USA – gespaltenes Land

ARTE.DE  23.01.2019  – Die gespaltene Seele Amerikas – Die kulturelle Zeitenwende in den USA.

Rassismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit gehören seit jeher zur Realität des Einwanderungslandes USA. Doch unter Trumps Regentschaft hat der Hass in der Gesellschaft erschreckend zugenommen. Der Regisseur Jörg Daniel Hissen ist durch das zerrissene Land gereist und hat Friedensaktivisten, Künstler, Journalisten und Politikwissenschaftler zum Thema befragt.


Im Schatten der Armut und im Licht des Reichtums

Die Dokumentation zeigt Armut und Reichtum in den USA. Das Thema „Geld“ ist in den Vereinigten Staaten naturgemäß eng verbunden mit dem „American Dream“. Vom Tellerwäscher zum Millionär, davon träumen viele Amerikaner noch immer. Doch viele Menschen fallen in den reichen USA durchs Raster.

ZDFinfo zeigt ihre bewegenden Schicksale, gibt aber auch Einblick in den „American Dream“ und zieht dabei Vergleiche zum Wohlstand in Deutschland. Die USA sind Spitzenreiter, was die Ungleichverteilung des Vermögens angeht.

In der amerikanischen Gesellschaft sind sehr wenige sehr reich und sehr viele erschreckend arm. Die US-Statistikbehörde meldete im Jahr 2014 fast 47 Millionen arme Amerikaner. Die Kluft wächst unaufhaltsam. Doch die meisten US-Bürger sind überzeugt: Im Land der Freiheit ist es nicht die Aufgabe des Staates, soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Die Verantwortung trägt jeder für sich.

Ein Mythos bröckelt Ungleichheit gibt es in den USA seit jeher – sie ist Triebfeder für eine dynamische Wirtschaft, in der die Mittelklasse die Möglichkeit zum Aufstieg hat. Solange alle vom „American Dream“ träumen können, wird den Millionären und Superreichen neidlos Respekt gezollt. Doch seit der Finanzkrise bröckelt dieser Mythos. (ZDF-Info, 26.9.2016)


Donald Trump spaltet die USA – die ersten 100 Tage der Präsidentschaft von Donald Trump (SPIEGEL TV)


Geld regiert die Welt. Kein anderes Land verkörpert dieses Mantra besser als die USA – ein Paradebeispiel für überbordenden Lobbyismus. Die Macht der Wirtschaftseliten wächst ins Unermessliche, während der politische Einfluss der Bürger auf ein unbedeutendes Maß schrumpft. Ein Ungleichgewicht, das das Grundgerüst der Demokratie erschüttert und sich seit Donald Trumps Präsidentschaft radikal zuspitzt. Inzwischen versuchen etwa einflussreiche Lobbyisten den Kongress dazu zu bewegen, Finanzmarktregulierungen, die in Folge der Wirtschaftskrise 2007 etabliert wurden, aufzuweichen.

Als „Staatsstreich in Zeitlupe“ hat der kanadische Essayist John Ralston Saul diesen politischen Einfluss der Konzerne bezeichnet. Seinen Anfang nahm dieser allerdings bereits weit vor der Ära Trump in den 1970er Jahren. Damals fingen Großkonzerne erstmals an, durch Outsourcing in Länder mit niedrigeren Lohnkosten und laxeren Steuergesetzen, ihre Gewinne zu maximieren. Hunderttausende gut ausgebildete Angestellte verloren ihre Arbeit und standen vor dem finanziellen Ruin.
Ganze Landstriche und ehemals stolze Industriestandorte wurden dem Verfall preisgegeben. So auch der sogenannte Rostgürtel im Nordosten der USA, ehemals eine Demokraten-Hochburg.

Nicht nur dort begegnet der amerikanische Journalist und Pulitzerpreisträger Chris Hedges vielen Wählern, die ihr gesamtes Vertrauen in die demokratischen Institutionen verloren und auf den Immobilienmilliardär Trump gesetzt haben. Ein Heilsbringer?

