7.858 Aufrufe – 11.10.2015 – NZZ Standpunkte –
Russlands Präsident Putin hat jüngst die Tonalität gegenüber dem Westen deutlich verschärft, sei es im Umgang mit Estland, sei gegenüber Europa am EU-Russland-Gipfel in Samara, sei es gegenüber den USA im Fall der Raketenabwehr. Das weckt Erinnerungen an die Zeit der bipolaren Konfrontation vor 1989. – Wie bedrohlich ist Russland wirklich? Was ist aus der neuen Weltordnung geworden, die Präsident George Bush nach 1989 proklamierte? Leben wir nicht vielmehr in einer Welt der Unordnung – hervorgerufen durch ein wiedererstarkendes Russland, den islamistischen Terrorismus, die Atomaspirationen Irans, den Krieg in Irak, den Energiehunger Chinas? –
Seit Jahren ein profunder Beobachter der internationalen Sicherheitspolitik ist Prof. Dr. Horst Teltschik. Er hat als Vorsitzender der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik im Februar Präsident Putin die Plattform geboten, auf der dieser zum ersten Mal öffentlich die kompromisslosere Aussenpolitik Russlands ankündigte. Teltschik war während Jahren der engste aussenpolitischer Berater von Bundeskanzler Kohl und hat an dessen Seite die Ereignisse von 1989 und deren Folgen aus allernächster Nähe miterlebt. Mit ihm unterhalten sich Markus Spillmann und Marco Färber in der Sendung NZZ Standpunkte. Sendung vom 2. Juni 2007
43. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik vom 9. bis 11. Februar 2007, Bayerischer Hof Motto: „Frieden durch Dialog: Globale Krisen – Globale Verantwortung“ Redetext auf deutsch: http://www.ag-friedensforschung.de/th…
Redetext und Video auf russisch: http://www.kremlin.ru/events/presiden… Redetext auf englisch: http://en.kremlin.ru/events/president…
Presseecho: https://www.spiegel.de/politik/auslan… „Wenn Putin die Welt tatsächlich als unipolar erlebt, dann wollte er wohl heute darauf aufmerksam machen, dass sich sein Russland dem nicht beugen will.“ https://www.zeit.de/online/2007/07/Pu… „Nach dem Auftritt Putins besteht für den Westen nicht der geringste Anlass zur Beruhigung.“ https://www.welt.de/politik/article69… „Viele Konferenzteilnehmer sind sich einig, dass Putins scharfe Rede in erster Linie für den heimischen Markt in Russland bestimmt ist. Amerikaner und Russen hätten viel zu viele gemeinsame Interessen, als dass sie sich auf einen neuen „Cold War“ einlassen könnten.“ https://www.reuters.com/article/us-ru… „NATO Secretary-General Jaap de Hoop Scheffer said he was disappointed by Putin’s statement that alliance enlargement was “a serious factor provoking reduced mutual trust”. “I see a disconnection between NATO’s partnership with Russia as it has developed and Putin’s speech,” he said. Kremlin spokesman Dmitry Peskov, however, denied the Russian president was trying to provoke Washington. “This is not about confrontation. It’s an invitation to think,” he told reporters.“
Russisches Roulette – Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Horst Teltschik und Stefan Kornelius
– 1.309 Aufrufe – 31.05.2019 –
Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden. Ein Gespräch mit Horst Teltschik und Stefan Kornelius/SZ
Die NATO und Russland befinden sich in einer Eskalationsspirale, die nicht selten an Sandkastenspiele trotziger Kinder erinnert: Truppen werden an die Grenze verlegt, die Militärs führen Manöver durch, die jeweils klar gegen den anderen gerichtet sind, es wird aufgerüstet und von gegenseitigem Vertrauen ist nichts mehr zu spüren. Wie konnte es so weit kommen?
Horst Teltschik zeigt in seinem Buch, wie die Chancen von 1989/90 auf eine stabile internationale Friedensordnung verspielt wurden und warum die heutige Konfrontation zwischen NATO und Russland durch eine neue Entspannungspolitik entschärft werden muss.
