Ukraine-Krieg: Reaktionen der russischen Bevölkerung

Putins verlorene Generation: Junge Russen verlassen ihr Land | auslandsjournal

105.740 Aufrufe – 12.03.2022 – ZDFheute Nachrichten – 

Wer zurzeit in Russland von Invasion oder Krieg spricht, muss mit härtesten Strafen rechnen. Die Willkür unter Putin nimmt immer weiter zu. Immer mehr jungen Russen reicht es. Gegen Putin auf die Straße zu gehen, kann als Straftat gelten. Slawo, Artiom und Alex tun es trotzdem: „Ich schäme mich für das, was in meinem Land passiert, in dem Land, das ich liebe, und ich schäme mich dafür, dass nun Ukrainer in Bomben-Bunkern Schutz suchen müssen“, so Alex, der wie die anderen beiden nach Georgien geflohen ist. Artiom hat nur noch das, was er am Leib trägt, er floh, weil vor seinem Haus Polizei wartete. Einschüchtern lassen will er sich nicht: „Wir reden nicht mehr über ein freies Russland. Es ist eine voll entwickelte Diktatur. Militär Zensur ist eingeführt, du darfst den Krieg nicht mehr ‚Krieg‘ nennen. Du darfst nicht mehr gegen diese Regierung sein.“ Auf seiner Website und auf Telegram zeigt er rund 50.000 Followern Unbequemes: Russische Bürger*innen, die abgeführt werden, weil sie für den Frieden demonstrieren, oder die grundlos geschlagen werden.


Ukrainer und Russen in Deutschland: Seite an Seite gegen den Krieg

31.445 Aufrufe – 13.03.2022 –ZDFheute Nachrichten – 

Im Verbündungshaus fforst in Frankfurt (Oder), einem Wohnprojekt mit internationalen Studierenden, gibt es das, wovon die ganze Welt derzeit träumt: ein friedliches Miteinander von Russen und Ukrainern. Das fforst-Projekt lebt von den Ideen seiner Bewohner und Besucher. In diesen Tagen dreht sich alles um die Hilfe für die Ukraine. Rita aus St. Petersburg hat Spenden gesammelt, um sie in die Ukraine zu schicken. „Es tut mir so leid, es tut mir so leid“, sagt Rita immer wieder und meint damit Putins Krieg. Rita studiert in Frankfurt/Oder – ihre Familie aber lebt in Russland.

„Es fehlen mir die Worte, das kann man nicht beschreiben – das ist so unmenschlich, was da passiert“. Für Wowa und Katja aus der Ukraine ist die Spendenaktion Hilfe und Ablenkung von den unfassbaren Ereignissen in ihrer Heimat. „Bis zum letzten Moment habe ich gedacht, dass es nicht zu einem Krieg kommt, weil wir waren immer Brüder und Schwestern. Russland und Ukraine hält immer zusammen und ich dachte es kommt zu keinem Krieg“, sagt Katja. Und Wowa denkt darüber nach, selbst in die Ukraine zu gehen , um dort zu kämpfen. Die Jungen Leute hoffen, dass sich die Protest gegen den Krieg in Russland ausweiten. Doch nicht alle wollen dort etwas davon wissen. Sasha aus dem russischen Kasan etwa erzählt von Telefonaten mit ihrer Mutter: „Sie hat ihr normales Leben gelebt, ohne irgendwie Hintergedanken zu haben, was jetzt überhaupt passiert. Ich will das nicht rechtfertigen, weil es genug Medien gibt, über die man sich informieren kann. Aber das Ding ist, die Menschen versuchen, das absichtlich auszublenden.“

Schon 2014 hat sie wegen der Annexion der Krim mit ihrem Vater gebrochen – sie wollte unbedingt in die Ukraine zu einem studentischen Austauschprojekt: „Er hat versucht, auf mich Druck auszuüben, ich bin dahin gefahren, obwohl er das nicht wollte. Seitdem haben wir keinen Kontakt mehr.“ Ortswechsel nach Potsdam, in die die Alexandrowka, einer Siedlung aus Blockhäusern im russischen Stil, die vor vor 200 Jahren errichtet wurde. In einem russischen Restaurant arbeiten Russen und Ukrainer ganz selbstverständlich weiter friedlich zusammen. „Wir sind Freunde und Arbeitskollegen – wir haben nie Schwierigkeiten gehabt, nie!“ sagt Sergej Jentiakow, Mitarbeiter des Restaurants. Natürlich schäme er sich für den Krieg.

Sergej berichtet von pauschalen Vorwürfen: „Ich habe Bekannte, die mir leichte Vorwürfe machen, dass ich Russe bin – aber ich habe damit nichts zu tun. Ich lebe seit 30 Jahren in Deutschland.“ In dem Restaurant hoffen sie nun, dass nicht mehr länger alle Russen unter Generalverdacht gestellt werden – Sergej jedenfalls hat entschieden, sich auch in der Öffentlichkeit klar zur Solidarität mit der Ukraine zu bekennen.


#auslandsjournal #Russland #Ukraine – 

Widerstand in Russland gegen Putins Krieg gegen die Ukraine I auslandsjournal

100.477 Aufrufe – 03.03.2022 – ZDFheute Nachrichten – 

Anna protestiert zum ersten Mal in ihrem Leben – und das gegen den Krieg des Präsidenten. Offen auf der Straße riskiert sie damit harte Strafen. Die 18-Jährige träumt von einem Linguistik-Studium, wollte mit den Eltern in die USA auswandern.

Vor zwei Jahren haben sie eine Greencard gewonnen. Dann kam Corona, nun der Krieg. Ihre Eltern haben sie liberal erzogen, ihre Bisexualität kein Problem. Zuhause gibt es eine Regel: Kein Fernsehen, denn das sei alles Propaganda: „Ich liebe mein Land, die Menschen, die Kultur, aber ich verabscheue die Regierung. Was mich so sauer macht, ist, dass sie erzählen, es gäbe keinen Krieg, nur eine Militäroperation. Aber was soll der Unterschied sein?“

Annas Vater ist stolz auf seine Tochter, aber er hat auch Angst vor den Repressionen. Sein eigener Protest ist daher verdeckter: Er klebt nachts Plakate: „Dass Putin ein Bösewicht ist, ist uns schon lange klar. Doch das nun liegt außerhalb von Gut und Böse. In Putin ist der Teufel zum Vorschein gekommen und in Russland zum Präsidenten geworden.“ Anders sieht das der Leiter des russischen Schriftstellerverbandes, Nikolai Iwanow. Er übernimmt die Kreml-Propaganda und nennt den russischen Angriff gegen die Ukraine eine „Sonderoperation“. Von Krieg könne dort keine Rede sein. Und Denis Ganitsch von der „Nationalen Freiheitsbewegung“ stützt das Narrativ der „Denazifizierung“ der Ukraine. Die Bevölkerung werde von der russischen Armee „befreit“.


#Russland #Putin #Zensur

Krieg in der Ukraine: Weltweite Anerkennung für russische Journalistin | DW Nachrichten

2.140 Aufrufe – 15.03.2022 DW Deutsch – 

Sie wurde in wenigen Minuten zum Medienstar: Marina Owsjannikowa, 42 Jahre alt, Redakteurin beim staatlichen russischen Fernsehsender „Erster Kanal“. Am Montagabend sprengte sie die Nachrichtensendung zur Prime Time, als sie sich vor laufender Kamera hinter die prominente russische Moderatorin Ekaterina Andrejewa stellte und ein handgeschriebenen Plakat hochhielt auf dem auf Englisch und Russisch stand: „No War. Stoppt den Krieg. Glaubt nicht an Propaganda. Sie werden hier betrogen. Russen gegen den Krieg“. Der Auftritt einer bisher kaum bekannten Journalistin dauerte wenige Sekunden und löste vor allem im Westen ein mediales Erdbeben aus. Ausschnitte der Sendung wurden auf diversen YouTube-Kanälen innerhalb weniger Stunden hunderttausende Male aufgerufen.

Auch Nachrichtensendungen haben mit diesem Thema aufgemacht. Der Hintergrund: Es war das erste Mal – nicht nur seit dem offenen Überfall Russlands auf die Ukraine, sondern seit Jahrzehnten – dass in streng staatlich kontrollierten russischen Medien ein Protest gegen den Kreml auf diese Weise sichtbar gemacht wurde. Viele haben das bis dahin für unmöglich gehalten. Owsjannikowa soll noch am Montagabend festgenommen worden sein, am Dienstag musste sich sich dann wegen der „Organisation einer nicht erlaubten öffentlichen Aktion“ vor Gericht verantworten.

Ein Gericht im Moskau hat sie am Dienstagabend zu einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 230 Euro verurteilt und vorerst auf freien Fuß gesetzt. Sie wurde zunächst nicht nach dem neuen russischen Mediengesetz angeklagt, das bis zu 15 Jahre Haft für die Verbreitung von „Falschnachrichten“ über das Militär vorsieht. Ihr Anwalt Daniil Berman hatte eine Anklage auf Grundlage des neuen Mediengesetzes befürchtet, wie er der Nachrichtenagentur AFP sagte. „Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Behörden daran ein Exempel statuieren, um andere Protestierende zum Schweigen zu bringen.“ Er beklagte zudem, dass er zu seiner Mandantin keinen Zugang habe und nicht wisse, wo genau sie festgehalten wurde.