Neue Studie des Club of Rome: „Kehrtwende“ zur Rettung des Planeten nötig

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Club of Rome „Kehrtwende“ zur Rettung des Planeten nötig

30.08.2022

Eine neue Club-of-Rome-Studie fordert drastische Schritte für eine lebenswerte Zukunft. Derzeit werde die Saat für den Zusammenbruch ganzer Weltregionen gelegt – ohne eine Umverteilung des Reichtums lasse sich die Klimakrise nicht lösen.

Eine Forschergruppe unter Beteiligung des Club of Rome fordert eine Kehrtwende in der internationalen Wirtschafts- und Klimapolitik, um der Menschheit angesichts des Klimawandels und globaler Ungleichheit eine lebenswerte Zukunft zu sichern. „Wir stehen am Scheideweg“, erklärte Jorgen Randers, einer der Autoren der nun vorgestellten Studie „Ein Survivalguide für unseren Planeten“. Darin werden die Vorschläge der unter anderem vom Club of Rome gestarteten Initiative „Earth4All“ zu einem Wandel in der internationalen Politik präsentiert.

Die Menschheit lege derzeit die Saat für den „Zusammenbruch“ ganzer Weltregionen, erklärte der emeritierte norwegische Professor für Klimastrategie, Randers. Ein Beibehalten des bestehenden Wirtschaftssystems werde „Spannungen verstärken und den Wohlstand verringern“. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und einer der Mitautoren des Buchs, sagte, der Umbau müsse „noch in diesem Jahrzehnt“ beginnen.

„Die Grenzen des Wachstums“ Als der Club of Rome erstmals warnte

Vor 50 Jahren veröffentlichte der Club of Rome den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“.

Veränderungen auf Kosten der Reichen nötig

Dem Bericht zufolge sind drastische Schritte auf Kosten der Reichen nötig, um den Planeten vor einer Klimakatastrophe zu retten. Ohne außergewöhnliche Maßnahmen zur Umverteilung des Reichtums in den nächsten 50 Jahren würden Gesellschaften derart dysfunktional, dass sie kaum in der Lage seien, existenzielle Bedrohungen wie den Klimawandel anzugehen. Es drohe eine explosive Kombination aus extremer politischer Destabilisierung und Stagnation. „Wir werden die Welt nicht retten, wenn nicht die reichsten zehn Prozent die Rechnung bezahlen“, so Randers.

Debatte über Wachstum Wie sich Wirtschaft wandeln könnte

Kann die Wirtschaft immer weiter wachsen?

Fünf Kehrtwenden gefordert

Als Lösung schlagen er und die weiteren Autoren fünf „Kehrtwenden“ vor. Dabei geht es um die Bereiche Armut, Ungleichheit, Ernährung und Energie, auch müsse die Ermächtigung von Frauen vorangetrieben werden. So könnte dem Bericht zufolge die Erderwärmung unterhalb der Zwei-Grad-Marke stabilisiert und die Armut beendet werden. Unter anderem sollten Lebensmittel stärker lokal produziert und Verschwendung minimiert werden.

Erneuerbare Energien müssten Kohle, Öl und Erdgas ablösen, der Treibhausgasausstoß etwa alle zehn Jahre halbiert werden. Reiche Länder sollten den armen Staaten alle Schulden erlassen. Ferner müssten die vermögendsten Menschen in allen Ländern stärker besteuert werden. Ein Bürgerfonds soll zudem mehr Menschen am Reichtum der jeweiligen Länder teilhaben lassen.

