USA – Die Dollar-Demokratie (ARTE-Doku) und weitere Dokus zu den US-Wahlen 2020

U$A – Die Dollar-Demokratie | Doku | ARTE

126.056 Aufrufe  28.10.2020

Der Dokumentarfilm wirft einen Blick hinter die Kulissen der US-amerikanischen Politik, im Mittleren Westen wie im Weißen Haus, bei Demokraten wie bei Republikanern. Lobbygruppen, Unternehmen und Milliardäre finanzieren das politische Geschäft mit millionenschweren Spenden, die ganz legal in unbegrenztem Umfang fließen.

In den USA regiert das Geld.

Bei jeder Wahl fließen finanzielle Zuwendungen in Strömen. 2010 hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass Kampagnenfinanzierungen von staatlicher Seite nicht eingeschränkt werden dürfen. Ob in der Bundeshauptstadt Washington oder im tiefsten Arkansas: Lobbygruppen, Unternehmen und Milliardäre finanzieren das politische Geschäft mit millionenschweren Spenden.

Noch nie ist so viel Geld geflossen wie 2020. Während Donald Trump und die Präsidentschaftswahlen die Schlagzeilen dominieren, werden im Hintergrund eine Reihe weiterer Entscheidungen getroffen, die von großer Bedeutung sind: die Neuwahl eines Drittels des Senats, die Wahlen zum Repräsentantenhaus in allen 50 Bundesstaaten, aber auch Ernennungen von Richtern. Keine dieser Entscheidungen wird umgesetzt, ohne dass Geld fließt.

Dabei sprechen sich zwei Drittel der US-Amerikaner für eine Deckelung der Wahlkampfausgaben aus, viele empfinden die massiven Zuwendungen als eine Form von Korruption. Eine „legale Korruption“, die vor aller Augen betrieben wird und sich auf eine Wirtschaftspolitik auswirkt, die Wohlhabende begünstigt.

Die Dokumentation lässt viele Beteiligte zu Wort kommen: eine Abgeordnete im Wahlkampf, die ihren Tag damit verbringt, Spenden einzuwerben; einen Millionär, der die Hintergründe des Systems erläutert; eine Mitarbeiterin der Aufsichtsbehörde, die ihre Machtlosigkeit einräumt; und natürlich wütende Bürger. Ist Donald Trump womöglich nur Ausdruck eines Systems, bei dem sich letztlich alles ums Geld dreht?

Dokumentarfilm von Sylvain Pak (LUX/F 2020, 90 Min)


Die lange Nacht zur US-Wahl: Ein Riss geht durch Amerika | Weltspiegel

21.315 Aufrufe – 26.10.2020
#IngoZamperoni und seine Frau, die amerikanische Journalistin Jiffer Bourguignon, zu Gast bei Andreas Cichowicz Die #US-Wahl 2020 : #Trump oder Biden. Das Land ist gespalten, der Riss zieht sich auch durch Familien. Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni und seine amerikanische Frau Jiffer Bourguignon waren gerade auf Besuch bei den Verwandten in den USA, die politisch ganz unterschiedlicher Meinung sind.
Mit Weltspiegel-Moderator Andreas Cichowicz reden sie darüber.

USA: Country Roads – für Trump oder Biden? | ARTE Reportage14.340 Aufrufe – 02.11.2020

Wer immer nur auf die großen Städte der USA schaut, an der Ost- und an der Westküste, der lernt nur die eine Hälfte der USA kennen – deshalb schickten wir unsere Reporter auf die gut 1000  Kilometer langen Country Roads zwischen Denver in Colorado und Kansas City in Kansas. « Die Unvereinigten Staaten von Amerika », eine Reise auf Country Roads, von Denver bis nach Kansas City.   
Wer immer nur auf die großen Städte der USA schaut, an der Ost- und an der Westküste, der lernt nur die eine Hälfte der USA kennen – deshalb schickten wir unsere Reporter auf die gut 1000  Kilometer langen Country Roads zwischen Denver in Colorado und Kansas City in Kansas. 2016 holte Donald Trump in Kansas über 80% der Stimmen. Wie denken die Leute auf dem Land in den USA heute über ihren Präsidenten und über den Zustand ihrer Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten?

Die Ruhe vor dem Sturm | Aus der Traum? – Die Amerikaner im Wahljahr (2/5) | Doku | ARTE

Bereits Anfang 2020 zeichnet sich ab, dass dieses Wahljahr turbulent wird. Die amerikanische Gesellschaft ist tief gespalten.

Die Dokureihe zeigt, dass die Amerikaner jenseits der großen Politik ihre ganz persönlichen Träume haben. Kurz bevor die Coronakrise das Land erreicht, sind die USA bereits tief gespalten – sogar unter den evangelikalen Christen. Anfang März glauben viele Amerikaner noch, das Coronavirus sei nur ein Problem in Asien und Europa. Kurz bevor die Coronakrise das Land erreicht, sind die USA bereits tief gespalten – sogar unter den evangelikalen Christen, die traditionell für die Republikaner gestimmt haben.

Ein liberaler Evangelikaler, Pastor Doug Pagitt, hat die Organisation Vote Common Good gegründet und reist mit seinen Anhängern quer durchs Land, um die Menschen davon zu überzeugen, diesmal gegen Präsident Trump zu stimmen. „Eine Tournee für das Gemeinwohl“, sagt der überzeugte Christ. Ein ganz anderes Bild bietet sich in Harrisonville, einer Kleinstadt in Missouri. Dort schwört der Baptisten-Prediger Charles Kaighen seine Gemeinde gegen Homosexuelle und das Recht auf Abtreibung ein. Pastor Kaighen sagt: Auch wenn er als Christ von manchen Sprüchen Trumps peinlich berührt sei, so stehe der Präsident im Großen und Ganzen auf der Seite des Guten. Weil sich unter Trump die Situation der Einwanderer verschlechtert hat, stehen bei Pamela Peynado Stewart in Atlanta die Telefone nicht still. Die Anwältin ist Expertin für Einwanderungsrecht und wird immer dann gerufen, wenn eine Abschiebung droht oder eine Familie auseinandergerissen werden soll. Für die engagierte Juristin ist das mehr als ein Job, und sie kennt die Nöte der Immigranten. Sie selbst ist von der Dominikanischen Republik in die USA eingewandert; allerdings ist für sie der amerikanische Traum in Erfüllung gegangen: von der mittellosen Einwanderin zur erfolgreichen – und hoch bezahlten – Partnerin in einer angesehenen Anwaltskanzlei. Dokureihe, Regie: Jan Tenhaven und Jens Strohschnieder (D 2020, 52 Min)


Vor der Entscheidung | Aus der Traum? – Die Amerikaner im Wahljahr (5/5) | Doku | ARTE

108.361 Aufrufe – •27.10.2020

Die USA im Wahljahr 2020: Die Protagonisten bangen um die Zukunft ihres Landes und die Demokratie. Was ist nach diesem turbulenten Jahr eigentlich noch von ihren persönlichen Träumen übrig geblieben, und was würde der Ausgang der Wahlen für sie bedeuten? Kurz vor der Präsidentschaftswahl in den USA: Die Coronakrise, die Rassenunruhen, die schwächelnde Wirtschaft – keines der Probleme, die das Jahr 2020 mit sich gebracht hat, ist gelöst. Stattdessen braut sich weiter etwas zusammen. In Chicagos South Side war Ameena Matthews voller Elan in das Jahr gestartet. Nachdem ihre Kandidatur für den Kongress jedoch gescheitert ist, sind auch ihre großen Pläne für den berüchtigten Stadtteil Makulatur. Der evangelikale Pastor Doug Pagitt macht mit seinem Team von der Initiative Vote Common Good eine Bustour durch die USA, um gegen die Wiederwahl von Donald Trump zu mobilisieren. Kurz vor der Wahl kehrt er in seine Heimatstadt Minneapolis zurück: Er wohnt in direkter Nähe zu dem Ort, an dem George Floyd im Mai ermordet wurde. Eine Rückkehr mit gemischten Gefühlen: Hoffnung, dass Trump abgewählt wird, und Bangen, dass dadurch wahrscheinlich nicht alle Probleme gelöst sein werden. In Clairton, Pennsylvania, hatten die Menschen vor vier Jahren große Hoffnungen in Präsident Donald Trump gesetzt. Dort, im sogenannten Rust Belt der USA, leiden alle unter der schwächelnden Stahlindustrie. Wie steht es kurz vor dem Wahltag um die Stimmung in der Stadt? Wie Trump ist Bürgermeister Richard Lattanzi kein Berufspolitiker. Er ist eigentlich Stahlarbeiter. Und wie Trump wurde auch er quasi über Nacht zum Krisenmanager wider Willen. Neben all den ungelösten Problemen gibt es auch die schönen Momente im Bürgermeisteralltag: Eine Hochzeit steht an – ein versöhnliches Ende eines anstrengenden Jahres.