Der Dokumentarfilm deckt schonungslos die grotesken Auswüchse des Neoliberalismus auf und zeigt eindrücklich, wer die wahren Lenker des Staates sind.Laut Definition herrscht in einer Demokratie das Volk. Doch was passiert, wenn Politiker sich nicht dem Volkswillen, sondern viel eher dem Finanzdiktat von Lobbyisten unterwerfen, die mit Milliarden die Gesetzgebung zu ihren Gunsten beeinflussen? Ein Trend, der sich weltweit abzeichnet, nimmt insbesondere in den USA groteske Ausmaße an – und das nicht erst seit Trumps Präsidentschaft, sondern bereits seit den 1970er Jahren. Der amerikanische Pulitzerpreisträger Chris Hedges geht dem schleichenden Staatsstreich der übermächtig scheinenden Großkonzerne und seinen Auswirkungen auf die Bevölkerung in seiner Heimat auf den Grund. Dokumentarfilm

Kandada 2018 ARTE


WELTjournal +: Abstieg – Der amerikanische Alptraum | 22.11.2017/ORF 2


Broken Dreams – Amerikas Mittelschicht kämpft ums Überleben (aus der Reihe „die story“ | phoenix, 26.1.2013)

Filmemacher Philippe Levasseur begleitete amerikanische Familien über sechs Monate. Er kommt zu dem Schluss, dass sich ein Teil der amerikanischen Mittelklasse, ein Grundstein des reichsten Landes der Erde, in die Obdachlosigkeit verabschiedet. Die wohl größte Herausforderung für den alten und neuen amerikanischen Präsidenten. „die story“ sendet die eindringliche Langzeitbeobachtung anlässlich der Vereidigung von Präsident Barack Obama.

Er grinst. Obwohl ihm gar nicht zum Lachen zumute ist. Larry Dodson begrüßt im Vergnügungspark die Touristen. Früher war er Abteilungsleiter in einer Kaufhauskette. Vor zwei Jahren verlor er seinen Arbeitsplatz. Seither schlägt er sich mit einem Minijob in Disney World durch. Von seinem mageren Monateinkommen von 820 US-Dollar kann der 52-jährige Amerikaner sich keine normale Wohnung leisten. Mit seiner Frau und den beiden Kindern lebt er in einem Motelzimmer. Der Familie bleiben nur 70 US Dollar zum Leben.

Die 27-jährige Amble und ihr Mann Daniel haben auf dem Flohmarkt ihr letztes Hab und Gut verkauft. Als sie bei Verwandten und Freunden nicht mehr unterkamen, landeten sie auf der Straße. Seither übernachtet Amble mit den beiden Kindern im Auto, während sich Daniel als Tagelöhner auf einer Farm durchschlägt. Verzweifelt versucht die ausgebildete Hotelfachfrau einen Job zu finden. Wird sie schaffen, was nur ganz wenigen gelingt: der Weg zurück in die Mittelschicht?

Ein Film von Philippe Levasseur


Überleben in der US-Bankrottstadt Detroit | Reportage | SRF (11.02.2014)

AfD: Nerven liegen blank

„“Ausgerechnet Dubravko Mandic. Der Freiburger Rechtsanwalt, AfD-Gemeinderat und Rechtsrechtsaußen, will den Strategen geben. In der aktuellen Situation um die Auflösung von Björn Höckes rechtsextremen „Flügel“ hat er drei Szenarien entworfen:

„a) Erklärung der Auflösung durch Verzicht auf Durchführung von Versammlungen unter der Firma Flügel;

b) Spiel auf Zeit. Ball an den Bundesvorstand zurückspielen und fragen, wie denn konkret die Auflösung einer informellen innerparteilichen Vereinigung aussehen soll;

c) Konfrontation. Kampf um die Partei bis zur letzten Konsequenz.“

Die Empfehlung des gebürtigen Jugoslawen, dessen Eltern Anfang der Achtzigerjahre nach Deutschland kamen: Erst einmal gar nichts tun, sondern die Szenarien zu Ende denken. Denn: „Die Epoche der Kurzschlusshandlungen ist ohnehin vorbei.“ …

„Patrioten geben niemals auf“, droht die baden-württembergische Landtagsabgeordnete Christina Baum.

