Der Kulturkampf ums Geschlecht – Wer hat Angst vorm „Genderwahn“?

Quelle: ZDF-Mediathek

Ein Film von Karsten Gravert

Was auf den ersten Blick nur wie ein kleiner Krieg der Sternchen aussieht, ist in Wahrheit eine der tiefgreifenden kulturellen Umwälzungen unserer Zeit.

Gendersensible Sprache in den Behörden, Gendersternchen, Genderklos, der neue Personenstandseintrag “divers“, Gender Studies als Trendfach an den Unis. Alles begann mit einer gewagten akademischen These – nämlich, dass wir ein soziales Geschlecht haben und dass wir alles Mögliche außer „männlich“ und „weiblich“ sein können. Diese Überzeugung ist mittlerweile im gesellschaftlichen Mainstream, in den Kindergärten und Amtsstuben angekommen. Doch es regt sich Widerstand, von ganz rechts bis tief hinein in die Mitte.

Krieg der Sternchen oder „Weltkrieg gegen die Ehe“?

Papst Franziskus sieht in der „Gender-Ideologie“ einen „Weltkrieg gegen die Ehe“, der Verein Deutsche Sprache im „Gender-Unfug“ einen „zerstörerischen Eingriff in die deutsche Sprache“ und Rechtspopulisten in ganz Europa bekämpfen den „Genderwahn“ und propagieren die heterosexuelle Kleinfamilie als Basis einer gesunden Gesellschaft.

Warum wirkt die Gender-Idee so bedrohlich für viele? Schießen die Gender-KämpferInnen über das Ziel hinaus? Und wie agieren Länder, in denen Gender-Gegner in der Regierung sind?

In der Abseitsfalle – kein Coming-out im Fußball

Quelle: Mediathek ZDF

In der Abseitsfalle – Kein Coming-out im Fußball?

Thomas Hitzlsperger, Marcus Urban und Benjamin Näßler sprechen über ihre Erfahrungen mit dem Coming-out – und darüber, wie wichtig ein offenes Bekenntnis für die Leistungsfähigkeit auf dem Platz und für das persönliche Glück ist.

Bislang gibt es keine Studie zur Anzahl der schwulen Spieler in der Bundesliga – und keinen aktiven deutschen Profispieler, der sich zu seiner Homosexualität bekannte.Thomas Hitzlsperger ist diesen Schritt bisher als Einziger gegangen. Das war 2014, allerdings erst nach seiner aktiven Spielerzeit.

37 Grad-Autorin Annette Heinrich über ihren Film

„.., Eher geht ein Kamel durch’s Nadelöhr, als dass man einfach einen Film über Homophobie und Coming-out im Männer-Fußball macht. Nach Abschluss meines Projekts weiß ich: In Sachen Diversität und Toleranz ist zwar schon einiges passiert, aber auch noch l zu tun!

Nirgends scheint es einen schwulen Profi-Fußballer oder angehenden Profispieler zu geben. Dabei betonten sämtliche Vereine und die Verbände, wie offen man dem Thema gegenüberstehe, wie sehr man sich selbst darüber wundere, noch keinem begegnet zu sein und wie willkommen homosexuelle Spieler seien – nicht erst seit der Berliner Erklärung von 2013 gegen Homophobie.

Man verwies auf Eckfahnen in Regenbogenfarben, auf Regenbogenkapitänsbinden, die zweifellos von einem guten Willen zeugen. Doch wenn ich es konkreter haben wollte, konnte man mir nicht weiterhelfen. Gibt es regelmäßige Schulungen von Trainern oder Workshops für Nachwuchsspieler zu diesem Thema? Gibt es Erhebungen oder anonyme Befragungen zur Anzahl von homosexuellen Spielern in den Ligen? Und wie sorgt man dafür, dass homophobe Sprüche und vermeintliche Scherze aus den Kabinen und von den Plätzen verbannt werden?