#Trump #Election2020 #WDRDoku

Die USA vor der Wahl – Ein zerrissenes Land | WDR Doku

1.904 Aufrufe – •22.10.2020

Die USA im Wahljahr 2020: Mehr als fünf Millionen Corona-Infizierte, das Land zerrissen durch eine Rassismus-Debatte. Ein Präsident, der über Twitter Zweifel an den Wahlen schürt. Ein letztes Aufbäumen eines demnächst Abgewählten? Oder installiert sich hier ein Alleinherrscher? Zu Beginn des Jahres sah es gut aus für Donald Trump: Die Wirtschaft lief, die Arbeitslosenzahlen auf einem 50-Jahres-Tief, seine Umfragewerte im Höhenflug, die Demokraten mit sich selbst beschäftigt. Doch dann kam Corona. Eine Gefahr, die der Präsident zuerst nicht wahrhaben wollte. Wie durch ein Wunder werde das Virus verschwinden, beschwichtigte er. Corona macht die Mängel im Gesundheitssystem sichtbar Statt des Wunders kam eine Krise, die die USA so hart trifft wie kaum ein anderes Land. Die Wirtschaft am Boden. Und Corona macht die Mängel im Gesundheitssystem deutlich sichtbar. Überdurchschnittlich stark von Corona getroffen sind schwarze Amerikaner. Sie arbeiten überdurchschnittlich oft in den Billigjobs, die wenig Schutz vor dem Virus bieten, sind seltener krankenversichert. Die Wut, die sich auf den Demos gegen Rassismus Bahn bricht, speist sich aus der Corona-Krise und der Massenarbeitslosigkeit, die über die USA hereingebrochen sind. Kaum vorstellbar, dass die Wirtschaft sich schnell erholen wird – trotz der Billionen Dollar, die Trump den Unternehmen schenkt. Kaum vorstellbar auch, dass die Millionen von Arbeitslosen bis zur Wahl wieder einen Job haben. Die Reporterinnen Claudia Buckenmaier und Marion Schmickler sind durch die Swing-States Arizona, Wisconsin und Michigan gereist und haben Menschen getroffen, die davon erzählen wie sie die Wirtschafts- und Gesundheitskrise trifft. Was bedeutet Trumps Politik in diesen Zeiten für sie? Was hält der Farmer, der seine Milch nicht mehr loswird, von Trumps Wirtschaftspolitik? Wie reagiert die schwarze Aktivistin, die zusehen muss, wie die Afroamerikaner ihres Viertels leiden und sterben, auf Trumps aggressive Tweets? Wie kämpft der Umweltschützer in Corona-Zeiten gegen den Bau einer Grenzmauer, die mitten im Naturschutzgebiet hochgezogen wird? Warum stehen republikanische Mittelstands-Unternehmer noch immer hinter Trump, obwohl ihre Existenz auf dem Spiel steht? Wie fühlt sich die Krankenschwester, die versucht, mit Galgenhumor die Corona-Krise zu überstehen? Was erhoffen sich all diese Bürger von der Wahl im November? Die Demokratie in den USA scheint in der Krise. Der erbitterte Streit der Republikaner und der Demokraten, der spaltende Regierungsstil Donald Trumps hat die Demokratie in den USA an den Abgrund gebracht. Das Misstrauen untereinander ist so groß, dass die Demokraten sogar damit rechnen, dass sich Donald Trump einer möglichen Abwahl widersetzen würde. Unvorstellbar? Die Demokraten beschäftigen sich offenbar genau mit diesem Szenario.


Evangelikale in den USA | Konservative Christen unterstützen Donald Trump | Doku | SRF DOK –16.264 Aufrufe – 28.10.2020

Obschon die USA offiziell ein säkulares Land sind, ist Religion allgegenwärtig.
70% der Amerikaner sind Christen und die Mehrheit davon hat Trump gewählt. Evangelikale haben 2016 die Massen für Trump als Präsidenten mobilisiert und wollen es nun erneut tun.
Es sind insbesondere amerikanische Evangelikale, welche Donald Trump unterstützen. Die Gemeinschaften, die sich «evangelikal» nennen, sind in den USA verbreitet. Einige sind gegen Abtreibung, gegen Homosexuelle und anerkennen auch fundamentale Erkenntnisse der Wissenschaft nicht. Sie veranstalten Festivals, an denen die biblische Botschaft in moderne Musik verpackt ist. Sie legen Wert auf religiöse Erziehung und bewegen sich unter Gleichgesinnten.
Der Dokumentarfilm begleitet verschiedene evangelikale Gemeinschaften in den USA und zeigt zudem auf, dass sich vielerorts Religion und Staatsgewalt sehr nahe stehen: In Virginia zum Beispiel geht die Polizei gemeinsam mit einem Pastor auf Streife. Verdächtige sollen so gleich vor Ort mit religiösen Botschaften versorgt werden. In Kentucky steht eine Arche Noah nach Originalmassen. Das Museum soll die kreationistische Theorie veranschaulichen, die besagt, dass das Universum buchstäblich in sechs Tagen erschaffen wurde. In Georgia gehen einige Evangelikale noch einen Schritt weiter: sie haben eine christliche Bürgerwehr gebildet. Mit Schusswaffen ausgerüstet trainieren sie, um gegen Atheisten und Kommunisten vorgehen zu können – wenn nötig, sind sie bereit im Namen Gottes in den Krieg zu ziehen.

US-Wahlen – Was auf dem Spiel steht | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur

12.467 Aufrufe – •21.10.2020

Pandemie, Proteste, Polarisierung. Dazu Wirtschaftskrise, Demokratiekrise, Vertrauenskrise. Die mächtigste Demokratie droht im Chaos zu versinken. Wie wurde der amerikanische Traum zum Albtraum? Woran leidet die amerikanische Seele? Und welche Folgen hätte eine Wiederwahl von Donald Trump für die USA, für Europa, für die ganze Welt? Darüber spricht Yves Bossart mit der Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen, Professorin für Anglistik an der Universität Zürich und Global Distinguished Professor an der New York University, und mit dem Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller, Professor für Ideengeschichte an der Princeton University. Sternstunde Philosophie vom 18.10.20


Trump oder Biden, wen wählt die Welt? | Doku | ARTE

114.939 Aufrufe – 23.10.2020

Bleibt Donald Trump Präsident oder macht doch Joe Biden das Rennen? Das ist gerade nicht nur in den Vereinigten Staaten die große Frage. Unsere Korrespondenten haben nachgefragt, welchen Einfluss der Ausgang der US-Wahl auf das Leben von Menschen überall auf der Welt hat. Oder wissen Sie, wie das Ergebnis den Alltag von Togolesen, Australiern, Mexikanern, Irakern, Brasilianern, Indern und Kenianern beeinflusst? 00:00 Intro 00:41 Wen wählen die Togolesen? 05:04 Wen wählen die Australier? 09:30 Wen wählen die Mexikaner? 14:32 Wen wählen die Iraker? 19:28 Wen wählen die Brasilianer? 24:02 Wen wählen die Inder? 28:19 Wen wählen die Kenianer?


Donald Trumps Kampf um die Macht – Ist Amerikas Demokratie in Gefahr?