Baum versteht sich als Brückenbauerin zum Flügel und zu anderen Extremisten. Sie hat sogar das Wiederaufnahmeverfahren des Antisemiten Wolfgang Gedeon in die AfD-Landtagsfraktion mitbetrieben, für das es im vergangenen Herbst auf der Klausurtagung eine Mehrheit gab und das nur am notwendigen Zwei-Drittel-Quorum scheiterte: Seit vergangenen Freitag ist klar, dass das Bundesschiedsgericht gegen den Singener Mediziner entschieden hat und er die Partei verlassen muss.

Dass die inhaltliche Arbeit zu kurz kommen muss angesichts des immerwährenden internen Disputs, liegt auf der Hand. Seit Jahren fehlen zu zentralen Fragen, wie in der Renten-, der Gesundheits-, der Mobilitäts-, der Energie- und der Bildungspolitik finanziell durchgerechnete Konzepte, in Sachen Erderwärmung wird bekanntlich das wissenschaftliche Fundament der bedrohlichen Prognosen entweder ignoriert oder geleugnet.

Und aktuell in der Corona-Krise glänzt die Stuttgarter Landtagsfraktion einmal mehr mit Krawall: Die Rechtsaußen-Opposition wollte die Verabschiedung der rechtlichen Grundlagen von Hilfsprogrammen vertagen.

Christina Baum flippte daraufhin beinahe aus, das Protokoll verzeichnet Dutzende Zwischenrufe. In der Sache ist die Fraktion bis heute nicht in der Lage, konstruktive Ideen zu präsentieren. Nicht einmal für die eigene Klientel im Mittelstand, unter Facharbeitern oder RentnerInnen.

Besonders tief blicken lässt, dass Leute wie Mandic jetzt die Taktgeber sein wollen.

Im Sommer 2018 zitiert ihn die „Frankfurter Rundschau“ mit einem Post auf Facebook: „Mit Merkel zusammen müssen etwa 870.000 Kollaborateure aus den Ministerien, Fernsehstudios, Lehrkörpern, Sozialämtern und Gewerkschaften entsorgt werden. Endlich wird in Deutschland aufgeräumt.“

Bei „keinealternative.blogsport.de“ ist ein Post des Tübinger Bundestagskandidaten aus dem Jahr 2017: „Tausende Frauen, die sich vor Jahrzehnten nach oben gebumst oder dies jedenfalls versucht hatten, entdecken nun, dass sie in Wirklichkeit vergewaltigt wurden.“

Die „Badische Zeitung“ berichtete über ihn im Zusammenhang mit einer Prügelei im Kommunalwahlkampf zwei Jahre später, bei der er Reizgas verwendet haben soll, was wiederum einen Strafbefehl des Amtsgerichts Freiburg zur Folge hatte.

Und jetzt will er also den Flügel retten.“

Gekürzte Version eines Artikels von Johanna Henkel-Waidhofer, 25.3.2020

Quelle ist die sehr empfehlenswerte Online-Zeitung „Kontext“

Die Karikatur entstammt dem Beitrag „Verwahrlost“. 

Johanna Henkel-Waidhofer beschrieb hier am 20.11.2019 die Strategie der baden-württembergischen AfD-Fraktion, konstruktive Arbeit im Landtag zu verhindern.


Eine ebenfalls sehr wichtige Kontext-Publikation befasste sich mit Marcel Grauf, AfD-Mitarbeiter im baden-württembergischen Landtag: 

2017 hatte Kontext das erste Mal über Marcel Grauf berichtet. Über ein ehemaliges NPD-Mitglied, das als wissenschaftlicher Mitarbeiter für zwei Landtagsabgeordnete in Baden-Württemberg arbeitet.

Ein Jahr später, im Mai 2018, hatte Kontext aus Chatprotokollen dieses Mitarbeiters Äußerungen von Grauf zitiert: „Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote. Frauen, Kinder. Mir egal. Hauptsache es geht los … Tote, Verkrüppelte. Es wäre so schön. Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. SIEG HEIL!“ Oder: „Nigger, Sandneger. Ich hasse sie alle.“ Über Sigmar Gabriel: „Wenn ich die Scheiße von Gabriel dazu schon wieder lese, weiß ich dass ich die Drecksau am liebsten abknallen würde. IRGENDWANN! Ich werde noch ausrasten… Da soll man kein Terrorist werden!!!!! Hoffen, dass es bald knallt.“ Oder: „Gibt ein offenes Mikrophon. Hab gedacht ich äußere mich mal. Eröffnungsgag: ‚Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde.‘