Neue Studie des Club of Rome über Klimawandel und seine Folgen

Robert Holm, RBB, tagesschau 20:00 Uhr, 30.8.2022

Warnung vor Szenario zwei

Aufgezeigt werden im Bericht zwei Szenarien: Eines enthält einen tiefgreifenden und unverzüglichen Wandel der Wirtschafts-, Energie- und Nahrungsmittelsysteme, was als „Riesensprung“ bezeichnet wird. Hierbei sollen die Staaten den Beschluss fassen, dass Weltbank, Internationaler Währungsfonds und Welthandelsorganisation so umgestaltet werden, dass sie ökologische Wende sowie Investitionen in Klima, Nachhaltigkeit und Wohlergehen unterstützen. Länder investieren dem Szenario zufolge in allgemeine Grundeinkommen, Bildung und Gesundheit. Das Prinzip setzt durch, dass den reichsten zehn Prozent nicht mehr als 40 Prozent des jeweiligen Nationaleinkommens zusteht. Vermögenssteuern werden eingeführt und Steueroasen geschlossen. Industrien leisten eine Zahlung für die Nutzung gemeinsamer Ressourcen.

Das zweite Szenario, bei dem „zu wenig, zu spät“ passiert, handelt von einer Entwicklung, die weltweit der im Zeitraum zwischen 1980 und 2020 ähnelt. Hier wächst die Ungleichheit, die in vielen Regionen zum Aufstieg von Populismus und Autoritarismus führt. Der wirtschaftliche Abstand zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Regionen vergrößert sich dem zweiten Szenario zufolge. Extreme Armut nimmt zu. Wohlstand gibt es noch privat, während Staaten einer strikten Sparpolitik folgen. Klimamigration nimmt zu, Pandemien häufen sich. 2050 überschreitet die Erderwärmung die Zwei-Grad-Grenze.

 Weltwetterorganisation zu Klimakrise „Größte Gefahr in diesem Jahrhundert“

Klimaforscher melden alarmierende Rekordwerte bei Treibhausgasen und Meeresspiegel.

Bereits 1972 vielbeachteter Bericht

Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Fachleuten verschiedener Disziplinen und Länder. Die Gründer hatten 1965 bei einem Treffen in Rom eine „selbstmörderische Ignoranz“ als Ursache für den „Irrweg der Menschheit“ identifiziert. 1972 erschien die von der Gruppe in Auftrag gegebene Studie „Die Grenzen des Wachstums“. Der viel beachtete Bericht warnte damals, wenn das Wachstum von Bevölkerung, Wirtschaft und Konsum ungehindert weitergehe, drohe Mitte des 21. Jahrhunderts die Katastrophe, Nahrungsmittel und Ressourcen würden schwinden.

Zukunftsforscher Randers, damals wie heute Ko-Autor des Club-of-Rome-Berichts, geht von einem „zu wenig, zu spät“-Szenario aus. Die kommenden Generationen müssten vermutlich in einer Welt leben, die viel weniger attraktiv sei als die, die bei Gegenmaßnahmen erreicht würde. Er werde aber weiter hart daran arbeiten, die Reichen der Welt zu überzeugen, jährlich zwei bis vier Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts zu bezahlen. Denn mit diesem Geld könnten alle Probleme gelöst werden.

Neben dem Club of Rome waren am „Survivalguide für unseren Planeten“ das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die gemeinnützige schwedische Forschungseinrichtung Stockholm Resilience Centre und die private norwegische Wirtschaftshochschule Norwegian Business School beteiligt.

Presseclub (mit Andreas Zumach): Sechs Monate Krieg in der Ukraine

Presseclub: Sechs Monate Krieg in der Ukraine: Patt an der Front, Kriegsmüdigkeit im Westen?

14.816 Aufrufe – Vor 6 Stunden live gestreamt phoenix – 

Seit einem halben Jahr müssen die Menschen in der gesamten Ukraine mit Tod, Vertreibung und Verwüstung leben. Ein Ende des russischen Angriffskrieges scheint nicht in Sicht. Mit Hilfe westlicher Waffen konnte der Vormarsch von Putins Armee zwar vorerst weitgehend gestoppt werden. Für die oft verkündete ukrainische Gegenoffensive fehlt dem Land bislang jedoch offensichtlich die Kraft. Wie realistisch ist es vor diesem Hintergrund, wenn Präsident Selenskyj verkündet, er wolle alle von Russland eroberten Gebiete befreien? Ist der Westen dazu bereit, mehr schwere Waffen und Munition zu liefern als bislang? Und würde das tatsächlich einen militärischen Erfolg der Ukraine garantieren?

