TTIP 2.0 – Risky business in TTIP 2.0

  1. Juni 2020 –  Laura Große

Quelle: NGO lobbycontrol

Neue Studie: „Risky Business in TTIP 2.0“

Handel: CETA, TTIP, TiSA, JEFTA

Vor fast genau einem Jahr, im Juli 2019, reisten wir zum zivilgesellschaftlichen Dialog der EU-Kommission nach Brüssel. Der Anlass: Wenige Monate zuvor hatten die EU mit den USA neue Verhandlungen aufgenommen. Nun wollte die verantwortliche Generaldirektion Handel (DG Trade) die Zivilgesellschaft über den Stand der Gespräche informieren. Offiziell waren die Ambitionen viel bescheidener als noch bei TTIP, das an heftigen zivilgesellschaftlichen Protesten schließlich gescheitert war. Doch spätestens auf der Veranstaltung der DG Trade bestätigte sich, was wir zuvor befürchtet hatten: Regulatorische Kooperation ist ein zentrales Element des geplanten Abkommens mit den USA – und die Pläne gehen weit über das hinaus, was die Verhandlungsmandate eigentlich erlauben.

Details gibt es nur wenige, die Kommission schweigt sich aus und hält die Inhalte der Gespräche weitgehennd unter Verschluss. Ein Rückschritt, denn im Zuge der Proteste gegen TTIP, CETA und andere Abkommen hatte sie eigentlich Verbesserungen versprochen: In Zukunft werde es in der Handelspolitik transparenter und demokratischer zugehen, man wolle die Zivilgesellschaft besser informieren und den ausgeglichenen Austausch mit allen betroffenen Interessen suchen. Für einige Jahre hielt sich die Kommission auch an ihre selbstgesteckten Vorgaben.

Doch bei den neuen Verhandlungen mit den USA bricht die Kommission mit ihrer Transparenzpolice. Auch deshalb halten uns die Gespräche seither ganz schön auf Trab. Wir recherchierten Hintergründe, informierten unsere Kooperationspartner und Unterstützer:innen und trieben die Vernetzung auf europäischer Ebene vorangetrieben. In unserer neuen Veröffentlichung erklären wir jetzt die Hintergründe der Verhandlungen und zeigen die Beweggründe und Akteure hinter regulatorischer Kooperation. Tatsächlich machen vor allem die Lobbys exportstarker Konzerne und Industrien dafür Druck: Denn unterschiedliche technische Vorgaben und hohe Schutzstandards sind für sie bloß ein Hindernis auf dem Weg zur Profitmaximierung.

Briefing_TTIP-2.0 März2020

Mit seiner aggressiven Außenpolitik nach Corona schadet China am meisten sich selber

Neue Züricher Zeitung, 1.6.2020

Brahma Chellaney

Wegen des Versuchs, die Entstehung und Verbreitung von Covid-19 möglichst lange zu vertuschen und in der Folge aus der Pandemie möglichst viel Kapital zu schlagen, steht China weltweit in der Kritik. Dass es sich als Reaktion darauf für einen Kurs der Einschüchterung entschieden hat, zeugt von Kurzsichtigkeit.

Die global virulent werdende Gegenreaktion auf China wegen seiner Verantwortung für die von Wuhan ausgehende Corona-Pandemie hat in den vergangenen Wochen an Intensität gewonnen. Und China selber hat Öl ins Feuer gegossen, wie seine jüngsten Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong zeigen. Angefangen bei der impliziten Erwartung politischer Gegenleistung für die Versorgung notleidender Länder mit medizinischer Schutzausrüstung bis hin zur Zurückweisung von dringlicher werdenden Forderungen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung der Herkunft des Virus: Die Einschüchterungstaktik der Regierung von Präsident Xi Jinping hat das kommunistische Regime Chinas beschädigt und isoliert.