Über den Ausgang des Rechtsstreits zwischen Kontext und Marcel Grauf berichtete der SWR: „Sieg Heil mit Smiley“ – Was Marcel Grauf, AfD-Mitarbeiter im Landtag (BaWü) so alles verbreitet…

Der Streitwert im Hauptsacheverfahren, das im Mai 2020 vor dem Landgericht in Frankfurt stattfinden soll,  ist exorbitant hoch: Auf 260 000 Euro hat die Rechtsanwaltskanzlei Höcker ihn für das  beziffert. Insgesamt 60 000 Euro Schadenersatz möchte Marcel Grauf, ein rechtsradikaler Mitarbeiter zweier AfD-Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg, im Mai 2020 erstreiten.

30 000 Euro will er von der Kontext-Redaktion, und dazu je 15 000 Euro von den Kontext-RedakteurInnen Anna Hunger und Minh Schredle.

Kontext will sich weiterhin nicht mundtot machen lassen.

Wer Kontext in dieser Auseinandersetzung unterstützen möchte, kann seine Spende entrichten unter dem Betreff „Aufrecht gegen rechts“ auf das Konto: KONTEXT: Verein für ganzheitlichen Journalismus e.V.  GLS Bank . IBAN: DE80 4306 0967 7011 8506 00 – BIC: GENODEM1GLS

Jill Lepore: Die Idee der USA – und was aus ihr wurde | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur

Jill Lepore _Diese Wahrheiten_ Geschichte der Vereinigten Staaten Rezension ZEIT 10.10.2019

„Im 20. Jahrhundert dominierte das «Land der unbegrenzten Möglichkeiten» die globale Entwicklung: militärisch, wirtschaftlich und kulturell. Damit scheint es vorbei. Und die Folgen?

Die Harvard-Historikerin Jill Lepore im Gespräch über Träume und Albträume einer tief gespaltenen Nation. «This is not America»: Diese Titelzeile eines alten David-Bowie-Songs benennt heute eine weltweit geteilte Sorge: Was ist nur aus den USA geworden? Nicht erst mit der Amtsübernahme von Donald Trump erscheinen die Vereinigten Staaten als eine innerlich tief zerrissene Nation. Waren sie das nicht schon von Beginn an? Welcher Weg führte von der Sklaverei in den heutigen Alltagsrassismus? Von den «Gründervätern» zu #MeToo? Von Obama zu Trump?

Im Gespräch mit Wolfram Eilenberger analysiert die Historikerin Jill Lepore, Harvard-Professorin und Edelfeder des Magazins «The New Yorker», worauf der amerikanische Traum eigentlich beruht, welche Faktoren ihn derzeit am stärksten bedrohen und warum ausgerechnet das Silicon Valley zum Totengräber der freien Welt werden könnte.

Literatur: – Jill Lepore: «Diese Wahrheiten – Geschichte der Vereinigten Staaten». C.H. Beck, 2019

Supermacht des Lebens – Reisen in die erstaunliche Welt der Viren

„Ihre Entwicklung begann vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren in der Morgenstunde des Lebens, als es noch nicht einmal Zellen gab. Viren sind, wie Karin Mölling, die große Dame der Virenforschung, zeigt, keineswegs nur Feinde: Sie leisten zu unserer Entwicklung und Gesundheit wesentliche Beiträge. Selbst unser Erbgut besteht zur Hälfte aus – Viren.
Es gibt mehr Viren als Sterne am Himmel und es gibt sie überall. Nicht wenige sind unvorstellbar alt. Die kleinsten Viren sind hundertfach kleiner als Bakterien, die größten, sogenannte Gigaviren, die Forscher kürzlich nach 30000 Jahren im ewigen Frost wieder zum Leben erweckt haben, sind größer als viele Bakterien. Viren kennen nur einen Daseinszweck – sich zu vermehren – und das tun sie auf Kosten anderer. Manche Viren lagern ihr Erbgut im Kern der Wirtszelle ein und verbleiben so ein Leben lang im Körper des betroffenen Menschen.
Pocken, Hepatitis B, Polio, Spanische Grippe, Aids, SARS: Gemeinhin werden Viren als Krankmacher definiert und ihr Verhalten mit Kriegsvokabular beschrieben. Dabei machen die meisten Viren gar nicht krank. Mehr und mehr werden sie sogar zu Heilungszwecken eingesetzt; so finden sie zunehmend bei Antibiotikaresistenz als Bakterienkiller Verwendung.