Darüber diskutiert WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn mit den Gästen: – Alice Bota, DIE ZEIT – Kerstin Münstermann, Rheinische Post – Christoph Schiltz, WELT – Andreas Zumach, freier Journalist


Quelle: Spiegel 23.8.22:

Krieg in der Ukraine Deutschland plant weitere Waffenlieferungen

Bergepanzer, Raketenwerfer, Präzisionsmunition: Deutschland will der Ukraine weitere Waffen zur Verfügung stellen. Bis das Material im Kriegsgebiet ankommt, wird es allerdings dauern.

Ist Deutschlands militärische Hilfe für die Ukraine ausreichend? Die Debatte darüber läuft seit Monaten, auch innerhalb der Koalitionsparteien. Jüngst forderten drei Ampelabgeordnete in einem SPIEGEL-Gastbeitrag mehr militärische Hilfe für die Ukraine, selbst wenn dies Lücken bei der Bundeswehr reißen sollte.

Nun hat Bundeskanzler Olaf Scholz während seines Besuchs in Kanada angekündigt, Deutschland werde weitere Waffen im Wert von rund einer halben Milliarde Euro an die Ukraine liefern.

Scholz sagte in Toronto bei einer Online-Konferenz zur Ukraine, dass Deutschland etwa zusätzliche drei Iris-T-Systeme, ein Dutzend Bergepanzer, 20 Raketenwerfer sowie Präzisionsmunition und Antidrohnengeräte liefern wolle. Die Lieferungen sollten in diesem und im kommenden Jahr erfolgen. Der Haushaltsausschuss müsse den Ausgaben noch zustimmen.

Besonders hohe Reichweite: Was die neue Vulcano-Munition der Ukraine bringt Von Jörg Römer

Internationale Krim-Konferenz: Scholz verspricht Hilfe, »solange die Ukraine sie braucht«

Scholz soll bei der Konferenz die Lieferungen auch als Beitrag zur Modernisierung der ukrainischen Streitkräfte bezeichnet haben. Völlig überraschend kommt die Ankündigung nicht. So hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Juli schon einmal von Bergepanzern für die Ukraine gesprochen. Und jüngst war bekannt geworden, dass Deutschland den ukrainischen Streitkräften spezielle Vulcano-Artilleriemunition zur Verfügung zu stellen (mehr darüber lesen Sie hier ).

Bei einer Konferenz zur Lage der von Russland annektierten Krim sagte Scholz der Ukraine anhaltende Unterstützung zu. »Die internationale Gemeinschaft wird Russlands illegale, imperialistische Annexion ukrainischen Territoriums niemals akzeptieren«, sagte er per Videoschalte aus Kanada.

Ringtausch mit der Slowakei

Am Dienstag wurde zudem bekannt, dass die Slowakei 30 Schützenpanzer an die Ukraine liefert und dafür 15 deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 erhalten soll. Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer unterzeichnete mit seinem slowakischen Amtskollegen eine entsprechende Absichtserklärung.

Die deutschen Panzer werden demnach aus Beständen der deutschen Industrie geliefert und um ein sogenanntes Munitions-, Ausbildungs- und Logistikpaket ergänzt. In der Slowakei stehen bereits deutsche und niederländische Flugabwehrraketen vom Typ Patriot, mit denen der an die Ukraine grenzende Nato-Partner unterstützt wird. Die Lieferung der Leopard-Panzer wird der erste Ringtausch aus Beständen der Industrie.

Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“

Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ wurde im Mai 2015 ins Leben gerufen und besteht derzeit aus dem Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdää), attac, der Soltauer Initiative, dem Verein Solidarisches Gesundheitswesen e.V., der Interventionistischen Linken (IL), dem ver.di-Bundesfachbereich 3, dem Berliner Bündnis Gesundheit statt Profite sowie einigen Persönlichkeiten aus der Partei Die Linke wie Harald Weinberg, Sprecher für Krankenhauspolitik und Gesundheitsökonomie der Bundestagsfraktion.

Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ wendet sich gegen die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens in Deutschland und daher insbesondere gegen das System der Krankenhausfinanzierung durch DRGs. Wir treten ein für die bedarfsgerechte Finanzierung von Krankenhäusern und ihres Personals. Nicht die Gewinnmargen sollen ausschlaggebend dafür sein, ob und wie wir behandelt werden, sondern allein der medizinische Bedarf!

Das öffentliche Unbehagen an der DRG-basierten Krankenhausfinanzierung wächst. Zahlreiche Reportagen, Berichterstattungen, Initiativen und Interessenvertretungen thematisieren die vielschichtigen Probleme der Patientinnen und Patienten wie der Beschäftigten, die vom System der Fallpauschalen verursacht werden. Dennoch ist weitere Aufklärungsarbeit nötig, um eine breite öffentliche Debatte über dieses bewusst installierte marktwirtschaftliche Steuerungsinstrument führen zu können.

In dieser Aufklärungsarbeit sehen wir unsere zentrale Aufgabe. Dementsprechend stellen wir mit diesem Internetauftritt Argumentationshilfen, wissenschaftliche Studien zu Auswirkungen des DRG-Systems und PowerPoint-Vorträge von Mitgliedern des Bündnisses zur Verfügung. Darüber hinaus wollen wir mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen und Diskussionsveranstaltungen präsent sein.

Krankenhaus im Ausverkauf – Private Gewinne auf Kosten unserer Gesundheit

Thomas Strohschneider »Krankenhaus im Ausverkauf« ǀTischgespräche –708 Aufrufe – 13.09.2022 – Westend Verlag – 

Krankenhaus im Ausverkauf! Ein Vortrag von Dr. med. Thomas Strohschneider

Die Medizin ist in Gefahr! Nicht primär durch neuartige Viren oder andere tückische Erreger, eine andere Gefahr verändert die Medizin viel grundlegender: Es ist die Seuche der Profitgier, der maximalen Gewinnorientierung und der Kommerzialisierung, die immer weiter um sich greift und die Krankenhäuser, Arztpraxen und mittlerweile das gesamte Gesundheitssystem infiziert hat. Wie verbreitet diese Seuche ist, erklärt der Mediziner Thomas Strohschneider, der seit vielen Jahren als Gefäßchirurg praktiziert und u.a. acht Jahre als Chefarzt in einer privaten Klinik gearbeitet hat, in diesem Vortrag sowie auch in seinem Buch „Krankenhaus im Ausverkauf. Private Gewinne auf Kosten unserer Gesundheit“. Auch wenn einzelne Führungskräfte, Konzernlenker und Geschäftsführer unverschämt viel am Geschäft mit Gesundheit und Krankheit verdienen, ist das nicht das größte Problem, schreibt Werner Bartens im Vorwort. Gefährlich und verantwortungslos ist vor allem, dass der Ausverkauf der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens insgesamt auf Kosten derer geht, denen es eigentlich dienen und die einen Nutzen davon haben sollten: den Patientinnen und Patienten. Privatisierungen und Outsourcing, Ärzte-Manager und Leihschwestern, Klinikschließungen und Killerkeime, Operationsboom und Grenzverweildauer – Thomas Strohschneider fordert dringend, die Medizin wieder in den Dienst der Menschen zu stellen!


Quelle des folgenden Textes: Website Westend-Verlag

Krankenhäuser in Deutschland und Europa sind längst zum Spekulationsobjekt international agierender, privater Klinikkonzerne geworden. Die Folge: Die Konzerne erzielen Renditen aus dem solidarischen System unseres Gesundheitswesens.

Thomas Strohschneider war selbst jahrelang als Chefarzt in einer privatwirtschaftlich geführten Klinik tätig. In seinem Buch „Krankenhaus im Ausverkauf – Private Gewinne auf Kosten unserer Gesundheit“ (Westend-Verlag 2022) zeigt er aus eigener Erfahrung und an zahlreichen Beispielen, welche erschreckenden Auswirkungen dieser Prozess auf Patienten, Ärzte und alle in Krankenhäusern Tätigen hat, wie diese Entwicklung die Medizin als Heilkunst abschafft und die ärztliche Profession bedroht.

