Rassistische Diskriminierung gibt es in allen gesellschaftlichen Bereichen

Bernhard Franke, Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes  im Gespräch mit Silvia Engels

Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle„Rassistische Diskriminierung gibt es in allen gesellschaftlichen Bereichen“

Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes werden nach Angaben des kommissarischen Leiters, Bernhard Franke, immer mehr Fälle von rassistischer Diskriminierung gemeldet. Er forderte im Dlf spezielle Beschwerdestellen für Diskriminierung durch die Polizei und ein Stärkung seiner Behörde.

Im Jahr 2006 wurde die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geschaffen. Sie überprüft Verstöße gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dieses verbietet Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Geschlecht, Alter oder einer Behinderung. In einem jährlichen Bericht dokumentiert die Antidiskriminierungsstelle Beratungsanfragen wegen Diskriminierung in Deutschland.

Auffällig am jüngsten Jahresbericht für 2019 sei, so der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle, Bernhard Franke, im Dlf, dass die Beratungsanfragen wegen rassistischer Diskriminierung im Vergleich zum Vorjahr um knapp zehn Prozent zugenommen hätten, und damit deutlich stärker als bei anderen Formen der Diskriminierung. Ein Drittel aller Anfragen stehen inzwischen im Zusammenhang mit rassistischer Diskriminierung. Diese gebe es demnach in Deutschland in allen gesellschaftlichen Bereichen, vor allem im Arbeitsleben und bei der Jobsuche aber auch seitens der Polizei.

Dossier: Rassismus (picture alliance / NurPhoto / Beata Zawrzel)Dossier: Rassismus (picture alliance / NurPhoto / Beata Zawrzel)

Eine spezielle unabhängige Beschwerdestelle für Diskriminierung  durch die Polizei sei schon lange eine Forderung seiner Behörde, betonte Franke, zudem müsse das Mandat der Antidiskriminierungsstelle insgesamt gestärkt werden, um wirksamer gegen Diskriminierung im Alltag vorgehen zu können.


Kampf gegen Rassismus – „Nur ein ganz, ganz kleiner Teil meint das tatsächlich ernst“
Gesellschaftlich gängige Klischees spiegelten sich eins zu eins in den Unternehmen in Deutschland wider, sagt der Berater Jürgen Schlicher. Antidiskriminierungsmaßnahmen gebe es nur in einem kleinen Teil.

Mohamed Amjahid: Unter Weißen – Was heißt es, privilegiert zu sein

Mohamed Amjahid (Jahrgang 1988) ist Journalist, Buchautor, Moderator und Kurator. U.a. hat er in der ZEIT und im Tagesspiegel publiziert.

Seine (journalistischen) Schwerpunktthemen sind unter anderem Menschenrechte, Soziale Bewegungen, Außen- und Sicherheitspolitik, Alltagsanthropologie im Mittelmeerraum, (Anti-)Rassismus überall und natürlich die Umbrüche in der Arabischen Welt.

Mohamed Amjahid schreibe auch Bücher. Seit jüngstes Buch „Unter Weißen – Was heißt es, privilegiert zu sein“ hat er 2017 publiziert.

Netzwerk für Demokratie und Courage

Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC)

Das Netzwerk für Demokratie und Courage entstand 1999 in Sachsen mit dem Ziel, neonazistischen und menschenverachtenden Einstellungen durch antirassistische Bildungsarbeit in Schulen entgegenzuwirken.

Seit 2002 gibt es das NDC auch in Baden-Württemberg und es ist heute in zwölf Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg) sowie in Belgien, Frankreich und Österreich (im Aufbau) aktiv.

Durch enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Landesnetzstellen, gemeinsamen Qualitätsvereinbarungen und bundeseinheitlichen Konzepten schafft es das NDC seit Jahren wertvolle Präventionsarbeit an Schulen und in Jugendgruppen im außerschulischen Bereich zu leisten. Bei allen angebotenen Projekttagen verfolgt das NDC die fünf grundlegenden Ziele

  • Informationen zu vermitteln und zum Nachdenken anzuregen,
  • Menschen Mut zu machen sich zu äußern,
  • klar gegen rechte und menschenverachtenden Meinungen aufzutreten,
  • Solidarität mit Betroffenen von menschenverachtenden Einstellungen zu zeigen
  • und zum couragierten Handeln im Alltag zu motivieren.

Das NDC ist der älteste zivilgesellschaftliche Akteur in Baden-Württemberg, der für Jugendliche kostenlose Projekttage in Schulen und Jugendeinrichtungen durchführt. 

