Appell an Finanzminister Lindner: Kein Versteck für Oligarchen-Geld

Quelle: Bürgerbewegung Finanzwende

Zum Unterschreiben des Appells an Finanzminister Christian Lindner

https://www.finanzwende.de/kampagnen/kein-versteck-fuer-oligarchen-geld/

Kein Versteck für Oligarchen-Geld!

„Oligarchen und Kriminelle nutzen Deutschland und die EU als sicheren Hafen für ihr schmutziges Geld: Das muss jetzt aufhören!

Ob korrupte Politiker, Mafiosi oder Kriegsverbrecher und ihre Oligarchen: Deutschland bietet ihnen allen einen sicheren Hafen für ihr schmutziges Geld. Das muss jetzt aufhören!

Der Immobiliensektor ist besonders anfällig für Investitionen aus dubiosen Quellen und Geldwäsche. Eigentümerinnen von Häusern sind nicht selten unbekannte Briefkastenfirmen. Denn kein Wirtschaftskrimineller und kein Oligarch ist so naiv, dass er sich in den Grundbüchern als Grundstückseigentümer eintragen lässt. So werden Mieteinnahmen in Schattenfinanzzentren versteckt und schmutziges Geld in Betongold geparkt.

Autokratien und die Organisierte Kriminalität arbeiten im Dunklen und lieben Anonymität. Genau deswegen müssen Demokratien den Vorhang aufziehen, damit schmutziges Geld keinen Schutz mehr genießt.

Schieben Sie dem einen Riegel vor und sorgen Sie für

  • die sofortige Einführung eines offenen, digitalen und europäisch verknüpften Immobilienregisters mit den wahren Eigentümern von Grundstücken und Immobilien,
  • die EU-weite Verschärfung von Maßnahmen gegen Geldwäsche bei den aktuellen Verhandlungen im Europäischen Rat,
  • die Überführung von Immobilien nach einer Karenzzeit in kommunales Eigentum. Dies gilt für die Fälle, wo der im Grundbuch benannte Eigentümer sich weigert, den wahren wirtschaftlich Berechtigten offenzulegen,
  • ein lückenloses Transparenzregister, das seinen Namen verdient und dessen Eintragungen von den zuständigen Behörden auf Vollständigkeit und Richtigkeit konsequent überwacht werden. Es soll kostenfrei und offen zugänglich sein,
  • die personelle und qualitative Stärkung von Aufsichts- und Justizbehörden, insbesondere zur Umsetzung der Einträge in Transparenz- und Immobilienregistern. Es braucht harte Sanktionen bei falschen oder unvollständigen Angaben.

Wir kennen seit vielen Jahren die Gefahr, die von der Schattenfinanzwelt ausgeht. Wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren.

Warum startet die Kampagne zu diesem Zeitpunkt? Wieso sind Geldwäsche, Schattenfinanzzentren und Briefkastenfirmen überhaupt ein Problem? Wieso brauchen wir ein Immobilienregister? Das erfahren Sie in den wichtigsten Fragen und Antworten zur Kampagne. Lesen Sie zudem, warum Deutschland und die EU als sicherer Hafen für schmutziges Geld gelten.“

Für eine entschlossene und besonnene Reaktion auf Putins Krieg – Impulse für zivile Lösungswege – Sicherheit neu denken – gerade jetzt!

AG Zivile Krisenintervention – Initiative Sicherheit Neu Denken – www.sicherheitneudenken.de
Kurzfassung –
März 2022

Impulse Reaktion auf Putins Krieg 18.03.2022 Kurzfassung 18.3.22

Impulse Reaktion auf Putins Krieg 18.03.2022 Langfassung

Für eine entschlossene und besonnene Reaktion auf Putins Krieg
Impulse für zivile Lösungswege – Sicherheit neu denken – gerade jetzt!

  1. Wir fordern die sofortige Beendigung des durch nichts zu rechtfertigenden
    Angriffskrieges durch Russland.
  2. Wir unterstützen, dass dem von Präsident Putin begonnenen Krieg mit Klarheit
    und Konsequenz, mit klarer Sprache und Bestimmtheit begegnet wird.

