Eigens für die Veranstaltung in Kirchheim hat Winfried Wolf einen Thesenpapier formuliert:
„ZWÖLF THESEN Winfried Wolf
Die Debatte um Elektroautos ist von Kurzsichtigkeit geprägt. Der Blick ist starr auf einen isolierten E-Pkw gerichtet. Gefragt wird ausschließlich, ob ein E-Pkw im Vergleich zu einem Verbrenner nun 30 oder gar 70 Prozent weniger CO-2-Emissionen aufweist. Die Irritation beginnt bereits bei zwei Begriffen. Da ist zunächst die Terminologie „Elektronobilität“. Dieser Begriff wird inzwischen ausschließlich auf Pkw mit elektrischem Antrieb verwendet. Tatsächlich gibt es mit elektrisch angetriebenen Eisenbahnen, Trams, O-Bussen und S-Bahnen seit rund 100 Jahren Elektromobilität.
Sodann wären die Begriffe „Elektroauto“ – oder „Elektromobilität mit Pkw“ zu klären. Inzwischen fallen darunter längst Pkw-Modelle, die eindeutig mehr CO2 emittieren als herkömmliche Pkw mit Diesel- oder Benzinmotoren. Gemeint sind Plug-in-Hybride oder auch „Mild-Hybride“, also Pkw, bei denen der Antrieb in erster Linie auf Basis einer Benzin- oder Diesel-Motors erfolgt, der jedoch ergänzend einen Elektromotor hat. Die Reichweite des letzteren liegt fast immer wesentlich unter 50 km. Dennoch werden diese Pkw-Modelle steuerlich gefördert und sind auch in anderer Beziehung privilegiert (z.B. in Form von freien Parkplätzen in städtischen Zentren).
Doch der Reihe nach. Beginnen muss die Debatte über E-Pkw auf Weltebene. Bei der Struktur des gesamten Pkw-Bestands. Sie muss die Belastungen, die das E-Auto im globalen Süden verursacht, in den Blick nehmen. Und sie muss die Problematik eines jeden Autoverkehrs, unabhängig von dessen Antriebsart, behandeln. Auf dieser Grundlage gilt es zu prüfen, inwieweit es Alternativen zum Autoverkehr als solchem gibt.
Dazu die folgenden zwölf Thesen.
These 1. Weltweit wächst der Pkw-Bestand weiter rasant. Es gibt niemand, der diesem dramatischen, das Weltklima bedrohenden Wachstum Einhalt gebieten will. 2015 gab es weltweit 1,1 Milliarden Verbrenner-Pkw und 1,263 Millionen E-Pkw. Anfang 2021 sind es weltweit gut 1,5 Milliarden Verbrenner-Pkw und rund 26 Millionen E-Pkw. Der E-Pkw-Anteil liegt aktuell bei 1,7 Prozent.[1] Ergebnis: Im Zeitraum 2015 bis Anfang 2021 wuchs der Welt-Pkw-Bestand um rund 230 Millionen Verbrenner Pkw. Und um rund 25 Millionen E-Pkw. Die damit verbundenen CO-2-Emissionen sind erkennbar erheblich gestiegen – und zwar durch das 20-Prozent-Plus an Verbrennern und ein deutliches Plus an E-Pkw. Beim vorgegebenen Wachstum wird sich der Welt-Pkw-Bestand in 15 bis 20 Jahren verdoppeln. Selbst wenn alle Pkw dann E-Pkw wären und wenn die CO2-Emissionen je Pkw die Hälfte der CO2-Emissionen einen herkömmlichen Pkw betrügen, hätten wir dann die gleiche Summe an CO2-Emissionen, resultierend auf der Welt-Pkw-Flotte. Doch auch in 15 oder 20 Jahren wird nur ein (größerer) Teil der Welt-Pkw-Flotte aus E-Pkw bestehen.
These 2: Ausgerechnet das Beispiel China zeigt, dass die E-Pkw-Strategie scheitert. Dabei gilt China als E-Pkw-Vorbild. Konkret: Die Zahl der Pkw auf Chinas Straßen wächst derzeit jährlich um 5 bis 8 Millionen. 2015 zählte die VR China 135,8 Millionen Pkw. Anfang 2021 sind es gut 200 Millionen. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der E-Pkw in China von 290.000 auf gut 6 Millionen oder um (absolut) knapp 6 Millionen. Auch hier wächst die absolute Zahl der herkömmlichen Verbrenner-Pkw wesentlich schneller als die Zahl der E-Pkw. „Lediglich“ der Anteil der E-Pkw erhöht sich. Das gilt auch für die jüngere Entwicklung. Greifen wir einen Monat heraus. Im August 2020 wurden in China 1,73 Millionen Pkw verkauft. Ein Plus von 9 Prozent gegenüber August 2019. Im selben Monat wurden 82.500 E-Pkw verkauft. Letzteres ist zwar ein Plus von 45 Prozent gegenüber August 2019. Doch auch hier ist das absolute Plus an herkömmlichen Pkw wesentlich größer als das Plus an E-Pkw.[2] Es wächst schlicht alles. Damit wachsen die CO-2-Emissionen, stammend auf Verbrenner-Pkw und aus E-Pkw, weiter deutlich.
Hier anklicken, um das komplette Thesenpapier von Winfried Wolf zu lesen.
Noch immer interessant ist folgender Text von Winfried Wolf, den er 2017 verfasst hat:
Das umfangreiche publizistische und politische Wirken von Winfried Wolf ist auf seiner Homepage dokumentiert.