Von Roland Peters – 14. November 2021
„Get ready for Trump 2024“ Stillhalten, keine Demokraten aufscheuchen!
Wie kommen die Republikaner zurück an die Macht? Eine Milliardärin trifft sich zu dieser Frage in Las Vegas mit führenden Konservativen und möglichen Präsidentschaftskandidaten. Trump hält sich so weit wie nötig zurück, hat aber seine Finger bereits entscheidend im Spiel.
Seinen Wahlkampfspruch aus dem vergangenen Jahr, den könne er aber nicht mehr benutzen, sagt Donald Trump. „Keep America Great“, das funktioniere nicht: „Mit all den Dingen, die derzeit in diesem Land geschehen, ist Amerika momentan nicht great. Amerika ist unter Belagerung.“ Die Zuhörer bei einem Treffen in Mar-a-Lago in der vergangenen Woche, darunter einige Kongressmitglieder sowie ehemalige Minister, jubeln und applaudieren. Sein Slogan brauche vielmehr ein Update, er müsse „Make America Great Again, Again“ lauten. „Ihr denkt, ich mache Witze“, schiebt Trump nach, „aber das tue ich nicht. Das tue ich nicht.“
Offiziell ist noch nichts angekündigt, aber der Mann, der vom Weißen Haus aus vier Jahre lang die Welt in Atem hielt, kokettiert schon seit seiner Niederlage gegen Joe Biden immer wieder mit seiner Rückkehr. Der Ex-Präsident dürfte sich nicht alleine um die Kandidatur bewerben. Einflussreiche Köpfe im konservativen Universum rücken bereits ihre Spielsteine und wägen ab, wer die für die Partei die beste Wahl wäre. Irgendjemand soll schließlich die Demokraten aus dem Weißen Haus vertreiben. Dabei wird mindestens mittelfristig gedacht. Zwar stehen im kommenden Jahr zunächst die Kongresswahlen an. Die bestimmen mit, wie viel Macht ein möglicher republikanischer Wahlsieger 2024 hätte. Das Repräsentantenhaus wird alle zwei Jahre komplett neu gewählt. Im Senat, so ist das in der US-Politik, werden die meisten entscheidenden Daumen für die Zukunft gesenkt oder gehoben.
Trump mischt in diesem Spiel auf breiter Front mit und wirft seinen Namen für andere in den Ring. Öffentlich unterstützt er bereits jetzt 14 Kandidaten für den Senat und 11 fürs Repräsentantenhaus, die alle 2022 antreten. Dazu kommen mehrere Verbündete, die Gouverneure von US-Bundesstaaten werden wollen. „Er wird nicht verschwinden“, wird Ned Ryun, ein Verbündeter Trumps, sowie Gründer und Chef von „American Majority“, eine konservative Trainingseinrichtung für Kandidaten und Aktivisten, in „The Hill“ zitiert: „Get ready for Trump 2024.“
Ex-Präsident und Präsident gleichauf
Warum Trump noch hinter dem Berg hält mit einer Entscheidung über seine eigene Kandidatur, dies hat laut „Washington Post“ mit seinen Beratern und Wegbegleitern zu tun. Die hätten ihm davon abgeraten, seine Kandidatur 2024 vor den Wahlen im kommenden Jahr zu erklären. Sie befürchten, eine verfrühte Ankündigung könnte unnötig zusätzliche Wähler der Demokraten mobilisieren, damit die Erfolgsaussichten republikanischer Kongresskandidaten gefährden und somit auch Mehrheiten für eine mögliche erneute Präsidentschaft.
Dämpfer für Biden Republikaner gewinnen Gouverneurswahl in Virginia
Das könnte natürlich auch bei der Präsidentschaftswahl geschehen – so wie 2020 im Duell mit Biden, der vor allem gewählt wurde, weil er nicht Trump war. Dessen mediales Dauerfeuer und extreme Polarisierung hatte sogar die mediengestählte US-Wählerschaft ermüdet, aber zugleich so viele Menschen zur Wahl bewegt wie nie zuvor in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Die meisten davon wollten ihn loswerden. Nun sind sich die registrierten Wähler nicht mehr so sicher: 45 Prozent würden für Trump stimmen, 43 Prozent für Biden und 11 Prozent für einen anderen Kandidaten, stellte zuletzt eine Umfrage des Emerson College fest. Die Fehlertoleranz sind 3 Prozentpunkte.
Die Demokraten hatten bei ihrem Wahlsieg auch von Bidens bekanntem Gesicht und dessen Ankündigung profitiert, ohne Trump im Weißen Haus werde alles wieder so wie früher. Aber der öffentliche Ton ist rau geblieben, die Inflation frisst die Gehälter auf und die Pandemie ist weiterhin allgegenwärtig. Nach weniger als einem Jahr Präsidentschaft ist Biden nicht mehr besonders beliebt. Derzeit sind nur 42,8 Prozent der US-Amerikaner mit ihm zufrieden, schlechter als er schnitt historisch gesehen zum gleichen Zeitpunkt in einer ersten Amtszeit nur Trump ab.
Für die Demokraten ist das nur einer von vielen haarsträubenden Fingerzeigen auf die mögliche Zukunft. Spätestens seit den Gouverneurswahlen in den Bundesstaaten Virginia und New Jersey vor zwei Wochen schrillen bei der Regierung und anderswo sämtliche Alarmglocken. Die Republikaner haben die Kontrolle in Virginia übernommen, während sie in New Jersey, wo es kaum für möglich gehalten wurde, dem Gouverneursamt sehr nahekamen. Die Wahlen waren ein Stimmungstest für die Kongresswahlen 2022. Bei sämtlichen Entscheidungen schnitten die Republikaner besser ab als prognostiziert.
Strategische Treffen in Las Vegas
Eine verlässliche Liste über Bewerber auf die Präsidentschaftskandidatur 2024 gibt es selbstredend so lange vorher nicht. Aber es gibt Hinweise. So etwa von der „30-Milliarden-Dollar-Frau“ Miriam Adelson, wie „Politico“ die Witwe eines der wichtigsten republikanischen Unterstützer nennt. Mehr als eine halbe Milliarde Dollar flossen im vergangenen Jahrzehnt von „Königsmacher“ Sheldon Adelson an die Republikaner. Für Trumps Wahlkampf im vergangenen Jahr kam die größte Einzelspende vom Ehepaar aus Las Vegas.
Im Januar war der Kasinomogul gestorben, danach hatte sich die 75-jährige Witwe in Sachen Politik zurückgehalten. Doch Miriam Adelson will offenbar da weitermachen, wo sie und ihr Mann vor dessen Tod aufgehört hatten. Die Milliardärin traf sich vor Kurzem in ihrem Zuhause in Las Vegas mit Köpfen der republikanischen Partei. Sie beriet mit Kevin McCarthy, Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, sowie mit Senator Rick Scott, dem Chef des Wahlkampfkomitees für den Senat. Als mögliche Präsidentschaftskandidaten, die bei ihr aufwarteten, werden genannt: Ex-Außenminister Mike Pompeo, die frühere UN-Botschafterin Nikki Haley, Ex-Vizepräsident Mike Pence, Senator Ted Cruz aus Texas sowie Floridas Gouverneur Ron DeSantis.
Dies unterstreicht, dass Trump nicht die beste Wahl für die Republikaner sein muss. Der Ex-Präsident wird geliebt oder gehasst, dazwischen gibt es wenig. Tatsächlich behauptet er noch immer, die Wahl sei ihm gestohlen worden, was seine Anhänger elektrisiert. Es gibt weite Teile der US-Bevölkerung, die jubeln würden über eine erneute Kandidatur, die in Biden und den Demokraten die ultimative Bedrohung des amerikanischen Traums sehen und in Trump eine Möglichkeit, ihrer Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die nie existiert hat, irgendwie Ausdruck zu verleihen.
Trump ist als politische Kraft felsenfest etabliert und wäre damit wesentlich besser vorbereitet als 2016, als er mit einem Außenseiterteam und begrenzter Unterstützung die US-Politik aufrollte. Er hat unter anderem eine Denkfabrik mit dem fast schon unverwechselbaren Namen „America First Policy Institute“ hinter sich, dazu kommt die Wahlkampforganisation „Save America“, gegründet im vergangenen Monat. Laut dessen Angaben haben bereits fast eine Million Menschen der Organisation Geld überwiesen. Sie unterstützt Politiker, die „bewiesen haben, Kämpfer der MAGA-Bewegung und von Präsident Trumps vielen Errungenschaften zu sein“, schrieben die Gründer. MAGA, das steht für Trumps ersten Slogan, Make America Great Again.
Glühender Trump-Verehrer QAnon-Anhänger bewirbt sich für Kongress
Trumps Führungsanspruch bleibt fast exklusiv, auch wenn er immer mal wieder versichert, es gehe um die Partei, nicht um ihn. Mit seinem „Für mich oder gegen mich“-Prinzip hat er die Republikaner ohnehin bereits gespalten: seine Unterstützer und solche, die mit Stil und Inhalten des Ex-Präsidenten hadern. Die das öffentlich tun, haben nicht viel zu lachen. Um sich trotz seines weitreichenden Einflusses weiterhin als Außenseiter zu präsentieren, der die einzige Option gegen den „Sumpf“ in Washington sei, attackiert Trump immer wieder den Fraktionsführer im Senat, Mitch McConnell – das verkörperte republikanische Establishment in der Hauptstadt, das sich von der Basis entfernt habe.
Da wären aber auch die zehn Republikaner im Repräsentantenhaus, die nach dem Sturm aufs Kapitol mit den Demokraten für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump gestimmt hatten. Die Abgeordnete Liz Cheney wurde auf Druck des Trump-Flügels von ihren Führungsposten entfernt. Adam Kinziger, ein gemäßigter Republikaner, votierte ebenfalls für das Verfahren. Der Veteran aus Illinois tritt nach zwölf Jahren nicht wieder an und begründete dies mit der extremen Polarisierung in der Politik: „Um zu bestehen oder zu überleben, muss man zum Stamm gehören.“ Auch Anthony Gonzalez aus Ohio stimmte für das Impeachment und tritt nicht wieder an. „Zwei weg, fehlen acht!“, kommentierte Trump.