4.512 Aufrufe  – 01.11.2020

Nach allen Umfragen stehen Donald Trumps Aussichten auf eine zweite Amtszeit auf der Kippe. Für viele Beobachter steht bereits fest, dass er die Präsidentschafts-Wahlen aus eigener Kraft nur noch schwer gewinnen kann. Doch Trump und seine Gefolgsleute lassen kaum etwas unversucht, den Wahlausgang in ihrem Sinne zu „managen“. Sie kämpfen mit harten Bandagen. Ihr Ziel: Dafür zu sorgen, dass möglichst viele potentielle Wähler der Demokraten ihre Stimme nicht abgeben oder nicht abgeben können. Dazu gehört die oft dramatische Reduzierung der Wahllokale in vornehmlich „schwarzen“ Vierteln; hunderttausende Wähler werden aus fadenscheinigen Gründen aus den Wahllisten gestrichen und die Briefwahl extrem restriktiv gehandhabt. Mit Desinformations-Kampagnen sollen die „black & brown communities“ verunsichert werden, zur Wahl zu gehen. Johannes Hano deckt für ZDFzoom die Methoden auf, mit denen der Wahlausgang beeinflusst werden soll und mit denen der demokratische Prozess in dem Land, das sich als „Leuchtturm der Demokratie“ sieht, ausgehebelt wird. Die Doku in kompletter Länge findet ihr hier: https://kurz.zdf.de/IfED/

Gerrymandering – Was ist das? (Wahlkreise | US-Repräsentantenhaus)

1.274 Aufrufe – 29.07.2018
Beim Gerrymandering werden die Wahlkreisgrenzen eines Wahlkreises so verändert werden, dass eine der Parteien dadurch einen deutlichen Vorteil hat, den entsprechenden Wahlkreis zu gewinnen.
Gerrymandering kann auch dazu benutzt werden, der gegnerischen Partei einen Wahlkreis zu „schenken“, und sie dadurch in den umliegenden Wahlkreisen so zu schwächen, dass man diese Wahlkreise dann gewinnt.

Erklärfilm: US-Wahlsystem | Weltspiegel

1.494 Aufrufe – 26.10.2020

Das Ende der amerikanischen Demokratie? Donald Trump und die Politik der Feindschaft

Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik, Ausgabe 11, 2020*

Steven LevitskyDaniel Ziblatt

Nahezu alle lebenden Amerikaner wuchsen in dem Bewusstsein auf, dass unsere Demokratie etwas Selbstverständliches ist. …Damit aber ist es vorbei. Die Amerikaner schauen mit wachsendem Unbehagen auf die drohende Entgleisung unseres politischen Systems. …. Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr denken 39 Prozent der Amerikaner, unsere Demokratie stecke „in der Krise“, weitere 42 Prozent sehen sie vor „ernsthaften Herausforderungen.“ Nur 15 Prozent gaben an, der US-Demokratie „geht es gut.“[1]

Die Aushöhlung der Demokratie in den Vereinigten Staaten ist keine theoretische Frage mehr. Sie hat bereits begonnen. Angesehene globale Demokratie-Indexe – wie die von Freedom House, Varieties of Democracy und des Economist Intelligence Unit – zeigen seit 2016 allesamt eine Erosion der amerikanischen Demokratie.[2] Laut der Einstufung von Freedom House sind die USA mittlerweile weniger demokratisch als Chile, Tschechien, Slowenien, Taiwan und Uruguay – und in derselben Kategorie wie neuere Demokratien vom Schlage Kroatiens, Griechenlands, der Mongolei und Panamas.[3]

Doch die Probleme begannen lange vor 2016 und reichen tiefer als Donald Trumps Präsidentschaft. … Amerikas Verfassungssystem hat vielen mächtigen und ambitionierten Präsidenten Einhalt geboten, darunter Demagogen wie Andrew Jackson und Kriminelle wie Richard Nixon. Daher setzten die Amerikaner in ihrer Geschichte immer ein großes Vertrauen in unsere Verfassung. Eine Umfrage von 1999 ergab, dass 85 Prozent der Amerikaner dachten, sie sei der Hauptgrund, warum unsere Demokratie so erfolgreich war.[4]

Aber Verfassungen allein reichen nicht, um die Demokratie zu schützten. Selbst die brillanteste Verfassung funktioniert nicht automatisch, sondern muss durch starke, ungeschriebene demokratische Normen verstärkt werden.

Für eine Demokratie sind dabei zwei grundlegende Normen unerlässlich.

Die erste ist gegenseitige Tolerierung, sprich: die Norm, die Legitimität seiner politischen Konkurrenten zu akzeptieren. Das bedeutet: Wie sehr wir mit unseren Gegnern auch streiten – und wie unsympathisch wir sie gar finden –, erkennen wir doch an, dass sie loyale Bürger sind, die ihr Land ebenso lieben wie wir selbst und die dasselbe und legitime Recht zum Regieren haben. Mit anderen Worten: Wir behandeln unsere Konkurrenten nicht wie Feinde.

Die zweite Norm lautet institutionelles Unterlassen. Unterlassen meint in diesem Fall, dass man davon absieht, seinen Rechtsanspruch durchzusetzen. Es ist ein Akt vorsätzlicher Selbstbeschränkung – wir schöpfen die uns rechtlich zustehende Macht bewusst nicht voll aus. …

Der Punkt ist, dass Politiker den Buchstaben der Verfassung auf eine Weise ausnutzen können, die diese ihres Geistes beraubt: durch die Veränderung des Obersten Gerichtshofes, durch parteiliche Impeachment-Verfahren, das Lahmlegen der Regierung, durch die Begnadigung von Verbündeten, die im Auftrag des Präsidenten Verbrechen begehen, oder die Ausrufung des Notstands, um den Kongress zu umgehen.

All diese Handlungen folgen dem Buchstaben des Gesetzes, um dabei doch seinen Geist zu untergraben. Der Rechtswissenschaftler Mark Tushnet nennt ein solches Verhalten „constitutional hardball“ – ein rücksichtsloses Vorgehen auf verfassungsgemäßem Wege.[5] Bei jeder scheiternden oder gescheiterten Demokratie findet sich constitutional hardball im Überfluss…

Die ungeschriebenen Normen der gegenseitigen Tolerierung und Unterlassung dienen als sanfte Leitplanken der Demokratie. Sie sorgen dafür, dass aus einem gesunden politischen Wettbewerb nicht jener politische Kampf auf Leben und Tod wird, der die Demokratien in Europa in den 1930er Jahren und in Südamerika in den 1960er Jahren zerstört hat.

Amerika verfügte nicht immer über starke demokratische Leitplanken. Sie fehlten in den 1790er Jahren …Es verlor diese Leitplanken im Vorfeld des Bürgerkriegs, und sie blieben während des späten 19. Jahrhunderts schwach.

Im 20. Jahrhundert jedoch erwiesen sich diese Leitplanken zumeist als gefestigt. Obwohl das Land zuweilen Anschläge auf die demokratischen Normen erlebte – wie den McCarthyismus in den 1950ern –, praktizierten beide Parteien im Großen und Ganzen die gegenseitige Tolerierung und das Unterlassen, wodurch wiederum unser System der checks and balances funktionierte. In den ersten drei Vierteln des 20. Jahrhunderts gab es keine Impeachments oder erfolgreiche Beispiele für die Vergrößerung von Gerichten. Die Senatoren zeigten sich umsichtig, wenn es um den Einsatz von Filibustern und der Bestätigungsklausel bei Nominierungen durch den Präsidenten ging – die meisten Anwärter für den Obersten Gerichtshof erhielten eine problemlose Bestätigung, selbst wenn die Präsidentenpartei nicht über eine Senatsmehrheit verfügte. Und außerhalb von Kriegszeiten unterließen es die Präsidenten überwiegend, mit unilateralen Handlungen den Kongress oder die Gerichte zu umgehen. Mehr als ein Jahrhundert lang funktionierte Amerikas System der checks and balances also.

Jedoch liegt im Herzen dieser Geschichte eine wichtige Tragödie verborgen.

Die sanften Leitplanken, die Amerikas Demokratie im 20. Jahrhundert lenkten, wurden auf rassistischem Ausschluss errichtet und wirkten in einer politischen Gemeinschaft, die überwiegend weiß und christlich war.

Die Bemühungen, nach dem Bürgerkrieg eine multi-ethnische Demokratie zu errichten, führten zu gewalttätigem Widerstand, vor allem in den Südstaaten. Die dortigen Gliederungen der Demokratischen Partei betrachteten die Reconstruction nach dem Krieg als eine existentielle Bedrohung und widersetzten sich ihr sowohl mit constitutional hardball als auch mit offener Gewalt. Erst als die Republikaner die Reconstruction aufgaben – und es den Demokraten so erlaubten, im Süden die rassistischen Jim-Crow-Gesetze einzuführen –, betrachteten die Demokraten ihre Konkurrenten nicht länger als existentielle Bedrohung.