Wenn man überlegt, wie viel Geld in diesem Sport bewegt wird, verwundert es schon, dass sich Profivereine möglicherweise etliche schwule Fußballtalente entgehen lassen (fünf bis sieben Prozent der deutschen Männer sind homosexuell), weil sie sich nicht ernsthafter um eine tiefergehende Willkommenskultur bemühen.“

Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ inszeniert eine üble Kampagne gegen Annalena Baerbock

In  der Kontext-Ausgabe 533 vom  16.06.2021 nimmt René Martens die üble Art und Weise aufs Korn, in der die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Stimmung gegen Politiker*innen macht – in diesem Fall gegen Annalena Baerbock.

Zur Erinnerung : „Süddeutsche Zeitung“, „Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ druckten anlässlich des Parteitages der Grünen eine Anzeige, in der die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock unter Anspielung auf die zehn Gebote als Moses mit zwei Tafeln dargestellt ist. „Wir brauchen keine Staatsreligion“ und „Annalena und die zehn Verbote“ lauten die entscheidenden Schlagworte.

Vielerorts erschien die Werbung auch online, wo sie noch eine wesentlich stärkere Wirkung entfaltete, weil dort der redaktionelle Teil zwischen zwei Teilen der Anzeige quasi eingequetscht war.

Christian Stöcker schrieb in einer „Spiegel“-Kolumne unter der Überschrift „Komm, wir kaufen uns einen Kanzler.“ „Ich kann mich nicht erinnern, dass in der jüngeren deutschen Geschichte jemals eine Lobbyorganisation im Auftrag von Ultrareichen und Konzernen so offen und mit so viel Aufwand versucht hätte, Einfluss auf einen Bundestagswahlkampf zu nehmen“. Die Kampagne sei ein „Dammbruch“.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) wurde im Jahr 2000 von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie gegründet. Als ihre Erfinderin galt die Werbeagentur Scholz & Friends des gebürtigen Stuttgarters Sebastian Turner. Die Lobbyorganisation hat enge Verbindungen zum Institut der deutschen Wirtschaft, zum Institut für Demoskopie Allensbach sowie zu TV-Anstalten und Medienhäusern, bei denen sie ihre Themen setzen.

Vorsitzender der INSM ist Stefan Wolf, der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Der Jurist ist der Sohn eines früheren Chefredakteurs des „Schwarzwälder Boten“ in Oberndorf. Im Brotberuf ist er Vorstandschef des Autozulieferers EllringKlinger in Dettingen an der Erms.

Dem 21-köpfigen Kuratorium der INSM gehört – neben den Superreichen Arend Oetker und Randolf Rodenstock– sogar ein Mann an, der 20 Jahre Mitglied bei den Grünen war: Oswald Metzger, der für die Partei von 1994 bis 2002 im Bundestag sowie von 2006 bis 2008 im baden-württembergischen Landtag saß. Seine Analysefähigkeiten sind allerdings beschränkt, er wirkt mittlerweile als „Hauptstadtkorrespondent“ für die rechte Krawallplattform „Tichys Einblick“.

Initiative Food­sharing: Lebensmittel bekommen zweite Chance

Die Initiative Food­sharing Kirchheim hat einen neuen „Fairteiler“ eingeweiht. Erstmals gibt es auch einen Kühlschrank.

Die Initiative Foodsharing Kirchheim rettet seit einigen Jahren Lebensmittel vor der Mülltonne. Diese werden anschließend kostenfrei mit der Öffentlichkeit über sogenannte „Fairteiler“ geteilt. Seit Ende März ist in Ko­operation mit der Stadt Kirchheim ein weiterer Fairteiler mit Kühlschrank an der Evangelisch-methodistischen Zionskirche in der Armbruststraße in Betrieb.

„Vergangenes Jahr konnten wir die Anzahl der mit uns koope­rierenden Lebensmittelbetriebe mehr als verdoppeln“, erklärt Maria Scheiding, Foodsharing-Botschafterin des Bezirks Kirchheim. Der bestehende Fairteiler an der Sultan-Ahmet-Moschee in der Lohmühlegasse stieß deshalb mit seinem Platzangebot allmählich an seine Grenzen. „Wir hatten zudem bisher keine Möglichkeit, die bei den Abholungen geretteten Kühlwaren weiterzugeben. Der neue Standort mit Kühlschrank ist daher eine ideale Ergänzung zum bestehenden Angebot.“ Michael Breiter von der Evangelisch-methodistischen Kirche wurde über einen Facebook-Beitrag aufmerksam und bot daraufhin den Eingangsbereich der Zionskirche in der Armbruststraße als Standort an. „Wir engagieren uns schon seit längerer Zeit für nachhaltige Projekte, insofern passt Foodsharing hervorragend zu uns“, betont er.

