Warum Feminismus und Gleichberechtigung auch Männersache sind

#Feminismus #Gleichberechtigung #zoomIN

Warum Feminismus und Gleichberechtigung auch Männersache sind | ZoomIN

194.253 Aufrufe – 06.05.2021 –

Gleichberechtigung in Deutschland 2021: Frauen dürfen doch eigentlich alles – wählen, studieren, in jedem Beruf arbeiten. Aber trotzdem gibt es auch hier noch genug strukturelle Ungleichheiten, sei es die Bezahlung, die Familienfürsorge oder die berufliche Chancengleichheit – insbesondere im Vergleich zu Männern. Warum ist das immer noch so? Und welche Rolle haben Männer im Feminismus und für die Gleichberechtigung?

Diese Fragen hat sich auch unsere Redakteurin Maral Bazargani gestellt. Sie hat mit Feministen und Feministinnen, der Soziologin Jutta Allmendinger und der UN-Women-Vorsitzenden Karin Nordmeyer darüber gesprochen, warum Feminismus eben auch Männersache ist.

Für diese Folge ZoomIN war Maral außerdem in der Mainzer Innenstadt unterwegs und hat mit einigen Männern über das Thema Feminismus und Gleichberechtigung gesprochen. Was ganz klar wurde: Für eine gleichberechtigte Welt, in der Männer, Frauen und alle Geschlechter die gleichen Rechte haben, müssen wir alle gemeinsam kämpfen.


#Feminismus #Frauen #Gleichberechtigung

Feminismus – kann das weg? | doku | engel fragt16.907 Aufrufe – 17.03.2021

Die Vorstandsebene – durchflutet von Frauen. Männer – zuhauf in Elternzeit. Und Frauen, die sich auf Instagram so präsentieren wie sie wollen und dabei nicht auf ihren Körper reduziert werden. Realität? Ein Traumbild? Oder auf einem guten Weg dorthin? Die Feministinnen der 60er Jahre hatten lila Pluderhosen an und gingen auf die Straße. Sie kämpften für ihre Selbstbestimmung, etwa darum ein eigenes Konto führen zu können oder arbeiten zu dürfen ohne die Einwilligung ihres Ehemanns einholen zu müssen. Alles staubige Vergangenheit, die Frauen haben viel erreicht. 2021, es lebe die Gleichberechtigung, sagen die einen. Traditionelles Rollendenken ist immer noch vorhanden, die Welt nach wie vor männerdominiert, sagen die anderen. Anne Chebu will wissen: Wo liegt die Wahrheit? Feminismus – kann das weg?


https://www.youtube.com/watch?v=tcGaDPUSJL0

#2017plus

Kübra Gümüşay: Islamischer Feminismus in Deutschland13.951 Aufrufe – 02.06.2016 – Friedrich-Ebert-Stiftung

ISLAMISCHER FEMINISMUS – DER BLICK NACH DEUTSCHLAND: Ein Austausch zu feministischen Konzepten und Strategien am 25. Mai 2016 in Berlin Feminist*innen kämpfen um die Selbstbestimmung von Frauen, für Gleichberechtigung und gegen Sexismus. Auch der Islam kennt einen Feminismus und seine Vertreter*innen sind gestern wie heute präsent und geben der Bewegung ihre Stimme.

Im Februar 2016 hat die Friedrich-Ebert-Stiftung mit der Tagung „Islamischer Feminismus – Internationale Annäherungen“ einem breiten Publikum die Möglichkeit zu Austausch und Diskussion über islamische Geschlechterbilder, die Themen Frauenrechte und Gleichberechtigung sowie das Selbstverständnis islamischer Feminist*innen geboten und dabei internationale Perspektiven in den Blick genommen. Am 25. Mai 2016 haben wir daran angeknüpft und den Blick nach Deutschland gerichtet. Welche theoretischen Diskurse werden zu islamischem Feminismus in Deutschland geführt? Welche praktischen Strategien von Empowerment gibt es für muslimische Frauen Und welchen Rahmenbedingungen muss sich der islamische Feminismus in Deutschland stellen?


