Ungarn, die Slowakei und Tschechien beziehen weiterhin russisches Erdöl

Ungarn, die Slowakei und Tschechien beziehen weiterhin russisches Erdöl über den Südstrang der Erdölpipeline „Druschba“ (Freundschaft).

Diese paradox klingende Information erfährt man u.a. durch die Lektüre des neuen Buches von Michael Lüders „Moral über alles? Warum sich Werte und nationale Interessen selten vertragen“. Lüders schreibt im ersten Kapitel seines Buches u.a. über die PCK-Raffinerie in Schwedt an der Oder, in der direkt und indirekt 3.200 Menschen von der Sanktionspolitik – genauer: dem Importverbot für russisches Erdöl – betroffen sind. 2020 wurden in Schwedt 11,5 Mio. t Rohöl raffiniert, 2021 waren es 10,6 Mio. Tonnen.

Der EU-Beschluss vom Juni 2022 sieht vor, dass die russischen Tankerexporte – die zwei Drittel der exportierten Erdölmenge ausmachten – bis Dezember 2022 endgültig eingestellt werden. Nicht betroffen sind aber die Erdölimporte via Druschba.

Lüders schreibt auf Seite 18 seines Buches: „Das ermöglicht vor allem Ungarn, Tschechien und der Slowakei, auch weiterhin preisgünstiges russisches Erdöl über den Südstrang der Pipeline zu beziehen.“ 

Zum Nordstrang der Pipeline, der über Schwedt Deutschland und Polen beliefert hat, schreibt er: „Nichts und niemand hat folglich die Bundesrepublik gezwungen, zumal kein Beschluss aus Brüssel, die russischen Erdölimporte über Schwedt zu beenden. Sie hat es dennoch getan, als Ausdruck ihrer Entschlossenheit, mit dem Reich des Bösen ein für alle Mal zu brechen.. „

Lüders fasst zusammen: „Einerseits sucht der Wirtschaftsminister im Konsens mit westlicher Politik Russland zu schwächen. Andererseits verhängen die maßgeblichen Akteure Sanktionen, die ihrerseits `dazu führen, dass die Erdölpriese steigen´. Mit entsprechenden Mehrkosten für Deutschland. Indem Russland zusätzliche Einnahmen erzieht, konterkoriert Habeck sein propagiertes Ziel, dem `Regime Putin´die ökonomischen Grundlagen zu entziehen.´(S. 19)

Interessant in diesem Zusammenhang ist, was Dana Schülbe  am 24.05.2023 im Tagesspiegel über die Durchleitungsgebühren schreibt, welche die Ukraine seit dem 24.2.22 aus dem Betrieb des Südstranges der Druschba erhält:

Als Moskau im Februar vergangenen Jahres die Ukraine angriff, war in Europa das Thema russisches Öl und Gas sehr schnell auf der Agenda. Deutschland stoppte das Nord-Stream-2-Projekt, und viele europäische Länder versuchen, in Bezug auf Energie unabhängig von Russland zu werden. Die „Washington Post“ zeigt nun einen anderen Strang der einstigen Abhängigkeiten auf – und wie schwierig es ist, sich trotz Krieges von ihnen zu lösen.

Es geht darum, dass nach wie vor russisches Öl und Gas durch die Ukraine geleitet wird – durch die Druschba-Pipeline. Vor allem aber versucht die Washington Post zu erläutern, warum Kiew dies noch immer zulässt (Quelle hier).

So zitiert die Zeitung den Chef des staatlichen ukrainischen Energieunternehmens, Oleksij Tschernyschow, der einräumt, dass dies ein wenig bizarr anmute. Ukrainische Beamte sagten demnach, sie befänden sich diesbezüglich in einer Zwickmühle: Denn einerseits würde der Durchfluss von russischem Öl und Gas Russland Millionen in die Kriegskasse spülen. Auf der anderen Seite brauche aber auch die Ukraine das Geld, dass sie für den Transit aus Moskau erhält. Und es möchte zudem die europäischen Partner, die noch auf dieses Gas und Öl angewiesen sind, nicht verprellen. Es ist also ein zweischneidiges Schwert für das kriegsgebeutelte Land. 