Da der Standort zwar überdacht, aber ansonsten nicht wettergeschützt ist, wurde eine Umhausung für den Fairteiler benötigt. Die Stadt hat hierfür die Materialkosten übernommen, den Aufbau übernahmen die Lebensmittelretterinnen und -retter aus dem Bezirk. Der Kühlschrank wird vom Kirchheimer Gastronomen Michael Holz vorübergehend zur Verfügung gestellt.

Wöchentlich werden etwa 50 bis 80 Kilogramm gerettete Lebensmittel weitergegeben. Der Zuspruch ist enorm: In einer WhatsApp-Gruppe wird über neue Zugänge im Fairteiler informiert. „Meistens sind die Lebensmittel in kürzester Zeit komplett verteilt und bekommen so ihre zweite Chance“, freut sich Scheiding. Lediglich frisches Fleisch, Alkohol und Energydrinks sind im Fairteiler tabu. Interessierte können sich direkt an kirchheim-teck@food­sharing.network wenden. pm

Menschen mit unterschiedlicher geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung in unseren Schulen – wie (er)leben wir Vielfalt?

Menschen mit unterschiedlicher geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung in unseren Schulen – wie (er)leben wir Vielfalt?

Am 17. Mai findet seit 2005 der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie statt. An diesem Tag soll auf die Diskriminierung und Kriminalisierung (in Deutschland ehemals §175 STGB) von Menschen hingewiesen werden, die in ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität nicht der Heteronormativität entsprechen. Er geht darauf zurück, dass die WHO erst am 17.5.1990 Homosexualität offiziell von der Liste der Krankheiten gestrichen hat.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Kreisverband Esslingen-Nürtingen und der Kirchheimer Ortsverband/die Gemeinderatsfraktion der Partei „Die LINKE“ lud am Freitag, 14. Mai 2021 um 20.00 Uhr zu einer Zoom-Veranstaltung ein zum Thema „Menschen mit unterschiedlicher geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung in unseren Schulen – wie (er)leben wir Vielfalt?“

Mehr als vier Jahre nach der Einführung der Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)“ in den baden-württembergischen Bildungsplänen interessiert die Veranstalter, wie die Leitperspektive BTV im Hinblick auf die Toleranz und Akzeptanz von geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung an den Schulen umgesetzt wird und wie sie wirkt.

Dazu wollen sie mit Schüler*innen, Lehrer*innen, Schulleitungen, Elternvertreter*innen und der interessierten Öffentlichkeit ins Gespräch kommen.

Einen wissenschaftlichen Input für das Gespräch gab Dr. Ulrich Klocke von der Humboldt-Universität zu Berlin geben. Aus der Praxis ihrer Bildungsarbeit an Schulen berichtete Carina Utz, systemische Beraterin und Geschäftsleiterin der Freiburger Bildungseinrichtung FLUSS e.V., die Bildungs- und Beratungsarbeit zu Geschlecht und sexueller Orientierung betreibt.

Weitere Informationen

Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung und Gunda-Werner-Institut (Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit)

„Bildungsplan und Gender-Wahn“? Die Debatte um den Bildungsplan in Baden-Württemberg und ihre Folgen

Schulen sind, neben Fußballstadien, besonders von Homophobie und Heterosexismus betroffene Räume. Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt findet kaum Platz im Unterricht und im Schulgeschehen – abgesehen von abwertenden Schimpfworten. Besonders Kinder und Jugendliche, die sich jenseits der Heterosexualität verorten und/oder eine andere als die „klassischen“ Geschlechtsidentitäten leben, finden in Schulen meist keine sicheren Orte. Eine Antwort auf dieses Problem besteht in der Thematisierung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Diese ruft aber lautstarke Gegner*innen aus dem konservativen und rechtspopulistischen Lager auf den Plan.

Vor über vier Jahren sind neue Bildungspläne in Kraft getreten. Neu waren u.a. sechs Leitperspektiven. Sie sollen „Leitgedanken für alle Fächer“ festlegen. In der Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)“ geht es u.a. um das Thema sexuelle Orientierung und LSBTTIQ.