Islam und Feminismus – geht das zusammen? | Lass uns reden! 18.611 Aufrufe – 26.10.2019

Mit Journalistin Necla Kelek und Rapperin Lady Bitch Ray knallen zwei Welten aufeinander. Sie streiten bei „Lass uns reden!“ über Feminismus, die Rolle der Frau im Islam. Reyhan Sahin und Necla Kelek: Zwei Feministinnen mit Migrationshintergrund, zwei Stimmen, die sich für die Selbstbestimmung islamischer Frauen stark machen. Aber sie vertreten gegensätzliche Standpunkte.

Die promovierte Linguistin und Rapperin Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray fordert einen neuen Feminismus, der sich nicht nur auf die westliche weiße Frau begrenzt und explizit auch islamische Frauen einschließt. Necla Kelek, Soziologin und Vorstandsfrau von „Terre des Femmes“, hält dagegen: Für sie steht der Islam für eine systematische Unterdrückung der Frau, in der kein Platz ist für feministische Selbstbestimmung.

Politische Debatte – Pro und Contra Corona-Impfpflicht

Quelle: Deutschlandfunk 24.11.21

Politische Debatte – Pro und Contra Corona-Impfpflicht

Mehrere Spitzenpolitiker sprechen sich angesichts der angespannten Corona-Lage für eine allgemeine Impfpflicht aus. Einige Verfassungsrechtler halten einen solchen Eingriff für verhältnismäßig. Aber es gibt Bedenken. Gesundheitsminister Jens Spahn glaubt etwa, eine Impfpflicht könne das akute Problem in der vierten Welle nicht lösen.

Die Coronazahlen in Deutschland steigen aktuell in bislang nie gekannte Höhen. Die Impfquote rangiert derweil bei rund 68 Prozent und zeigt kaum noch nach oben. In dieser Lage wird auch in Deutschland über Möglichkeit, Verhältnismäßigkeit und Sinn einer allgemeinen Impfpflicht diskutiert, wie Österreich sie ab Februar 2022 einführen will.

Wer und was spricht für eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus?

Mehrere Ministerpräsidenten besonders betroffener Bundesländer sprechen sich inzwischen für eine allgemeine Impfpflicht aus. So warben etwa Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ dafür.

„Eine Impfpflicht ist kein Verstoß gegen die Freiheitsrechte. Vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen“, schrieben beide Politiker. Im „heute-journal“ des ZDF machte Kretschmann deutlich, dass er dies für verfassungskonform hält. Vor einigen Jahrzehnten habe es bereits eine Impfpflicht in Deutschland gegeben – und aktuell in abgeschwächter Form auch bei Masern.

„Wir wissen natürlich alle: Das ist ein Vorschlag nicht für jetzt sofort“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt im Deutschlandfunk. Es brauche hier verschiedene Abstufungen: Zunächst gehe es um eine Impfpflicht in Einrichtungen für besonders empfindliche Gruppen und dann im nächsten Frühjahr oder Herbst um eine Impfpflicht für alle – „kein Impfzwang und auch nicht mit gewaltanwendung aber eine Impfpflicht – das sind zwei ganz verschiedene Dinge“, so die Grünen-Politikerin. Es gebe jedoch auch logistische Fragen: Da werden wir Hilfe brauchen von THW, von Bundewehr – wir werden in Apotheken impfen müssen.“

Katrin Göring-Eckhardt (Grüne) zum Impfen in der vierten Welle

„Ich persönlich bin inzwischen als Ultima Ratio tatsächlich für diese allgemeine Impfpflicht“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) im Dlf. „Ich glaube, dass wir aus dieser Endlosschleife tatsächlich nur rauskommen, wenn diese Impfpflicht kommt. Die wird uns jetzt nicht heute und morgen helfen, aber die wird uns möglicherweise aus der Pandemie insgesamt rausbringen.“

Bayerns Gesundheitsminister Holetschek (CSU) für Impfpflicht

Zustimmung kam auch von den CDU-Regierungschefs Volker Bouffier aus Hessen, Daniel Günther aus Schleswig-Holstein und Reiner Haseloff aus Sachsen-Anhalt. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte, eine Impfpflicht käme zu spät, um die vierte Corona-Welle zu stoppen, könne aber „für die Zukunft mit Blick auf die bundesweite Situation sicherlich“ nicht ausgeschlossen werden.

Auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach befürwortet eine allgemeine Impfpflicht. „Aus meiner Sicht ist der Moment der Impfpflicht gekommen“, sagte Lauterbach im Sender n-tv und nahm Bezug auf ein Zitat des Bundespräsidenten: „Ich sehe das wie Frank-Walter Steinmeier: Was muss denn noch passieren, damit die Leute sich bequemen, eine ungefährliche Impfung über sich ergehen zu lassen, zumindest zu dem Zweck, andere zu schützen?“ Eine Impfpflicht würde allerdings erst „im Februar oder März“ entlastende Wirkung entfalten, sagte Lauterbach im Dlf. Der Deutsche Ethikrat hat bislang keine Empfehlung für eine allgemeine Impfpflicht abgegeben.

Karl Lauterbach (SPD): „Wir werden in den nächsten Wochen in eine wirklich schwierige Situation kommen“

Wer und was spricht gegen eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus?

Eine allgemeine Impfpflicht löse nicht das akute Problem, sagte der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Dlf-Interview. Die Wirkung käme „viel zu spät“. Darüber hinaus würde eine Impfpflicht auch das Verhältnis von Bürger zu Staat berühren. „Das ist ja nicht nur eine Rechtsfrage“, sagte Spahn im Dlf. „Es ist eine Frage von Freiheit und Verantwortung. Aus meiner Sicht gibt es eine moralische Verpflichtung, eine gesellschaftliche Verpflichtung, sich impfen zu lassen, weil Freiheit ja nicht heißt, jeder macht was er will.“ Eine Impfpflicht sei schwer durchzusetzen und könnte das negative gesellschaftliche Folgen haben, sagte der Gesundheitsminister.

Interview mit Jens Spahn, CDU, Bundesgesundheitsminister, zu: Impfpflicht und 2G

Er widersprach dem oft angeführten Argument, mit der verpflichtenden Pockenimpfung habe es bereits einen Präzedenzfall für eine allgemeine Impfpflicht gegeben. „Ja, die gab es mal, eingeführt im Kaiserreich, aber es war im Kern, wenn man genau hinschaut, eine Impfpflicht für Kinder, die relativ bald nach der Geburt geimpft werden mussten, und in bestimmten Berufen. Eine allgemeine Impfpflicht für jeden Menschen im Land, die hat es noch nie gegeben.“

Simulationsexperte Popper: „Es ist extrem wichtig, schnell zu entscheiden“

Der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick fürchtet im Fall einer allgemeinen Impfpflicht mit einer weiteren Verschärfung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er, er rechne damit, dass bestimmte Gruppen unter den Impfgegnern dann noch sehr viel aggressiver aufträten.

Wäre eine allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19 verfassungskonform?

Eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus wäre laut Verfassungsrechtlern ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Renommierte Juristen halten sie dennoch für vereinbar mit dem Grundgesetz. Häufig kreist die Diskussion um Artikel 2:

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

„Wenn man eine überzeugende gesetzliche Grundlage dafür schafft, dann ist das verfassungsrechtlich möglich“, sagte Verfassungsrechtler Ulf Buermeyer, Vorsitzender der „Gesellschaft für Freiheit“, im Dlf. „Ja, eine solche Pflicht wäre ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, allerdings ist dieser Eingriff vergleichsweise geringfügig. Es handelt sich ja zunächst einmal um einen Piks. Es gibt dann eine unangenehme Impfwirkung. Und es gibt außerdem extrem unwahrscheinliche Nebenwirkungen, das muss man sehen.“

Buermeyer verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Masern-Impfung. Dazu habe das Gericht im Eilverfahren „eindeutig festgestellt“, so der Verfassungsrechtler, dass „der Gesundheitsschutz, als der Schutz vor den Folgen einer Infektion, die Sorge vor den Nachteilen einer möglichen Impfung weit überwiegt“.

„Verfassungsrechtlich möglich“ – Interview mit Verfassungsrechtler Ulf Buermeyer

Impfpflichten habe es historisch gegeben, erklärte der Verwaltungsrechtler Hinnerk Wißmann von der Universität Münster in Deutschlandfunk Kultur. Bedingung für solche Maßnahmen sei aber, dass sie etwas nützten und dass „anderes nicht genügend hilft“. Wißmann sieht grundsätzlich „ganz gute Indikatoren, dass die Impfung einen Unterschied macht“. Der Zeitung „Die Welt“ sagte Wißmann, eine Impflicht sei das mildere Mittel, „wenn die Alternative ist, den freien Staat in Lockdown-Endlosschleifen abzuschaffen“.

