Rüstungsexporte – Rüstungsexportkontrollpolitik – Rüstungsexportkontrollgesetz – Schreiben an Wahlkreis-MdB – zusammengefasste Antworten

Thema: Rüstungsexporte – Rüstungsexportkontrollpolitik – Rüstungsexportkontrollgesetz

Schreiben FIN.K an MdB Renata Alt (FDP/DVP), Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen), Michael Hennrich (CDU) und Dr. Nils Schmid (SPD) vom 18.4.2021 – – Antworten von April/Mai 2021

Rüstungsexportkontrollgesetz Fragen FIN.K an Wahlkreis_MdB – Antworten 22.5.21

Zusammenfassender Vergleich der Antworten

Sicht/Einschätzung der deutschen Rüstungsexportpolitik – restriktiv oder nicht restriktiv?

Aussage im FIN.K-Schreiben: „Die Bundesregierung bezeichnet ihre Rüstungsexportpolitik seit Jahren als restriktiv. Die erteilten Genehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern stehen jedoch im Gegensatz zur Kennzeichnung „restriktiv“. 2018 wurden 11.142 Einzelanträge zur Ausfuhr von Rüstungsgüter genehmigt – und 88 Anträge abgelehnt. Dies entspricht einer Ablehnungsquote von 0,78 Prozent und einer Genehmigungsquote von 99,22 Prozent.“

Position M. Gastel: „Aus Deutschland heraus werden nach wie vor zu viele Waffen in Krisengebiete, in umstrittene Drittländer und an fragwürdige Staaten geliefert. Der Verbleib der Rüstungsgüter kann dann als nicht gesichert gelten. Im Jahr 2019 hat sich der Wert der exportieren Rüstungsgüter auf acht Milliarden Euro verdoppelt. Damit laufen alle Versuche der Bundesregierung ins Leere, immer wieder zu behaupten, sie würden eine zurückhaltende Rüstungsexportpolitik führen.“

Position Dr. Nils Schmid: „Wir in der SPD-Bundestagsfraktion setzen uns klar für eine restriktive Rüstungsexportpolitik Deutschlands und für die Verabschiedung eines Rüstungsexportgesetzes ein. Trotz dieser Differenzen innerhalb der Koalition konnten wir allerdings auch wichtige Fortschritte erzielen. So hatten wir uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, endlich die veralteten Rüstungssexportrichtlinien zu schärfen und diese an die veränderten Gegebenheiten anzupassen. Die Richtlinien stammten nämlich noch aus dem Jahr 2000, wo sie unter der rot-grünen Bundesregierung beschlossen wurden. Nach langem Ringen zwischen den Koalitionären war es ein Erfolg die SPD, dass die überarbeiteten Regelungen eine restriktivere Genehmigungspraxis für Rüstungsexporte vorschreiben.“

Position Michael Hennrich: „Ich möchte Ihr Schreiben aber gerne noch einmal zum Anlass nehmen, um deutlich zu machen, dass wir in Deutschland bereits über strenge gesetzliche Rahmenbedingungen bezüglich Rüstungsexporten verfügen. So möchte ich daran erinnern, dass die Ausfuhr aller Rüstungsgüter genehmigungspflichtig ist und sie strengen gesetzlichen Kriterien unterliegt (u.a. nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz, den im Jahre 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossenen „Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ sowie dem im Dezember 2008 verabschiedeten „Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“).“

Sicht/Einschätzung der deutschen Rüstungsexportpolitik – Rüstungsexporte in Krisen-, Konflikt- und Spannungsgebiete – Funktion der Rüstungsexportpolitik

Aussage im FIN.K-Schreiben: „ 2019 wurden mit einem Wert von über acht Milliarden Euro so viele Rüstungsexporte wie noch nie genehmigt. Zu den größten Empfängern gehörte u.a. die am Jemenkrieg beteiligten Vereinigten Arabischen Emirate (257 Mio. Euro). Berichte der Vereinten Nationen über Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen durch Mitglieder der Militärkoalition im Jemen haben die Bundesregierung nicht dazu veranlasst, ihre Waffenexporte an z.B. die Vereinigten Arabischen Emirate einzustellen.

Zur Begründung hieß es, der Bundesregierung würden „keine Erkenntnisse vor[liegen], die als belastbarer Nachweis konkreter Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen gewertet werden können.“ (Drs. 19/18828, 21.04.2020, Frage 10) . Dass „belastbare Nachweise“ vermeintlich fehlen, darf nicht dazu führen, dass Rüstungsexporte weiterhin genehmigt werden. Damit die Bundesregierung ihrer menschen- und völkerrechtlichen Verantwortung nachkommt, muss diese Logik von Genehmigungen umgekehrt werden! Erst wenn tatsächlich keine Gefahr besteht, dass mit den gelieferten Waffen Menschen- oder Völkerrecht verletzt werden könnten oder das friedliche Zusammenleben der Völker gefährdet wird, darf in weiteren Schritten eine Exportgenehmigung überhaupt weiter geprüft werden. … Machen Sie sich dafür stark, dass die Menschenrechte und das Völkerrecht Vorrang gegenüber außen- und sicherheitspolitischen oder wirtschaftlichen Interessen erhalten.“

Position M. Gastel: „Aus Deutschland heraus werden nach wie vor zu viele Waffen in Krisengebiete, in umstrittene Drittländer und an fragwürdige Staaten geliefert. Der Verbleib der Rüstungsgüter kann dann als nicht gesichert gelten. …. Menschenrechte und das Völkerrecht müssen Vorrang vor einseitigen wirtschaftlichen Interessen haben.“

