StadtMobil Kirchheim ermöglicht Autokino-Besuch

Exif_JPEG_PICTURE

CarSharing  – sich Autos mit anderen teilen – bietet eine kostengünstige und flexible Möglichkeit mobil zu sein.

In Kirchheim ermöglicht die Agendagruppe StadtMobil e.V. Menschen, die kein Auto besitzen, den Besuch des Autokinos. Der Verein stellt ihnen ein rotes StadtMobil Auto auf dem Gelände zur Verfügung.

Bitte klären Sie im Vorfeld ab, ob das Fahrzeug verfügbar ist, per E-Mail (verein@stadtmobil-ev.de) oder telefonisch unter 0711 94 54 36 36.

Sie benötigen lediglich eine Kinokarte, es ist nicht notwendig StadtMobil-Kunde zu sein. Das Auto wird dann für Sie reserviert und der Schlüssel an der Kasse hinterlegt.

Für alle Kund*innen von StadtMobil stehen weitere Fahrzeuge direkt am Eingang des Kinos und können wie üblich gebucht werden.

Bei Besuch eines Autokinos im Juni schenkt der Verein allen StadtMobil-Kund*innen eine Zeitkostengutschrift von 5 Euro.

Wir wünschen Ihnen einen schönen Kinoabend.

Programm vom vom 18.5.20 bis 23.5.20 hier

Die Neue Rechte als Herausforderung für die Demokratie

Die Neue Rechte als Herausforderung für die Demokratie.

„Die autoritäre Revolte“ – Vortrag von Volker Weiß . Aufzeichnung vom Fachtag an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) am 11.10.2018

Den Fachtag eröffnet der Historiker Volker Weiß, der in seiner Publikation „Die autoritäre Revolte“ einen Überblick über die Akteure, Ideen, Begriffe und die Geschichte neuer rechter Bewegungen gibt. Ein zentrales Thema der Veranstaltung ist die Neue Rechte in Sachsen-Anhalt und ihre Bedeutung für die rechtsextremistische Szene.“

„Die autoritäre Revolte“: kurze ZEIT-Rezension des Buchs von Volker Weiß „Die autoritäre Revolte“.


Neue  Rechte in Sachsen-Anhalt und ihre Bedeutung für die nationale Szene  2/5 | Vortrag von David Begrich, Arbeitsstelle Rechtsextremismus bei Miteinander e.V.


Die Neue Rechte als Herausforderung an die politische Bildung. Vortag von Prof. Dr. Andreas Petrik, Lehrstuhl Didaktik der Sozialkunde/Politische Bildung an der MLU


Neue Rechte 4/5 | Das Institut für Staatspolitik Schnellroda.  Workshop, David Begrich.


Die Neue Rechte 5/5. Podiumsdiskussion mit Antonie Rietzschel, Süddeutsche Zeitung David Begrich, Miteinander e. V. Andreas Speit, Journalist, Sozialwissenschaftler David Jahr, Institut für Politikdidaktik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Valentin Hacken, Bündnis Halle gegen Rechts Mamad Mohamad, Geschäftsführer LAMSA e. V.

Zoom und Microsoft im Corona-Aufschwung: Digital unabhängig werden

Quelle: TAZ  17.5.20 – Autor: Christian Füller

Digitales Lernen in Corona-Zeiten  – Microsoft erobert die Schulen

Bayerns Schulen können bald „Teams“ von Microsoft für Videokonferenzen nutzen. Datenschützern und der Open-Source-Community gefällt das nicht.

BERLIN taz | Es ist der zweite Coup für Microsoft binnen weniger Wochen. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo hat das Videokonferenzsystem „Microsoft Teams“ für seine Schulen frei gegeben. Das verhilft dem Software- und Cloud-Giganten aus den USA wohl zum Durchbruch im deutschen Bildungssystem. Zu Beginn der Schulschließungen Mitte März hatte bereits das baden-württembergische Kultusministerium Microsofts Text- und Cloud-Programm Office 365 an Schulen zugelassen. Damit sind die beiden großen Südländer im Begriff, von der Open-Source-Software Moodle auf Produkte des Billion-Dollar-Unternehmens umzuschwenken.