Nach dem 1874 unter Otto von Bismarck eingeführten Reichtsimpfgesetz mussten über 100 Jahre lang Kinder im ersten Jahr nach ihrer Geburt gegen Pocken geimpft werden. Seit 1980 gelten die Pocken laut WHO als ausgerottet. Die Pocken-Impfpflicht in der Bundesrepublik wurde ab den 1970er-Jahren schrittweise abgeschafft.

 Uwe Volkmann, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht an der Goethe-Universität Frankfurt, sagte, die „Eingriffstiefe“ sei geringer als „die andernfalls erforderlichen gravierenden Freiheitseinschränkungen“. Er warf die Frage auf, ob hier nicht „eine Impfpflicht die klare und einfache Lösung wäre, weil sie auf das Recht setzt, statt beständige, auch moralische Ausgrenzung“. Das sei zwar keine optimale Lösung. „Aber es gibt im Augenblick eben auch nur zweit- oder drittbeste Lösungen.“

Wann kommt die Impfpflicht in Krankenhäusern und Pflege?

Einstimmig beschlossen wurde auf dem jüngsten Bund-Länder-Gipfel eine „einrichtungsbezogene“ Impfpflicht für Menschen, die etwa in Krankenhäusern und Pflegeheimen oder anderweitig im Kontakt mit besonders infektionsgefährdeten Gruppen arbeiten. Andere Länder wie Italien, Frankreich, Großbritannien und Griechenland haben eine Impfpflicht in Pflegeberufen schon eingeführt, andere wie Lettland, Belgien und Österreich planen, dies in den kommenden Monaten zu tun.

Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht geht es nicht nur um das medizinische Personal, sondern um alle Mitarbeitenden, die eine Einrichtung betreten, also etwa auch um Reinigungskräfte. Entscheiden soll darüber allerdings der Bundestag.

Änderung des Infektionsschutzgesetzes: Das sind die neuen Corona-Regeln

Die Ampelkoalition muss sich noch einigen. Die FDP hatte sich lange gegen eine Corona-Impfpflicht für die Beschäftigten bestimmter Einrichtungen wie Pflegeheime gewandt. Doch sie hat ihren Standpunkt geändert. Die Länder baten den Bund, die Impfpflicht „schnellstmöglich umzusetzen“. Olaf Scholz, voraussichtlich nächster Kanzler der Bundesrepublik, ging nach der Ministerpräsidentenkonferenz davon aus, dass ein entsprechendes Gesetz frühestens Mitte Dezember den Bundestag passieren könnte. Erarbeiten soll den Gesetzentwurf dazu nun der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Christel Bienstein vom Deutscher Bundesverband für Pflegeberufe begrüßt teilweise Impfpflicht

In Italien schossen die Impfzahlen mit Einführung der Impfpflicht einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge schnell nach oben. Demnach habe die Quote im Juni bei 98 Prozent gelegen und die Zahl der Infektionen in Altenheimen sei stark zurückgegangen.

Tino Chrupalla (AfD) im Interview der Woche: „Eine Impfpflicht würde die Situation verschärfen“

Gegner wie der AfD-Ko-Parteichef Tino Chrupalla fürchten, die in der MPK vereinbarte Teil-Impfpflicht könne zu Kündigungen unter ohnehin schon knappen Pflegekräften führen. In Frankreich, wo seit September eine Impfpflicht in der Pflege gilt, hat allerdings nahezu keine Abwanderung von Personal stattgefunden. Mitte Oktober hatte Frankreichs Gesundheitsminister angegeben, dass nur 15.000 der mehr als zwei Millionen Betroffenen noch nicht geimpft seien. Wiederum 0,1 Prozent dieser 15.000 Menschen seien bereit, den Schritt der Kündigung zu wählen.

