Der Atomwaffenverbotsvertrag tritt am Freitag, 22. Januar 2021 in Kraft .
Er zeigt bereits jetzt seine Wirkung.
170 Bundestagsabgeordnete (darunter MdB Matthias Gastel), 16 von 16 Landeshauptstädte und vier Bundesländer haben die Bundesregierung zur Unterzeichnung des UN-Atomwaffenverbots aufgerufen, ebenso wie über 90 Prozent der Bevölkerung.
58 Abgeordnete des Bundes- und des Landtages aus Baden-Württemberg – darunter MdL Andreas Schwarz und MdL Andreas Kenner – sind mit der Unterzeichung der ICAN-Abgeordnetenerklärung eine Selbstverpflichtung eingegangen:
„Wir, die unterzeichnenden Abgeordneten, begrüßen die Annahme des Vertrags für ein Verbot von Atomwaffen am 7. Juli 2017 in den Vereinten Nationen ausdrücklich als einen entscheidenden Schritt zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt. Wir teilen die in der Präambel ausgedrückte, tiefe Sorge über die katastrophalen humanitären Auswirkungen jeglichen Gebrauchs von Atomwaffen und erkennen die dringende Notwendigkeit an, diese unmenschlichen und abscheulichen Waffen abzuschaffen.Als Abgeordnete geloben wir, auf die Unterzeichnung und die Ratifizierung dieses bahnbrechenden Vertrages durch unsere jeweiligen Staaten hinzuwirken, da wir die Abschaffung von Atomwaffen als hohes, globales öffentliches Gut begreifen und als einen wesentlichen Schritt zur Förderung der Sicherheit und des Wohls aller Völker.“ Über 100 deutsche Städte – darunter Esslingen – haben sich dem ICAN-Städteappell angeschlossen: https://www.icanw.de/ican-staedteappell/
hatten wir die MdB im Landkreis aufgefordert, bis zum 19. Januar Position zur Frage des Beitritts Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag zu beziehen.
Renate Alt wird ihr Statement in den nächsten Tagen übermitteln.
Die anderen MdB äußerten sich so:
Matthias Gastel, Bündnis 90/Die Grünen:
„Im September 2019 war ich beim Gründungstreffen des „Parlamentskreises Atomwaffenverbotsvertrag“ mit dabei. Meine Fraktion hat dieses Anliegen immer wieder durch Anträge unterstützt, die ich auch mitgezeichnet habe.
Aktuell arbeiten wir gerade an einem Antrag, in dem es um den Beitritt zum Atomwaffenverbotsantrag der Vereinten Nationen geht. Ich stehe voll und ganz hinter dem Ziel, eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. Es bereitet mir Sorgen, dass bestehende Abrüstungsverträge immer stärker erodieren. Von Atomwaffen geht ein erhebliches Risiko für den Frieden und auch für die Umwelt aus. Wir brauchen endlich eine Spirale der Ab- statt der Aufrüstung.“
Dr. Nils Schmid, SPD:
„Eine nuklearwaffenfreie Welt ist das Ziel sozialdemokratischer Politik und auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag, der die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung enthält, ist für uns der wichtige Rahmen, den wir weiter stärken und wirksam umsetzen wollen.
Leider haben die Aufrüstung mit und die Verbreitung von Atomwaffen in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit stark zugenommen.
Der Atomwaffenverbotsvertrag, der am 22. Januar in Kraft tritt, bringt neuen Schwung in die Debatte. Mit den zahlreichen Unterstützer- und Unterzeichnerstaaten des Verbotsvertrages teilen wir das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen.
Eine Mitgliedschaft im Verbotsvertrag ist mit unseren bündnispolitischen Verpflichtungen innerhalb der NATO aber nicht vereinbar. Trotzdem sollten wir den Impuls des Inkrafttretens des Atomwaffenverbotsvertrags nutzen und neue Impulse für nukleare Abrüstung setzen. Weitere konkrete Abrüstungsschritte der Atommächte sind erforderlich. Wichtig deshalb, dass sich unser Außenminister über die sogenannte Stockholm-Initiative für eine Überwindung des Stillstands bei Abrüstungsfragen und der Stärkung des Nichtverbreitungsvertrages engagiert.“
Markus Grübel und Michael Hennrich, CDU
„Abrüstung und eine atomwaffenfreie Welt sind prioritäre Ziele deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Dazu haben sich CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag gemeinsam bekannt.
Gleichzeitig muss aber die sicherheitspolitische Lage in der Welt realistisch betrachtet werden. Diese hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Die Annexion der Krim durch Russland sowie die Beendigung des INF-Vertrages sind nur zwei Beispiele dafür. Abrüstungsschritte müssen gegenseitig und kontrolliert stattfinden. Diese Bedingung erfüllt der Atomwaffenverbotsvertrag nicht, denn keine Atommacht hat den Vertrag unterzeichnet.
Die nukleare Abschreckung ist fester Bestandteil des Sicherheitskonzeptes der NATO und erhält den Frieden in Europa seit nun schon mehr als 70 Jahren. Im Rahmen der nuklearen Teilhabe ist Deutschland an den strategischen Planungen der nuklearen Abschreckung beteiligt und hat somit auch Verpflichtungen gegenüber seinen Bündnispartnern. Diese Verpflichtungen gilt es weiterhin einzuhalten.