    Sanktionen, so fraglich und ambivalent sie in ihrer Wirkung auch sind, sind dazu das gewaltarme Mittel der Wahl.
  3. Neben Signalen der Entschlossenheit auch Zeichen zur Deeskalation senden.
    Zusätzlich braucht es neben Signalen der Ge- und Entschlossenheit auch Zeichen zur
    Deeskalation des Konfliktes.
  4. Eskalationsdynamik unterbrechen.
    Gewalt und Gegengewalt, auch wenn Selbstverteidigung legal ist, treiben eine Spirale der Gewalt an, die außer Kontrolle zu geraten droht. Die Alternative zu einer Verständigung wäre der gegenseitige Vernichtungskrieg. Auf der von Prof. Glasl entwickelten Skala der Konflikt-Eskalation bewegt sich der Ukraine-Krieg bereits zwischen Stufe 7 und 8 von 9 Stufen und tendiert zu Stufe 9: „Gemeinsam in den Untergang“.
  5. Die langjährigen diplomatischen Bemühungen waren richtig.
    Sie sind vorerst gescheitert, weil sie nicht weit genug gingen und nicht konsequent genug verfolgt wurden.
  6. Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine haben sich seit der Zusage
    der NATO-Beitrittsperspektive für die Ukraine 2008 aufgebaut.