Impfpflicht für bestimmte Berufe kommt, Forderungen auch aus anderen Branchen

Auch Axel Radlach Pries, der Dekan der Charité in Berlin, äußerte nur wenige Bedenken, dass Pflegekräfte durch die Impfpflicht ihren Beruf aufgeben könnten: „In Ländern, in denen es schon Impfpflichtelemente gibt, ist das so in der Form nicht wirklich passiert, und ich glaube auch, dass am Ende des Tages Personen, die im medizinischen Versorgungssektor arbeiten, doch sehr vernünftig sind und so was auch durchaus akzeptieren würden“, sagte er im Dlf.

Interview mit Axel Radlach Pries, Dekan der Charité zur Situation in den Krankenhäusern

Wissenswertes zum Coronvirus

Corona-Debatte: Vergesst den »Zusammenhalt« – Kolumne

 Quelle: SPIEGEL online –  21.11.2021, 14.19 Uhr

Eine Kolumne von Christian Stöcker

Corona-Debatte: Vergesst den »Zusammenhalt« – Kolumne

Impfgegner verschicken Morddrohungen, die Intensivstationen quellen über, die Politik aber beschwört weiter den »Zusammenhalt« und die Gefahr einer »gesellschaftlichen Spaltung«. Damit muss Schluss sein.

Hier einige Sätze aus E-Mails, die ich diese Woche als Reaktion auf diese Kolumne bekommen habe.

»Wenn in Zukunft die Verfehlungen der Coronakrise aufgearbeitet werden, dann werden Sie der erste Medienvertreter sein, der sich mit Bezug auf die Corona-Krise vor Gericht verantworten muss. Der Begriff Nürnburg 2.0 fällt immer öfter.«

»Sollten Sie fortfahren, durch Ihre Hetze eine Impfpflicht herbeizuschreiben, was Sie indirekt und absichtlich tun, so werde ich mir erlauben im Falle einer Schädigung meiner Familie durch eine von Ihnen mitzuverantwortende Zwangsimpfung Sie ganz persönlich auf alttestamentarischem Weg zur Rechenschaft zu ziehen.«

»Aufgrund dieser und weiterer Ihrer Veröffentlichungen werden wir für Sie zu angemessener Zeit die Todesstrafe in einem demokratischen Verfahren bei einem ordentlichen Gericht beantragen, denn es zeigt sich in Ihrem Denken und in Ihren Publikationen eine durchgängig gefestigte faschistische Grundeinstellung.«

»bist du eigentlich lebensmüde??? mit deiner antidemokratischen schmähschrift im spiegel hast du gerade 15 millionen ungeimpfte und teilweise auch geimpfte bürger gegen dich aufgebracht. und das sind nicht mehr nur irgendwelche dumpfbacken. das sind leute, die den intellekt, das geld und den willen haben, dich dafür zukünftig zur rechenschaft zu ziehen. in deiner haut möchte ich nicht stecken.«

»Du hast mit ihm [dem Text] so viele Menschen so sehr gegen dich aufgebracht, dass ich davon ausgehe, dass er dein Todesurteil bedeuten könnte.«

Dazu muss man sagen, dass ich mit Sicherheit weit weniger derartige Zuschriften bekomme (wenn auch bei Weitem nicht zum ersten Mal), als andere Leute, die sich öffentlich äußern: Ich bin ja weiß, männlich und auch sonst in vielfacher Hinsicht privilegiert. Viele Kolleginnen und Kollegen machen noch viel häufiger solche und noch weit schlimmere Erfahrungen.

Zwei Dinge aber finde ich an diesen Zuschriften bemerkenswert.