Hier weiterlesen


Quelle: taz 28.4.2020  Tilman Baumgärtel

Zoom und Microsoft im Corona-Aufschwung: Digital unabhängig werden

Angebote von Zoom und Microsoft boomen gerade. Für die Bildung sind vor allem Open-Source-Anwendungen besser.

Zwei Gewinner der Coronakrise stehen schon jetzt fest: Microsoft wegen seiner Software Teams, und Zoom wegen seines gleichnamigen Videokonferenzdiensts. Beiden gemeinsam ist, dass diese Dienste bis zu Beginn der Coronakrise nur wenigen bekannt gewesen waren.

Ebenfalls gemeinsam ist ihnen, dass man seither mit einem dieser Programme Bekanntschaft gemacht haben dürfte, wenn man im Homeoffice arbeitet oder als Schüler Tele-Learning macht. Innerhalb einer Woche stieg Mitte März die Zahl der täglich aktiven Nutzer von Teams weltweit um mehr als 12 Millionen auf 44 Millionen Nutzer. Die Zeit, die das Angebot täglich genutzt wird, hat innerhalb des letzten Monats um 200 Prozent zugenommen. Zoom hatte Ende letzten Jahres 10 Millionen Nutzer, nun sind es 200 Millionen.

Eine weitere Gemeinsamkeit: Es gibt berechtigte Zweifel, ob die Daten ihrer Nutzer bei ihnen in guten Händen sind. Das deutsche Außenministerium hat seinen Mitarbeitern kürzlich verboten, für Dienstgeschäfte Zoom einzusetzen, weil der Service möglicherweise nicht der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entspricht.

Microsoft betont zwar gerne, dass es sich an die europäische Datenschutz-Bestimmungen hält. Doch bei einer Untersuchung in den Niederlanden kam 2018 heraus, dass die Unternehmensversion von Microsoft Office in großem Stil personenbezogene Daten ihrer Nutzer speicherte, ohne sie darüber zu informieren. Mit diesen Informationen konnten Personen- und Verhaltensprofile erstellt werden. Auch wenn das Unternehmen seither Änderungen vorgenommen hat, um hohe Geldstrafen zu vermeiden, existiert in der Unternehmensversion des Programms nach wie vor das Modul „MyAnalytics“, das Aktivitäten wie E-Mail-Verkehr, Chats und Anrufe analysiert.

Schon 2018 kam eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zu dem Schluss: Das Office-Modul „Workplace Analytics“ ziehe „aus den Daten Informationen zu Quellen von Zeitverlust heraus, trägt Stressindikatoren zusammen, macht Aussagen zur Stimmung und dem Engagement der Belegschaft.“

Das Kollaborationsprogramm Teams, mit dem Schulkinder in den letzten Wochen möglicherweise online ihre Hausaufgaben gestellt bekommen haben, ist Teil von Microsoft Office. Das Unternehmen bietet Schulträgern eine kostenlose Lizenz von Office 365 Education in der Vertragsvariante A1 an, obwohl zum Beispiel der hessische Datenschutzbeauftragte das Programm nur unter Vorbehalt an Schulen in seinem Bundesland erlaubt.

Der Staat hat die Entwicklung digitaler Technologien dem Markt überlassen, ähnlich wie das Gesundheitssystem

Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) warnte vor diesen Lockvogel-Angeboten, die Schüler an die Produkte von Microsoft gewöhnen sollen. Das Einhalten von Datenschutzbestimmungen sei dabei „kaum bis gar nicht zu garantieren“, die Daten deutscher Schüler könnten auf amerikanischen Servern landen, heißt es.

Stattdessen fordert FIfF, dass die deutschen Schulen eine eigene Infrastruktur auf der Basis von Open-Source-Software entwickeln sollten. Open-Source-Programme unterscheiden sich von den Angeboten von Unternehmen wie Microsoft dadurch, dass ihr Code öffentlich ist und von Dritten eingesehen, geändert und genutzt werden kann. Dadurch sind sie wesentlich transparenter als kommerzielle Angebote, bei denen – wie im Fall von Office und Teams – nicht immer klar ist, wie sie mit den Daten ihrer Nutzer umgehen und die entsprechende Prüfung „außerordentlich komplex und aufwendig“ sei, wie der hessische Datenschutzbeauftragte betont.