    Es wurde versäumt, die in den 90er Jahren allseitig getragene und erhoffte Perspektive einer tragfähigen Europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung konsequent zu verfolgen und zu realisieren. George Kennan, Urheber der von den USA seit 1947 verfolgten Containment-Politik zur Eindämmung der Sowjetunion, hat bereits 1997 vor den Folgen der NATO-Osterweiterung als „verhängnisvollem Fehler“ gewarnt, als einer Treiberin von Nationalismen.
  7. Frieden und Verständigung benötigen Perspektivwechsel
    Die Perspektive Russlands einzunehmen, heißt nicht, diese zu teilen. Zur Vermeidung
    eines langjährigen Abnutzungskriegs auf beiden Seiten braucht es Angebote gesichtswahrender friedlicher Lösungsmöglichkeiten für beide Präsidenten.
  8. Den Krieg mit „sowohl/als auch“ statt „entweder/oder“ überwinden.
    Jeder Konflikt, der eskaliert – und ein Krieg erst recht -, führt dazu, komplexes Denken zugunsten von Vereinfachungen sowie klaren Freund-/Feind-Bildern aufzugeben. Demgegenüber sollten wir darauf beharren, die gesamte Geschichte und Dynamik dieses Konflikts zu beleuchten, was häufig bedeutet, nicht auf ein „entweder/oder“, sondern auf ein „sowohl/als auch“ zu setzen.
  9. Friedenslogik denkt vom guten Ende her.
    Deeskalierende Handlungsoptionen entwickeln. Benötigt werden Handlungsoptionen auf allen Ebenen, für alle Akteure, um den Krieg so schnell wie möglich zu beenden und über Konfliktlösungen in eine stabile Friedensordnung zu überführen. Es gilt, die Anzahl in den Blick genommener Konfliktlösungs-Varianten zu erhöhen.
  10. Deeskalations-Optionen sind u.a.:
    • NATO und EU könnten Russland entsprechend des Angebots von Präsident Selenskyj ihre Unterstützung zu Verhandlungen über eine zukünftige Neutralität der Ukraine mit
    gemeinsamen Sicherheitsgarantien signalisieren.
    • Die EU könnte Russland Verhandlungen zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum EU/EAWU vom Atlantik bis zum Pazifik vorschlagen.
    • Vermittlungs-Initiativen des UN-Generalsekretärs oder des Papstes.
    • Aktiver und koordinierter, professioneller Ziviler Widerstand
    Bewaffnete Widerstände dauern im Durchschnitt 3x so lange wie gewaltfreie. Aktiver gewaltfreier Widerstand ist gegen gewaltsame Besatzer genau so erfolgreich wie gewaltsamer Widerstand – und mit weit weniger menschlichem Leid und Tod sowie Kosten verbunden.
  11. Eine inklusive Europäische Friedens- und Sicherheitsordnung verhandeln.
    Die Bereitschaft, normative Differenzen anzuerkennen, auszuhalten und konstruktiv zu bearbeiten, gehört zu den grundlegenden Anforderungen jeder Konfliktlösung und insbesondere an eine nachhaltige gesamteuropäische Ordnung.
    Die Tragfähigkeit der demokratischen, rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Werte erweist sich auch daran, inwieweit sie den friedlichen und konstruktiven Austrag von sicherheitspolitischen Konflikten mit dem normativ Anderen zulässt und auf ideologische Konfrontation verzichtet.
  12. Wir unterstützen das solidarische Engagement unserer Bevölkerung und der EU-Regierungen für Flüchtende und humanitäre Hilfe für Kriegsopfer.
  13. Wir widersprechen der angekündigten massiven Erhöhung der Militärausgaben sowie der geplanten Festschreibung von Militärausgaben im Grundgesetz. Wir fordern kurzfristig jährlich 10 % der geplanten Militärausgaben für einen Auf- und Ausbauplan Zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention:
    • Beitragssteigerungen für OSZE u. UNO, Zivile Krisenprävention u. Friedensförderung
    • Ausbau Internationaler Mediation, Friedens-Attachés in jeder Deutschen Botschaft
    • Instrumente / Strukturen zur konstruktiven Bearbeitung innergesellschaftlicher Konflikte
    • Verankerung einer konstruktiven Konfliktkultur in der Breite unserer Gesellschaft
    • Friedensbildung und Fortbildung in Sozialer Verteidigung
    • Personalsteigerungen für Internationale Polizeimissionen
    • Ausbildung und Einsatz Ziviler Friedensfachkräfte
    • Gesamtgesellschaftliche Aus- und Fortbildung in Ziviler Konfliktbearbeitung
    • 100 Bildungs-PromotorInnen für Zivile Konfliktbearbeitung
  14. Der UN-Atomwaffenverbotsvertrag ist zur Gestaltung einer verantwortlichen Zukunft
    alternativlos, die auf die Stärke des Rechts statt des Rechts der Stärke setzt.
    Durch die Drohung Präsident Putins mit dem Einsatz von Atomwaffen ist diese Gefahr offenkundig geworden. Diese ist nur durch einen Beitritt Deutschlands und aller anderen Staaten zum Atom- waffenverbotsvertrag aufzuheben.
    Die Bundesregierung sollte die NATO-Atomwaffenstaaten und Russland auffordern, eine gemein- same Erklärung zum Verzicht auf den Ersteinsatz mit Atomwaffen abzugeben und unmittelbar nach Kriegsende Rüstungskontrollverhandlungen aufzunehmen.
  15. Auch für die Lösung der Klimakrise ist eine schnelle gewaltüberwindende
    Verständigung mit Russland notwendig.
  16. Sicherheit neu denken – Patriarchale Machtstrukturen und Denkmuster überwinden.

Seit 2019 formiert sich auf der Basis des Szenarios Sicherheit neu denken eine bundesweite Initiative für eine nachhaltige Zivile Sicherheitspolitik, die bisher von 41 deutschen und 3 europäischen Organisationen getragen wird.

Diese Impulse wurden von folgenden Mitgliedern des Koordinierungskreises der Initiative verfasst:
Ralf Becker (Evangelische Landeskirche in Baden)
Gerd Bauz (Martin-Niemöller-Stiftung)
Elisabeth Freise (Church and Peace)
Eberhard Müller (EAK Württemberg)
Helmut Müller (AGF – Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR))
Thomas Carl Schwoerer (DFG-VK Bundessprecher)
Theodor Ziegler (Forum Friedensethik in der Ev. Landeskirche in Baden)
Andreas Zumach (Unabhängiger Journalist