  1. In diversen dieser Mails (ich habe alle, in denen mein baldiger Tod angekündigt wird, zur Anzeige gebracht) wird, wie im obersten Zitat, eine Parallele konstruiert zwischen Leuten, die sich nicht impfen lassen wollen und den Opfern der Nazidiktatur. »Nürnberg 2.0«, eingestreute Zitate der Attentäter vom 20. Juli 1944, »Faschismus«-Vorwürfe. Die Ironie, dass sie selbst die »Todesstrafe« für jemanden fordern, der lediglich einen Text geschrieben hat, während sie sich als »Faschismusopfer« wähnen, entgeht den Leuten offenbar. Dieser Dreh ist natürlich nicht neu, siehe gelbe »Ungeimpft«-Sterne auf »Querdenker«-Demonstrationen. Erstaunlicherweise schicken viele mittlerweile aber Morddrohungen unter Klarnamen, manche mit Firmenadresse in der Signatur. Das führt uns zu Punkt 2:
  2. Viele derer, die da schreiben, scheinen wirklich zu glauben, dass demnächst eine politische Situation in diesem Land entstehen könnte, in der Leute wie ich hingerichtet werden – ungeachtet der Tatsache, dass eine gewaltige Mehrheit längst geimpft ist, freiwillig und bereitwillig. »Wie vielfach im privaten und dienstlichen Umkreis zu beobachten ist«, schreibt einer, »beginnt sich die Situation zur Glaubwürdigkeit der Politik und Medien langsam zu drehen, erste Absatzbewegungen sind erkennbar. Nur du scheinst den Schuss noch nicht gehört zu haben.« Er ist nicht der Einzige, der das so zu sehen scheint. In den Telegram- oder Facebook-Gruppen, in denen meine Mailadresse wohl herumgereicht wurde, existiert also nicht nur in Bezug auf Covid-19 und Impfungen eine mit den Fakten nicht übereinstimmende Parallelrealität. Sondern auch in Bezug auf die Gesellschaft als Ganzes. Wer sich für diese Gruppierung und ihre Mechanismen, Strategien und Denkweisen interessiert, dem sei dieser Report des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie sehr empfohlen (ab Seite 24).

Sicher: Diejenigen, die solche Mails schreiben, sind ganz sicher nicht repräsentativ für alle Ungeimpften in diesem Land. Es gab auch durchaus differenzierte und höfliche Zuschriften von Menschen, die der Meinung sind, dass bei ihnen eine medizinische Indikation eine Impfung ausschließt, wofür ich größtes Verständnis habe. Gerade Personen, die sich nicht impfen lassen können, müssen ja von den Übrigen mitgeschützt werden. Und Leute, die aus ganz anderen Gründen auf ein Intensivbett angewiesen sind.

Die bemerkenswerte Karriere des Begriffs »Zusammenhalt«

Was uns zu einem, jenseits von Extremisten und ihren Morddrohungen, viel häufiger geäußerten Argument all jener führt, die Kritik an mangelnder Impfbereitschaft ablehnen: Das führe zu einer »gesellschaftlichen Spaltung« oder gefährde den »Zusammenhalt«.

Vor einigen Wochen hatte ich am New Institute in Hamburg die Gelegenheit, einen Vortrag des in Princeton lehrenden Politologen Jan-Werner Müller zu hören. Er wies unter anderem darauf hin, welch eine bemerkenswerte Karriere der Begriff »Zusammenhalt« in der öffentlichen Debatte hierzulande in den vergangenen Jahren gemacht hat.

»Nicht der Konflikt an sich ist eine Gefahr für das Gemeinwesen«, heißt es in einem Essay, den Müller im Sommer veröffentlichte, »es kommt vielmehr ganz darauf an, wie er angezettelt wird und unter welchen Bedingungen er beigelegt werden kann«.

Immer wieder die gleichen Teile?

Der derzeit am gleichen Institut tätige Verfassungsrechtler Christoph Möllers schrieb in einem 2020 erschienenen Buch: »Politische Spaltung entsteht nicht aus zu vielen, sondern aus zu wenigen Unterscheidbarkeiten.« Von einer politischen Spaltung könne man ohnehin nur sprechen, »wenn sich eine Gesellschaft immer wieder in die gleichen Teile teilt«.

Interessanterweise beziehen sich beide in ihren Texten auf eine andere, etwas ältere Kritik an vermeintlich den Zusammenhalt bedrohenden Tendenzen: die Kritik an »Identitätspolitik«. Der Vorwurf, den »Zusammenhalt« zu gefährden kommt nämlich oft von rechts. Wer gleiche Rechte für die eigene Gruppe fordert, gefährdet aber zunächst einmal nur den Status quo, nicht den »Zusammenhalt«.