Die Gegenreaktion könnte vonseiten des Westens in Form von Sanktionen erfolgen, da Xis Regime versucht, Hongkongs Prinzip von «ein Land, zwei Systeme» mit seinem Entwurf neuer nationaler Sicherheitsgesetze für das Territorium des Stadtstaates auszuhebeln, wo es seit über einem Jahr immer wieder zu grossen prodemokratischen Protesten kommt. Allgemein betrachtet, führt Xis überzogenes aussenpolitisches Vorgehen zu wachsender Feindseligkeit nicht nur in der Nachbarschaft, sondern in aller Welt.

Neoimperialistische Agenda

Wäre Xi klug gewesen, hätte China versucht, den durch die Pandemie verursachten Imageschaden mit Einfühlungsvermögen und Mitgefühl zu beheben, indem es beispielsweise fast bankrotten Partnerländern der Belt-and-Road-Initiative einen Schuldenerlass und ärmeren Ländern medizinische Hilfe gewährt hätte, ohne deren Rückendeckung für seinen Umgang mit dem Corona-Ausbruch zu erwarten. Stattdessen hat China auf eine Weise gehandelt, die seine eigenen langfristigen Interessen untergräbt.

Ob durch seine aggressive «Wolf Warrior»-Diplomatie – benannt nach zwei chinesischen Filmen, in denen chinesische Spezialeinheiten US-Söldner in die Flucht schlagen – oder durch militärisch unterstützte expansionistische Vorhaben in Chinas Nachbarschaft: Xis Regime hat international Besorgnis ausgelöst. Tatsächlich betrachtet Xi, der selbsternannte unentbehrliche Führer des Riesenreiches, die gegenwärtige globale Krise als Gelegenheit, seinen Griff nach der Macht zu verstärken und seine neoimperialistische Agenda voranzutreiben. So sagte er kürzlich vor einem Universitätspublikum: «Die grossen Schritte in der Geschichte wurden alle nach grossen Katastrophen gemacht.»

China hat definitiv versucht, möglichst viel aus der Pandemie herauszuschlagen. Nachdem es im Januar einen Großteil des weltweit verfügbaren Angebots an medizinischer Schutzausrüstung aufgekauft hatte, betrieb es Preistreiberei und offenkundig Profitmacherei. Chinesische Exporte von minderwertiger oder defekter medizinischer Ausrüstung haben den internationalen Ärger zudem noch verstärkt.

Während die ganze Welt mit Covid-19 kämpft, hat das chinesische Militär erneut Grenzstreitigkeiten mit Indien provoziert und versucht, die Gewässer vor den von Japan kontrollierten Senkaku-Inseln zu kontrollieren. China hat zudem kürzlich zwei neue Verwaltungsbezirke im Südchinesischen Meer eingerichtet und sein Eindringen und andere Aktivitäten in diesem Gebiet verstärkt. Anfang April rammte und versenkte ein Schiff der chinesischen Küstenwache ein vietnamesisches Fischerboot, was die Vereinigten Staaten veranlasste, China darauf hinzuweisen, «die [pandemiebedingte] Ablenkung oder Verwundbarkeit anderer Staaten nicht länger auszunutzen, um seine unrechtmässigen Ansprüche im Südchinesischen Meer auszuweiten».

Den Rest des Artikel hier lesen!

Brahma Chellaney ist Professor für strategische Studien am Zentrum für Politikforschung in Delhi und Fellow an der Robert Bosch Academy in Berlin. Er hat neun Bücher verfasst, darunter «Asian Juggernaut», «Water: Asia’s New Battleground» und «Water, Peace, and War: Confronting the Global Water Crisis». – Aus dem Englischen von Sandra Pontow.


Neue Weltordnung mit Indien-Experte Brahma Chellaney

1.182 Aufrufe  – 6.11.2018

Indien ist mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden längst ein politisches wie wirtschaftliches Schwergewicht. Doch wie sieht Neu-Delhi seine Position in einer von geopolitischen Umwälzungen geprägten Welt? Wird Indien, zu Zeiten des Kalten Krieges noch führendes Mitglied der Bewegung der Blockfreien Staaten, seine außenpolitische Neutralität bewahren können, oder erfordern die aktuellen Herausforderungen – politische Instabilität und Extremismus in der Region, die Nachbarschaft zu Pakistan und China, maritime Sicherheit, Klimawandel – einen strategischen Kurswechsel? Brahma Chellaney, Experte für indische Außenpolitik, spricht mit Britta Sandberg, Der Spiegel, und Nora Müller, Körber-Stiftung, über aktuelle Trends und Entwicklungen. In Kooperation mit Der Spiegel. Moderation: Britta Sandberg, Der Spiegel & Nora Müller, Körber-Stiftung Aufzeichnung vom 9. Januar 2018 im KörberForum