Erst dann begannen beide Parteien friedlich zu koexistieren und ermöglichten die Herausbildung von Normen der gegenseitigen Tolerierung und des Unterlassens. Mit anderen Worten: Diese Normen konnten sich erst verankern, nachdem die Gleichheit zwischen den Ethnien von der Agenda genommen und Amerikas politische Gemeinschaft damit auf Weiße reduziert worden war.

Erste Anzeichen dafür zeigten sich in den 1990er Jahren, als Newt Gingrich seine republikanischen Parteifreunde anregte, von „Betrug“ und „Verrätern“ zu sprechen, wenn es um die Demokraten ging. Damit ermunterte er die Republikaner, die gegenseitige Tolerierung aufzugeben. Die Gingrich-Revolution sorgte zudem für eine Zunahme von constitutional hardball, darunter der große Shutdown von 1995 und drei Jahre später ein Impeachment-Verfahren gegen Präsident Bill Clinton – das erste in 130 Jahren.

Die Erosion demokratischer Normen beschleunigte sich während der Präsidentschaft von Barack Obama. Führende Republikaner wie Gingrich, Sarah Palin, Rudy Giuliani, Mike Huckabee und Donald Trump erzählten, dass der Präsident und die Demokraten keine Patrioten und wahren Amerikaner seien. Trump und andere stellten gar infrage, dass Obama amerikanischer Staatsbürger ist. Hillary Clinton erfuhr eine ähnliche Behandlung: Trump und andere Republikaner stellten sie als Kriminelle dar.

Diese Entwicklung bot bereits Anlass zu großer Besorgnis: Wenn die gegenseitige Tolerierung schwindet, geben die Politiker auch das Unterlassen auf. Sobald wir unsere politischen Konkurrenten als Feinde betrachten, oder als existentielle Bedrohung, wächst die Versuchung, alle nötigen Mittel einzusetzen, um sie aufzuhalten.

Genau dies geschah im vergangenen Jahrzehnt. Die Republikaner im Kongress behandelten die Obama-Regierung als eine existentielle Bedrohung … Constitutional hardball wurde zur Norm. In Obamas zweiter Amtszeit gab es mehr Filibuster als in all den Jahren zwischen dem Ersten Weltkrieg und Ronald Reagans zweiter Amtszeit zusammen. Der Kongress legte zwei Mal die Regierung lahm und brachte das Land dabei zwischenzeitlich an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Obama antwortete ebenfalls mit constitutional hardball. Als der Kongress sich weigerte, eine Einwanderungsreform oder Klimaschutzgesetze zu verabschieden, umging er ihn und griff zu Präsidentenverfügungen. Dieses Vorgehen war technisch gesehen legal, verstieß aber klar gegen den Geist der Verfassung.

Der wohl folgenreichste Akt von constitutional hardball während der Obama-Jahre war die Weigerung des Senats, Merrick Garland, Obamas Kandidaten für den Obersten Gerichtshof, anzuhören. Jeder Präsident seit 1866, der die Gelegenheit bekam, einen freien Platz am Obersten Gerichtshof zu besetzen, bevor sein Nachfolger gewählt wurde, durfte dies auch tun (obschon nicht immer im ersten Anlauf). Mit der Weigerung, Obamas Kandidaten überhaupt nur in Erwägung zu ziehen, verletzte der Senat also eine 150 Jahre alte Norm.

Das Problem besteht somit nicht bloß darin, dass die Amerikaner mit Donald Trump einen Demagogen gewählt haben – sondern, dass wir dies zu einem Zeitpunkt taten, als sich die sanften Leitplanken, die unsere Demokratie schützen, aus ihrer Verankerung lösten.

Das weiße Amerika gegen die Regenbogenkoalition

Die treibende Kraft hinter der Erosion demokratischer Normen ist die Polarisierung. In den vergangenen 25 Jahren haben Republikaner und Demokraten einander fürchten und hassen gelernt.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass bei Demokraten wie Republikanern um die 60 Prozent glauben, die andere Partei sei eine „ernsthafte Bedrohung“ für die USA.[9] Einen solchen politischen Hass haben wir seit dem späten 19. Jahrhundert nicht mehr gesehen.

Ein gewisses Maß an Polarisierung ist normal – und sogar gesund – für die Demokratie. Aber extreme Polarisierung kann sie töten. Die aktuelle Forschung des Politikwissenschaftlers Milan W. Svolik zeigt, dass wir in hoch polarisierten Gesellschaften eher bereit sind, undemokratisches Verhalten auf unserer eigenen Seite zu tolerieren.[10] Wenn die Politik so polarisiert ist, dass wir den Sieg unserer politischen Konkurrenten als katastrophal oder völlig indiskutabel erachten, werden wir zur Verhinderung dessen den Einsatz außergewöhnlicher Maßnahmen rechtfertigen, darunter Wahlbetrug und Gewalt, bis zum militärischen Putsch. …

Was wir heute in den USA erleben, ist keine traditionelle, in Demokratien übliche Polarisierung zwischen Linksliberalen und Konservativen. Die Menschen fürchten und hassen einander nicht wegen Steuerfragen oder der Gesundheitspolitik. Vielmehr reichen die heutigen politischen Spaltungen tiefer: Es geht bei ihnen um die ethnische und kulturelle Identität.[11]

Unsere demokratischen Normen wurden von einer und für eine politische Gemeinschaft errichtet, die überwiegend weiß und christlich war – und die gewaltsam Millionen Afroamerikaner im Süden ausschloss. Im vergangenen halben Jahrhundert hat sich die amerikanische Gesellschaft jedoch dramatisch gewandelt. Durch umfangreiche Einwanderung und Schritte zu mehr ethnischer Gleichheit ist unsere Gesellschaft vielfältiger und demokratischer geworden.

Diese Veränderungen haben sowohl die Größe als auch den gesellschaftlichen Status von Amerikas ehemaliger christlicher Mehrheit untergraben. In den 1950er Jahren stellten weiße Christen weit über 90 Prozent der amerikanischen Wählerschaft. Noch 1992, als Bill Clinton zum Präsidenten gewählt wurde, waren 73 Prozent der Wähler weiße Christen. Bei Obamas Wiederwahl 2012 war ihr Anteil auf 57 Prozent gefallen und bis 2024 dürfte er auf unter 50 Prozent sinken.[12] 

Weiße Christen verlieren bei Wahlen also ihre Mehrheit. Sie büßen zudem ihren dominanten sozialen Status ein. Vor nicht allzu langer Zeit standen weiße christliche Männer an der Spitze aller gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen und kulturellen Hierarchien in unserem Land. Sie besetzten das Präsidentenamt, den Kongress, den Obersten Gerichtshof und die Residenzen der Gouverneure. Sie stellten die CEOs, die Nachrichtensprecher und die meisten Prominenten und führenden wissenschaftlichen Autoritäten. Und sie waren das Gesicht beider großer politischer Parteien.

Diese Tage sind Geschichte.

Aber der Verlust des dominanten gesellschaftlichen Status kann zutiefst bedrohlich wirken. Viele weiße christliche Männer glauben, ihnen werde das Land entrissen, in dem sie aufgewachsen sind. Das fühlt sich für viele wie eine existentielle Bedrohung an.

Dieser demographische Wandel ist politisch explosiv geworden, weil Amerikas ethnische und kulturelle Differenzen nun nahezu perfekt von den beiden großen Parteien abgebildet werden. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall. Noch in den späten 1970er Jahren verteilten sich weiße Christen gleichmäßig auf Demokraten und Republikaner.

Während des vergangenen halben Jahrhunderts ist es jedoch zu drei bedeutenden Veränderungen gekommen:

  • Erstens hat die Bürgerrechtsbewegung zu einer massiven Abwanderung der Weißen aus den Südstaaten von den Demokraten zu den Republikanern geführt, während Afroamerikaner – die im Süden neuerlich wahlberechtigt wurden –, überwiegend für die Demokraten stimmten.
  • Zweitens erlebten die Vereinigten Staaten eine große Immigrationswelle und die meisten dieser Einwanderer orientierten sich zu den Demokraten.
  • Und drittens strömten, beginnend mit Reagans Präsidentschaft in den frühen 1980ern, weiße evangelikale Christen zu den Republikanern.