Horst Teltschik war unter Helmut Kohl stellvertretender Leiter des Kanzleramtes und Chef der Abteilung für auswärtige Beziehungen. Als Sonderbeauftragter spielte er eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen zur deutschen Einheit 1989/90. Von 1999 bis 2008 leitete Horst Teltschik die Münchner Sicherheitskonferenz. Stefan Kornelius ist Ressortleiter Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung
Horst Teltschik im Telepolis Salon 25.06.2019
1.945 Aufrufe – 04.07.2019 –
Telepolis-Salon am 25. Juni auf der Alten Utting mit unserem Gast Prof. Dr. Horst Teltschik
Vor 70 Jahren, am 4. April 1949, wurde die Nato als Verteidigungsbündnis gegründet, der Gegner hieß damals Sowjetunion.
Im selben Jahr, am 29. August, wurde die erste sowjetische Atombombe erfolgreich gezündet. Stalin hatte das sowjetische Atomwaffenprogramm nach dem Abwurf amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki beschleunigt.
Wir befinden uns wieder in einer ähnlichen Eskalationsspirale zwischen der von den USA dominierten Nato und Russland wie im Kalten Krieg vor 60 Jahren. Nach einer kurzen Phase der Wiederannäherung und der Möglichkeit einer neuen Friedensordnung nach der Auflösung der Sowjetunion begann mit der fortschreitenden Osterweiterung der Nato und den Plänen zur Stationierung des US-Raketenabwehrsystem in osteuropäischen Ländern nach der Aufkündigung des ABM-Vertrags erneut eine Phase der Eskalation, die schon längst wieder zu einem nuklearen Wettrüsten geführt hat, das mit Cyberwar-Szenarien, Hyperschallraketen oder -drohnen und autonomen (Waffen)Systemen noch gefährlich ist als im „alten“ Kalten Krieg, zumal neben der Nato und Russland auch China und weitere Staaten mitspielen und die Lage explosiver machen.
Horst Teltschick hat gerade ein Buch mit dem Titel „Russisches Roulette“ veröffentlicht, in dem er erörtert, warum die Chance nach dem Ende des Kalten Krieges nicht ergriffen wurde oder werden sollte, eine Annäherung zwischen Nato und Russland als Partner zu erwirken. Eine politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland in einem Gemeinsamen Wirtschaftsraum und damit auch eine neue Friedensordnung wäre in Aussicht gestanden, da mit der KSZE und später der OSZE schon etwas in Gang gebracht wurde.
Nach einigen Schritten in diese Richtung wurden aber nach und nach die Verbindungen durchschnitten und Verträge gekündigt. Teltschik beschreibt, wie die Chancen verspielt wurden und die Konfrontationspolitik vor allem der Nato zu der gefährlichen militärischen Eskalationsspirale geführt haben, in wir uns befinden. Teltschik hat wie kaum ein anderer die Zeit vom Ende des Kalten Kriegs über die Friedensbemühungen und bis zur neuen Eskalation politisch als Akteur und in Kenntnis von vielen der beteiligten Politiker mitverfolgt.
Der Politikwissenschaftler war ab 1970 für die CDU tätig und wurde 1972 vom damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl in die Staatskanzlei geholt. 1982 wurde er unter Kohl Leiter der Abteilung „Auswärtige und innerdeutsche Beziehungen, Entwicklungspolitik, Äußere Sicherheit“ und stellvertretender Leiter im Bundeskanzleramt in Bonn, er war als außenpolitischer Berater von Kohl und 1989/1990 an den Verhandlungen zur deutschen Einheit beteiligt.
Danach ging er in die Wirtschaft und war u.a. für Bertelsmann, BMW und Boeing tätig. Von 1999 bis 2008 leitete er die Münchner Sicherheitskonferenz, wo sich jährlich internationale Spitzen- und Sicherheitspolitiker, hohe Militärs, Vertreter der Rüstungsindustrie und internationalen Organisationen treffen. Teltschik spricht von einem „Kalten Frieden“ und wirbt für eine neue Entspannungspolitik.
Moderator: Florian Rötzer Das Buch: https://www.chbeck.de/teltschik-russi…