Monopoly. Wer kennt das weltweit bekannte Brettspiel nicht? Die Idee dazu entstand Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. Ziel des Spiels ist es, möglichst viel Geld zu verdienen und die Mitspieler gleichzeitig in die Insolvenz zu treiben. Das gelingt umso besser, je mehr lukrative Grundstücke und Immobilien ein Spieler besitzt. Bestenfalls wird er zum Monopolisten. Die Strategie dabei lautet, das zu erwerben, was am profitabelsten ist.

Verfolgt man die Entwicklung des Krankenhausmarkts in Deutschland seit Mitte der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts, dann erinnert das auf fatale Weise an diese Spielidee: Gesundheitslobbyisten und Ökonomen geben das Ziel aus, möglichst nur die Kliniken am Markt zu halten, die Gewinne erzielen. Wer nicht gut genug wirtschaftet, vielleicht auch nur taktisch falsch hinzukauft oder einfach kein Glück hat, ist am Markt chancenlos und wird vom Konkurrenten aufgekauft. Im Fall des Krankenhaussystems ist es kein Spiel, sondern blutiger Überlebenskampf. …

Die Umstrukturierung des Gesundheitswesens ist politisch gesteuert. Verlierer sind in erster Linie Patienten, Ärzte und die in der Pflege Tätigen. Der teilweise subtil im Hintergrund ablaufende Paradigmenwechsel von einem sozial begründeten Gesundheitswesen zu einer ökonomisch dominierten Gesundheitsindustrie hat weitreichende Auswirkungen. Und politische Akteure haben offensichtlich nicht den Mut, verantwortungsvoll und vor allem bedarfs- und sozialgerecht über das Fortbestehen von Kliniken oder deren Schließungen zu entscheiden. Sie überlassen die Entscheidung dem freien Markt. Diese Vorgehensweise ist für die bundes- und länderpolitisch verantwortlichen Gesundheitspolitiker bis hin zu Landräten und Landkreisabgeordneten der einfachere Weg. Weil man die Schließung von wirtschaftlich in Schieflage oder in Insolvenz geratenen Kliniken dadurch als »selbstverschuldet« deklarieren kann. Man stiehlt sich aus der Verantwortung.

Weitere Informationen

Artikel Dr. Strohschneider Teckbote 24.8.22



Bündnis Klinikrettung

Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens – der marktgerechte Patient

Aufruf jetzt unterschreiben: Rendite raus aus dem Krankenhaus

Kinder und Jugendliche und der Ukraine-Krieg: Was tut TikTok gegen Propaganda?

Quelle: Tagesschau Investigativ – 23.8.22

Ukraine-Krieg:  Propaganda-Schlacht auf TikTok

Mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine ist TikTok auch Plattform für Propaganda geworden. Raketenangriffe und Leichenbilder sind auch für Minderjährige zugänglich – und werden laut SWR nicht immer gelöscht.

Von Tasnim Rödder, SWR

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine erreicht mit seinen Bildern von Raketenangriffen und Leichen, mit Propaganda und Desinformation auch deutsche Kinderzimmer. Die chinesische Videoplattform TikTok spielt sowohl gewaltvolle als auch propagandistische Inhalte zum Krieg in der Ukraine an ihre jungen Nutzer und Nutzerinnen aus. Das zeigen Recherchen des investigativen Rechercheformats VOLLBILD vom SWR.

In einem Selbstversuch wird deutlich, wie schnell TikTok-Nutzer in einen Tunnel an Kriegscontent geraten können: Das Rechercheteam des SWR legte sich drei neue TikTok-Accounts an, scrollte durch den Feed und schaute ausschließlich militärische Videos vollständig an. Nach einer Stunde spielte TikTok fast ausschließlich Kriegsinhalte aus. Diese willkürlich aufeinander folgenden Videos beinhalteten unter anderem Gewaltszenen, Leichen oder brutale Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Dabei werden die Gewalt- und Propagandainhalte oftmals nicht eingeordnet.