Ein Wirtschaftsexperte, der an den Beratungen zu Sanktionen gegen Russland beteiligt war, erklärt die Aufrechterhaltung des Transits so: Das Öl und Gas würde so oder so auf den europäischen Markt gelangen, da die EU Ausnahmen von ihrem Embargo für Länder wie etwa Ungarn vorgesehen habe. Und Russland habe sich zur Zahlung von Geld verpflichtet. „Warum also nicht das Geld bekommen?“, fragt der Experte. Denn das Ziel der Sanktionen sei nicht, ein generelles Verbot des Handels mit Russland zu erreichen, sondern Russland lediglich insoweit wirtschaftlich zu schaden, ohne der Ukraine mehr Schaden zuzufügen als nötig.! 

Wie der Staat den Markt lenken kann

Rosalux History, Folge 23: Die extreme Rechte nach 1945

Die AfD als kommunalpolitische Herausausforderung

Die Debatte über den Umgang mit der AfD in Kommunalvertretungen muss mit Blick auf die 2024 anstehenden Kommunalwahlen an Kontrast gewinnen. Die Situationen vor Ort sind komplexer, als es der Verlauf der derzeitigen medialen Wortmeldungen nahelegt. Zur Schärfung des Diskurses hierzu einige Thesen zur Auseinandersetzung mit der AfD in der Kommunalpolitik.

Demokratisch handlungsfähig bleiben.

Die gegenwärtige Debatte vermittelt den Eindruck, ohne Zustimmung oder Beteiligung der AfD sei die Kommunalpolitik in einigen Regionen nicht mehr handlungsfähig. Dies trifft nicht zu. Mehrheiten gegen die AfD sind möglich – wenn sie gewollt und politisch klug umgesetzt werden. Hierzu zählt, dass andere Fraktionen oder Zählgemeinschaften eigenständige Anträge einbringen und Allianzen gegen die AfD bilden können.

Sozialräumliche Nähe schafft Loyalität.

Je kleiner der Sozialraum ist, in dem Kommunalpolitik handelt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit persönlich-biografischer, beruflicher, sozialer und habitueller Schnittmengen zwischen Mandatsträger*innen der AfD und denen anderer Parteien. Sozialräumliche Nähe schafft Loyalitätsverhältnisse. Wer in einem Ortschaftsrat sitzt, ist mit dessen Mitgliedern auch andernorts soziokulturell verbunden. Umso wichtiger ist das Rüstzeug, welches Mandatsträger*innen in die Lage versetzt, verantwortungsvolle demokratische Entscheidungen zu treffen, deren Ergebnisse sich nicht allein die AfD gutschreiben kann. Dabei können ein überregionaler kommunalpolitischer Austausch sowie die Hinzuziehung externer Expertise behilflich sein.

Eigene Themen setzen.

Der vermeintliche oder tatsächliche Erfolg der AfD bemisst sich zumeist an ihrer Fähigkeit zur Kommunikation ihrer inhaltlichen Agenda auf direktem Wege an ihre Wähler*innen, etwa über eine ausgefeilte und kontinuierlich betriebene Arbeit in Social-Media-Formaten. Doch gerade im kommunalen Nahraum ist es von Gewicht, der AfD nicht das Agenda-Setting im politischen Sinne sowie im sozialräumlichen Stadt- oder Ortsgespräch zu überlassen. Vielmehr gilt es, eigene Themen zu setzen, die einen inhaltlichen Kontrast zu den Inhalten und zur politischen Kommunikation der AfD deutlich und kontinuierlich zu Tage treten lassen.

Der Einzelfall und der Kontext zählen.