Wir müssen beide Strategien gleichzeitig verfolgen: Abrüstung und nukleare Abschreckung. Nur so können die Voraussetzungen für eine Welt ohne Atomwaffen geschaffen werden. Der Atomwaffenverbotsvertrag ist nicht das geeignete Instrument, um dieses Ziel zu erreichen.“
Wir hatten auch unseren Kirchheimer Oberbürgermeister, Dr. Pascal Bader als Mayor for Peace angeschrieben und ihn gebeten, in dieser Rolle ebenfalls zum Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags Stellung zu beziehen:
OB Dr. Bader hat sofort reagiert und uns in einer Mail mitgeteilt:
„Über die Initiative „Mayors for Peace“ habe ich bereits alle Informationen erhalten. Ich werde mich an diesem Tag selbstverständlich für die Unterzeichnung des Vertrags einsetzen. Wir haben eine Pressemitteilung vorbereitet und die Flagge wird ebenfalls gehisst. … Als Mitglied der Mayor for Peace begrüße ich ausdrücklich das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages. Er ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen. Denn die humanitären Folgen eines Einsatzes von Atomwaffen sind katastrophal. Ich freue mich über diesen wichtigen Fortschritt in der nuklearen Abrüstung und Rüstungskontrolle. Eine friedliche und sichere Zukunft lässt sich nur in einer Welt ohne Atomwaffen gestalten. …
Der Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (TPNW) wurde von den Vereinten Nationen am 7. Juli 2017 mit 122 Stimmen verabschiedet und tritt am 22. Januar 2021 nach Artikel 15 Absatz 1 in Kraft, nachdem am 24. Oktober die 50. Ratifizierung erfolgte. Es haben den Vertrag 51 Staaten ratifiziert und 86 Staaten unterzeichnet. Die Atommächte sind dem Vertrag nicht beigetreten. Auch Deutschland ist nicht dabei. Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader: „ Ich fordere daher die Bundesrepublik auf, dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (TPNW) ebenfalls beizutreten.
Am Donnerstag, 21. Januar 2021 wurde die Pressemitteilung von OB Dr. Bader im Teckboten abgedruckt.
Über 100 deutsche Städte – darunter Esslingen als erste Stadt im Landkreis – haben sich dem ICAN-Städteappell angeschlossen: https://www.icanw.de/ican-staedteappell/
Zum Hintergrund:
Am 7. Juli 2017 wurde in den Vereinten Nationen ein Abkommen zum Verbot von Atomwaffen angenommen, am 20. September 2017 wurde es zur Unterschrift freigegeben.
Schon in der ersten Woche haben mehr als 50 Staaten unterschrieben. Der Vertrag wird unbefristet zur Unterzeichnung bereitstehen. Ein Staat kann jederzeit den Vertrag unterzeichnen, sobald er dazu bereit ist. Sobald der Vertrag in Kraft tritt, ist er für die Staaten, die ihn unterzeichnet und ratifiziert haben rechtlich bindend. Allerdings hat er für Staaten, die dem Vertrag nicht beitreten, keine rechtlich bindende Wirkung. 50 Staaten müssen den Vertrag unterzeichnet und ratifiziert haben, bevor er rechtlich in Kraft treten kann.
Am 24. Oktober 2020 hatte Honduras als 50. Staat den UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen ratifiziert. Damit wurde das Inkrafttreten des UN-Atomwaffenverbots binnen 90 Tagen ausgelöst. Ab dem 22. Januar 2021 sind Atomwaffen völkerrechtlich geächtet.
Der Vertrag über das Verbot von Kernwaffen ist ein Meilenstein in den Abrüstungsbemühungen. Er verbietet Staaten Atomwaffen zu testen, zu entwickeln, zu produzieren und zu besitzen. Außerdem sind die Weitergabe, die Lagerung und der Einsatz sowie die Drohung des Einsatzes verboten. Darüber hinaus verbietet der Vertrag solche Aktivitäten zu unterstützen, zu fördern oder einen anderen Staat dazu zu bewegen, diese Handlungen zu unternehmen. Weiterhin wird den Staaten die Stationierung von Atomwaffen auf eigenem Boden verboten.
Auch ein Atomwaffenstaat oder ein Staat, der Atomwaffen eines anderen Staates auf seinem Staatsgebiet lagert, kann dem Vertrag beitreten, solange er zustimmt, die Atomwaffen innerhalb einer vorgegebenen Frist von seinem Gebiet zu entfernen. Der Vertrag verbietet kein Militärbündnis mit einem Atomwaffenstaat, solange die Beteiligung an diesem Bündnis keine verbotenen Handlungen mit Atomwaffen beinhaltet.
Bisher hat auch die Bundesregierung das Verbot von Atomwaffen mit Verweis auf die NATO-Mitgliedschaft abgelehnt.
Mit Javier Solana und Willy Claes haben gleich zwei ehemalige NATO-Generalsekretäre in einem offenen Brief klargestellt, dass der Vertrag und das Verteidigungsbündnis durchaus kompatibel sind. Über 55 ehemalige Außen- und Verteidigungsminister aus 20 NATO-Staaten nennen den AVV einen “Hoffnungsschimmer in einer dunklen Zeit”, und rufen alle Staaten der Allianz zu seiner Unterzeichnung auf.