TikTok gehört zu ByteDance, einem Unternehmen mit Sitz in Peking, das 2017 gegründet wurde und vor allem wegen seiner Tanz- und Musikvideos populär wurde. Die App ab 13 Jahren hat heute nach eigenen Angaben mehr als eine Milliarde vor allem junge Nutzerinnen und Nutzer.

Bereits vor dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine mehrten sich politische Inhalte auf der Plattform. Mit der russischen Invasion in die Ukraine erreichte diese Entwicklung einen neuen Höhepunkt. Die App ist zum Schauplatz eines Informationskrieges geworden. Das Magazin „The New Yorker“ schreibt vom „ersten TikTok-Krieg“.

Der Datenanalyst Philip Kreißel arbeitet bei HateAid, einer gemeinnützigen Organisation, die Opfer digitaler Gewalt berät und unterstützt. Er sagt: „Das ist das Erfolgsrezept von TikTok. Der Algorithmus spielt nur den Content aus, der dem User gut gefällt und den er lange anguckt. So gelangt er in ein sogenanntes ‚Rabbit Hole‘. Es besteht die Gefahr, dass dem Nutzer nur noch solche Videos angezeigt werden. Das können sowohl Katzen-, als auch Kriegsvideos sein.“

Informationskrieg auf TikTok

TikTok hat sich zu einem Schlachtfeld der Propaganda im Ukraine-Krieg entwickelt: Der Däne Storm Karl Balderson ist durch den Informationskrieg auf TikTok zu einer Art Galionsfigur für ukrainische Propaganda geworden. Er inszeniert sich als „Wikinger“ und erreicht mit seinen Inhalten auf Instagram und TikTok Millionen Nutzer und Nutzerinnen. In einem Interview mit dem SWR sagt er: „Es geht nicht nur darum, Inhalte für Propaganda oder so zu produzieren. Es geht auch darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen.“ Er nimmt dabei in Kauf, dass seine Propagandainhalte auch Kinder und Jugendliche in aller Welt erreichen.

In Russland hat TikTok seit dem 6. März das Posten jeglicher Inhalte zum Schutz der User gesperrt, nachdem der Kreml die sogenannten Fake-News-Gesetze erlassen hat. Durch sie drohen Bürgern und Bürgerinnen bis zu 15 Jahre Haft, wenn ihre Äußerungen von der Kreml-Darstellung des Kriegs in der Ukraine abweichen. Dennoch kursiert weiterhin russische Propaganda auf TikTok.

Auch deutsche Influencer posten Inhalte, die Kreml-Narrative unterstützen. Der Influencer Deniz K. bespielt einen Kanal auf TikTok und hat einen Podcast bei RT DE, einem vom russischen Staat finanzierten Programm. Die Verbreitung seiner Inhalte ist seit dem 2. März EU-weit wegen Desinformation verboten. Der Influencer spricht in seinem Podcast unter anderem von einer „Hexenjagd“ auf russlandfreundliche Länder und behauptet, dass Wladimir Putins Narrativ der Entnazifizierung zutreffend sei. Obwohl TikTok seinen Account bereits mehrfach sperrte, konnte der Influencer seine Videos immer wieder unter einem neuen Account hochladen.

TikTok setzt Community-Richtlinien nicht immer durch

In TikToks Richtlinien heißt es: „Wir (sind) dem Kampf gegen die Verbreitung von Fehlinformationen auf der Plattform verpflichtet. (…) Unser Ziel ist es, dazu beizutragen, dass TikTok ein Ort bleibt, an dem authentische und vertrauenswürdige Inhalte gedeihen.“ Nicht hochgeladen werden dürften unter anderem Videos mit „körperlicher Gewalt, Kampfszenen und Folter in realen Szenarien“.