Im Mai 2019 wurde der Digitalpakt Schule verabschiedet, mit dem der Bund bis 2024 fünf Milliarden Euro für den flächendeckenden Aufbau moderner digitaler Infrastrukturen an Deutschlands Schulen bereitstellt. Das Geld ist zum Teil für die Anschaffung von Computern, Servern, Routern und WLAN gedacht, zum Teil aber auch für die Entwicklung von Lern- und Kommunikationsplattformen.

Ausdrücklich werden hier „gemeinsame Server- und Dienstlösungen“ angestrebt, wobei „prioritär Open-Source-Angebote“ heranzuziehen seien. An diesem Ziel muss unbedingt festgehalten werden. Es kann nicht sein, dass als ein Ergebnis der Coronakrise nun proprie­täre Programme wie Zoom oder Teams zum De-facto-Standard werden, weil Lehrer und Schüler mit ihnen umzugehen gelernt haben.

Dass es möglich ist, solche Lerninfrastrukturen in eigener Regie aufzubauen, zeigen die Hochschulen in einigen Bundesländern. An der Hochschule Mainz, an der ich unterrichte, können die Professoren mit Seafile auf eine eigene Cloud und mit Mattermost auf ein internes Chatsystem zugreifen. Beide sind Open-Source-Software und laufen auf den Servern der Hochschule, nicht auf Computern in den USA. Vorlesungen können bei Panopto, einer Art Hochschul-YouTube aufgezeichnet werden, als Lernplattform gibt es OLAT, ein Open-Source-Angebot der Universität Zürich, bei dem man online Lernmaterialien veröffentlichen kann, und für Online-Seminare das freie Konferenzsystem Big Blue Button.

Plötzlich scheint die Teilnahme an Telekonferenzen zum Teil der Daseinsfürsorge geworden zu sein

Mit diesen Diensten kann man auch unter den gegenwärtigen Bedingungen online unterrichten. Wenn die deutschen Schulen zügig mit solchen Diensten ausgestattet werden, kann verhindert werden, dass ausgerechnet Microsoft als lachender Dritter aus der Coronakrise hervorgeht. Viel zu lange hat der Staat die Entwicklung digitaler Technologien in ähnlicher Weise dem Markt überlassen wie das Gesundheitssystem. Aber plötzlich scheint die Teilnahme an Telekonferenzen zum Teil der Daseinsfürsorge geworden zu sein – vor einigen Wochen wäre das noch ein absurder Gedanke gewesen. Diese Erkenntnis muss zu verstärkten Anstrengungen beim Aufbau einer eigenen digitalen Lerninfrastruktur führen, die jene „digitale Souveränität“ sicherstellt, die Innenminister Seehofer versprochen hat.

Von der Corona-Krise zur nachhaltigen Wirtschaft

Quelle: Magazin agora42  (agora42 ist das philosophische Wirtschaftsmagazin und erscheint seit 2009 in Stuttgart im eigenen Verlag)

Leicht gekürzte Fassung eines Beitrags von Reinhard Loske (gekürzt durch H. Dörr). Originalbeitrag hier.

Von der Corona-Krise zur nachhaltigen Wirtschaft

Was zukunftsorientierte Politik jetzt leisten muss

Spricht man dieser Tage mit Menschen, denen Klimaschutz und umfassende Nachhaltigkeit als zentrale Herausforderungen besonders am Herzen liegen, begegnen einem nicht selten düstere Prognosen. Wenn die Corona-Pandemie erst unter Kontrolle sei, werde die Politik wieder alles daransetzen, das ressourcenverschlingende Wirtschaftswachstum auf jede nur erdenkliche Weise anzukurbeln. Dabei drohten ökologische Ziele einmal mehr unter die Räder zu kommen.

Diese Befürchtung ist nicht aus der Luft gegriffen. Schon melden sich wieder Protagonisten, die eine klimapolitische Atempause, das Abschwächen von Regeln für Luftreinhaltung, Natur- und Wasserschutz oder die Aussetzung von Bürgerbeteiligungsrechten bei Umwelteingriffen vorschlagen, damit die Konjunktur nach der Krise schnell wieder „anspringen“ und dann „brummen“ kann.