Pauschal für alle Fälle und Situationen gültige Aussagen zum Umgang mit der AfD in einem kommunalpolitischen Kontext jenseits grundsätzlicher Überzeugungen zu treffen, ist nicht arbeitstauglich. Was zählt, ist der Einzelfall und sein unmittelbarer Zusammenhang mit der Gestaltung des Gemeinwesens vor Ort. Das bedeutet, die Kunst der Unterscheidung zu üben, ob eine Entscheidung in jedem Falle der AfD nützt oder ob ein übergeordnetes Interesse stärker zu Buche schlägt. Dabei sollte berücksichtigt werden, nichts zu tun, was die AfD und ihre politisch-ideologische Agenda stützt oder gar stärkt. Dies gilt sowohl auf der Ebene der Entscheidung als auch auf jener der lokalpolitischen Kommunikation gegenüber der Bürger*innenschaft.

Die Kommune als politische Ressource.

Zweifelsohne betrachtet die AfD die Kommunen im Lichte der anstehenden Kommunalwahlen als politische Ressource. Hier will die Partei wachsen und arbeitet an einer langfristigen Verankerung. Es trifft jedoch ebenso zu, dass der Erwerb von Kommunalmandaten durch die AfD nicht gleichbedeutend ist mit kommunalpolitischer Kompetenz und Integrität. Es zeigt sich, dass die AfD-Mandatsträger*innen oftmals die kleinteilige Gremien- und Ausschussarbeit scheuen, wenn sie kein öffentliches Echo findet oder sich mit deren Themen nicht mobilisieren lässt. Ein systematischer kommunalpolitischer Aufbau der AfD ist derzeit nicht erkennbar.

Kommunen stärken, Selbstwirksamkeit ermöglichen.

Um langfristig rechtsextreme Akteure in der Kommunalpolitik zurückzudrängen, bedarf es einer Stärkung der Kommunen in dem Sinne, dass sich die Bürgerschaft vor Ort als politisch wirkungsmächtig und gestaltungsfähig erfährt. Dafür braucht es Kommunen mit ausreichenden Handlungsspielräumen und politischen Entscheidungskompetenzen, eine revitalisierte lokale Öffentlichkeit sowie der Stärkung der demokratischen Teilhabe vor Ort.

Refuser Solidarity Network unterstützt israelische Militärverweigerer unter schwierigsten politischen Umständen

 Refuser Solidarity Network unterstützt israelische Militärverweigerer unter schwierigsten politischen Umständen

Israel befindet sich in einer beispiellosen Krise, aber wir glauben, dass sie eine einzigartige Gelegenheit zur Stärkung der Anti-Besatzungsbewegung darstellt. Helfen Sie uns, das Beste daraus zu machen, indem Sie unsere Arbeit mit der israelischen Zivilgesellschaft unterstützen. Spenden Sie über diesen Link.

Während ich dieses Update schreibe, bereitet sich Netanyahus Regierung darauf vor, am Dienstag den ersten Teil ihrer antidemokratischen Gesetzgebungsagenda durchzuarbeiten. Israels Reservearmee, ein Eckpfeiler seiner Verteidigungspolitik, befindet sich in offener Rebellion. Erst an diesem Wochenende, als rund 70.000 Israelis in brütender Hitze von Tel Aviv nach Jerusalem marschierten, erklärten über 500 Luftwaffenpiloten offiziell, dass sie im Falle der Verabschiedung des Gesetzes den Dienst verweigern würden. Am Samstag schlossen sich ihnen fast 10.000 Soldaten anderer Truppenteile an. Später am Tag veröffentlichten Dutzende ehemalige Chefs der Armee und der Sicherheitsdienste einen Brief, in dem sie die Verweigerer unterstützten. Noch nie in der 75-jährigen Geschichte Israels wurde die Weigerung, in der Armee zu dienen, auf diese Weise in den Mainstream integriert.

Auf den ersten Blick könnten diese Entwicklungen wie ein innenpolitischer Streit erscheinen, der für die Zukunft der Palästinenser keine Bedeutung hat.

Unsere israelischen Partner sehen in den aktuellen Unruhen jedoch eine hervorragende Chance, die Anti-Besatzungsbewegung deutlich auszuweiten. Sie nennen eine Reihe von Faktoren.

  1. Die Dienstverweigerung, die bis vor kurzem vom Mainstream als Sakrileg angesehen wurde, wurde als legitime Form des zivilen Widerstands normalisiert.
  2. Die zentristischen Israelis erkennen zunehmend, dass es ohne ein Ende der militärischen Besatzung der Palästinenser keine Demokratie in Israel geben wird: Eine zentrale Säule der gegenwärtigen israelischen Regierung ist eine faschistische Partei, die von Siedlern im Westjordanland geführt wird, und viele Elemente ihrer Gesetzgebung Die Agenda soll das Besatzungsregime im Westjordanland erleichtern.
  3. Der Anti-Besatzungsblock der Demokratie-Protestbewegung verzeichnet ein stetiges Wachstum und seine Botschaft – Keine Demokratie mit Besatzung – wird bei den Demonstrationen zunehmend sichtbar.

Um die aktuellen Chancen für Veränderungen optimal zu nutzen, haben Mothers Against Violence, eine neue Stimme der Verweigerung in Israel und RSN-Partner, eine neue Kampagne gestartet: Get the Soldiers Out! Aufgrund ihrer einzigartigen Stellung als Mütter und Großmütter von Soldaten haben ihre Aufrufe zur Verweigerung bei einem Publikum Anklang gefunden, das normalerweise nicht mit den Positionen gegen die Besatzung in Verbindung gebracht wird.

Sie sind jedoch eine sehr schlanke Organisation und haben unsere professionelle Unterstützung angefordert. Mithilfe der Gruppe von Verweigerern, die wir in den letzten zwei Jahrzehnten unterstützt haben, ist es uns gelungen, eine Reihe von Mentoren mit der erforderlichen Erfahrung und den erforderlichen Fähigkeiten zu gewinnen, um MAV beim Aufbau ihrer Kapazitäten zu unterstützen.

In den nächsten sechs Monaten werden RSN-Mentoren mit MAV und einer neuen Gruppe von Reservistenverweigerern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass sie über die Werkzeuge verfügen, um das Potenzial dieser politischen Wende für eine deutliche Ausweitung der Anti-Besatzungsbewegung optimal zu nutzen. Wir haben gerade eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um diese Bemühungen zu unterstützen, und hoffen, bis zum Jahresende 20.000 US-Dollar zu sammeln, um sie zu finanzieren.

In dieser kritischen Phase brauchen wir Ihre Unterstützung. https://app.moonclerk.com/c/umulvz0sxf

Helfen Sie uns, die Antibesatzungsbewegung zu vergrößern und zu erweitern. Wenn Sie bereits gespendet haben, denken Sie bitte darüber nach, diesen Aufruf mit Ihren Freunden und Ihrer Familie zu teilen.

https://www.refuser.org/

Refuser Solidarity Network: WER WIR SIND

Seit 2004 bietet das Refuser Solidarity Network den israelischen Militärverweigerern unter schwierigsten politischen Umständen entscheidende Unterstützung. Wir stellen Mittel für Demonstrationen außerhalb des Gefängnisses, für Anwaltskosten, für Medienkampagnen, die der breiten Öffentlichkeit die Geschichten von Kriegsdienstverweigerern erzählen, für Bildungsprogramme für israelisches und amerikanisches Publikum über ihren wichtigen Widerstand gegen die Besatzung bereit. Verweigerer setzen sich dafür ein, die israelische Besatzung zu beenden und einen gerechten Frieden für Palästinenser und Israelis zu schaffen, und das Refuser Solidarity Network ist für sie da.

Militärverweigerer kommen aus allen Teilen der israelischen Gesellschaft. Sie sind Mizrahi und Ashkenazi; sie sind religiös und weltlich. Sie sind Drusen, Beduinen und Russen, sie sind Menschen aller Geschlechtsidentitäten, aus Großstädten und Kleinstädten. Da sich Verweigerer in der schwierigsten Zeit und im schwierigsten Klima gegen den endlosen Krieg wehren, arbeiten wir daran, ihre Aktivitäten zu unterstützen.