Materiallage der Bundeswehr: ganz leichte Verbesserung

Materiallage der Bundeswehr: ganz leichte Verbesserung

Der jüngste Bericht zur Materiallage der Bundeswehr ist nicht sehr viel optimistischer als die Berichte in den Vorjahren: Zwar meldet Generalinspekteur Eberhard Zorn darin eine leicht verbesserte Einsatzbereitschaft der 71 Hauptwaffensysteme der Bundeswehr – allerdings von durchschnittlich 77 Prozent im Vergleich zu 76 Prozent im vergangenen Jahr. Unverändert schwankt diese Einsatzbereitschaft und damit die Verfügbarkeit je nach System extrem stark: Neue, handelsübliche Lkw sind zu 96 Prozent, die neuen SeaLion-Hubschrauber der Marine dagegen nur zu 19 Prozent einsatzklar.

Den neuen Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr mit Stand von Mitte Dezember 2021 veröffentlichte das Verteidigungsministerium am (heutigen) Donnerstag. Der Trend der vergangenen Jahre scheint darin noch nicht gebrochen: Nach wie vor schwankt die jeweilige Einsatzbereitschaft vor allem zwischen den ganz alten und ganz neuen Systemen auf der einen Seite und den Gerätemustern, die ihre Kinderkrankheiten überwunden haben oder an zivile Systeme angelehnt sind, auf der anderen Seite.

Zwar sind seit März 2019 die Details der einzelnen Systeme als Geheim eingestuft, in der Darstellung im öffentlichen Teil des Berichts lassen sich jedoch teilweise genauere Informationen finden. Ein Grundproblem bleibt: Ein großer Teil der Waffensysteme, vom Panzer bis zum Hubschrauber, taucht in den Klarstandsmeldungen gar nicht erst auf – weil das Gerät zur Instandsetzung oder Grundüberholung bei der Industrie steht und deshalb zwar im Buch-, nicht aber im so genannten Verfügungsbestand enthalten ist. Die Zahlen der Einsatzbereitschaft beziehen sich aber nur auf den Verfügungsbestand.

Wie im vergangenen Jahr nannte Zorn in seinem einführenden Gesamtüberblick einige Einzelheiten:

Die materielle Einsatzbereitschaft aller 71 Hauptwaffensysteme hat sich im Berichtszeitraum insgesamt verstetigt und in einigen Bereichen leicht verbessert. Sie liegt mit durchschnittlich 77% geringfügig über den 76% aus dem letzten Bericht. Unsere Zielgröße von 70% durchschnittlicher materieller Einsatzbereitschaft übertrafen hierbei 38 Hauptwaffensysteme, 11 lagen unter 50% (davon 6 Altsysteme). Die durchschnittliche materielle Einsatzbereitschaft von Kampffahrzeugen lag bei 71%, für Kampfeinheiten der
Marine bei 72%, für die Kampf- und Transportflugzeuge bei 65%, für alle Unterstützungsfahrzeuge (Logistik, Sanität und CIR) bei 82% und bei den Hubschraubern weiterhin bei 40%.

Als positives Beispiel nannte der Generalinspekteur den Schützenpanzer Puma, für den das Heer im März vergangenen Jahres die taktische Gefechtstauglichkeit erklärt hatte. Die materielle Einsatzbereitschaft des Gefechtsfahrzeugs sei im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um elf Prozent (gemeint vermutlich: Prozentpunkte) auf 65 Prozent gestiegen, in der Spitze sogar um 15 Prozent (auch hier vermutlich Prozentpunkte) auf 75 Prozent. Grund dafür sei vor allem eine bessere Zusammenarbeit mit der Industrie.

Sorgenkind bleiben dagegen, wie schon seit Jahren, die Hubschrauber der Streitkräfte. Deren materielle Einsatzbereitschaft liege nach wie vor auf einem zu niedrigen, unbefriedigenden Niveau, beklagte Zorn. Dennoch zeigen sich positive Entwicklungen. Vor allem ist es uns gelungen, die Einsatzbereitschaft im Berichtszeitraum auf im Durchschnitt aller Hubschrauber 40% zu stabilisieren.