Dennoch glauben viele, dass in der Corona-Krise gerade für eine Politik der Zukunftsfähigkeit auch große Chancen liegen. Durch die Krise wprd so viel ökologisch Fragwürdiges offengelegt, dass Konsequenzen folgen müssen und werden. Die Missachtung von Naturgrenzen, Hypermobilität und endlos lange Lieferketten hat zu mehr Verletzbarkeit und weniger Krisenfestigkeit, mehr Abhängigkeit und weniger Robustheit geführt.

Wahr ist aber zugleich: Es gibt keineswegs einen Automatismus, der wie von selbst im Gefolge der Krise nachhaltigere Lebensstile, Wirtschaftspraktiken und Technologien hervorbringt.

Viele werden ihre Weltsicht durch die Corona-Erschütterung möglicherweise ändern. Es wird aber auch in Zukunft Eigennutz und Gemeinsinn, Wettbewerb und Kooperation geben. Und auch in Zukunft wird die Aufgabe demokratischer Politik darin bestehen, bei der praktischen Gestaltung unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens diese verschiedenen Orientierungen in einen Ausgleich zu bringen.

Die Epoche systematischer Entstaatlichung und Deregulierung geht zu Ende

Eines deutet sich schon jetzt an: Die politische Grundausrichtung wird eine andere sein als die bisherige, die vor allem auf die Ökonomisierung immer weiterer Sphären der Gesellschaft gesetzt hat. Die Sicht, scharfer Wettbewerb und vertiefte Arbeitsteilung im Weltmaßstab sowie systematische Entstaatlichung und grö

ßtmögliche Deregulierung seien die wirtschaftspolitischen Schlüssel zur Wohlstandsmehrung, wird weiter unter Druck geraten.

Zugleich gilt: Zwar halten sich die politisch einflussreichen Protagonisten des Neoliberalismus momentan mit Ratschlägen zurück, aber es ist nur ein temporäres und taktisches Abtauchen.

Es ist realistisch, davon auszugehen, dass es schon während der Krise, erst recht aber danach zu einem Kampf um ihre Deutung und die richtigen Wege zu ihrer Überwindung kommen wird.

In diese Auseinandersetzung müssen diejenigen, die für Nachhaltigkeit, Ökologie und globale Gerechtigkeit streiten, mit guten Argumenten, guten Gestaltungskonzepten und guten Durchsetzungsstrategien gehen.

Evidenzbasierung und Handlungskonsequenz müssen in Zukunft auch die Nachhaltigkeitspolitik prägen

Schaut man aus einer ökologischen Perspektive auf die anhaltende Corona-Krise und ihre Bekämpfung, sticht vor allem die Schnelligkeit der Reaktionen des Politiksystems und in der Folge auch des Natursystems ins Auge. Die Erreichung des deutschen Klimaziels für 2020 (minus 40 Prozent CO2-Emissionen gegenüber 1990) schien noch im Februar völlig ausgeschlossen, nun wird das Ziel durch die Corona-Krise wahrscheinlich sogar übererfüllt. Laut Umweltbundesamt könnten es Ende des Jahres minus 45 Prozent sein. Über Wuhan, dem Epizentrum der Krise in China, sind die Stickoxidkonzentrationen in der Luft kurzfristig so drastisch gefallen, dass der Effekt in Satellitenbildern der NASA deutlich zu erkennen war.

Sicher, all diese Effekte sind nicht das Ergebnis umweltpolitischen Handelns, sondern Nebeneffekte einer Virusbekämpfung mit hoher Eingriffstiefe. Die Maßnahmen sind im eigentlichen Wortsinn nicht nachhaltig. Dennoch ist die Lehre aus der Begleiterscheinung dieses Shutdowns grundsätzlicher Art. Die Natur reagiert sehr schnell und generös, wenn übermäßiger Nutzungsdruck durch die Menschen von ihr genommen wird. Auch das kann Hoffnung geben.