Die Virus- und Kresbsforscherin Prof. Dr. hc. Dr. rer.nat. Karin Mölling selbst entdeckte im Rahmen ihrer Aids-Forschung einen Mechanismus, mit dem es gelingen könnte, Krankheitserreger gewissermaßen in den Selbstmord zu treiben. 2014 publizierte sie das Buch „Supermacht des Lebens – Reisen in die erstaunliche Welt der Viren“ (C.H.Beck Verlag). 

Karin Mölling, Jahrgang 1943, ist eine international renommierte Virologin und Aids-Forscherin. Sie ist ehemalige Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie in Zürich, wo sie bis 2008 tätig war. Zudem leitete sie die Virusdiagnostik am Universitätsspital in Zürich. Seit den 1980er Jahren forscht Karin Mölling an Aids. Sie führte klinische Impfstudien durch und entwickelte eine neuartige Aids-Therapie.

Gedanken eines einstmals Konservativen, der einen „konservativen Reformer“ suchte…

Der Markt mag Wohlstand schaffen, aber er zerstört Werte, untergräbt
Institutionen und ruiniert das Gleichgewicht zwischen Individuum und Gemeinschaft.
Der Ausgleich muss politisch gefunden, er darf nicht dem Markt
überlassen werden. Der digitale Kapitalismus ist nicht mehr bürgerlich-patriarchalisch,
er ist ein Feind traditioneller Lebenswelten und Kulturen, aplaniert
kleine Einheiten und überlässt dem Staat mit unzureichenden Mitteln den
sozialen Ausgleich einer entgrenzten Gesellschaft. … “

Die ostdeutsche Angela Merkel würde wohl am ehesten die Werte der alten
Bundesrepublik bewahren, das würden wohl auch Rühe und Biedenkopf tun, allerdings stärker marktorientiert. Rüttgers ist auch hier ein unbeschriebenes
Blatt. Es kann nicht mehr allein darum gehen, ob die Rente bezahlbar bleibt
und welche Steuersätze Investitionen fördern, es muss auch darum gehen, wie
viele Menschen an einer von ihnen als gerecht empfundenen Gesellschaft Anteil
haben. Gesucht wird ein Vorsitzender, der dafür eine Vision hat.“

Diese beiden Textausschnitte – verfasst vor dem CDU-Bundesparteitag in Essen vom 9. bis 13. April 2000 – stammen aus der Feder eines Autors, der seit 1973 CDU-Mitglied war – und es bis 2013 blieb, der vor allem einem CDU-Politiker – Lothar Wallmann – in unterschiedlichen Ämtern gedient hatte … Publiziert wurde der Text in der April-Ausgabe 2000 der Monatszeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“ . Albrecht von Lucke schreibt in der April-Ausgabe 2020 über den Autor, dass dies sein letzter Aufsatz für die „Blätter“ gewesen sei und dass er sich seither „nicht nur hochgradig rechtsradikaliert“ habe und seine „damalige Einschätzung Angela Merkels maximal revidiert“ habe. Inzwischen bezeichne er seine „einstige Parteifreundin offen als Feindin und Kanzlerdiktatorin“.

2012 gründete er zusammen mit den CDU-Mitgliedern Bernd Lucke und Konrad Adam die „Wahlalternative 2013“. Diese strebte für die Bundestagswahl zunächst eine Zusammenarbeit mit den „Freien Wählern“ an, was aber im ersten Probelauf bei der niedersächsischen Landtagswahl Anfang 2013 nicht den erhofften Wahlerfolg brachte. Grundsätzliche Zweifel an der Kampagnenfähigkeit der sich eher als kommunalpolitische Kraft verstehenden Freien Wähler veranlassten die Gründer schließlich, mit der AfD das Projekt einer eigenen Partei zu betreiben.

Die Rede ist von Alexander Gauland.

Es lohnt sich, den damaligen Text von Gauland zu lesen: Konservativer Reformer gesucht Blätter für deutsche und internationale Politik Ausgabe April 2000