In dieser Durchschnittsrechnung sind allerdings sowohl die Spezialkräfte-Hubschrauber Airbus H145M enthalten, die aufgrund der engen Verwandtschaft mit der weit verbreiteten zivilen Version relativ wenig Probleme machen, als auch die neu zulaufenden SeaLion der Marine und die betagten CH-53-Helikopter der Luftwaffe. Die Modelle NH90, SeaLion und der Kampfhubschrauber Tiger würden weiterhin von sehr zeitwaufwändigen Wartungs- und Inspektionssystemen beeinträchtigt. Bei alten Hubschraubern wie dem CH-53 oder den SeaKing und SeaLynx der Marine sei der operative Flugbetrieb auf Grund der altersbedingten Störanfälligkeit und einer stellenweise schwierigen Ersatzteillage nur noch mit hohem Aufwand und unter großen Anstrengungen aufrecht zu erhalten.

Das Problem der überalterten Technik betrifft auch andere Systeme, wie den Kampfjet Tornado, den Seefernaufklärer P-3C Orion oder die Tanker, im Marinejargon Betriebsstoffversorger, und die Flottendienstboote der Marine. Bei diesen Systemen habe der Rückgang der Einsatzbereitschaft von 69 auf 65 Prozent aufgefangen und stabilisiert werden können – allerdings hätten sieben Systeme nur einen Klarstand von unter 50 Prozent, erläuterte der Generalinspekteur, ohne diese Systeme im Einzelnen zu benennen.

Zwar setzt die Bundeswehr bei etlichen Hubschraubern, Schiffen und Flugzeugen auf einen Ersatz durch Nachfolger. Der ist allerdings nur zum Teil bereits entschieden und gebilligt: Sowohl für die Flottendienstboote als auch für die Seefernaufklärer sind die neuen Systeme bestellt. Für den Nachfolger des Hubschraubers CH-53 gibt es bislang ebensowenig eine Entscheidung wie für den Nachfolger des Tornado. Und die neuen Tanker für die Marine wurden zwar im vergangenen Jahr vom Haushaltsausschuss des Bundestages gebilligt, allerdings wurde bislang aus formalen Gründen dafür noch kein Beschaffungsvertrag abgeschlossen.

Wie im Vorjahr bereits absehbar, stehen etliche Fahrzeuge, Hubschrauber oder Schiffe der Truppe gar nicht zur Verfügung, weil sie zu Instandsetzung oder Nachrüstung bei der Industrie sind. Als Beispiel dafür nannte Zorn vor allem den Kampfpanzer Leopard2: Die sechs unterschiedlichen Typen dieses Gefechtsfahrzeugs sollen auf vier Varianten reduziert werden, möglichst einheitlich soll der Typ A7V zur Verfügung stehen. Allerdings führen die damit verbundenen Umrüstungen dazu, dass nur 183 von 289 Systemen verfügbar sind – ein Fehl, Bundeswehr-Sprech: ein Delta von 37 Prozent. Diese Verfügbarkeitsdelle werde voraussichtlich bis 2025 spürbar bleiben.

(wird ggf. ergänzt)

Zum Nachlesen die Berichte als Sicherungskopie (neben dem Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der aktuelle Rüstungsbericht):
20220113_Bericht_MatEB_2021-2
20220113_BMVg_Ruestungsbericht_14

und die Berichte der vergangenen Jahre auf Augen geradeaus!:

September 2014, Dezember 2015, November 2016, Februar 2018, März 2019, November 2019, Juni 2020, Dezember 2020, Mai 2021

Moskauer Historiker Andrei Subow „Deutliche Beweise für Putins militärisches Scheitern“

Quelle: Tagesspiegel, 15.3.22

 Andrei Subow

Moskauer Historiker Andrei Subow „Deutliche Beweise für Putins militärisches Scheitern“

Die Invasion in der Ukraine ist ein Fiasko für Russland. Der Verursacher muss zweifellos zurücktreten. Ein Gastbeitrag. (Auszug)

Andrei Subow ist ein renommierter Moskauer Historiker und Theologe, ehemaliger Professor des Staatlichen Moskauer Instituts für Internationale Beziehungen (MGIMO). Nachdem er die Annexion der Krim kritisiert hatte, kündigte ihm das MGIMO. Dieser Beitrag ist ursprünglich erschienen auf www.karenina.de, dem Netzportal des Petersburger Dialog.

