifreundin offen als Feindin und Kanzlerdiktatorin“.
2012 gründete er zusammen mit den CDU-Mitgliedern Bernd Lucke und Konrad Adam die „Wahlalternative 2013“. Diese strebte für die Bundestagswahl zunächst eine Zusammenarbeit mit den „Freien Wählern“ an, was aber im ersten Probelauf bei der niedersächsischen Landtagswahl Anfang 2013 nicht den erhofften Wahlerfolg brachte. Grundsätzliche Zweifel an der Kampagnenfähigkeit der sich eher als kommunalpolitische Kraft verstehenden Freien Wähler veranlassten die Gründer schließlich, mit der AfD das Projekt einer eigenen Partei zu betreiben.
Die Rede ist von Alexander Gauland.
Es lohnt sich, den damaligen Text von Gauland zu lesen: Konservativer Reformer gesucht Blätter für deutsche und internationale Politik Ausgabe April 2000