 Aus dem bundesweiten Programm bietet das NDC in Baden-Württemberg zur Zeit drei Projekttage an:

den Projekttag A „Alles nur Bilder im Kopf?!“ mit den Schwerpunkten Diskriminierung, von Rassismus betroffenen Menschen und couragiertes Handeln,

den Projekttag B „Das WIR macht den Unterschied!“ zu den Themen Diskriminierung, Gerechtigkeit, Klassismus, solidarischem Miteinander und couragiertes Handeln, und

den Projekttag C „Das wird man wohl noch sagen dürfen!“ zu den Themen Neonazismus, menschenverachtende Einstellungen und couragiertes Handeln.

Diese Projekttage können von Schulen und anderen Jugendeinrichtungen kostenlos gebucht werden und werden für Jugendliche ab 14 Jahren angeboten.

Des Weiteren gibt es in Baden-Württemberg zwei regionalspezifische Angebote. So wird in der KZ-Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen in Kooperation mit dem Stadtjugendring Mannheim und dem Verein KZ-Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen e.V. ein Projekttag zur Geschichte des KZ Mannheim-Sandhofen und der Bedeutung von Gedenkstätten durchgeführt (Projekttag G „Eine Schule als KZ“). In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung hat das NDC im Jahr 2017 ein Modellprojekt für die offene Jugendarbeit konzipiert und seitdem sowohl offene Module für Jugendliche, als auch einen Workshop für Fachkräfte der offenen Jugendarbeit im Angebot.

Die Projekttage können über die Homepage des Netzwerks für Demokratie und Courage direkt gebucht werden:

Anfrage zur Durchführung eines Projekttages hier

Neben der LAGO als Trägerin des Projektes arbeitet das NDC in Baden-Württemberg noch mit einer Reihe weiterer Kooperationspartner*innen zusammen: der DGB-Jugend Baden-Württemberg, der GEW Baden-Württemberg, der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, der Karl-Kloß-Jugendbildungsstätte in Stuttgart und dem Jugendzentrum in Selbstverwaltung „Friedrich Dürr“ in Mannheim.

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

Quelle: Schule ohne Rassismus

„10 Fragen – 10 Antworten

Was bedeutet der Titel Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage genau? Geht es dabei nur um Rassismus? Und ist das Projekt eher etwas für Gymnasien? Antworten auf alle wichtigen Fragen findet ihr hier.

  1. Was ist Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage?

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage ist ein Projekt für alle Schulmitglieder. Es bietet Kindern, Jugendlichen und Pädagog*innen die Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten, indem sie sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt wenden.

Wir sind das größte Schulnetzwerk in Deutschland. Ihm gehören über 3.300 Schulen an, die von mehr als zwei Millionen Schüler*innen besucht werden (Stand: März 2020). Unterstützt werden die Schüler*innen und Pädagog*innen dabei von mehr als 100 Koordinierungsstellen und 350 außerschulischen Kooperationspartnern.

  1. Wie wird man eine Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage?

Jede Schule kann den Titel erwerben, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt: Mindestens 70 Prozent aller Menschen, die in einer Schule lernen und arbeiten (Schüler*innen, Pädagog*innen und technisches Personal) verpflichten sich mit ihrer Unterschrift, sich künftig gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Schule aktiv einzusetzen, bei Konflikten einzugreifen und regelmäßig Projekttage zum Thema durchzuführen.

  1. Zu was verpflichtet sich eine Courage-Schule?

Wer sich zu den Zielen einer Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage bekennt, unterschreibt folgende Selbstverpflichtung:

  1. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu einer zentralen Aufgabe meiner Schule wird, nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.
  2. Wenn an meiner Schule Gewalt geschieht, diskriminierende Äußerungen fallen oder diskriminierende Handlungen ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsam Wege finden, zukünftig einander zu achten.
  3. Ich setze mich dafür ein, dass an meiner Schule ein Mal pro Jahr ein Projekt zum Thema Diskriminierungen durchgeführt wird, um langfristig gegen jegliche Form von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, vorzugehen.
  4. Was bedeutet der Titel genau?

Der Titel ist kein Preis und keine Auszeichnung für bereits geleistete Arbeit, sondern eine Selbstverpflichtung für die Gegenwart und die Zukunft.

Eine Schule, die den Titel trägt, ist Teil eines Netzwerkes, das sagt: Wir übernehmen Verantwortung für das Klima an unserer Schule und für unser Umfeld.

  1. Kümmert ihr euch ausschließlich um Rassismus?

Nein. Wir beschäftigen uns gleichermaßen mit Diskriminierung aufgrund der Religion, der sozialen Herkunft, des Geschlechts, körperlicher Merkmale, der politischen Weltanschauung und der sexuellen Orientierung. Darüber hinaus wenden wir uns gegen alle totalitären und demokratiegefährdenden Ideologien.

  1. Beschäftigt ihr euch nur mit den bösen Deutschen?

Nein. Wir sind davon überzeugt, dass alle Menschen, egal woher sie kommen und wie sie aussehen, in der Lage sind zu diskriminieren. Deshalb nehmen wir zum Beispiel den Antisemitismus oder die Homophobie eines Jugendlichen der Mehrheitsgesellschaft genauso ernst wie den eines Jugendlichen mit türkischen oder arabischen Wurzeln.

  1. Wo steht ihr politisch?

Wir stehen weder rechts oder links noch in der Mitte. Das Anliegen von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage sollte Aufgabe aller Demokrat*innen sein. Vertreter*innen aller im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien unterstützen unser Anliegen, ebenso Vertreter*innen von Gewerkschaften und Glaubensgemeinschaften.

  1. Ist das Projekt eher etwas für Gymnasien?

Keineswegs. An unserem Netzwerk nehmen alle Schulen teil. Auf der Seite Courage-Schulen seht ihr, dass alle Schularten bei uns vertreten sind.

  1. Wo seid ihr am stärksten vertreten? Im Osten oder im Westen?

25 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es da keinen Unterschied mehr. Wir sind ein gesamtdeutsches Projekt und uns gibt es in allen Bundesländern. Auf der Seite Courage-Schulen erfahrt ihr, welche Courage-Schulen es in Eurem Bundesland gibt.

  1. Wo bekomme ich mehr Informationen über das Projekt?

Auf dieser Homepage findet ihr eine Fülle von Informationen zu unserer Arbeit und den Aktivitäten der Courage-Schulen. Für eure Fragen stehen euch die Mitarbeiter*innen der Bundeskoordination zur Verfügung ebenso wie die der Landes- und Regionalkoordinationen in eurer Nähe.“

TTIP 2.0 – Risky business in TTIP 2.0

  1. Juni 2020 –  Laura Große

Quelle: NGO lobbycontrol

Neue Studie: „Risky Business in TTIP 2.0“

Handel: CETA, TTIP, TiSA, JEFTA

Vor fast genau einem Jahr, im Juli 2019, reisten wir zum zivilgesellschaftlichen Dialog der EU-Kommission nach Brüssel. Der Anlass: Wenige Monate zuvor hatten die EU mit den USA neue Verhandlungen aufgenommen. Nun wollte die verantwortliche Generaldirektion Handel (DG Trade) die Zivilgesellschaft über den Stand der Gespräche informieren. Offiziell waren die Ambitionen viel bescheidener als noch bei TTIP, das an heftigen zivilgesellschaftlichen Protesten schließlich gescheitert war. Doch spätestens auf der Veranstaltung der DG Trade bestätigte sich, was wir zuvor befürchtet hatten: Regulatorische Kooperation ist ein zentrales Element des geplanten Abkommens mit den USA – und die Pläne gehen weit über das hinaus, was die Verhandlungsmandate eigentlich erlauben.

Details gibt es nur wenige, die Kommission schweigt sich aus und hält die Inhalte der Gespräche weitgehennd unter Verschluss. Ein Rückschritt, denn im Zuge der Proteste gegen TTIP, CETA und andere Abkommen hatte sie eigentlich Verbesserungen versprochen: In Zukunft werde es in der Handelspolitik transparenter und demokratischer zugehen, man wolle die Zivilgesellschaft besser informieren und den ausgeglichenen Austausch mit allen betroffenen Interessen suchen. Für einige Jahre hielt sich die Kommission auch an ihre selbstgesteckten Vorgaben.

Doch bei den neuen Verhandlungen mit den USA bricht die Kommission mit ihrer Transparenzpolice. Auch deshalb halten uns die Gespräche seither ganz schön auf Trab. Wir recherchierten Hintergründe, informierten unsere Kooperationspartner und Unterstützer:innen und trieben die Vernetzung auf europäischer Ebene vorangetrieben. In unserer neuen Veröffentlichung erklären wir jetzt die Hintergründe der Verhandlungen und zeigen die Beweggründe und Akteure hinter regulatorischer Kooperation. Tatsächlich machen vor allem die Lobbys exportstarker Konzerne und Industrien dafür Druck: Denn unterschiedliche technische Vorgaben und hohe Schutzstandards sind für sie bloß ein Hindernis auf dem Weg zur Profitmaximierung.

Briefing_TTIP-2.0 März2020