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ähnelt immer mehr dem Krieg zwischen der Sowjetunion und Finnland von 1939 bis 1940. Damals wurde der Vormarsch der Truppen des angreifenden Landes, nachdem sie das unbedeutende Grenzgebiet eingenommen hatten, durch den tapferen Widerstand der Verteidiger rasch zum Stillstand gebracht.

Dieses Mal hat sich die ursprüngliche Rhetorik des Aggressors noch schneller geändert als vor 82 Jahren. Damals hatte man in Moskau verkündet, die bourgeoise Regierung Finnlands sei mit unbekanntem Ziel geflohen; heute ruft Putin die ukrainischen Soldaten auf, „der Regierung der Faschisten und Drogensüchtigen“ den Gehorsam zu verweigern und die Waffen niederzulegen.

Damals mussten Stalin und Molotow schließlich doch mit jener bourgeoisen Regierung verhandeln, die, wie sich zeigte, durchaus nicht geflohen war. Heute hat der Kreml das erklärte Ziel, den regulär gewählten Präsidenten der Ukraine abzusetzen, schon vergessen. Das Außenministerium spricht in Antalya mit dem ukrainischen Außenminister Kuleba und lässt durch seine Pressesprecherin Sacharow erklären, „die Absetzung der Regierung in Kiew“ sei nicht beabsichtigt.

Die russischen Truppen werden nicht mit Brot und Salz empfangen

Das alles sind deutliche Beweise für Putins militärisches Scheitern. Der Plan, siegreich in Charkiw, Mariupol und Odessa einzumarschieren, begrüßt von jubelnden Ukrainern, ist nicht aufgegangen. Die russischen Truppen werden nicht mit Brot und Salz empfangen, sondern mit Sperrfeuer.

Die Menschen, gestern noch friedliche Bürger, greifen zu den Waffen, um ihr Land zu verteidigen, und die, die dazu nicht in der Lage sind, fliehen in den Westen der Ukraine oder in die Länder der Nato, lassen ihre manchmal von den „Befreiern“ niedergebrannten Häuser zurück und ziehen die Mühsal der Flucht der brüderlichen Umarmung vor. Die Zahl der aus der Ukraine nach Europa geflohenen Menschen geht auf drei Millionen zu und könnte bis auf sieben Millionen steigen – 18 bis 20 Prozent der Bevölkerung.

Aber so wie der finnische Staatspräsident Karl Gustav Emil Mannerheim 1939, hat auch Präsident Wolodymyr Selenskyj in dieser tragischen Stunde sein Land nicht verlassen. Er regiert weiter und spricht täglich mit den Staatsoberhäuptern der Welt, wendet sich an das ukrainische Volk und inspiriert dessen Widerstand. Dieser bescheidene und äußerst zivile Mensch verkörpert den unbeugsamen Mut seines Landes, das ihn in freien Wahlen zu seinem Präsidenten gekürt hat.

Nach Einschätzung von Experten der Nato sind die ukrainischen Truppen zäh und geschickt. Die Stabsoffiziere haben die Kontrolle behalten, die Einkreisung auch nur halbwegs bedeutender Truppeneinheiten der ukrainischen Armee ist bisher nicht gelungen. Ein Blitzkrieg, wie ihn die deutsche Wehrmacht im Sommer 1941 im westlichen Teil der UdSSR erfolgreich führte, gelang im Frühjahr 2022 auf demselben ukrainischen Boden nicht.