Gegen den Green Deal: Corona und die Lobby-Orgien

Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik, Ausgabe 6/2020

Zusammenfassung eines Textes von Sven Giegold

Gegen den Green Deal: Corona und die Lobby-Orgien

von Sven Giegold

Während in ganz Europa nach Lösungen zur Bekämpfung der Coronakrise gesucht wird, versuchen Lobbyisten die Krise für laschere Regulierungen auszunutzen.

Dabei lassen sich die Lobbyorgien der Verbände auf nationaler wie EU-Ebene grob in zwei Strategien aufteilen.

Strategie 1: Die ganz dreisten Lobbyisten fordern, lange Beschlossenes zurückzudrehen. Dazu gehören CO2-Grenzwerte für Autos, Verbote von Einwegplastik, Ökodesignregeln für Elektroprodukte oder Verbote giftiger Chemikalien.

  • In diesem Sinne wandten sich die vier europäischen Dachverbände der Automobilindustrie an Ursula von der Leyen. In dem gleichen Brief, in dem sie die bisherigen finanziellen Staatshilfen für die Autoindustrie loben, verlangen sie, dass „Anpassungen am Zeitplan einiger Gesetze vorgenommen werden müssen“. Damit meinen sie beispielsweise die bereits vor Jahren beschlossenen Ziele zur CO2-Reduzierung.
  • Ein besonders unverschämtes Beispiel ist die Der Dachverband europäischer Kunststoffverarbeiter (EuPC) fordert die EU-Kommission auf, die Fristen der EU-Einwegplastik-Richtlinie auf nationaler Ebene um mindestens ein weiteres Jahr zu verschieben. Des Weiteren sollen alle bereits 2019 beschlossenen Verbote für Einwegplastikprodukte aufgehoben werden.
  • Nicht weniger schamlos gehen zwei Branchenverbände für Verbrauchertechnologie vor. Sie fordern die Kommission auf, neue Ökodesign-Regeln für externe Netzteile auszusetzen. Diese technischen Details zur Effizienz der Geräte wurden über Jahre in engem Kontakt mit der Industrie verhandelt. 2019 offiziell beschlossen, traten sie am 1. April 2020 in Kraft.
  • Der mächtige Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erhofft sich, dass das Verbot von Perfluoroctansäure (PFOA), einer potentiell krebserregenden und äußerst langlebigen Chemikalie, verschoben wird. Bereits im Mai letzten Jahres hatten mehr als 180 Länder auf UN-Ebene vereinbart, die Produktion und Verwendung von PFOA zu untersagen. Nun kommt die Coronakrise wie gerufen, um sich dieser lästigen Regulierung so lange wie möglich zu entledigen.

Strategie 2: Die zweite Gruppe der Lobbyoffensiven beschränkt sich auf die Forderung, keine zusätzlichen Regeln einzuführen. Während Klimawandel und Artensterben unaufhörlich voranschreiten, sollen die Regierungen Europas uns doch bitte nicht weiter mit Umweltschutz belästigen.