 TikTok Brutale Kriegsbilder statt lustiger Videos

Das Unternehmen versucht, auf verschiedenen Wegen gegen unangemessene Inhalte auf der Plattform vorzugehen. Unter anderem können Nutzer und Nutzerinnen Inhalte, die sie für nicht angemessen halten, in der App melden. Sogenannte Content-Moderatoren beurteilen dann, ob der gemeldete Inhalt gesperrt werden muss. Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz besagt, dass soziale Plattformen wie TikTok innerhalb von 24 Stunden auf die gemeldeten Inhalte reagieren müssen. Handelt es sich um einen komplizierten Sachverhalt, hat das Unternehmen eine Woche Zeit, den Fall zu bearbeiten.

In einem Versuch meldete das Rechercheteam vom SWR zwei Accounts und fünf Videos wegen gewaltvoller Inhalte. Nach 24 Stunden war nur eines der fünf Videos und keiner der Accounts gesperrt. Erst auf Nachfrage des SWR löschte TikTok alle gemeldeten Accounts und Videos – bis auf eines. Ein TikTok-Content-Moderator, der anonym bleiben möchte, sagt im Interview mit dem SWR: „Wir machen die wichtigsten Jobs, weil wir sind diejenigen, die dafür sorgen, dass diese Plattform sicher ist. Und ob es im Kinderzimmer landet oder nicht.“ Dennoch gebe es Videos auf der Plattform, die Kinder besser nicht sehen sollten. „Und ganz ehrlich? Ich würde meinem Kind TikTok nicht erlauben.“

Auf Anfrage teilt TikTok mit: „Wir reagieren weiterhin auf den Krieg in der Ukraine mit erhöhten Schutz- und Sicherheitsressourcen, um neue Bedrohungen zu erkennen und schädliche Fehlinformationen zu entfernen.“ Zudem verweist TikTok auch auf die Zusammenarbeit mit unabhängigen Organisationen, die Fakten für sie checkten.

Der Film „TikTok-Krieg: So machen Russland & Ukraine TikTok zum Schlachtfeld“ ist abrufbar unter www.youtube.de/vollbild und in der ARD-Mediathek.


Ukraine-Krieg: Was tut TikTok gegen Propaganda? 5.323 Aufrufe – 23.08.2022 –VOLLBILD

Propaganda und Desinformation fluten den Newsfeed. Bilder von tödlichen Raketen am Himmel, verstörten Kriegsgefangenen und Leichen auf den Straßen gelangen auf die Smartphones der zum Teil jungen Nutzerinnen und Nutzer. In Echtzeit.

Wie kann das sein? Wer steckt hinter den zahlreichen Videos vom Krieg? Und wer prüft eigentlich, was wir auf TikTok sehen? TikTok will eine sichere Plattform für seine Community sein. Man habe sich dem Kampf gegen Desinformation verschrieben. Unter anderem durch Fact Checking und Content-Moderation.

Doch mit einem Selbsttest zeigen wir, wie leicht und schnell uns der TikTok-Algorithmus fast ausschließlich Kriegsinhalte und Propaganda vorschlägt. Die bittere Realität: TikTok ist zum Schlachtfeld im Ukraine-Krieg geworden. Journalistin Tasnim Rödder spricht für VOLLBILD mit Social Media-Kriegern auf russischer und ukrainischer Seite. Ein Whistleblower von TikTok gibt außerdem Einblicke hinter die Kulissen der Content-Plattform aus China. Was also ist dran am Versprechen der Social Media-Plattform, “dem Kampf gegen die Verbreitung von Fehlinformationen auf der Plattform verpflichtet” und ein Ort , “an dem authentische und vertrauenswürdige Inhalte gedeihen”, zu sein? IM VIDEO: Tasnim Rödder auf Twitter: https://twitter.com/Tasnim_Ro