Russland treffen beispiellose Sanktionen

Militärexperten konstatieren erstaunt die geringe Kampfkraft der russischen Armee. Genauso war es auch 1939/40 im sowjetisch-finnischen Krieg. Wie sich zeigte, war die „Rote Armee“ bei weitem nicht „stärker als alle zwischen Taiga und Britischem Meer“, wie es in dem alten sowjetischen Kriegslied heißt, nicht einmal stärker als die kleine Armee des „bourgeois-kulakischen“ Finnland.

Und wie im Fall des sowjetisch-finnischen Kriegs wächst die Unterstützung der Ukraine permanent. Aber anders als die UdSSR, muss Russland heute seine Kämpfe ganz allein führen. Zudem wird sein Vorgehen von nahezu der gesamten Weltgemeinschaft verurteilt, wie die Abstimmung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 2. März 2022 deutlich zeigte.

Russland treffen beispiellose Sanktionen, die sehr schnell zum Zusammenbrechen unseres Wirtschafts- und Finanzsystems führen und das Land in nächster Zukunft in die Zahlungsunfähigkeit treiben werden. Die Oberhäupter der Welt, Präsident Biden, Premierminister Johnson, Kanzler Scholz, klagen Putin persönlich an, diesen Krieg entfesselt zu haben, sie nennen sein Vorgehen in der Ukraine ein „vorsätzliches Verbrechen“.

Die Welt hat sich von Russland abgewandt, Hunderte ausländischer Unternehmen verlassen das Land, Hunderttausende, wenn nicht Millionen unserer Mitbürger verlieren ihre Arbeit. Die britischen Dockarbeiter weigern sich, unsere Tankschiffe zu entladen, sie wollen blutiges Öl nicht berühren, sagen sie.

Die machtnahe Elite hat es längst begriffen

Die westlichen Regierungen sind vorsichtiger als die Unternehmen, aber wie 1939/40 werden sie ihren Bürgern folgen müssen. Überall wetteifern die Regierungsparteien und die Opposition in antirussischer Rhetorik. Die öffentliche Meinung in den meisten Ländern der Welt ist für Russland auf viele Jahre verloren.

Das sind die Folgen von zwei Wochen Krieg. Das russische „tiefe Volk“ hat die Niederlage Russlands noch nicht erfasst. Noch schreibt man das „Z“ („za pobeda“ – für den Sieg) auf die Türen seiner ausländischen Automarken. Aber die Menschen spüren, „dass irgendetwas schiefläuft“.

Sicherlich wird sich das Bewusstsein sehr bald einstellen, trotz der Anstrengungen der offiziellen Fernsehpropaganda. Übrigens verliert diese Propaganda immer mehr an Überzeugungskraft. Es ist deutlich zu sehen, dass die vor Kurzem noch so wackeren Fernsehmoderatoren von den Ereignissen überrumpelt wurden. Zumal auch sie die Sanktionen persönlich zu spüren bekommen.

Die gebildete Schicht und die machtnahe Elite haben es längst begriffen. Sie begreifen, dass dieser Krieg scheitern wird, viele begreifen auch, dass fast die gesamte lange Regierungszeit Putins gescheitert ist. Von seiner Äußerung über den Zerfall der UdSSR als größte geopolitische Tragödie des 20. Jahrhunderts aus dem Jahre 2004 bis zum Krieg in der Ukraine im März 2022 zieht sich ein roter Faden.

Nun droht dieser Faden jeden Moment zu zerreißen. Die Politik des „Sammelns russischer Erde“ und der Wiedergeburt von „Groß-Russland“ erleidet gerade auf den Feldern der Ukraine ihren totalen Zusammenbruch, ihren Bankrott.

Hier den ganzen Text lesen

Ukraine-Krieg: Die Macht der Karten

Quelle: Übermedien

Gastbeitrag

Visualisierungen des Ukraine-Krieges 11. März 2022

Die Macht der Karten

von Mateusz Fafinski

Die Landkarten, die aktuell Russlands Einmarsch in der Ukraine abbilden, haben reale Konsequenzen. Neutrale Karten gibt es nicht, hinter jeder steckt immer eine Absicht. Sie sind Projektionen von Macht: die Macht, etwas zu zeigen oder wegzulassen. Die Macht, zugrunde liegende Daten nicht genau zu überprüfen.