Position Dr. Nils Schmid: „Es geht um Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Dank des Engagements von Sozialdemokraten gibt es im Koalitionsvertrag die Jemen-Klausel. Sie besagt, dass keine Genehmigungen für deutsche Waffenlieferungen an die direkt am Jemen-Krieg beteiligten Länder erteilt werden dürfen. Nach der grausamen Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul hat die Regierung mit einem Waffenembargo ein starkes Zeichen nach Saudi-Arabien gesandt. Der Konflikt mit unserem Koalitionspartner steht nun immer dann an, wenn es um die Verlängerung des Embargos geht. Die Union würde gerne die Beschränkungen aufheben, was wir bisher erfolgreich verhindern konnten. Aktuell gilt der Exportstopp bis Ende 2021.“

Position Michael Hennrich: „Grundsätzlich bin ich weiterhin offen, diese auch noch weiter anzupassen und ggf. zu stärken. Rüstungsgüter aber grundsätzlich nur noch in Ausnahmefällen zu exportieren, halte ich aber allein schon in Hinblick auf unsere Partner innerhalb der NATO nicht für zielführend. In der Außenpolitik tritt Deutschland als Stimme für Frieden und Vermittlung auf, auch der beharrliche Einsatz für Menschenrechte unseres Landes ist unbestritten und genießt weltweite Anerkennung.

Unabhängig von unseren Bemühungen stellen Konflikte aber eine globale Realität dar. Rüstungsexporte sind ein hier legitimes und unverzichtbares Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik, etwa um einen Völkermord zu verhindern oder um die Voraussetzungen zu schaffen, damit in einer Region humanitäre Hilfe geleistet werden kann. Hier lassen sich aus jüngerer Vergangenheit etwa die Beispiele Irak, Syrien oder Mali anführen.

Auch wenn ein Land einen Beitrag für die Sicherheit Deutschlands und der NATO leistet und eine gefährdete Region stabilisiert, rechtfertigt dies gegebenenfalls die Lieferung von Waffen und Technologien.“

Rolle des Bundestags und der Abgeordneten – weitergehende gesetzliche Regelungen – Rüstungsexportkontrollgesetz

Aussage im FIN.K-Schreiben: „Sie als Mitglied des aktuellen und möglicherweise auch des künftigen Bundestages müssen in der Lage sein, die Entscheidungen der Exekutive nachzuvollziehen und zu kontrollieren. Das ist Ihr verfassungsgemäßer Auftrag. Die Bundesregierung muss ihre Exportgenehmigungen anhand der festzulegenden, strengen Kriterien begründen und zeitnah darüber berichten. Ein Verbandsklagerecht muss der Zivilgesellschaft ermöglichen, die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Wir bitten Sie und Ihre Partei eindringlich: Setzen Sie sich für ein Rüstungsexportkontrollgesetz ein, damit Rüstungsexporte streng kontrolliert und nur in begründeten Ausnahmefällen genehmigt werden. Treten Sie dafür ein, dass alle Mitglieder des Bundestages über das Gesetz frei nach ihrem Gewissen entscheiden können, ohne das Ergebnis durch Parteibeschlüsse vorweg zu nehmen.“

Position M. Gastel: „Klare Regeln für eine verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik kann es nur geben, wenn die unverbindlichen Kriterien für Genehmigungsentscheidungen, wie von uns Grünen im Bundestag gefordert, gesetzlich verankert werden. …Seit Jahren fordern wir die Bundesregierung auch in Form von Anträgen auf, die unverbindlichen politischen Kriterien für den Export von Rüstungsgütern gesetzlich zu verankern. Nur so kann es eine verbindliche und klare Grundlage für Exportentscheidungen geben. …Die Abstimmungen erfolgen nach eigenem Gewissen. …“

Position Dr. Nils Schmid: „Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für noch weitergehende Regelungen ein. Deshalb haben wir … ein Positionspapier beschlossen positionspapier-ruestungspolitik-20191125.pdf (spdfraktion.de) … Darin setzen wir uns dafür ein, dass Exporte von Waffen ins Ausland noch stärker eingeschränkt werden. Wir wollen, dass Exportgenehmigungen, die erteilt werden, nur noch für maximal zwei Jahre gelten und dass die Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Parlament gesetzlich fixiert wird. Außerdem sollen nach dem Vorbild Großbritanniens alle abschließenden Rüstungsexportgenehmigungen des Bundessicherheitsrates transparent im Internet veröffentlicht werden. Zusätzlich setzen wir uns dafür ein, dass für Staaten, die weder Mitglied der EU noch der Nato sind, grundsätzlich eine Ratifizierung des Arms Trade Treaty und dessen konsequente Umsetzung Voraussetzung für Rüstungskooperation ist.“

Position Michael Hennrich: Ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihr zivilgesellschaftliches Engagement sehr schätze und als Christ auch dem übergeordneten Ziel Ihrer Initiative denkbar nahestehe. Bei alledem ist es mir aber auch wichtig zu betonen, dass wir das gesamte Bild einer leider konflikthaften Welt sehen und anerkennen müssen. Hierzu gehört für mich auch die Erkenntnis, dass einseitige Maßnahmen Deutschlands in dieser Lage insgesamt nicht weiterbringen werden.“