In der Konsequenz repräsentieren die beiden großen Parteien nun höchst unterschiedliche Teile der amerikanischen Gesellschaft.

  • Die Demokraten vertreten eine Regenbogenkoalition, die städtische und gebildete weiße Wähler sowie People of Color umfasst. Nahezu die Hälfte der demokratischen Wähler sind keine Weißen.
  • Die Republikaner hingegen bleiben überwiegend weiß und christlich.[13]

Die Amerikaner haben sich also in zwei Parteien einsortiert, die radikal unterschiedliche Gemeinschaften, soziale Identitäten und Vorstellungen davon repräsentieren, was Amerika ist und sein sollte. Die Republikaner vertreten zunehmend das weiße christliche Amerika – und die Demokraten alle anderen. Diese Spaltung liegt der tiefen Polarisierung unseres Landes zugrunde.

Was diese Polarisierung so gefährlich macht, ist ihre Asymmetrie.

Während die Basis der Demokraten vielfältig ist und sich erweitert, repräsentieren die Republikaner eine einst dominante Mehrheit im zahlen- und statusmäßigen Niedergang. Viele Republikaner fürchten sich daher vor der Zukunft. Slogans wie „Take our country back!“ und „Make America great again!“ spiegeln dieses Gefühl der Gefährdung wider. Mehr noch: Diese Ängste haben eine besorgniserregende Entwicklung genährt, die unsere Demokratie bedroht – eine wachsende Aversion der Republikaner gegenüber Wahlniederlagen.

Die Republikaner und die Angst vor der Niederlage

In einer Demokratie müssen Parteien wissen, wie man verliert. Politiker, die eine Wahl verlieren, müssen bereit sein, die Niederlage zu akzeptieren, nach Hause zu gehen und ihr Glück später noch einmal zu versuchen. Ohne diese Norm würdevollen Verlierens kann eine Demokratie nicht bewahrt werden.

Damit Parteien ihre Niederlage akzeptieren, müssen allerdings zwei Bedingungen gelten:

  • Erstens müssen sie überzeugt sein, dass ihre Niederlage nicht ruinöse Konsequenzen nach sich zieht.
  • Und zweitens müssen sie glauben, dass sich ihnen in der Zukunft wieder eine realistische Chance auf einen Sieg bietet.

Wenn Parteiführer fürchten, künftige Wahlen nicht gewinnen zu können oder dass eine Niederlage eine existentielle Bedrohung für sie oder ihre Wähler darstellt, dann erhöht das den Einsatz.  Verzweiflung lässt Politiker zu unfairen Mitteln greifen.

Heute zeigen sich bei den Republikanern ganz ähnliche Anzeichen von Panik.

  • Ihre Wahlaussichten schwinden. Sie bleiben eine überwiegend weiße christliche Partei in einer zunehmend vielfältigen Gesellschaft. Die wachsende Vielfalt der amerikanischen Wählerschaft macht es den Republikanern schwerer, auf nationaler Ebene Mehrheiten zu erreichen. Tatsächlich haben sie in den vergangenen 30 Jahren bei nur einerPräsidentschaftswahl die meisten Stimmen erhalten.
  • Zudem kehren ihnen jüngere Wähler den Rücken: 2018 wählten die 18- bis 29jährigen mit einem Abstand von zwei zu eins die Demokraten und die 30jährigen entschieden sich zu knapp 60 Prozent für die Demokraten. 

Keine Partei verliert gerne, aber bei den Republikanern wird das Problem durch eine zunehmende Auffassung an ihrer Basis vergrößert, dass eine Niederlage katastrophale Konsequenzen haben werde.

Viele weiße christliche Republikaner fürchten, nicht nur Wahlen, sondern bald auch ihr Land zu verlieren. Wie einst die Südstaaten-Demokraten greifen die Republikaner daher zusehends zu unfairen Mitteln. Dies zeigte sich am deutlichsten in den jüngsten Bestrebungen, bei Wahlen das Spielfeld zu kippen.

  • Seit 2010 haben ein Dutzend republikanisch geführter Staaten neue Gesetze erlassen, die die Wählerregistrierung erschweren.[16]Republikanische Regierungen in Staaten und Kommunen haben Wahllokale in überwiegend afroamerikanischen Nachbarschaften geschlossen, Wählerverzeichnisse „gesäubert“ und neue Hindernisse für Registrierung und Stimmabgabe geschaffen.
  • So gestattet seit 2017 in Georgia das sogenannte „exact match law” Wählerregistrierungen abzulehnen, wenn die dortigen Angaben nicht „exakt“ mit bestehenden Akten „übereinstimmen“.
  • Im Gouverneurswahlkampf von 2018 versuchte der damalige Secretary of State und heutige Gouverneur Brian Kemp, mit Hilfe dieses Gesetzes zehntausende von Registrierungsformularen für ungültig zu erklären, von denen die meisten von Afroamerikanern stammten.[17]Zudem „bereinigte“ er auch das Wählerverzeichnis um hunderttausende Personen.[18]

Die weitere Aushöhlung der Demokratie

Die Trump-Regierung gefährdet die amerikanische Demokratie wie keine andere in der modernen amerikanischen Geschichte.

Wir sehen drei potentielle Bedrohungen:

  • eine fortgesetzte Aushöhlung der Demokratie,
  • den Abstieg in die Dysfunktionalität und
  • eine Minderheitenherrschaft.

Fortgesetzte Aushöhlung der Demokratie

Trump hat, erstens, die Medien angegriffen, die Kontrollmöglichkeiten des Kongresses mit Füßen getreten und um eine ausländische Einmischung in unsere Wahlen ersucht. Wie die Autokraten in Ungarn, Russland und der Türkei hat er versucht, den Regierungsapparat für persönliche, parteipolitische und sogar undemokratische Ziele einzusetzen.

  • Nur das jüngste Beispiel für dieses Phänomen markiert die Furcht, dass die Trump-Regierung auf schockierende Weise in der Covid-19-Pandemie versucht, die US-Post dafür einzuspannen, dass die Stimmabgabe erschwert und das Wahlergebnis manipuliert wird.
  • Überall im Regierungsapparat stehen die Verantwortlichen für Strafverfolgung, Geheimdienstarbeit, Verteidigung, Sicherheit der Wahl, Volkszählung und sogar Wettervorhersage unter Druck, für das persönliche und politische Wohl des Präsidenten zu arbeiten – und gegen seine Kritiker und Widersacher.
  • Wer sich dem verweigert – darunter Kontrolleure, die für die unabhängige Aufsicht über Regierungsbehörden zuständig sind – wird herausgedrängt und durch Trump-Loyalisten ersetzt.

So werden Autokratien errichtet: Anführer verwandeln die Strafverfolgung, die Geheimdienste und andere Institutionen in parteipolitische Waffen und nutzen sie, um sich gegen Ermittlungen abzuschirmen sowie um gegen Kritiker zu ermitteln und sie zu bestrafen.

Der Abstieg in die Dysfunktionalität.

Amerikas System der checks and balances sorgt oftmals für ein divided government, konfrontiert den Präsidenten also mit einer oppositionellen Kongressmehrheit. Daher funktioniert es nur mit einem gewissen Grad an gegenseitiger Tolerierung und Unterlassen. Wenn die Polarisierung diese Normen aushöhlt und zu constitutional hardball führt, kann ein divided government zu einer Art permanenter institutioneller Kriegsführung verkommen – und die Bundesregierung außerstande setzen, ihren grundlegenden Aufgaben nachzukommen.

Dysfunktionalität behindert aber nicht nur die Arbeit der Regierung, sondern sie kann auch das öffentliche Vertrauen in die Demokratie untergraben. Wenn die Regierungen daran scheitern, auf die drängendsten Probleme der Bürger zu reagieren, verlieren diese das Vertrauen in das politische System. Es gibt im heutigen Amerika starke Anzeichen für einen solchen Vertrauensverlust: So hat sich die Zahl der Amerikaner, die unzufrieden mit der Demokratie sind, in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt, von weniger als 25 Prozent im Jahr 2000 auf heute 55 Prozent.[19] Wenn Gesellschaften aber das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit ihrer Regierung verlieren, werden sie empfänglich für Demagogen oder politische Außenseiter, die versprechen, „die Dinge zu regeln“, und zwar mit anderen – radikal autoritären – Mitteln.