KAPITEL: 00:00 Intro: Welche Rolle spielt TikTok im Ukraine-Krieg? 01:27 Wie funktioniert Kriegsführung online? 04:22 Der Hype um Warfluencer Storm Balderson – das steckt dahinter 06:36 Banning, Propaganda und Co – so agiert TikTok im Krieg 07:18 Wie verbreiten Influencer wie Deniz Krabag Kriegs-Content? Welche Netzwerke gibt es? 12:01 Desinformation und Propaganda – was ist legal? Was ist das Interesse der Plattformen? 12:47 Selbstversuch: Wie sehr wird Kriegs-Content vom Algorithmus unterstützt? 15:18 Wie geht TikTok mit gemeldeten Inhalten um? Ein Content-Moderator packt aus 18:03 Unter welchen Bedingungen arbeiten Content-Moderatoren bei TikTok? 19:03 Konfrontation & Stellungnahme: Was sagt TikTok zu unseren Recherchen? 19:46 Was bewegt Warfluencer Storm Balderson zu seinen Taten? 21:17 Konfrontation: Wie rechtfertigt Deniz Karabag die Verbreitung rechtsextremer Inhalte durch seinen Verein? 22:36 Meinungsfreiheit vs. Desinformation und Propaganda: Welche Rolle spielen soziale Medien im Krieg? 23:24 Fazit: Wie kann TikTok den TikTok-Krieg beenden?


Neuerungen bei Tiktok: Mehr Jugendschutz und Einfluss auf Inhalte

Quelle: t3n.de https://t3n.de/news/neuerungen-tiktok-mehr-einfluss-1485851/ – Hannah Klaiber – 13.07.2022

In den kommenden Wochen will das Videoportal Neuerungen einführen, die den Nutzer:innen mehr Macht über gezeigte Inhalte geben und den Content für verschiedene Altersgruppen filtern.

Das Videoportal Tiktok ist eine der beliebtesten Apps bei jungen Menschen. Rund 1,6 Milliarden aktive Nutzer:innen hat das Portal, auf dem täglich unzählige kurze Videoclips hochgeladen und konsumiert werden. Dabei reicht die inhaltliche Spannweite von harmlosen Tanzchoreografien über selbstgedrehte Sketche und Horrorclips bis hin zu Verschwörungstheorien und Falschinformationen.

25 Prozent der Tiktok-Nutzer:innen sind zwischen 10 und 19 Jahren alt. Es tummeln sich also eine Menge Minderjährige auf der bisher relativ unregulierten App. Natürlich führt das auf Dauer zu Problemen, denen der chinesische Konzern Bytedance nun entgegenwirken will.

Tiktok-Bewertungssystem: Content-Levels sollen Inhalte anpassen

Erst kürzlich war das Videoportal aufgrund seiner Pläne zur ungefragten Datenverarbeitung in die Kritik geraten und ruderte zurück. Jetzt veröffentlicht das Unternehmen in einer offiziellen Ankündigung Pläne, die auf mehr Gegenliebe stoßen dürften: Künftig sollen Moderator:innen das hochgeladene Material sichten und in ein Bewertungssystem – die sogenannten Content-Levels – einstufen, das dem US-amerikanischen Jugendschutzsystem von G (General Audiences) bis R (Restricted) entspricht.

Diese erste Maßnahme soll Teenager künftig davor schützen, mit unangemessenen Videos – zum Beispiel gewalttätiger oder sexueller Natur – konfrontiert zu werden. So heißt es in der Ankündigung: „Wenn wir ein Video entdecken, das erwachsene oder komplexe Themen beinhaltet, zum Beispiel fiktionale Szenen, die zu unheimlich oder spannungsgeladen für jüngeres Publikum sind, wird dem Video eine Altersbewertung zugeteilt, die Minderjährige davor schützt, dieses Video zu sehen.“

Hashtags auf Tiktok können stummgeschaltet werden

Außerdem plant der App-Betreiber in einem zweiten Schritt, Anwender:innen mehr Möglichkeiten einzuräumen, darüber zu bestimmen, was sie in ihren Feeds sehen wollen. So soll man künftig in der Lage sein, von vornherein Videos auszublenden, die mit bestimmten Hashtags versehen sind.

Trotz der geplanten Maßnahmen will Tiktok die Erwartungen nicht zu hoch schrauben: „Wir wissen auch, dass das, was wir uns vorgenommen haben, komplex und nur schwer zu erreichen ist. Es kann sein, dass wir Fehler machen.“ Wie zuverlässig und unter welchem personellen Aufwand die Alterskontrolle dann im Detail funktioniert, wird sich wohl in den nächsten Wochen zeigen.