  • Die Protestorganisation konventioneller Bauern „Land schafft Verbindung droht ganz offen, dass die deutschen Bauern „nicht mehr in der Lage sein werden, die Grundversorgung sicherzustellen“, wenn während der Coronakrise EU-Recht umgesetzt wird, um die massive Belastung mit Stickstoff der deutschen Gewässer zu verringern. Die neue deutsche Düngeverordnung wurde am Ende gegen den großen Widerstand der Bauern angenommen und mit einem knappen Ergebnis im Bundesrat verabschiedet.
  • Auch in Deutschland setzen sich vor allem die Autolobbyisten dafür ein, dass eines der Kernversprechen des Green Deals nicht umgesetzt wird. Sie wollen die angekündigte Überprüfung und Verschärfung der CO2-Grenzwerte verhindern. Dazu intervenierten die deutschen Hersteller wiederholt bei der Bundesregierung, obwohl diese sich schon im Januar auf die Seite der Automobilindustrie geschlagen und gegen den Green Deal gestellt hatte.
  • Fluggesellschaften, die in ganz Europa bald mit Steuergeld gerettet werden müssen, positionieren sich schon jetzt scharf gegen jegliche Steuern auf Kerosin. Damit auch in Zukunft, wenn wieder reichlich Gewinne erflogen werden, möglichst niemand über eine angemessene Abgabe auf den fossilen Brennstoff nachdenkt.
  • Business Europe, einer der mächtigsten Lobbyverbände in Brüssel, zu dessen Mitgliedern neben dem Bundesverband der Deutschen Industrie zahlreiche namhafte deutsche Unternehmen – von Bayer und Bosch über Henkel und Siemens bis zu Volkswagen – zählen, verkündet derweil, es sei unausweichlich, dass der Zeitplan und der Umfang neuer, großer europäischer Initiativen geändert werden müsse. Nicht genannt, aber impliziert: der geplante Green Deal der EU.

Sie alle scheinen nicht verstanden zu haben, dass gerade in Zeiten der Krise in die Zukunft investiert werden muss. Um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industriezweige zu gewährleisten, müssen heute die Weichen auf Nachhaltigkeit gestellt werden. Ansonsten wirtschaften wir uns von einer Krise ohne Umweg in die nächste.

Wie begründen die Lobbyisten ihre Wünsche?

  • Die Plastikindustrie argumentiert, Einwegprodukte aus Plastik seien während der Coronakrise gerade in Krankenhäusern unersetzlich. Die EU-Verbote schließen allerdings Produkte, die für medizinische Zwecke genutzt werden, ohnehin ausdrücklich von den Regeln aus. Dagegen ist es schwer zu begreifen, warum eine Aufhebung des Verbots von Luftballonstäben, Trinkhalmen oder Wattestäbchen in der Coronakrise helfen könnte.
  • Andere behaupten, die Coronakrise hätte ihre Probleme gleich komplett gelöst. Der Branchenverband der fleischverarbeitenden Industrie führt an, dass die Luftverschmutzung global gesunken sei. Die EU-Kommission möge daher doch bitte überdenken, die Emissionen aus der intensiven Nutztierhaltung schärfer zu regulieren – obwohl die sogenannten Nutztiere weiterhin unter genau denselben Bedingungen gehalten werden wie vor der Krise.
  • In die gleiche Kategorie fallen Städte, die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge aussetzen wollen, weil sich durch die Ausgangsbeschränkungen die Luftqualität verbessert habe.
  • Eine beliebte Rechtfertigung ist auch, dass zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Coronakrise die Umweltgesetze zurückgefahren werden müssen. So fordert der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels bereits, nach der Coronakrise die Zugangsbeschränkungen für Autos in Innenstädten in Deutschland aufzuheben.
  • Die häufigste Begründung ist natürlich, dass Klima- und Umweltschutz während der Wirtschaftskrise einfach zu teuer ist. Pünktlich zum Petersberger Klimadialog im April verkündete der BDI, die EU-Klimaziele für 2030 müssten auf den „Prüfstand“. Denn die Coronakrise ließe „reduzierten Spielraum für Investitionen jeder Art“. Und die Schifffahrtsindustrie droht in Brüssel, dass „Tausende von Unternehmen und Arbeitnehmern zurückbleiben“ werden, „wenn die Fristen [des Green Deal] um jeden Preis eingehalten werden“.

Strategien der Lobbyisten scheinen zumindest teilweise aufzugehen

Was bei diesen Warnungen jedoch immer verschwiegen wird: Investitionen in klimaneutrale Technologien sind die effektivste Art und Weise, Arbeitsplätze zu retten und neue zu schaffen. Langfristig können Jobs und Wettbewerbsfähigkeit nur erhalten werden, wenn der wirtschaftliche Aufschwung sozial und ökologisch nachhaltig ist. Deshalb muss er auf dem ambitionierten Europäischen Green Deal und dem Pariser Klimaabkommen fußen.