Die Herrschaft der Minderheit

Die dritte Bedrohung unserer Demokratie ist weniger sichtbar, aber wohl die schädlichste von allen.

Schauen wir uns die folgenden Tatsachen an:

  • Die letzten beiden republikanischen Präsidenten kamen ins Amt, obwohl sie nicht die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen konnten – und das könnte dieses Jahr ohne weiteres erneut passieren.
  • Die Demokraten haben die Präsidentschaftswahl von 2016 und die Senatswahl von 2018 mühelos gewonnen – aber die Republikaner kontrollieren nach wie vor den Senat.
  • 2017 wurde mit Neil Gorsuch erstmals ein Richter am Obersten Gerichtshof von einem Präsidenten nominiert, der bei der Wahl keine Stimmenmehrheit hinter sich hatte, und dann von Senatoren bestätigt, die weniger als die Hälfte des Landes repräsentierten.
  • Ein Jahr später stieg Brett Kavanaugh auf genau demselben Weg zum Obersten Gerichtshof auf, was dort eine konservative Mehrheit, die eindeutig in einer Minderheit verwurzelt ist, schuf – und die jetzt durch Amy Coney Barrett sogar noch ausgebaut werden dürfte.
  • Und im Februar 2020 sprachen sich 52 Senatoren gegen ein Impeachment von Präsident Trump aus – vertraten dabei jedoch aufgrund der Bevölkerungsstruktur ihrer Staaten 18 Millionen Amerikaner weniger als die 48 Senatoren, die für eine Amtsenthebung stimmten.

Diese Beispiele bieten einen Vorgeschmack auf das Leben unter der Herrschaft einer politischen Minderheit.

Unsere Verfassung und unsere Wahlgeographie haben sich unwillentlich zugunsten der Republikaner verschworen. Dies könnte zu dem führen, was der Soziologe Paul Starr die Verschanzung an der Macht durch eine Minderheit der Wahlberechtigten nennt – die hauptsächlich aus ländlichen, konservativen und überwiegend weißen Gegenden kommen. Gewiss, die Minderheitenherrschaft hat eine lange Geschichte in Amerika.

Unsere Gründerväter schufen ein Verfassungssystem, das kleinere oder schwach bevölkerte Staaten bevorzugt. Aber mit der Zeit erwuchs aus dieser Bevorzugung eine massive Überrepräsentation ländlicher Staaten, mit Auswirkungen auf drei mehrheitsbrechende Institutionen:

  • Das Wahlmännergremium, das den Präsidenten bestimmt, ist leicht zugunsten spärlich bevölkerter Staaten verschoben,
  • der Senat stark;
  • und da der Senat den Nominierungen für den Obersten Gerichtshof zustimmen muss, ist auch dieser ein Stück weit zugunsten bevölkerungsschwacher Staaten verschoben.

Dieses Problem wird durch die schleichende Entvölkerung der ländlichen Gebiete noch verschärft: In 20 Jahren werden 70 Prozent der US-Bevölkerung in 16 Staaten leben, wodurch 30 Prozent des Landes 68 Prozent des Senats kontrollieren werden.[20]

In den meisten Phasen der US-Geschichte hatte diese Bevorzugung der ländlichen Regionen kaum parteipolitische Auswirkungen, da die großen Parteien über städtische und ländliche Flügel verfügten. Mit anderen Worten: Das System hat immer schon Vermont gegenüber New York bevorzugt, aber es bevorzugte nicht eine bestimmte Partei.

Zuletzt jedoch haben sich die Parteien entlang der Stadt-Land-Frage gespalten. Heute konzentrieren sich die demokratischen Wähler in den großen urbanen Zentren, während die Republikaner zunehmend in dünn besiedelten Gebieten verankert sind. Das verschafft der Republikanischen Partei einen systematischen und wachsenden Vorteil im Wahlmännergremium, im Senat und im Obersten Gerichtshof.

Die Herrschaft einer politischen Minderheit ist schon schlimm genug, aus ihr erwächst aber eine sogar noch gefährlichere Konsequenz.

Die Republikaner werden von ihrer ängstlichen weißen christlichen Basis in eine „Jetzt-um-jeden-Preis-gewinnen“-Mentalität getrieben und könnten daher ihren Vorteil in den mehrheitsbrechenden Institutionen nutzen, um sich an der Macht einzugraben, ohne Stimmmehrheiten zu gewinnen – und dies tatsächlich sogar im Angesicht dauerhafter oppositioneller Mehrheiten. 

Das Wahlmännergremium gestattete Donald Trumps Wahl (und könnte dies erneut tun), während der Senat seinen unerhörten Machtmissbrauch ermöglichte. Ebenso hat der Oberste Gerichtshof weitgehend die republikanischen Versuche gestützt, über Gerrymandering, die Säuberung des Wählerverzeichnisses und neue Hindernisse bei Registrierung und Stimmabgabe das Spielfeld für die Wahlen zu kippen. Kurz gesagt, könnten die Amerikaner auf eine Phase der Herrschaft einer politischen Minderheit zusteuern.

Diese Wahl ist also entscheidend. Trumps Sieg würde die zerstörerischen Trends beschleunigen, die wir in den vergangenen vier Jahren gesehen haben: die Aushöhlung demokratischer Normen, die Aufgabe der etablierten demokratischen Praxis, den fortgesetzten Angriff auf den Rechtsstaat und die weitere Verankerung der Herrschaft einer politischen Minderheit. Sollte Trump bis 2024 regieren, droht die amerikanische Demokratie unkenntlich zu werden.

Die hier wiedergegebene Fassung des ausgezeichneten Textes von Steven Levitsky und Daniel Ziblatt ist die leicht gekürzte Version eines Aufsatzes, der in der Novemberausgabe 2020 der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ erschienen ist.

Dieser Text basiert auf einem Beitrag der Autoren, der unter dem Titel „The Crisis of American Democracy“ am 18.9.2020 auf der Website der US-Gewerkschaft American Federation of Teachers veröffentlicht wurde. Die Übersetzung stammt von Steffen Vogel.

Für Agrarwende und Artenvielfalt – Bürgerinitiative „Save Bees And Farmers“

Insekten sind die Grundlage unseres Ökosystems und zu einem Drittel in den letzten zehn Jahren verschwunden. Besonders stark ist das Insektensterben dort, wo intensive Landwirtschaft und Pestizide den Lebensraum von Biene, Schmetterling und Co. zerstören. Und das ist nicht nur ein deutsches, sondern ein europaweites und globales Problem. Deshalb: Wir brauchen effektiven Insektenschutz auf europäischer Ebene.

Unterstützen Sie die Bürgerinitiative „Save Bees And Farmers“, mit der wir, die Menschen in Europa, gemeinsam die EU-Kommission dazu bringen können, sich unseren Forderungen zu stellen.

Eine Million werden und Europa verändern

Jetzt heißt es zusammenrücken und die Europäische Politik, die unser tägliches Leben gestaltet, zum Besseren zu ändern. Mit einer Europäischen Bürgerinitiative ist das möglich – also machen wir es wahr!

Bienen, Bauern und Bäuerinnen retten! Jetzt die Europäische Bürgerinitiative für Agrarwende und Artenvielfalt unterstützen.Die Europäische Bürgerinitiative „Save Bees And Farmers“ ist eine gemeinsame Aktion von einem Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Imker-Vereinigungen und unabhängigen Bürger*innen. Als Europäer*innen verbindet uns unsere gemeinsame Vision eines besseren Wegs, unsere Lebensmittel zu produzieren: Besser für Bürger*innen, besser für die Artenvielfalt, besser für Bäuerinnen und Bauern.

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8 Punkte für eine globale Agenda strukturellen Wandels in der COVID-19-Pandemie

Quelle: Arbeit&Wirtschaft Blog
27. Oktober 2020

Regierungen haben weltweit mit beispielloser Intensität auf die COVID-19-Pandemie reagiert. Sie haben damit bewiesen, dass sie handlungsfähig sind und der Privatwirtschaft nicht das Feld überlassen müssen, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist. Jetzt braucht es eine zweite Welle der politischen Reaktionen auf die Pandemie, die nicht nur auf die Erholung der Wirtschaft zielt, sondern vielmehr die global notwendigen systemischen Veränderungen in Gang setzt.