Dass Menschen, die sich gegen Rassismus, Sexismus oder gar sexuelle Nötigung wehren, dem »Zusammenhalt« schaden sollen, finden beide Autoren abwegig. »Der Versuch, soziale Fairness gegen Antidiskriminierungspolitik auszuspielen, basiert letztlich auf der irrigen Vorstellung, es handele sich dabei um eine Art Nullsummenspiel«, schreibt Müller. Und über den Begriff »Zusammenhalt« selbst: »Ohne eine Einbettung in einen größeren Zusammenhang von Werten bleibt der Begriff politisch-moralisch unbestimmt.«

Den Boden gemeinsamer Werte längst verlassen

Dieser Satz passt erschreckend gut zur aktuellen Situation, denn einmal mehr wird der Wunsch nach gesellschaftlicher Solidarität (nun durch den Akt des Impfens) jetzt unter Verweis auf die Gefahr von »Spaltung« und die Bedrohung des »Zusammenhalts« infrage gestellt. Leute, die Mails mit Morddrohungen schreiben, und auch solche, die anonymen Behauptungen in irgendwelchen Telegram-Kanälen mehr Glauben schenken als dem Robert Koch-Institut oder der ständigen Impfkommission, haben den Boden gemeinsamer Werte aber längst verlassen.

Zum Lesen und Weiterleiten: Warum soll ich mich impfen lassen? Eine Kolumne von Sascha Lobo

Das Gleiche gilt für diejenigen, die sich mit Holocaust-Opfern vergleichen, weil sie die Risikobalance zwischen Impfung und Infektion noch immer nicht verstehen wollen. In diesem Zusammenhang sei noch einmal diese argumentative Handreichung von Sascha Lobo empfohlen.

Ich persönlich würde nicht so weit gehen wie Christian Vooren, der diese Woche in der »Zeit« forderte, die Gesellschaft müsse diesen Weg sogar gehen. Nötig sei »ein scharfer Keil. Einer, der die Gesellschaft spaltet«, aber an der richtigen Stelle.

Man löst das Problem nicht, indem man den Verblendeten entgegenkommt

Ich glaube, diese Spaltung existiert längst: Es gibt eine noch immer relativ kleine Gruppe von Menschen, die sich aus dem Werte- und Faktenkanon aller Übrigen verabschiedet hat. Anderswo, etwa in den USA, ist es weit schlimmer. Es ist durchaus möglich, dass sich diese Gruppe auch hierzulande so verfestigt, dass sich dadurch ab jetzt unsere »Gesellschaft immer wieder in die gleichen Teile teilt«, um es mit Möllers zu sagen, aber ausgemacht ist das nicht.

Man wird diesem Problem jedenfalls nicht begegnen, indem man denen, die den Boden gemeinsamer Werte und geteilter Tatsachen verlassen haben, möglichst weit entgegenkommt. Betrieben wird die »Spaltung« nicht von bald 80 Prozent Geimpften ab 12 Jahren, und auch nicht von Leuten, die nicht an eine globale Verschwörung glauben. Aber das Leid etwa von Schulkindern, Eltern, Studierenden, Pflegekräften, Intensivmedizinerinnen und -medizinern war bislang offenbar weniger wichtig als der »Zusammenhalt«.

Zusammenhalt trotz Stümperei

Tatsächlich hat ein weit überwiegender Teil der Bevölkerung in den vergangenen 20 Monaten enorme Bereitschaft zum Zusammenhalt bewiesen, trotz himmelschreiender politischer Stümperei. Die Politik, die künftige Regierung verhalte sich »wie auf einer Party, auf der sich alle einig sind, dass man eine Spaltung der Gesellschaft doch auf keinen Fall riskieren wolle«, schrieb Jan Feddersen diese Woche in der »taz«, »und genau das ist falsch, weil Rücksicht genommen wird, hinter der sich Entscheidungsschwäche verbirgt.«

Pandemie und Klima: Überraschte Politiker sind schlechte Politiker Eine Kolumne von Christian Stöcker

Deutsche Corona-»Strategie«: Der schlimmste, ärgste, längste Fehler Eine Kolumne von Christian Stöcker

Das stimmt: Man hätte beispielsweise mit mehr und viel früheren 2G-Regeln, Impfpflichten für bestimmte Berufe und anderen Maßnahmen schon lange dafür sorgen können, dass die jetzt unausweichliche Katastrophe auf den Intensivstationen ausbleibt oder zumindest weniger schlimm ausfällt.Gesellschaftliche Konflikte zu ignorieren, um den »Zusammenhalt« nicht zu gefährden, hilft in einer Demokratie nicht weiter.