Dass die Strategie der Industrielobbyisten zumindest teilweise aufzugehen scheint, zeigt sich schon an den vielen Stimmen aus der Politik, die ganz ähnlich argumentieren.

  • Der liberale tschechische Premierminister Andrej Babiš will den Green Deal gleich ganz „vergessen“.
  • Und CDU-Politiker verkünden wahlweise, Deutschland solle sich „für eine zeitliche Streckung der klimapolitischen Zielvorgaben einsetzen“, der Green Deal sei „schlicht nicht mehr finanzierbar“ oder es wäre an der Zeit, einen „Kassensturz zu machen und zu überlegen, welche Belastungen zumutbar sind“.
  • Die CDU-Bundestagsfraktion hat nun beschlossen, dass weitere Emissionsminderungen besser im Ausland geleistet werden sollen, gegen deutsche Kompensationszahlungen.
  • Und im Kanzleramt verhandelt eben jener Wirtschaftsminister, der die EU-Kommission bat, keine neuen CO2-Grenzwerte für Autos einzuführen, mit den Automobilbossen unter Ausschluss der Umweltorganisationen über die Details milliardenschwerer Rettungsprogramme.
  • Und während die Kanzlerin von gesteigerten Klimaambitionen spricht, wird die deutsche Lufthansa ohne jegliche Klimaauflagen gerettet.

Es gibt auch andere Stimmen

Von der notwendigen Transformation unserer Wirtschaft und unseres Lebensstils können wir uns nicht freikaufen. Dass es auch anders geht, zeigen unsere französischen Nachbarn.

  • Dort wird Air France nur unter scharfen Umweltauflagen mit Steuerzahlergeld gerettet.
  • Auch anderswo regt sich Widerstand gegen die Lobbyorgien. Der Vizepräsident der EU-Kommission und Green Deal-Chef Frans Timmermans kritisierte scharf, dass „einige versuchen, notwendige Regeln zurückzudrehen“.
  • Auch in der Industrie gibt es durchaus andere, ökologisch ambitionierte Stimmen. Fast 70 deutsche Unternehmen fordern „die konsequente Ausgestaltung eines ambitionierten und konstruktiven Green Deals“. Konjunktur- und Investitionsprogramme sollten „systematisch klimafreundlich“ sein.
  • In einer ähnlichen, französischen Initiative fordern 90 Unternehmen, „einen großen Teil der für die wirtschaftliche Erholung vorgesehenen Finanzmittel“ in die „ökologische Transformation“ zu investieren.
  • Einen Aufruf für eine „Green Recovery“ aus dem Europäischen Parlament unterschrieben neben europäischen Politiker*innen und Umweltorganisationen auch viele CEOs namhafter Unternehmen.

Hier zeigt sich, dass beim Klimaschutz die Spaltung nicht einfach zwischen Arbeit und Kapital verläuft. Vielmehr sind die Unternehmenslobbys selbst gespalten. Viele Unternehmen haben die Zeichen der Zeit tatsächlich verstanden und wollen in eine lebenswerte Zukunft investieren.

Doch es gibt eben auch jene, die öffentlich ihren Namen durch wohlklingende Klimaschutz-Aufrufe aufpolieren, während ihre relativ anonymen Lobbyverbände in Brüssel und Berlin die schmutzige Arbeit für sie machen.Auf dieses Spiel dürfen sich die EU-Kommission und das Europaparlament auf keinen Fall einlassen.

Wer in Berlin und Brüssel die Coronakrise für laschere Regulierungen ausnutzen will, setzt die Zukunft ganzer Branchen aufs Spiel. Längst beschlossene Ziele und Regeln zu umgehen, wird uns nicht aus der Wirtschaftskrise in Folge von Corona führen. Um gestärkt aus dieser Krise zu kommen, benötigen wir Investitionen in zukunftsfähige Technologien. Alles andere ist kurzsichtig und verantwortungslos.