Zur Leitperspektive BTV ist auf der Homepage des Kultusministeriums u.a. zu lesen: „Der konstruktive Umgang mit Vielfalt stellt eine wichtige Kompetenz für die Menschen in einer zunehmend von Komplexität und Vielfalt geprägten modernen Gesellschaft dar. In der modernen Gesellschaft begegnen sich Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, Nationalität, Ethnie, Religion sowie geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung. Kernanliegen der Leitperspektive ist es, Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit zu fördern. Schule als Ort von Toleranz und Weltoffenheit soll es jungen Menschen ermöglichen, die eigene Identität zu finden und sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung zu artikulieren. …Die Verankerung der Leitperspektive BTV im Bildungsplan wird unter anderem durch folgende Begriffe konkretisiert: „Personale und geschlechtliche Vielfalt, wertorientiertes Handeln, Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen, Formen von Vorurteilen und Klischees, Toleranz, Solidarität, Inklusion und Antidiskriminierung.“

Im Jahr 2012 hatten Dr. Klocke und andere Wissenschaftler*innen in einer Studie zu „Verhalten, Einstellungen und Wissen zu LSBT und deren Einflussvariablen“ u.a. geschrieben, die Berliner Polizei habe zwischen 2005 und 2010 jedes Jahr mehr „Hasskriminalität“ wegen der vermeintlichen sexuellen Orientierung des Opfers registriert. Die Ursachen der dahinterstehenden Homophobie lägen wahrscheinlich bereits im Kindes- und Jugendalter. „Schwul“ oder „Schwuchtel“ gehörten zu den beliebtesten Schimpfwörtern auf deutschen Schulhöfen. Lesbische, schwule und bisexuelle Schüler/innen sowie Schüler/innen, die sich nicht geschlechtskonform verhalten, würden häufiger Opfer von Mobbing und fühlten sich an ihrer Schule weniger sicher. Die Wahrscheinlichkeit eines Suizidversuchs sei bei ihnen 3,2-mal höher als bei heterosexuellen Jugendlichen.

2017 hatten Prof. Dr. Beate Küpper (Hochschule Niederrhein) und Dr. Ulrich Klocke – mit vielen anderen Wissenschaftler*innen – im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Studie „Einstellungen gegenüber lesbischen, schwulen und bisexuellen Menschen in Deutschland“ erstellt

In der Studie hatten sie u.a. 16- bis 29-Jährigen befragt, wie sie den schulischen Umgang mit sexueller Vielfalt erlebt haben. 64 Prozent der jüngeren Befragten berichteten, dass ihre Lehrkräfte nie Unterrichtsbeispiele oder Schulmaterialien verwendet hätten, in denen auch lesbische, schwule oder bisexuelle Personen vorkamen. Zudem berichteten 25 Prozent, dass ihre Lehrkräfte nie deutlich gemacht hätten, dass sie die abwertende Verwendung von Worten wie „Schwuchtel“, „Homo“, „Tunte“ oder „Lesbe“ nicht „okay“ fänden. Nur 41 Prozent berichteten, dass die Lehrkräfte meistens oder jedes Mal interveniert haben. Neben der Thematisierung sexueller Vielfalt durch Lehrkräfte wäre es auch ein Zeichen für eine offene und akzeptierende Schulatmosphäre, wenn Lehrkräfte und Mitschülerinnen zu ihrer nicht-heterosexuellen Identität stehen könnten, z.B. indem sie eine gleichgeschlechtliche Beziehung nicht verheimlichten. Leider zeigten die Ergebnisse, dass die Schulen von einer akzeptierenden Atmosphäre weit entfernt sind. 74 Prozent berichteten, dass es in ihrer gesamten Schulzeit keine einzige Lehrkraft gegeben habe, die mit der eigenen lesbischen, schwulen oder bisexuellen Orientierung offen umgegangen sei. 50 Prozent wussten noch nicht einmal von Mitschülerinnen oder Mitschülern zu berichten, die offen damit umgegangen seien.

„Menschen mit unterschiedlicher geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung in unseren Schulen – wie (er)leben wir Vielfalt?“