Waffenlieferungen an Ukraine: Merz kritisiert Kanzler Scholz I maybritt illner vom 08.04.2022 –314.232 Aufrufe – 08.04.2022 –
Friedrich Merz ist der Meinung, Scholz habe entsprechende Fragen in der Regierungsbefragung im Parlament nicht beantwortet. Die Waffenlieferungen seien Chefsache. Funktionierten die Prozesse nicht, müsse Scholz von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sage zum Teil sogar die Unwahrheit, kritisiert Merz mit Blick auf vorgebliche Geheimhaltungsabsprachen mit der Ukraine. „Parlament und Öffentlichkeit werden von dieser Bundesregierung getäuscht“, so der Oppositionsführer. Lambrecht sei mit dem Amt völlig überfordert. Deutschland laufe mit den Waffenlieferungen für die Ukraine „ständig hinterher“.
Nach 16 Jahren unionsgeführter Militärpolitik sollten CDU und CSU jetzt nach Ansicht von FDP-Fraktionschef Christian Dürr „nicht ganz so laut auf die Sahne hauen“. Gleichwohl sprach sich Dürr für deutlich mehr Anstrengungen bei den Waffenlieferungen für die Ukraine aus. Richtig sei, dass Deutschland jetzt bewaffnete Panzer liefere. Er sei auch bereit, über eine Freigabe von Waffen zu reden, die „jetzt auf den Höfen der deutschen Rüstungskonzerne“ stehen und nicht genutzt werden. Sollte der Fall eintreten, dass der Krieg in der Ukraine länger dauere, müsse nun militärisch darüber nachgedacht werden, „wie wir auch länger die Soldatinnen und Soldaten der Ukraine unterstützen“, so Dürr.
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, fordert für den Fall, dass kein Gas mehr aus Russland kommt, eine Priorisierung der Wirtschaft bei der Gasverteilung. Im Vergleich zum Heizen von Wohnungen sei der Arbeitsplatz für viele wichtiger, so Wolf: „Wenn Sie die Leute fragen und sagen: ‚Wollt ihr lieber bei 17 Grad zu Hause sitzen und drei Pullover anhaben und euren Arbeitsplatz behalten?‘, dann sagen die sofort: ‚Ja.'“ Angesichts des Ziels der Autarkie von Russland fordert er die Erwirtschaftung von Geld, „das wir dann in Windkraftanlagen stecken in Deutschland.“
Christian Dürr (FDP) spricht sich ebenfalls für eine Repriorisierung im Gas-Notfallplan zugunsten der Grundstoffindustrie aus. Stoppe Russlands Präsident Wladimir Putin die Gaslieferungen, hätte das in grundlegenden Bereichen der Wirtschaft dramatische Folgen. Gehe „es nur um Wärmeversorgung, wie im Wohnzimmer, wäre das eine andere Situation“, sagte Dürr. Die „eigene Versorgung“ dürfe nicht zusammenbrechen. Da sei „das Wohnzimmer nicht ganz so prioritär“, sagte der FDP-Politiker mit Bezug auf die derzeit gültige Regel, die Privathaushalten Vorrang bei der Energieversorgung einräumt.
Der Militärexperte Prof. Carlo Masala kritisiert, dass die Diskussion rund um den Stopp russischer Gasimporte „zu binär“ geführt werde. Man könne darüber nachdenken, die Fördermengen so zu reduzieren, „dass diese Grundindustrie noch weiterlaufen kann“. Bei einem Ausbleiben eines Gasembargos dürfe man nicht auch bei Waffenlieferungen bremsen: „Wir können nicht auf der einen Seite der Bremser sein und auf der anderen Seite sehr zögerlich sein“, so Masala: „Wir profitieren enorm von Sicherheit und Stabilität auf diesem europäischen Kontinent.“
Die ukrainischer Verlegerin Kateryna Mishchenko fordert, dass man den Ukrainern nicht nur helfen solle, sondern nun zusammen kämpfen müsse. Dazu müsse man diesen Krieg nicht als humanitäre Katastrophe wahrnehmen. Die Ukrainer seien keine Helden, sondern „einfach Menschen, die leben wollen und die auch Verantwortung übernehmen“. Das sei die Stärke des Landes, so Mishchenko. —
Die Gäste der Sendung: Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender, FDP Friedrich Merz, Partei- und Fraktionsvorsitzender, CDU Kateryna Mishchenko, ukrainische Verlegerin und Mitautorin des Maidan-Buches „Ukrainische Nacht“, aus Kiew geflüchtet Stefan Wolf, Präsident Arbeitgeberverband Gesamtmetall, Unternehmer Carlo Masala, Militärexperte, Professor für Internationale Politik, Universität der Bundeswehr, München