Wir sollten die Coronakrise nicht ungenutzt verstreichen lassen. Doch anders als Teile der Industrie suggerieren, müssen wir die Krise nutzen, um uns wetterfest zu machen. Denn Klimawandel und Artensterben gehen unentwegt weiter. Nur eine ganzheitlich transformierte Gesellschaft, die nachhaltig wirtschaftet und soziale Ungleichheit begrenzt, wird daher in Zukunft bestehen können. Der Green Deal der EU ist das Fundament für diesen nachhaltigen Aufschwung und unser europäischer Beitrag zum globalen Umwelt- und Klimaschutz. Ihn zu verschleppen, würde bedeuten, die Zukunft Europas aufs Spiel zu setzen. Nutzen wir die Krise also, um den Europäischen Green Deal konsequent und schnellstmöglich umzusetzen.

Eine noch längere Liste von Beispielen für die Lobbyorgie gegen den Green Deal finden Sie hier: www.sven-giegold.de/lobbyisten-verwaessern-green-deal/

Siehe dazu auch: Sven Giegold: European Green Deal: Brüssel lenkt, Berlin bremst. In: Blätter: April 2020

Corona-Krise: Was lernen wir daraus?

Quelle: Urania Berlin

Autor: Dr. Ellis Huber

Am Ende seines Aufsatzes mit dem Titel „Das Virus, die Menschen und das Leben“ vom 25.3.2020 schreibt Dr. Ellis Huber zur Frage, was wir aus der Corona-Krise lernen könnten?

Die Coronakrise zeigt die hohe Anfälligkeit global vernetzter Systeme und unsere Abhängigkeit von anderen Menschen. Jetzt wird sich zeigen, ob unsere offene Gesellschaft ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gemeinwohl und Individualismus hinbekommt.

Es geht um ein soziales Bindegewebe, das gesundet und gesundheitsförderlich ausgestaltet ist. Individuelle Gesundheitskompetenz, gesunde Sozialentwicklung und ein neues menschliches Miteinander, also ein heilsames Milieu und achtsame Menschen in solidarischen Gemeinschaften sind die Stichworte für ein Gleichgewicht zwischen Viren, Menschen und ihrem Gemeinwesen. Und es braucht auch ein gesundes Gleichgewicht zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Staat. Leben und Wirtschaften im Einklang mit der Natur kommen hinzu.

Nicht Wachstum, Nachhaltigkeit ist umzusetzen und Werte, nicht das Geld sind der Maßstab. Den dafür notwendigen Wertehorizont und die dafür vorhandene Orientierung beschreibt Albert Einstein vortrefflich: „So sehe ich für den Menschen die einzige Chance darin, dass er zwei Einsichten endlich beherzigt: dass sein Schicksal mit dem der Mitmenschen in allen Teilen der Erde unlösbar verbunden ist und dass er zur Natur und diese nicht ihm gehört.“

Eine aktualisierte Langfassung des Textes findet sich hier!

Dr. Ellis Huber (geb. 31.3.1949), seit 2007 Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Präventologen e. V. Von 1987 bis 1999 war Huber Präsident der Ärztekammer Berlin,  von 1981 bis 1986 Gesundheitsstadtrat in Berlin-Wilmersdorf und -Kreuzberg. Darüber hinaus war Huber zehn Jahre (1993–2003) Vorstandsmitglied des IPPNW –  der Vereinigung „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.“

Mobilitätswende: regiomove-App erleichtert ÖPNV-Nutzung und alternative Mobilität

Quelle: GLS-Bank – Das Blog

INIT: undercover mobil

Ein Karlsruher Unternehmen krempelt den öffentlichen Verkehr um. Es sorgt mit Soft- und Hardware für weniger Diesel und mehr Effizienz.