Viele ökologisch bewegte Menschen fragen sich deshalb, warum bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie möglich ist, was bei auf Dauer wesentlich bedrohlicheren Problemen wie der Erderwärmung oder der Zerstörung der biologischen Vielfalt bislang nicht geschieht, nämlich konsequentes Handeln.

Politischer Mut wird im Ernstfall nicht bestraft, sondern belohnt

Und auch eine weitere Mär fällt dieser Tage, nämlich die Behauptung, Politik werde abgestraft, wenn sie den Menschen harte Fakten zumute und ihr Handeln auf eben diese stütze.

Noch im September letzten Jahres fiel bei der Präsentation des bescheidenen Klimapakets der Bundesregierung von Kanzlerin Merkel der denkwürdige Satz, Politik sei nun einmal das, was möglich ist. Kein halbes Jahr später betreibt die gleiche Bundesregierung nun in der Corona-Krise eine wissenschaftsgestützte Politik der schonungslosen Wahrheiten, Einschränkungen und Zumutungen – und 95 Prozent der Bevölkerung finden diese genau richtig oder fordern noch härtere Maßnahmen (ZDF-Politbarometer vom 27. März).

Nun lassen sich sicher Gründe dafür finden, warum fundamentale Restriktionen in der Corona-Krise eher akzeptiert werden als bei der Bekämpfung der Klimakrise: Die Angst vor Viren, die schnell töten können, ist offenbar deutlich größer als die Angst vor Erderwärmung und Artenschwund, deren Folgen schleichender sind. Auch hat der Lobbyismus bei langfristigen Problemen wie dem Klimawandel leichteres Spiel, auf allen Strecken gegen entschiedenes Handeln zu arbeiten.

Es bleibt dennoch frappierend, dass im Corona-Fall konsequent, im Klima-Fall inkonsequent gehandelt wird, obwohl die wissenschaftliche Evidenz in beiden Fällen sehr hoch ist und sich in Umfragen auch für vorsorgenden Klimaschutz ähnliche Zustimmungswerte ergeben wie für die rigorose Bekämpfung der Pandemie. Daraus kann eigentlich nur der Schluss gezogen werden, dass die Zaghaftigkeit von klimapolitischem Regierungshandeln vor allem das Ergebnis von allzu viel Rücksichtnahme auf mächtige und nicht-nachhaltige Gegenwartsinteressen war und ist, vor allem auf Industrieinteressen.

Als Lehre aus der Corona-Krise folgt deshalb, dass auch die Klimapolitik zukünftig stärker evidenzbasiert handeln muss und gegenüber Partikularinteressen eine vermeintlich altmodische Kategorie reaktivieren sollte, nämlich politischen Mut, der Konfliktfähigkeit und Standfestigkeit in der Sache einschließt. Zumutungen, die nachvollziehbar und gut begründet sind, sind für politische Entscheidungsträger nicht risikofrei, werden aber von viel mehr Menschen akzeptiert als im Hauptstrom der Politik angenommen oder vorgegeben wird.

Pandemiebekämpfung und Nachhaltigkeit erfordern einen neuen Generationenvertrag: Junge und Alte sind aufeinander angewiesen

Ist die Klimadebatte davon geprägt, Ältere und besonders die „Babyboomer“ zur Rücksicht auf die Überlebensinteressen junger Menschen und zukünftiger Generationen anzuhalten, geht es in der Corona-Debatte um das gerade Gegenteil: Junge Menschen sollen sich beschränken, um die Älteren nicht durch unkontrollierte Virenausbreitung zu gefährden.Bislang – Stand Ende März – kann man ohne weiteres sagen, dass die „Generation Greta“ ihre Mission erfüllt. Sie bleibt zuhause, sie hilft, sie hält sich an die Regeln.

All das muss und wird Folgen für die Politik haben. Es ist notwendig, den Generationenvertrag der Gesellschaft nach der Krise neu zu justieren und den Zukunftsthemen das Gewicht einzuräumen, das ihnen gebührt. Von der Energiewende über die Verkehrswende bis zur Agrarwende, von der Digitalstrategie über die Forschungsförderung bis zur Bildungsfinanzierung haben EU, Bundesregierung, Landesregierungen und Kommunen jetzt die Chance, Nachhaltigkeit systematisch und anspruchsvoll in alle Politikfelder zu integrieren.

Dafür, dass das wirklich geschieht, steht das Fenster der Möglichkeiten jetzt weit auf. Der „Green Deal“ der EU von Ursula von der Leyen muss schnell in die Tat umgesetzt und finanziell noch besser ausgestattet werden. Die geplanten Konjunkturprogramme müssen zu „Green Stimulus“-Paketen werden, die wirklichen Strukturwandel in Richtung Nachhaltigkeit befördern und nicht Überkommenes künstlich am Leben halten. Absurditäten wie „Abwrackprämien“ für voll funktionsfähige Autos oder sinnlose Straßenbauprogramme, die noch das Konjunkturpaket der Bundesregierung nach der Finanzkrise geprägt haben, darf es nicht mehr geben.

Nachhaltiges Wirtschaften nach der Corona-Krise: Globalisierungsrückbau, Regionalisierung der Wertschöpfung und Resilienz als neue Leitbilder

In großen Teilen der Klimabewegung wird „die Wirtschaft“ bislang als „Blackbox“ gesehen, als das „Andere“, ja Gesellschaftsfeindliche. Vor dem Hintergrund der realen Erfahrungen mit vielen Industriekonzernen und Wirtschaftsverbänden ist eine solche Haltung nachvollziehbar. Aber sie ist nicht sinnvoll. Zu wichtig ist die Wirtschaft für unsere Versorgung mit dem Lebensnotwendigen und das Funktionieren des Gemeinwesens. Aber klar ist auch: Die Wirtschaft wird und muss sich ändern. Der Modus, in dem wir künftig über das Wirtschaften und plurale Wirtschaftsstile reden, wird sich ändern müssen. Vor allem die ökonomische Bildung, die heute oft eine realitätsferne und dogmatische Idealisierung des Eigennutzes und des Wettbewerbs ist, wird vom Kopf auf die Füße zu stellen sein.

Viele Annahmen der vorherrschenden Mainstream-Ökonomik werden durch die Corona-Pandemie und die Erderwärmung gleichermaßen fundamental in Frage gestellt. Dazu gehören nicht nur die weitgehende Ignoranz gegenüber planetaren Grenzen und das Beschwören von individueller Nutzenmaximierung als höchster Form rationalen Handelns, sondern auch die Annahme, eine immer weitere Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung mit immer größeren Unternehmen sowie immer längeren und komplexeren Lieferketten sei gut für alle.

Dass es nicht nur „economies of scale“ gibt, also ökonomische Größen-, Spezialisierungs- und Globalisierungsvorteile, sondern auch „diseconomies of scale“, also entsprechende Nachteile, ist in der sozial-ökologischen Diskussion schon lange ein fest etabliertes Thema. So werden ungerechte und ökologisch schädliche Weltwirtschaftsstrukturen zum Nachteil der Südhemisphäre ebenso intensiv kritisiert wie ausufernde Verkehrsströme am Himmel und auf den Weltmeeren.

Die Corona-Krise macht nun auf ihre Weise deutlich, wie verletzbar Staaten sind, wenn Notwendiges einseitig aus fernen Quellen oder gar von Monopolen bezogen werden muss oder im Krisenfall ganz wegfällt. In den USA hat der Präsident bereits kriegswirtschaftliche Instrumente aktiviert, um Automobilkonzerne zur Produktion von fehlenden Beatmungsgeräten zu zwingen.

Selektive De-Globalisierung und gezielte Re-Regionalisierung werden in Zukunft wichtige Bausteine einer Ökonomie der Nachhaltigkeit sein, um Verletzbarkeit und abrupte Störungen der Lieferketten zu reduzieren und so die Robustheit („Resilienz“) des Gesamtsystems zu erhöhen. Dabei wird es nicht um reines Autarkiestreben gehen können, sondern um mehr Autonomie, also um eine Verschiebung der Gewichte von Fremdversorgung zu Eigenversorgung.