Dabei vertrauen wir Karten instinktiv, wie nur wenigen anderen Darstellungen unserer Welt. Manchmal genügt es, sie umzudrehen, um diesen Instinkt in Frage zu stellen. Denn eine Karte zeigt immer nur eine Perspektive – und eine Auswahl von Informationen. Was wie abgebildet ist und was nicht, beruht auf subjektiven Entscheidungen. Ist eine Linie „eine Front“? Ist ein Gebiet „besetzt“? „Kontrolliert“? Oder nur ein „Aufmarschgebiet“? Obendrein zeigen diese Bilder immer nur eine Momentaufnahme – die tatsächliche Situation ist permanent in Bewegung.

Kontrolle, Besatzung, Vormarsch

Karten sind mächtig, damals wie heute. Wer sie erstellt, hat Verantwortung, gerade in einer komplizierten und komplexen Situation wie dem aktuellen Krieg in der Ukraine. Vor diesem Hintergrund haben Redaktionen derzeit eine äußerst schwierige Aufgabe: Sie müssen all das in Medien darstellen, die dafür nie perfekt geeignet sind.

Das Kartenmaterial, das deutschsprachige Medien bisher anfertigten, um den Krieg in der Ukraine zu erklären, ist von gemischter Qualität. Anfangs behandelten viele Redaktionen den Krieg im Wesentlichen wie einen typischen Konflikt des 20. Jahrhunderts: Auf vielen Karten war militärischer Vormarsch gleichbedeutend mit Besetzung, vor allem aber mit „Kontrollzonen“, also Gebieten, zu denen das ukrainische Militär keinen Zugang hat. Doch im Vergleich zu damaligen Kriegen ist dieser Angriff multilateraler und mobiler, es gibt keine klare Frontlinie, mehrere Akteure können ein Gebiet kontrolllieren, wie etwa in Cherson. Der Glaube, dass Kriege heute denen des 20. Jahrhunderts entsprechen, führt daher zu ziemlich miserablen Karten. Ein Blick in die Kulturgeschichte der Karten und in die Logik moderner Kriegsführung hätte diesen Ansatz schnell als unangemessen erscheinen lassen.

Einige haben zumindest ihre Beschriftungen und Kartenlegenden präzisiert, um zu zeigen, wie unsicher die Lage ist; nun ist etwa nicht mehr von „von Russland eingenommenen Gebiete“ die Rede, sondern richtigerweise von „russischen Vormarschgebieten“. Einige verwenden immer noch den Begriff „besetzt“ für Gebiete, bei denen nicht klar ist, wie stark die russische Präsenz und Kontrolle vor Ort ist.

Dabei zeigt die Berichterstattung aus der Ukraine, dass die Realität vor Ort eher verschiedenen Graden von Herrschaftsausübung entspricht: Einige Gebiete befinden sich vollständig in der Hand des russischen Militärs, andere sind kaum mehr als Aufmarschgebiete – was zugleich nicht bedeutet, dass die Ukraine diese Gebiete kontrolliert. Die Situation ist nicht schwarz-weiß. Begriffe wie „Kontrolle“, „Besatzung“ oder sogar „Vormarsch“ stoßen daher an die Grenzen ihrer kartografischen Bedeutung.

Eine Stichprobe zeigt, wie unterschiedlich Redaktionen Informationen visualisieren – am Beispiel von Karten aus „Frankfurter Allgemeiner“, „Neuen Zürcher Zeitung“ und „Tagesspiegel“ vom 9. März.

Der Autor

Mateusz Fafinski ist Historiker und Digital Humanities-Forscher und schreibt darüber, wie die Vergangenheit unsere Gegenwart prägt. Er untersucht die Geschichte der schriftlichen Kommunikation, Städte und das Erbe von Imperien. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und Forschungsassistent an der Stanford University. Er twittert unter @Calthalas.

Hier den ganzen Beitrag lesen

https://uebermedien.de/69336/die-macht-der-karten/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE