Radikale Staatsdiener in der rechtsextremen AfD Peace & Humanity 79 Aufrufe 26.02.2023
Vor zehn Jahren, am 6. Februar 2013, wurde die „Alternative für Deutschland“ gegründet. Eine Partei, die sich im Laufe der Jahre mehrmals gehäutet hat. Von einer „Professorenpartei“ zu einer Partei, die für das Bundesamt für Verfassungsschutz ein rechtsextremistischer Verdachtsfall geworden ist. „FAKT“ hat mehrere Wochen recherchiert. Zu Beamten, Richtern, Soldaten und Lehrern in der AfD – vor allem zu denen, die politische Mandatsträger sind. Grundsätzlich sollen Beamte die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen und treu zur Verfassung stehen. Für parteipolitisches Engagement gilt ein Mäßigungsgebot nach dem Bundesbeamtengesetz. Klare Regeln. „Mit Recht wird die politische Treuepflicht, also die Pflicht, auch die verfassungsrechtlichen Institutionen und Grundwerte zu achten und dafür aktiv einzutreten, sehr hoch gehängt. Beamtinnen und Beamte oder Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte dürfen sich nicht einfach nur damit begnügen, verfassungsfeindliche Äußerungen zu unterlassen, sondern sie müssen sich sogar positiv aktiv für die verfassungsmäßige Ordnung einsetzen“, sagt Verfassungsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz von der Uni Bonn: „Dass das in einer Partei, die sich zunehmend selbst radikalisiert hat und offen mit Verfassungsfeindlichkeit kokettiert, im Zweifel nicht funktionieren wird, jedenfalls wenn man dort Karriere machen will, liegt auf der Hand.“ Bei vielen Staatsdienern in der AfD stellt sich die Frage, ob sie sich tatsächlich an die für sie geltenden strengen Regeln halten.
Gerade erst wurde die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann Anfang Dezember verhaftet. Sie soll sich an der Planung eines Putsches beteiligt haben. Von 2017 bis 2021 saß die Richterin im Bundestag, galt innerhalb der AfD als „gemäßigt“ trotz fragwürdiger rassistischer Äußerungen. Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck wollte die Richterin deshalb in den Ruhestand versetzen, weil von Malsack-Winkemann nicht zu erwarten gewesen sei, dass sie unvoreingenommen Recht sprechen würde. Das Dienstgericht für Richter sah das anders und entschied im Oktober 2022 dagegen. Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier hingegen darf nicht mehr als Richter urteilen. Das Dienstgericht für Richter entschied Anfang Dezember in Leipzig, dass die Versetzung von Maier in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege zulässig ist. Maier sei als Richter nicht mehr tragbar. Während seiner Zeit als AfD-Abgeordneter hatte er von der „Herstellung von Mischvölkern“ und einem „Schuldkult“ gesprochen und soll Verständnis für den norwegischen Massenmörder und Rechtsterroristen Anders Breivik geäußert haben. Sein Anwalt kündigte nach dem Urteil Revision an. Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke, verbeamteter Lehrer in Hessen, macht aus seiner Meinung gegenüber dem demokratischen Staat seit Jahren keinen Hehl. 2017 forderte er in Dresden eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Höcke hatte Sport und Geschichte unterrichtet.
Das Dienstverhältnis ruht. Das bedeutet nach dem Ende seiner politischen Laufbahn hat er das Recht in sein altes Dienstverhältnis zurückzukehren. Wie reagiert der Rechtsstaat, wie reagieren die demokratischen Institutionen darauf, wenn die, die zum Staat loyal stehen sollten und als Beamte regelmäßig entsprechende Befugnisse haben, z. B. die NS-Vergangenheit relativieren oder zum Widerstand gegen gewählte Volksvertreter aufrufen? Seit Jahrzehnten sitzen auch Richter und Staatsanwälte im Bundestag. Üblich war es, zwischen der Justizfunktion und den politischen Aktivitäten zu unterscheiden. Auch im Wahlkampf, sagt Joachim Wagner: „Die AfD-Richter und Staatsanwälte haben diesen ursprünglichen Verhaltenskodex aufgekündigt. Das ist der entscheidende Unterschied und das neue Phänomen.“ Wagner hat sich zwei Jahre lang mit auffälligen Juristen befasst und das Buch „Rechte Richter“ geschrieben. Es ist das erste umfassende Werk zu diesem Thema. Die Justiz habe dem Problem bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt, sagt er. Doch es sind nicht nur Richter oder Staatsanwälte. In deutschen Parlamenten sitzen freigestellte Polizisten, Bundeswehrsoldaten und Lehrer als AfD-Politiker. „FAKT“ dokumentiert Fälle aus allen Bereichen und spricht mit AfD-Politikern, die im Staatsdienst sind. Wie agieren Staatsdiener in den Reihen der AfD, wie groß ist ihr Einfluss? Werden aus Staatsdienern Staatsfeinde?