Building back better?

In zahllosen Erklärungen haben die meisten Regierungen bekräftigt, dass eine Rückkehr zu business as usual nach der Krise keine Option sei. Stattdessen ist der Aufruf der UNO „Building back better“ zu einem Leitmotiv der internationalen Reaktionen auf die COVID-19-Krise geworden. Aber führt „Building back“ wirklich zu dem dringend notwendigen strukturellen Wandel?

In der ersten Phase enthielten viele der COVID-19-Notfallprogramme soziale Komponenten, die (mehr oder weniger gezielt) darauf gerichtet waren, Unterstützung für bedürftige Familien zu leisten, Arbeitslosigkeit zu verhindern und kleine Betriebe finanziell am Leben zu erhalten. Doch abgesehen davon, dass selbst diese insgesamt riesigen Geldsummen den weltweiten Anstieg von Arbeitslosigkeit, Armut und Unternehmenskonkursen nicht verhindern konnten, droht die Wirkung der Ad-hoc-Maßnahmen schnell zu verfliegen, wenn die Unterstützung ausläuft. Die soziale Katastrophe kommt dann lediglich mit Verzögerung. Darüber hinaus spielten ökologische Ziele in der ersten Phase der COVID-19-Reaktionen kaum eine Rolle. Die meisten wirtschaftlichen Hilfspakete waren ökologisch blind und ignorierten die strukturellen Ursachen und Interdependenzen von Gesundheits-, Wirtschafts- und Klimakrise.

Umso wichtiger ist es, dass jetzt, mit der zweiten Welle der politischen Reaktionen auf COVID-19, die längerfristigen Konjunkturpakete nicht allein auf die wirtschaftliche Erholung abzielen, sondern vielmehr die notwendigen systemischen Veränderungen fördern. Richtig konzipiert, böten solche Konjunkturprogramme die Chance, zu Motoren der sozial-ökologischen Transformation zu werden, wie sie in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung proklamiert wird.

Eine 8-Punkte-Agenda für den strukturellen Wandel

Als Antwort auf die COVID-19-Krise startete das Weltwirtschaftsforum die Initiative eines „Great Reset“ des Kapitalismus. Aber wenn man die Reset-Taste drückt, wird das Spiel einfach neu gestartet, ohne die Spielregeln – oder gar das Spiel selbst – zu ändern. Die Reset-Taste löscht den Speicher und startet das (alte) System neu, ein System, das die aktuellen Krisen eher verursacht als verhindert hat.

Unser Bericht Spotlight on Sustainable Development 2020 schlägt als Alternative zum „Great Reset“ des Weltwirtschaftsforums eine 8-Punkte-Agenda für den strukturellen Wandel vor. Die acht Punkte stellen kein umfassendes Reformprogramm dar. Vielmehr illustrieren sie kurz und bündig acht Themenbereiche, in denen nicht nur Politik- und Governance-Reformen, sondern auch Veränderungen in den zugrunde liegenden Narrativen überfällig sind:

1. Fürsorge und Pflegearbeit aufwerten

Die Corona-Pandemie hat drastisch gezeigt, wie wichtig die Fürsorge- und Pflegearbeit für die Gesellschaften ist. Aber bisher leiden Pflegekräfte meist unter schlechten Arbeitsbedingungen und sind häufig unterbezahlt. Zusätzlich übernehmen überwiegend Frauen die unbezahlte Fürsorge- und Pflegearbeit zu Hause und müssen dadurch massive Mehrfachbelastungen bewältigen. Die Pflegeberufe müssen daher gesellschaftlich aufgewertet, arbeitsrechtlich gestärkt und besser bezahlt werden. Außerdem muss die öffentliche Pflegeinfrastruktur ausgebaut und adäquat finanziert werden.

2. Öffentliche Güter und Dienste stärken

Über Jahrzehnte wurden öffentliche Güter- und Dienstleistungen in vielen Ländern unterfinanziert, ausgelagert und privatisiert. Die Corona-Krise hat vor Augen geführt, wie wichtig sie für das Funktionieren von Gesellschaften sind. Das gilt nicht nur für den Gesundheitssektor, sondern auch für Bereiche wie die Wasser- und Energieversorgung, den öffentlichen Transport und die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums.

Steuerreformen und die Umschichtung öffentlicher Ausgaben müssen sicherstellen, dass diese Bereiche künftig besser finanziert werden. Privatisierungen und öffentlich-private Partnerschaften (PPPs) haben sich häufig als teure Irrwege erwiesen. Die bemerkenswerte Welle der Re-Kommunalisierungen in mehr als 2.400 Städten in 58 Ländern zeigt, dass es machbar und populär ist, Dienstleistungen wieder unter öffentliche Kontrolle zu bringen.

3. Wertschöpfungsketten neu austarieren

Die Unterbrechung der weltweiten Güterströme infolge der Lockdown-Maßnahmen hat einmal mehr die Abhängigkeit vieler Volkswirtschaften von Rohstoffexporten und globalen Wertschöpfungsketten offenbart. Sie sind Ausdruck des vorherrschenden Modells globaler Arbeitsteilung, das die externen Effekte im Zusammenhang mit der Ausbeutung von Ressourcen und der weltumspannenden Warenzirkulation außer Acht lässt.

Die gegenwärtige Krise bietet die Gelegenheit, diese einseitig auf Exportwachstum ausgerichteten Entwicklungsstrategien zu überdenken. Im Kern geht es darum, das Gravitationszentrum von der globalen Wirtschaft zu regionalen Wirtschaftskreisläufen zu verlagern. Drei Eckpfeiler der damit verbundenen Transformation sind der Ausbau nachhaltiger lokaler Nahrungsmittelsysteme, die verstärkte regionale (oder subregionale) Zusammenarbeit zur Erhöhung der Binnennachfrage und Reformen im internationalen Handels- und Investitionsregime, um den politischen Spielraum für solche Maßnahmen zu erweitern.

4. Klimagerechtigkeit durchsetzen

Die mediale Präsenz der Corona-Krise darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die anderen globalen Krisen nicht über Nacht verschwunden sind. Das gilt auch für die Auswirkungen des Klimawandels, die die Armen, insbesondere im globalen Süden, überproportional treffen.

Klimagerechtigkeit erfordert in diesem Zusammenhang, dass die Staaten ihre Verpflichtung aus der Klimarahmenkonvention anerkennen, das Klima entsprechend ihren gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten zu schützen. Insbesondere sollten die Länder des globalen Nordens den Abbau von Subventionen und die Verlagerung von Investitionen weg von der Exploration, Förderung und Produktion fossiler Brennstoffe vorantreiben. Sie sollten sich verpflichten, bis 2030 zu einer 100-prozentigen Nutzung sauberer und erneuerbarer Energien überzugehen. Schließlich sollten sie ihre öffentliche Klimafinanzierung bis Ende 2020 auf mindestens 100 Milliarden US-Dollar aufstocken und bis 2030 kontinuierlich erhöhen.

5. Wirtschaftliche Macht und Ressourcen umverteilen

Die Hilfs- und Konjunkturpakete, die von Regierungen und internationalen Institutionen geschnürt werden, können ein entscheidendes Mittel sein, um Einkommens- und Vermögensdisparitäten zu reduzieren. Ein wesentliches Instrument ist die Steuerpolitik, etwa in Form von Vermögenssteuern, Solidaritätssteuern oder einer Steuer auf übermäßige Gewinne („excess profits“), insbesondere von Unternehmen, die von der Corona-Krise profitierten.

Aber Umverteilung im Nachhinein reicht allein nicht aus, es muss auch um die Umverteilung von Macht und Ressourcen im Voraus gehen. Entscheidende „vorverteilende“ Politikbereiche sind in dieser Hinsicht die Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik sowie die Finanz- und Unternehmensregulierung.

6. Globale Finanzflüsse effektiv regulieren

Die weltwirtschaftliche Rezession infolge der Corona-Krise wird die öffentlichen Haushalte massiv belasten. Staatseinnahmen brechen ein, die in vielen Ländern unbewältigten Probleme der Steuerflucht und Steuervermeidung werden verschärft. Zur Deckung der Ausgaben bleibt meist nur eine höhere öffentliche Kreditaufnahme, auf die Gefahr hin, dass es zu neuen Schuldenkrisen kommt.