Auch dies hat praktische Konsequenzen für viele Politikfelder: Die regionale Landwirtschaft ist zu stärken, die Stadt-Land-Kooperation zu verbessern, die Nutzung der Autobahnen als rollende Warenlager für die Just-in-Time-Produktion der Fabriken zurückzudrängen, die Wirtschaftsförderung auf eine Erhöhung innerregionaler Produktionsverfechtungen und Kreislaufwirtschaft auszurichten und das Bankwesen auf die Unterstützung dezentraler Wertschöpfungsstrategien zu orientieren.

Globale Verantwortung in der Post-Corona-Weltordnung

Aus einer Nachhaltigkeits- und Gerechtigkeitsperspektive verbietet es sich zugleich, aus der Zunahme globaler Probleme wie Pandemien und Klimaextremen dauerhafte Abschottungsstrategien herzuleiten. Die gegenwärtige Renaissance des Nationalen, die zur Bekämpfung der Corona-Krise vielleicht temporär ihren Sinn haben mag, sollte nicht zum neuen Standard werden. Im Gegenteil, die Staatenwelt brauch mehr Kooperation und bessere internationale Verträge.

Abgesehen davon, dass die Bearbeitung globaler Probleme multilaterale Kooperation nachgerade erzwingt, wäre es besonders für die Länder der Südhemisphäre eine düstere Perspektive, würden die Industriestaaten nun auf Abschottung, Autarkie und Ausgrenzung setzen. In den sogenannten Entwicklungsländern ist der Anteil derer, die gegenüber Klimawandel, Pandemien und anderen Katastrophen besonders sensibel sind, sehr hoch. Die Armen leiden am stärksten.

Die Probleme der Welt, die die Industriestaaten zu einem guten Teil über kolonialistische Spätfolgen, ungerechte Weltwirtschaftsbeziehungen oder geopolitischen Egoismus mitverursacht haben, können sie sich nicht durch hohe Grenzzäune vom Leibe halten. Die momentan im medialen Windschatten liegende Flüchtlingskrise an der EU-Außengrenze in Griechenland zeigt das sehr deutlich.

So ökologisch sinnvoll es also ist, die an vielen Stellen übertriebene Vertiefung der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung zurückzuschrauben, so notwendig ist es zugleich, am Ziel einer Schaffung fairer und nachhaltiger Welthandelsstrukturen festzuhalten. Auch hier hat die Politik nach hoffentlich baldiger Überwindung der Corona-Krise ein übervolles Aufgabenheft, von einem wirksamen Lieferkettengesetz bis zum „Marshallplan mit Afrika“, von fairen Handelsverträgen bis zum Schutz nachhaltiger Binnenwirtschaften vor billigen Importprodukten, die auf Ökodumping fußen.

Eine wichtige Krisenlehre für die Nachhaltigkeit: Sorgearbeit und Erwerbsstreben gut ausbalancieren!

Als größte Quelle für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung könnten sich aber die unmittelbaren Krisenerfahrungen selbst erweisen, die Menschen weltweit momentan machen, negative wie positive. Dazu gehört sicher die Erfahrung von Angst um die Lieben und das eigene Leben, um den Arbeitsplatz oder den eigenen Betrieb, denn Angst ist bekanntlich ein sehr starker Antrieb. Dazu gehören aber auch und vielleicht sogar vor allem das Erleben von Zusammengehörigkeit, Gemeinsinn und Zuwendung sowie die unfreiwillige Erfahrung von plötzlichem Zeitreichtum sowie Konsum- und Reichweitenbeschränkungen.

Es gehört zu den positiven Seiten der letzten Tage und Wochen, wie sehr die Wertschätzung für diejenigen gewachsen ist, die durch ihre Arbeit die Gesellschaft am Laufen halten, ob in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Supermärkten, im öffentlichen Nahverkehr, im Wasserwerk oder bei der Müllabfuhr. Wurde ihre Tätigkeit bis vor kurzem kaum wahrgenommen, so ist nun allerorten von „Helden des Alltags“ die Rede. Vor allem die Rolle der überwiegend von Frauen geleisteten Sorgearbeit rückt nun in den Mittelpunkt.

Beide Formen der Sorgearbeit, die entgeltliche und die finanziell nicht entgoltene, sind in hohem Maße auch für Strategien der Nachhaltigkeit von Bedeutung. Vor allem nehmen sie kommerziellen Wachstumsdruck aus dem Wirtschaftssystem. Verkürzte Erwerbsarbeitszeiten und Grundeinkommenselemente können helfen, die Zeitsouveränität der Bevölkerung zu erhöhen und so die Voraussetzungen für eine gesunde Ausbalancierung von Erwerbszeiten und Eigenzeiten zu schaffen.

Die Zukunft ist offen: Lasst uns über sie reden!

Niemand kann sicher wissen, ob die Erfahrung der erzwungenen Suffizienz bei den Menschen in Zukunft eher zu einem Abwerfen von überflüssigem Wohlstandsballast führt oder eher zu einer neuen Welle des Konsumismus. Wird die neue Vertrautheit mit der digitalen Welt zu weniger Verkehr führen oder zu einer neuen Hypermobilität? Wird der in der Corona-Krise reaktivierte Gemeinsinn ein dauerhaftes oder ein vorübergehendes Phänomen sein?

Gerade weil so vieles offen ist, braucht es zur Förderung der Nachhaltigkeit nicht nur eine handlungswillige Politik und eine transformationsbereite Wirtschaft, sondern auch und gerade eine wache Zivilgesellschaft. Benötigt werden Diskursräume und Reallabore in Schulen und Hochschulen, Unternehmen und Behörden, Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen, in denen gemeinsam Formate einer zukunftsfähigen und gerechten Gesellschaftsgestaltung entwickelt und vor allem eingeübt werden.

Es gilt, in Zukunft wieder verstärkt nach „Dritten Wegen“ jenseits von Staat und Markt Ausschau zu halten. Denn so sehr es den neoliberalen Zeitgeist einer allumfassenden Ökonomisierung zurückzudrängen gilt, so wenig angemessen wäre es, nun alles auf die Karte „starker Staat“ zu setzen. Auch dieser hat, das lehrt die Geschichte, einen Hang zur Übergriffigkeit, wofür das aktuelle Niederreißen von Schranken beim Datenschutz beispielhaft steht.

Wenn die Corona-Krise mit ihren zwingenden Herausforderungen überwunden ist, sollten weder blinder Marktglaube noch übertriebener Steuerungsoptimismus zum Hauptwesenszug der sozial-ökologischen Transformation werden, sondern die Fähigkeit zur reflektierten, verantwortungsbewussten und gemeinsamen Gesellschaftsgestaltung. Wir müssen reden!

Reinhard Loske ist Präsident der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Bernkastel-Kues und dort Professor für Nachhaltigkeit sowie Senior Associate Fellow der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin und im Vorstand der entwicklungs- und umwelt-NGO Germanwatch in Bonn.

Der langjährige grüne Bundestagsabgeordnete und bremische Senator für Umwelt und Europa hat zahlreiche Bücher zur Nachhaltigkeitsfrage vorgelegt. Sein jüngstes Buch Politik der Zukunftsfähigkeit (S. Fischer, 2016) ist von der Deutschen Umweltstiftung 2016 zum „Umweltbuch des Jahres“ gewählt worden. Zur Homepage des Autors.

USA: Trifft Covid-19 vor allem Arme?

Quelle: ARTE – 15. Mai 2020

„Während Ärzte und Krankenschwestern zu Recht täglich stehende Ovationen erhalten, denkt kaum jemand in den USA an die 2,4 Millionen Landarbeiter, die auch für das Überleben der Amerikaner sorgen: Sie pflücken das Obst und Gemüse, das auf Amerikas Teller kommt, und deshalb sind diese rbeiter und Arbeiterinnen als unentbehrliche Arbeitskräfte eingestuft worden.

Sie arbeiten weiter, oft unter prekären Bedingungen, die manchmal ihre Gesundheit gefährden. Aber sie haben keine Wahl: Sie verdienen nicht genug, um krankenversichert zu sein, und ihr Status, eben häufig ohne gültige Papiere, hindert sie daran, finanzielle Hilfe vom Staat zu erhalten. Zu der Angst vor der Ansteckung durch das Virus kommt nun auch noch die Angst vor der Wirtschaftskrise und ihren Folgen für sie hinzu.“