Das wird wieder heiß in Karlsruhe. Über 40 Grad sind vorhergesagt. Also heute besser in den Schwarzwald fahren, ins kühle Freibad in Waldbronn. Betriebswirtin Lena hat ihre Badesachen schon gepackt und sich mit Freunden verabredet. Auf ihrem Smartphone öffnet sie ihre regiomove-App und gibt ihr Badeziel ein. Ihr Standort in der Karlsruher Waldstraße wird mittels GPS schon angezeigt. Vorschlag der App: fünf luftige Minuten per E-Roller zur Haltestelle Kronenplatz; von dort per KVV-Tram zum Karlsruher Hauptbahnhof; dort umsteigen in die S11 nach Busenbach; die letzten Kilometer fährt der E-Bus der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft bis direkt vors Freibad. 54 Minuten, vier Fahrzeugtypen, macht 6,40 Euro.

Da Lena ihre GLS MasterCard in der App schon hinterlegt hat, muss sie den Ticketkauf nur noch per Klick bestätigen. Über die App erhalten die beteiligten Verkehrs-betriebe ihren Anteil. Dass der E-Bus in Busenbach genügend Strom hat, wird ebenfalls per Software gesteuert. Und wenn es unterwegs zu einer Verzögerung kommt, schlägt die regiomove-App eine Alternative vor. Zukunftsmusik? Überhaupt nicht.

Wenn Lena und viele andere Verkehrsteilnehmer*innen weltweit unterwegs sind, bewegen sich gleichzeitig unzählige Bits und Bytes in Soft- und Hardwareprodukten von INIT SE hin und her. Sie bringen die Reisenden bequem an ihr Ziel. Von Ticket- über Bezahlsysteme, Flotten- und Lademanagement, Infosysteme für Fahrer*innen und Fahrgäste bis hin zu verschiedenen Bezahlverfahren kann INIT alle notwendigen Elemente zu einer passenden Mobilitätslösung zusammenbauen.

„Digital, barrierefrei, alle Verkehrsmittel umfassend, umweltfreundlich, bedarfsorientiert, für Stadt und Land“, so beschreibt Jennifer Bodenseh (33 Jahre), Finanzvorstand der INIT, die Mobilität der Zukunft. Daran arbeitet das Unter-nehmen, das als Universitäts-Spin-off gegründet wurde, seit 1983. Heute beschäftigt es mehr als 850 Mitarbeiter*innen weltweit.

„Besonders erfolgreich ist gerade der Bereich Smart Ticketing. Damit eröffnen wir den Fahrgästen unserer Kunden die Möglichkeit, sorglos in Bus und Bahn einzusteigen und immer zum bestmöglichen Preis zu fahren“, erläutert Bodenseh. „Eine Lösung, die ankommt — vor allem in den USA, aber auch in Teilen Europas und in Neuseeland. Etwas zurück-haltender ist hier noch der deutsche Markt. Dafür konnten wir hier im letzten Jahr den Marktdurchbruch schaffen mit unseren Lösungen zur integrierten Steuerung von Elektrobussen.“

Rund 16 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern hat das Unternehmen 2019 gemacht. Gegenüber dem Vorjahr mehr als das Doppelte. Das kommt nicht zuletzt in Form einer positiven Kursentwicklung Zeichner*innen des GLS Bank Aktienfonds zugute. Der GLS Fonds ist bereits seit 2006 in INIT Aktien investiert. „Uns hat das Geschäftsfeld überzeugt“, erklärt Thomas Graf, Teamleiter Research bei der GLS Bank. „Mobilität ist zentral für die gesellschaftliche Entwicklung. Wir müssen zur Arbeit kommen, zur Schule, zu Freunden und zur Familie.“ Gleichzeitig belastet Mobilität Umwelt und Gesundheit. „Positiv sind deshalb umwelt- und ressourcenschonende Mobilitätssysteme.“ Genau die schafft INIT und erfüllt damit ein Positivkriterium der GLS Anlagegrundsätze. Die Arbeit von INIT unterstützt die GLS Bank, indem sie Aktien kauft und damit den Aktienkurs des Unternehmens stützt.

Lena bekommt von all dem, was im Hintergrund ihrer regiomove-App läuft, nichts mit. Sie kommt bequem und öffentlich ans Ziel. Und das ist gut so.