Nun rächt sich, dass nach der letzten globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 notwendige Regulierungen und Reformen in der internationalen Finanzarchitektur versäumt wurden. Wesentliche Schritte wären die Einführung eines fairen und transparenten Staateninsolvenzverfahrens und die institutionelle Stärkung der globalen Steuerkooperation unter dem Dach der Vereinten Nationen.

7. Solidarischen Multilateralismus fördern

Zur Bewältigung der Corona-Krise wird immer wieder die globale Zusammenarbeit und die Stärkung des Multilateralismus beschworen. Häufig betreiben die Regierungen aber eher einen selektiven „Multilateralismus à la carte“.

Ein solidarischer Multilateralismus erfordert, Partei zu ergreifen gegen unilaterale Alleingänge und die Übermacht partikularer Wirtschaftsinteressen (auch wenn es die eigenen sind) und für eine Zusammenarbeit gleichberechtigter Staaten, bei der die Rechte der Menschen, um die es geht, im Mittelpunkt stehen. Dazu müssen diejenigen globalen Institutionen gestärkt werden, die die größte demokratische Legitimität besitzen.

Dies sind zuallererst die Vereinten Nationen. Aufwertung der Vereinten Nationen heißt aber auch, sie mit ausreichenden Finanzmitteln in Form verbindlicher Beitragsleistungen auszustatten, statt vom guten Willen freiwilliger Beitragszahler und dem finanziellen Druck einzelner Länder abhängig zu bleiben.

8. Entwicklung und Fortschritt neu messen

In der Agenda 2030 haben sich die Regierungen verpflichtet, Fortschrittsmaße für nachhaltige Entwicklung zu erarbeiten, die das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ergänzen (SDG 17.19). Diese Entscheidung basierte auf der Einsicht, dass mit dem Wachstum des BIP weder automatisch in gleichem Maße das Wohlergehen der Bevölkerung wächst noch Armut reduziert wird. Im Gegenteil: In vielen Ländern ging wirtschaftliches Wachstum einher mit größerer sozialer Ungleichheit und dem Raubbau an der Natur. Über ökologische Tragfähigkeit und soziale Gerechtigkeit gibt das BIP keine Auskunft.

Bei der Umsetzung dieses SDGs hat es auf politischer Ebene aber bisher kaum Fortschritte gegeben. Die Hauptbotschaft des noch immer vorherrschenden Entwicklungsparadigmas lautet, dass die Länder reicher, nicht nachhaltiger werden müssen, um die Leiter hinaufzuklettern und „entwickelt“ zu werden. Dieses Narrativ muss durch alternative Wohlstandsmaße ein für alle Mal überwunden werden.

Dieser Beitrag basiert auf der Zusammenfassung des Spotlight Reports 2020, der vom Arab NGO Network for Development, dem Center for Economic and Social Rights, Development Alternatives with Women for a New Era (DAWN), Global Policy Forum, Public Services International, Social Watch, Society for International Development und dem Third World Network – mit Unterstützung der Friedrich Ebert Stiftung – herausgegeben wird.

Populisten-Hochburg Facebook:Teile und herrsche

Quelle: taz – Timo Hoffmann -23.10.2020

Facebook behauptet, die Welt näher zusammenzubringen. Doch immer mehr zeigt sich, dass das Netzwerk Menschen auseinandertreibt – und Populisten stärkt.

Als Facebook 2012 an die Börse ging, erklärte Gründer Mark Zuckerberg in einem Brief an Investoren die Philosophie seines Unternehmens. Die meisten wachsenden Firmen bremsten zu sehr ab, weil sie mehr Angst vor Fehlern hätten, als davor, Chancen durch zu viel Langsamkeit zu versäumen, schrieb er. Facebook sei da anders. „Wir haben ein Sprichwort: ‚Move fast and break things.‘ Die Idee ist, wenn du nie etwas kaputt machst, bist du wahrscheinlich nicht schnell genug.“ Das Firmenmantra „Move fast and break things“ stand groß auf den Wänden des Unternehmenssitzes 50 Kilometer vor San Francisco.

Acht Jahre später lässt sich feststellen: Facebook war schnell und vieles ist kaputtgegangen. Für den Konzern, zu dem inzwischen auch der Messaging-Dienst Whatsapp und das Foto-Netzwerk Instagram gehört, entwickelten sich die Dinge erfreulich. Er verfügt nun mit all seinen Plattformen über mehr als drei Milliarden Nutzer, rund 40 Prozent der Weltbevölkerung. Knapp jeder zweite erwachsene Internetnutzer in Deutschland verwendet Facebook, mehr als zwei Drittel Whatsapp, jeder Vierte ist auf Instagram. Diese Marktmacht hat zu einem gigantischen Börsenwert geführt. Mit rund 650 Milliarden Euro Marktkapitalisierung steht Facebook auf Platz fünf der wertvollsten börsennotierten Firmen der USA.

Doch auch auf der Welt hat sich seit dem Börsengang vieles verschoben. Populistische Politiker sind in vielen Ländern an die Regierung oder ins Parlament gelangt. Autoritäre Regierungsformen haben zugenommen. Gesellschaften sind zutiefst gespalten. Verschwörungstheorien haben an Popularität gewonnen. Antisemitismus ist erstarkt. Falschinformationen können sich rasant verbreiten. Der Tonfall im Netz ist verroht und Empörung zur Grundstimmung vieler politischer Debatten geworden. Und es mehren sich die Anzeichen, dass der Facebook-Konzern zu dieser Verschiebung beigetragen hat, weil ihm Schnelligkeit von jeher wichtiger ist als Sicherheit – und Wachstum wichtiger als Verantwortung.

Disruptive Wirkung auf Diskurse

„Man muss davon ausgehen, dass Facebook einen Anteil an der Zunahme an Polarisierung, Populismus und verschwörungstheoretischem Denken hat“, sagt Ulrike Klinger, Professorin für digitale Demokratie an der Europa-Universität in Frankfurt an der Oder. „Wir haben nicht die Daten, um das zu quantifizieren, aber aufgrund der Studien, die es gibt, und was über interne Studien von Facebook bekannt ist, gehe ich davon aus.“

Das Unternehmen ergreife im Gegensatz zu anderen Netzwerken zwar relativ viele Gegenmaßnahmen. „Aber Facebook unterschätzt noch immer sehr, wie disruptiv es auf öffentliche Diskurse wirkt und wie tief das im Geschäftsmodell und der prinzipiellen Funktionsweise dieser Plattform verankert ist.“

Ein Team im Facebook-Konzern kam zu einem ähnlichen Schluss. Bei interner Forschung fand es 2018 heraus: Die Programmierung des Netzwerks treibt Menschen teilweise auseinander. „Unsere Algorithmen nutzen aus, dass das menschliche Gehirn sich von Spaltung angezogen fühlt“, hieß es in einer Präsentation. Werde dem nicht nachgegangen, würde Facebook seine Nutzer „mit immer mehr entzweienden Inhalten“ versorgen, „um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen“ und ihre „Zeit auf der Plattform zu verlängern“.

Mitarbeiter erarbeiteten Vorschläge für Änderungen. Doch Zuckerberg und andere leitende Angestellte blockten oder schwächten die Bemühungen ab – und stellten die Forschung weitgehend zurück. Die Zeitung Wall Street Journal hatte dies im Mai dieses Jahres enthüllt. Facebook verteidigte sich, mehrere Faktoren, die zu Polarisierung beitragen können, bereits angegangen zu sein.

Schon vor dieser Aufdeckung ging es mit Facebooks Ruf seit Jahren bergab, weil die Verfehlungen des Konzerns immer neue globale Dimensionen erreicht hatten. Besonders drei Fälle haben das Vertrauen der Öffentlichkeit erschüttert.

2017 wurde bekannt, dass vor der US-Wahl 2016 eine koordinierte russische Kampagne Millionen Bürger auf der Plattform erreichte – und für Donald Trump warb. Wenig später stellte sich heraus, dass das Militär im mehrheitlich buddhistischen Myanmar die Plattform nutzen konnte, um systematisch zu Hass und Gewalt gegen die verfolgte muslimische Rohingya-Minderheit anzustiften. 2018 wurde öffentlich, dass die Politikberatungsfirma Cambridge Analytica an Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern gelangen konnte.

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