Christian Stöcker  – Jahrgang 1973, ist Kognitions­psychologe und seit Herbst 2016 Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Dort verantwortet er den Studiengang »Digitale Kommunikation«. Vorher leitete er das Ressort Netzwelt bei SPIEGEL ONLINE.

Stöcker, Christian:  Das Experiment sind wir: Unsere Welt verändert sich so atemberaubend schnell, dass wir von Krise zu Krise taumeln. Wir müssen lernen, diese enorme Beschleunigung zu lenken. Verlag: Karl Blessing Verlag –  Seitenzahl: 384 – 22,00 €.

SWR-Leute: Wolfgang Heim spricht mit dem Mediziner und Wissenschaftsjournalisten Dr. Werner Bartens

Quelle: SWR-Leute vom 25.11.2021

Er ist Arzt und promovierte über den Einfluss der Gene auf Herzinfarkte. Er ist Germanist und Historiker. Und er arbeitet seit vielen Jahren als leitender Redakteur im Wissenschaftsressort der Süddeutschen Zeitung.

Werner Bartens hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. „Das Ärztehasser-Buch“ und „Das Lexikon der Medizin-Irrtümer“ etwa wurden Bestseller. In seinem neuen Buch „Ist das Medizin – oder kann das weg?“ beschreibt er, welche Therapien helfen und welche nicht.

Sendung vom 25.11.2021

Rückkehr nach Reims – Film zum Buch von Didier Eribon

Quelle: ARTE Mediathek

Rückkehr nach Reims – Film zum Buch von Didier Eribon

Mit „Rückkehr nach Reims“ sorgte der französische Soziologe Didier Eribon international für Aufsehen. In dem Buch reflektiert der selbst aus dem armen Arbeitermilieu stammende Eribon über Themen wie Homophobie, Rassismus, sowie den Wandel der französischen Arbeiterschaft von den 50er Jahren bis heute. Der Dokumentarfilm vertieft Eribons Analyse.

Nach dem Tod seines Vaters reist Didier Eribon zum ersten Mal nach Jahrzehnten der Entfremdung von Familie und Herkunft wieder in seine Heimatstadt Reims zu seiner Mutter. Gemeinsam mit ihr sieht er sich Familienfotos an und hört ihren Erzählungen zu – diese Reise zurück in die Vergangenheit ist Ausgangspunkt des in Ich-Perspektive erzählten Buchs, in dem Eribon seine persönliche Geschichte mit soziologischer Reflexion verknüpft. Die Familiengeschichte, die bis zu seiner Großmutter mütterlicherseits zurückreicht, spiegelt unter anderem die Geschichte der Arbeiterschaft ab den 50er Jahren wider, auf die sich Regisseur Jean-Gabriel Périot in seinem Film konzentriert.
Die filmische Erzählung entsteht aus dem Zusammenspiel einer zusammengestellten Chronologie von Ereignissen bis heute, zeitgeschichtlicher Archivaufnahmen unterschiedlichster Art, Fotos sowie Filmausschnitten. „Rückkehr nach Reims“ verquickt kollektive und individuelle Geschichten, Realität und Fiktion. Ist die soziale Ungleichheit, die im Buch als „nackte, ausbeuterische Gewalt“ bezeichnet wird, Ursprung für die teils rassistische Weltanschauung der Arbeiterschaft? Liegt in der Abwertung der Anderen die Aufwertung des Selbstbilds? Welche Zusammenhänge können zwischen der Herkunft der Arbeiterfamilien und der häufigen Hinwendung zu einer rechtsextremen politischen Anschauung gesehen werden? Und warum wird sich ungern zu der Wahl des Rassemblement National bekannt? Der Film begibt sich auf die Suche nach Antworten.

Regie: Jean-Gabriel Périot – Land: Frankreich – Jahr: 2020

Dauer: 83 Min. Verfügbar: Vom 16/11/2021 bis 28/05/2022 – Genre: Dokus und Reportagen

Nächste Ausstrahlung am: Montag, 13. Dezember um 01:10